Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Straßburg AM, 1 R 5, 1543 (= Ratsprotokolle 1543), fol. 185rv, fol. 190v–194v, fol. 199v–200v (Reinschr. v.d.Hd. des Stadtschreibers J. Meyer und von Michel Han).

Teilw. Druck: O. Winckelmann, Politische Correspondenz, Bd. 3, Nr. 331, S. 348–350.

[1 R 5, 1543, fol. 185r–186r, Ratssitzung 1543 Mai 9] H. Jacob Sturm, alß der uf dem reichstag gewesen, zeigt erstlich an, der abschid syen vier: Der erst die turckhenhilf belangen, deßgleichen frid und recht, den aber die andern stend hinder sich zu pringen genomen [Nr. 404]. Der reinisch kreiß und alle stet haben den gar nit angenomen. Danach sy ein abschid deß reinischen kreiß [Nr. 415], dan einer protestierenden iren sachen und auch die reichshendel belangen [Nr. 418], danach einer under den stetten [Nr. 417]. Und dieweil aber wenig herrn vorhanden, ist umbgefragt und erkhent, dieweil am reinischen abschid nit so hoch gelegen, soll man denselben jetz horen und die andern zu andern tagen, so die herrn beyeinander.

Und hat H. Jacob Sturm anzeigt, demnach man wiß, wie zu Speir die anlag und turckhenhilf bewilligt und man zu Nurnbergk wider zusamenkhomen soll, zu sehen, wie es sich umb die anlagen helt, die zu höhern oder zu mindern, und das zu Nurnbergk befunden, das etlich chur- und fursten dhain truch ufgemacht, sonder ir volck geschickt und selbs besoldet, das die vergleichung nit beschehen mogen. Derhalben man ein ander hilf bedacht, welcher abschid von allen stenden und sonderlich den steten nit angenomen, wie dieselbig relation das geben. Im selben der reinisch kreiß am mheisten beschwert und den abschid nit angenomen, sonder ein kreißtag ußgeschriben, uf demselben einhelliglich beschlossen, das rest in der truchen hinab zu schickhen [...]1.

[1 R 5, 1543, fol. 190v–194v, Ratssitzung 1543 Mai 14] H. Jacob Sturm: Man hab nochmals gehort, was uf jungstem reichstag fur ein abschid von dem reinischen kreiß gemacht. So syen auch drey abschid, einer, den die reichsstend, so nit protestierendt sind, einer, den die protestierenden, der drit, so gemeine frey- und reichsstet gemacht. Und will er den, so die stend usserthalb der protestierenden gemacht [Nr. 404], zum ersten furnemen.

Und also der konig sein erste proposition [Nr. 43] gethan, im den costen deß winterlegers zu bezallen und ferer hilf zu thun. Daruff haben die protestierenden ein supplication [Nr. 152] ubergeben, ein bestendigen friden und gleichmessig recht begert, wie man dasselb, wie die schriften ufeinander gangen und hieher geschickt worden[vernommen], darin dan nach lengs die mengel deß fridens und des rechtens parteilicheit erzelt. Und es zuletzst dahin komen, das man daruff behar, der friden sey genugsam, so kund man die camergerichtspersonen nit abschaffen, aber man woll es visitieren etc. Und wiewoll dieser teil sich des benugen lassen wollen uf die beschehen vertrostung, das die ksl. Mt. die weg furnemen, das dise beysitzer urlaub haben werden, allein das man in abschid setzte, das der frid gehalten und die visitation geschehen solt nach inhalt der abschid und declaration. Es haben aber die andern stend das wort „declaration“ nit im abschid haben wollen. Syen also furgefaren in abwesen der protestierenden stend, die sich auch nit einlassen wollen. Dieweil die obgemelt meynung nit geen wollen, mit begreiffung deß abschids furgefaren.

Schilderung der erfolglos verlaufenden Verhandlungen zwischen Kg. Ferdinand und den evangelischen Reichsständen vom 18. bis zum 23. April. Daruff der konig gesagt, er must es gedulden, wolt sich aber versehen, so die not sich zutrieg, man wurde der christenheit zugut die hilf leisten und sie, die gesandten, sollten es bey iren herrn dahin furdern. Hab man sich erpoten, an ire herrn zu pringen, aber dhain hoffnung geben. Danach suchte der König bei den Gesandten Württembergs, Hessens, Kursachsens und jenen der Städte Straßburg, Augsburg und Ulm nochmals einzeln an, ihre Auftraggeber zur Leistung der Türkenhilfe zu bewegen.

Darnach sey er hinab geriten, den abschid lesen lassen und da er biß an die botschaften khomen, sey er ufgestanden, gesagt, es sey gnug und davon gegangen. Da der alt sächssisch cantzler2 gesagt, er solt sie horen, dem er geantwort, sie sollten es in schriften geben. Also hetten Sachsen und Hessen von wegen der protestierenden, danach der reinisch kreiß und etlich ander stend, sodan er, H. Jacob, von wegen der stet ain protestation ubergeben. Und also die von Nurnberg und Ulm zum mentzischen cantzler gesagt, er solt sie nit in abschied setzen, het der geantwort, wer sich in der cantzlei angeben, den würde er darein setzen. Daruff er, H. Jacob, gesagt: „Her cantzler, warumb wolt ir einen in abschid setzen, der den nit angenomen? Ir habt mich in jungsten [Reichsabschied] auch gesetzt, uber das ich den nit angenomen.“ Daruff der cantzler gesagt: „Wer wolt mir sagen, wan ir einmal gehorsam sein wolt?“ Dem er, H. Jacob, wider geantwort: „Wan ir gleichmessige abschid machen und die halten, so wollen wirs auch annemen. Ir machen abschid, die unpillich, ungleich und den vorigen zuwider und halten die darzu nit, darumb khonden wir die auch nit annemen, und ist dhein ungehorsam.“ Sey damit hinweg.

Ist der reichsabschid nach lengs gelesen worden und dan die drey protestationen, so alle protestierenden stend [Nr. 409], die kraißstend des reinischen kraises [Nr. 410] und alle reichsstett [Nr. 408] auf den verlesenen abschid ubergeben haben.

Nach diesem hat H. Jacob in ainer summa erzelt, waß in den kriegssachen und irrungen zwischen ksl. Mt. und dem hauß Brabandt an ainem und dem Hg. von Gullch durch den verordneten ausschuß gehandlet worden, was fur mittel furgeschlagen, aber nit erhebt werden möchten etc., also das Trier, Payern und andere mehr von den underhändlern alberaith verritten gewesen. Hab doch zuletst Christoff von Venningen, der wirtempergisch gesandt, Collen, Meintz, Pfaltz, Sachsen3und ine, H. Jacoben, widerumb zusamenbracht, mit dem Granvellen weither gehandlet. Und sei erst am Sampstag, den 28. Aprilen, umb 10 horen ain anstand [Nr. 235] getroffen und bewilligt, der auf den 12. tag post datum angeen soll und weren, biß ksl. Mt. ins Reich teutscher nation khome, und dan von derselben zeit an zwen monath lenger weren. So ine dan die ksl. Mt. nach solchen zweyen monathen lenger erstrecken will, stee zu irer Mt.; wöll ine aber dieselb alsdann abkhunden nach außgang der zwayer monathen, mög sies thun. Doch das es dem hertzog in sein hofleger verkhundt und dan 15 tag danach nichts thätlichs gegen ime gehandlet soll werden etc. Notum: Der hertzog soll der Kgn. Marien pro vadimonio das stätlin Sittart eingeben, alles lut der lateinischen copien, so vorhanden seyen etc. Item es sollen Kff., Ff. und stend (so auch meine herren mit inen) ain pottschaft zu ksl. Mt. ordnen, auf ain endtlichen friden handlen, wiewoll er, H. Jacob, solches alles nit angenomen oder bekreftigt, meine hern ze pinden, sonder allain versiglet und underschriben als zu ainem zeugnuß. Stee zu den stenden, also auch zu meinen hern, ob sie also schiken wöllen oder nit.

Notum: Hat weither erzelt, uff was maß die andern stend des Reichs den gesandten der stett furgehalten, das sie geschlossen, dem H. Granvellen uff sein proposition [Nr. 197] der ksl. Mt. halb antwort ze geben. Da nun die stett dieselben des Kg. von Franckenreich und anderer ursachen halben beswerlich finden, haben sie zu fuglicher außflucht der beschlossnen antwort inen abschrift ze geben begert, sich darinn zu ersehen und dan irer gelegenheit zu halten [Nr. 201] etc. Haben woll gedacht, man wurds inen abschlagen. Das sei auch beschehen, und haben die stend die antwort one der stettgesandten zuthun gegeben [Nr. 200].

Neben disem, sagt er, syen noch zwen abschid der verainigten stend [Nr. 418]und aller reichsstett etc. [Nr. 417]. Sagt der H. Amann, biß Mitwoch wöll man mehr hören.

[1 R 5, 1543, fol. 199v–200r, Ratssitzung 1543 Mai 18] Hat H. Jacob Sturm further referiert. Ist nämblich der erbarn frei- und reichsstetten sonderer abschid [Nr. 417] gelesen und von ime, H. Jacoben, zu allen puncten notturftige erclärung beschehen. Dabei ist auch die begriffne nottel des ausschreibens des kunftigen stettags halben, so den 17. Junij zu Frankfurt gehalten soll werden, gelesen, umbgefragt und erklärt, herren ze ordnen, die daruber sitzen, ain außzug machen, was weither zu bedencken und sonderlich den puncten des kunftigen stettags ausschreibens halb furderlichen an die handt nehmen. Zu bedenken, ob man es bei dem ernänten termin wöll lassen pleiben oder erstrecken, damit man die ausschreiben geen lassen oder sich mit den andern dreyen ausschreibenden stetten der erstreckung vergleichen möge. Dabei soll man auch bedencken, ob man den stetten Bisantz, Thull und Verdun solchen stettag auß bewegenden ursachen zuschreiben wöll, und namblich dieweil sie nun vil täge nit besucht und sich ir etliche an andere herschaften hencken sollen etc. Notum: Mit Frankfurt möchte man sich jetzt alhie vergleichen, wer Wormbs beschreiben solt, darmit sie nit wie hievor mehr durch meine hern und Frankfurt und also mit duppeln costen beschriben wurden.

Nach disem ist der verainigten stend abschide [Nr. 418] auch gelesen. Hat er, H. Jacob, abermals auf alle und jede puncten notwendigen bericht und erclärung gethan. Ist der nebenabschid auch gelesen. Eßlingen halb etc. erkent wie obgemelt. Daruber ze ordnen die puncten, so weithers bedenckens bedörfen, außzeziehen und furderlichen zu bedencken, je das nötigst zum ersten. H. Jacob Sturm, H. Mathis Geiger und H. Jacob Geyger.

Hieneben hat er auch erzelt, was ine allerseits fur vererungen geschehen, inen die von Nurmberg, der rath und sondere personen, allen guten willen bewisen haben. Gott vergelts. Amen.

Anmerkungen

1
Es folgen weitere Bestimmungen des rheinischen Kreisabschieds.
2
Dr. Melchior von Ossa.
3
Bei der Aufzählung der kfl. Gesandten, die bis zum Schluss an den Verhandlungen für einen Waffenstillstand teilnahmen und diesen unterzeichneten, fehlt irrtümlich der kurbrandenburgische Vertreter Leonhard Keller.