Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Brüssel AG, Secrétairerie d’Etat allemande 776, fol. 102r–104v (Kop.).

Als euer kfl. und fstl. Gnn., Gnn., Gg. und ir vergangner tagen uns uf der kgl. Wd. zu Hungern und Behem, der röm. ksl. Mt., unsers allergnedigisten herren niedern erblanden regentin, verordnete rethe beschehen geschrieftlich anbringen [Nr. 302a] von wegen etlicher proces und achturtheiln, so weilandt Dionisi Vrentz und Helwig, sein hausfrau, an dem ksl. chammergericht erlangt und außbracht, umb notturftigen gegrundten bericht geschrieben und wir uns in unserm nechtigen [= vorigen] schreiben dieselben, zum ehesten es muglich, zu thun erbotten, demnach haben wir alle und jede acta in berurter sache fur die handt genommen und daraus aller vor uns geubter handlung ein warhaften, bestendigen außzugk, uf das kurztest es geschehen mögen, begriffen, welchen euer kfl.[und fstl.] Gnn., Gnn., Gg. und euch wir hiebei verwart uberschicken, aus welchem euer kfl.[und fstl.] Gnn., Gnn., Gg. [und] ir gnediglich und gunstiglichen zu vernemen, das zwischen jetzgedachtem Vrentzen und Philipsen von Lindaw, seinem widertheil2, vor uns der haubtsachen halben noch derzeit nichts gehandelt, auch wir derselben auß mangel der gerichtsacten erster instantien khein wissens haben mögen. Schilderung des Konflikts zwischen Schultheiß und Schöffen des brabantischen Gerichts und den Vrentzen.

So haben dem allem nach zu jeder zeit gewessne chammerrichter und beysitzer, auch wir, den clagenden partheien uf solch beharlich ungehorsam recht und gerechtigkait unserer schuldigen pflichten nach mitzutheilen und also uf der erscheinenden partheien anruffen wider die ungehorsame und nit erscheinende, furnemlich auch dieweil wir in casu notorii nit gewessen, auch noch nit sein, aus rechtmessigen gegrundten ursachen (die wir dieser zeit anzuzeigen von unnötten achten) angeregter massen und gestalt mit gerichtlichen processen und declaration urthailen zu handlen und zu volfaren mit keinen fugen umbgehen mögen, auch dardurch weder hochermelter konigin und regentin oder sunst jemant andern zu clagen billiche ursachen geben, sonderlich in betrachtung, das jetz angezogne des hauses Brabants freiheiten und gerechtigkeiten mit diesem urthailn nit begriffen, auch uber dieselben noch derhalben, dieweil sie (wie obangezeigt) nit fur uns khommen, khein erkanthnus geschehen.

Solchs alles euer kfl. und fstl. Gnn., Gnn. und Gg. und euch uf ir gnedigs, gunstigs, freuntlichs begern wir zu underthenigem, warhaften und gruntlichem bericht nit verhalten wöllen, ungezweivelter zuversicht, euer kfl. und fstl. Gnn., Gnn. und Gg. und ir werden daraus sovil befinden, das des ksl. chammergerichts process und urthailn nit nichtiglich, sonder rechtmessig erkanth und ergangen, auch begerter massen nit sollen noch mögen cassirt und ufgehaben werden. Und wollen neben dem euern kfl. und fstl. Gnn., Gnn. und Gg. und euch gelegenheit des haubtstreits, ob und was dem Hl. Reich an solchen appellationen gelegen, auch wie den partheien geholfen und die[zu] rhue und frieden khommen mögen, haimgestellt und das gericht und uns denselben euren chur- und fstl. Gnn., Gnn. und Gg. in underthenigkait bevolhen haben.

[US:] Euer kfl. und fstl. Gnn., Gnn. und Gg. underthenigste, underthenig und willige cammerichtersampts verwesers und die beisitzer ksl. chammergerichts.

Anmerkungen

1
Verlesedatum des Schreibens vor den Reichsständen laut RT-Protokoll Lambs vom 18. März 1543: Nr. 86a, fol. 279v.
2
Rechtsstreit der Familie Vrentz (Dionysius, seine Frau Helwig und deren Erben) gegen Maastricht wegen eines Urteils des brabantischen Gerichts zu Gunsten Philipps von Lindau betr. das Erbe eines Hauses und einiger Liegenschaften in Maastricht. Der Streitfall wurde von der Familie Vrentz vom brabantischen Gericht zunächst vor das Gericht in Aachen gebracht, welches die Causa wegen mangelnder Zuständigkeit an das RKG weiter verwies: siehe RTA JR Bd. XV, Nr. 479, S. 2077f., Anm. 1.