Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Karlsruhe GLA, 50/59, Nr. 13, unfol. (Konz.); DV: Instruction uff Dr. Johann Marquarten, was er uff dem rychstag zu Nurnberg handlen sollen 1543. ÜS: Ernst etc. Instruction, was unser rat und lieber getreuer Johan Marquart, der rechten doctor, sich von unsern wegen uff dem jetzigen richstag zu Nurnberg halten soll.

Der Gesandte soll bei der Mainzer Kanzlei die beiliegende Vollmacht (Nr. 53a) vorlegen und das Fernbleiben Mgf. Ernsts vom Reichstag mit dessen Alter und Gesundheitszustand entschuldigen. Daruff unser session in des Richs rat innemen, auch derselben session halb sich mit Hessen und Pommern, wie bißher allweg beschen, zu disem mal ouch verglichen.

Und im ersten rat, so von der thurkenhilf gehandlt wurd, von unsern wegen anzeigen, das glichwol nit on, es sy zu gehaltenem richstag zu Speir [1542] ein hilf zu widerstand des Thurcken bewilligt und damaln etlich ander notwendiger artikel, daran dem Rich nit weniger gelegen, zu erledigen beschlossen und verabschidet, alles lut und vermog desselben spirischen richsabschids.

So wurd auch uß der kgl. Mt. und der ksl. comissarien beschen furtrag und proposition [Nr. 43] clarlich verstanden und vermerkt, das wol die halb hilf des vergangen jars abgangen sy, welhen abgang wir nit anders versteen konnen, dan daß etlich stend ier gebuerend hilf nit erstattet haben. Sover dan alle den abschid in allen seinen puncten und artikeln voltzegen [= vollziehen würden], dieselb burden erstatten und leisten wurden vermog bemelts spirischen abschids, so syen wir unsers teils urbüttig und willig, die bewilligten beharrlichen hilf nach lut und vermog des spyrischen abscheids zu leysten und unserthalb daran nit mangel erschynen lassen, wie wir dann das vergangen jar gemäß demselben spyrischen abscheid solich hilf zu unser gepur völlig und on allen abgang gehorsamlich erstattet haben.

Neben disem sol unser gesandter wyter anzeigen und furbringen, das er von uns mit solchem bevelh abgevertigt sy, mit Kff., Ff. und gemeinen stenden des Hl. Reichs in samentlichem und unzertrentem rat alle und yede des Hl. Reichs obligen und notturft helfen zu beratschlagen und darin zu beschliessen und alles das ze handlen, das uns als einem gehorsamen fursten und stand des Reichs gepurt. Wir syen ouch der trostlichen hoffnung, daß der erschrockenlich zwispalt des reichsrats, so sich bisher etlich jar beswerlich sich erzeigt, durch die verglychung, zu Spyr beschehen2, uffgehoben sy. Wo aber das nit sein solt, so hab er, unser gesandter, kein bevelh, sich von unsertwegen in einich gesonderte handlung ynzelassen, dann wir als ein stand und glid des Reichs zu wyterer trenung im Hl. Reich nit ursach geben wollen, wissen ouch solichs unsers teils mit gutem gewissen nit zu thund, in bedencken, wie wir ouch achten, allen stenden hochlichen zu erwegen sein will, waß unwiderbringlichen, erschröckenlichen nachteils und unrats, zerstörung und entlich verderben und abfall dem Hl. Reich daruß erwachsen und erfolgen mag, was es ouch gegen Gott und der welt fur ein ansehen habe, das glider und stend eins Reichs, die eins haupts und herrn namen furen, dermassen sollen in zwispalt und trennung gegeneinander steen. Deshalb er, unser gesandter, bevelh hab, daby nit zu seind, sonder, wo abermals dermalß mit getrentem rat gehandelt wolt werden, abzutretten, dann unser gelegenheit, will, gemut und meynung nit sy, uns einichem teil wider den andern anhengig zu machen noch einichen teil uff uns zu laden, ouch uns, wie gemelt, in kein gesonderte handlung oder trennung ynzulassen. So aber die ksl. Mt. oder an irer ksl. Mt. statt die kgl. Mt. und die ksl. comissarien so vil schaffen und verfugen, daß der reichsrat ergentzt [= vollständig zusammentrete] und gehalten werd, wie von alter her, so syen wir urbuttig und willens, alles dasjhen, das mit dem merern teil durchuß beschlossen und bewilligt werd, unsersteils nit zu weigern, sonder gehorsamlich zu erstatten. Im val aber, daß soliche ergentzung des reichsrat nit erhalten mocht werden, das wir doch nit hoffen, so gedencken wir uns in einich handlung nit ynzulassen. Wollen uns aber destminder nit erbotten haben, weß wir der ksl. Mt. als ein furst und stand des Reichs schuldig und pflichtig, wie wir bißher als ein gehorsamer furst alle zeit gethan, willig und gehorsamlich zu erstatten.

Dise meynung sol unser gesandter in erstem rat, darinn er von unsertwegen syen wurd, der lengd nach anzeigen und wol extendiren und damit ouch, wo die protestierenden stend nit im rat sein werden, abtretten und sich unsernthalb in kein handlung ynlassen, aber nichtzdesterminder, so oft man rat halt und im angesagt, im rat erschynen. Und im val, so der rat gantz byeinander sein wurdt, darinn blyben und helfen handlen lut diser seiner instruction und sunst was sich gepuret. Wann aber der rat getrennt wurdt, sol er mit kurtzer erhaltung obgemelter red wider abtretten und sich also fur und fur halten3.

Wurd aber im ersten rat von der turckenhilf nit gehandelt, so sol er derselben anzeig deßmals geswygen und damit verziehen, biß davon gehandelt wurdt. Wo ouch der rat samentlich byeinander wurd syn, darinn blyben; sobald sich aber die trennung zutragen werdt, sol er handlen wie obsteet. Sunst sol unser gesandter in des Reichs rat sich, sovil moglich sein wurdt, allemal mit Wirtemberg und Hessen oder der einem in seinem rat verglychen.

Als vil aber belangt der ksl. Mt. sondere proposition, darinn ir Mt. hilf wider den Kg. von Franckenreich begert sol haben [Nr. 197]: So dieselb handlung in gesondertem rat tractiert wolt werden, hat unser gesandter sich zu halten wie oblut. Wiewol aber die in gemeinem und vollem rat furgenomen, so sol er von unsernwegen, so es an ine komen wurdt, anzeigen, das wir in dem und anderm als ein gehorsamer furst ksl. Mt. zu underteniger willfarung sonders willig und geneigt seind, sonderlich dwyl wir vernemen, daß der Kg. von Franckenreich des Turcken anhenger sein solt. Wir bedachten aber, solt das Hl. Reich in einem jar und uff einmal mit solhen zweyen mercklichen und treffenlichen kriegshilfen4 beladen werden, das solichs demselben Reich untreglich sein und der gemein mann, mit dem solich hilf beschehen muss, dardurch zu unwillen erregt mocht werden. Deshalb so wer diß unser undertenig gutbeduncken:

Dwyl doch glych sovil wer, den Turcken oder seine anhenger zu bekriegen, daß uff dißmal die ortflecken und päß in Hungern gegen dem Turcken besetzt und bevestigt, dermaß daß er die so lychtlich nit erobern mocht; darzu dann dasjhenig, so an der bewilligten hilf zu Spyr diß jar ussern ist bliben, verwendt mocht werden. Und daß ksl. Mt. deß Reichs hilf, so noch diß jars zu leysten ist, wider den Kg. von Franckenreich als des Turcken anhenger gebruchte: Wo dann der Turck in Hungern mit gantzer macht anziehen wurde, also das es wyter widerstands vonnoten und man des warhafte, gewisse kuntschaft hett, so mocht allmal des Hl. Reichs hilf, so wider den Kg. von Francken gebrucht, gegen dem Turcken gewendt werden und solchs also dem Reich an leuten und gelt treglich sein. Wo aber diß[e] unser meynung nit fur gut angesehen, was dann deshalb von den stenden des Reichs in gemeinem, vollem und unzertrentem rat fur gut bedacht, mit dem merern beschlossen und bewilligt werdt, daran wollen wir unsersteils, sovil das moglicheit zugibt, ouch nichts erwinden lassen.

Ferner ob der visitation halb des camergerichts werd handlung furgenomen und wir widerumb fur ein ksl. comissarien zu derselben visitation angezogen oder gemeldet5, so sol unser gesandter dargegen anzeigen, das wir glychwol ksl. Mt. zu undertenigem gevallen uff irer Mt. gnedigs begern solich commiß angenomen, wiewol wir uns darzu nit geschickt noch taugenlich achten, so weren wir doch noch urbuttig und willig, an unserm flyß, muehe und arbeit nichts erwinden zu lassen. Nachdem wir aber vermerckten, das an solicher visitation zuschen [= zwischen] den stenden ouch unglycher verstand, uff waß form und maß dieselb beschehen solt, so wer uns beschwerlich und nit gelegen, uns hieryn zu lassen, dann wie obgemelt gedächten wir kein parthy uff uns zu laden noch uns einichen wider die andern anzuhencken. Deshalb wir uns yetzgemelter commission uß yetzerzelten ursachen entladen wollen haben, biß so lang zuschen den stenden ein gemeine verglychung beschicht, wie und welcher gestalt, ouch mit was ordnung und maß solich visitation beschehen sol. Alßdann, wo wir des ye nit erlassen mochten werden, wollen wir uns, ksl. Mt. zu undertenigem gfallen und gehorsame, der arbeit und muehe mit und neben andern gern underziehen und an unser moglicheit nichts erwinden lassen.

Anmerkungen

1
Datum aus der beiliegenden Vollmacht (Nr. 53a) übernommen.
2
In Speyer 1542 wurde für die Beratungen über die Türkenhilfe ein großer Ausschuss aus Vertretern von alt- und neugläubigen Reichsständen gebildet, der zwischen 7. und 31. März 1542 ein gemeinsames Gutachten über die Modalitäten der aufzubringenden Türkenhilfe (Gemeiner Pfennig) erarbeitete; in: RTA JR Bd. XII, Nr. 66, S. 515–529.
3
Diese Instruktion für Dr. Marquardt ergänzte Mgf. Ernst durch eine ähnlich lautende Weisung, Pforzheim, 1543 März 13, in: Karlsruhe GLA, 50/59, Nr. 10, unfol. (Konz.)
4
Nämlich die Türkenhilfe und die Hilfe für den Kaiser im Krieg gegen Frankreich.
5
Mgf. Ernst von Baden gehörte neben Kf. Joachim von Brandenburg, Bf. Philipp von Speyer, und dem Deutschmeister Walther von Cronberg zu den vom Kaiser designierten Kommissaren für die Visitation des RKG, die von Karl V. am 7. Mai 1542 suspendiert wurde.