Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2277, fol. 17r–20v (Ausf.).

Regest: G. Below, Landtagsakten von Jülich-Berg, Bd. 1, Nr. 121, S. 455f.

Gleich zu unser ankhumpft alhie zu Nuremberg [1543 März 2] sein wir willens gewesen, euer fstl. Gn.[Nr. 205a] und derselben frau mutter [Nr. 205b], unser gnediger frauen, auch der ritmeister clagte [Nr. 205c] den gemeynen stenden uffs furderlichst furzutragen. Haben aber befunden, das nit rathsam gewesen, die clagte usserhalb euer fstl. Gn. veranthwortung uff der koniginnen jungst alhie beschehene furtragen und schreiben [Nr. 202] zu thun, dweil euer fstl. Gn. by vielen stenden in hohem verdacht und solich der koniginnen furbringen by vielen glauben geben worden.

Haben derhalb mit rath und zuthun der sachsisschen verordenten rethe in der eyl eyn verantwortung verfast [Nr. 204] (als vil wir der sachen bericht) und dieselbige Kff., Ff. und gemeynen stenden sampt euer fstl. Gn. clagten und beschwernussen furtragen und schriftlich ubergeben lassen, wie dan solichs gleichsfals by röm. kgl. Mt. und den ksl. commissarien auch folgents beschehen, dero copyen euern fstl. Gn. wir hieby verwart undertheniglichen zuschicken. Und haben im rath by allen herrn und frunden nit befunden, mit der antwort langer zu verziehen, dweil die keysersschen und burgundisschen umb antwort heftig anhalten und by vielen stenden heimlich ire understechung [= hinterlistige Verhandlungen] dreiben.

Zudem dweil von der kgl. Mt., auch den ksl. commissarien und andern Kff., Ff. und stenden die protestierende des begerten friedens und versicherung des rechten nit haben vertrost mogen werden, sonder inen ghein ander frid oder recht, dan zu Speir am jungsten uffgericht, hat willen geben werden, und aber sie sich entdrechtiglich [= in aller Eintracht] entschlossen, ghein hilf wider den Turcken oder sunst zu leisten, es weren dann furhin beide artickel der gebur erledigt, wie sie sich des auch offentlich bezeugt haben, ist unser und unser freunde bedencken gewest, es wurdt dardurch etwan eyn unversehenlicher uffbruch beschehen mogen, derhalb wir die verantwortung [Nr. 204] und clagte [Nr. 205] furzubringen nit langer haben sollen verhalden. Wes zu ankhumpt der verantwortung, so euer fstl. Gn. wirdt verfassen lassen1, ferner fur notwendig wirdt furzutragen sein, wellen wir uns auch darin als die underthenige gehorsamlich ertzeigen.

Der konigin klagt [Nr. 202] ist allenthalben in truck ußgangen und verbreit, wirdt auch by den frunden bewogen, das rathsam sein solte, das alles dasjhenig, was itzo alhie durch uns gemeynen stenden furgetragen und uberantwort, sowoll die verantwortung als die clagten, allenthalben gedruckt und zum furderlichsten auch ußgetheilt wurden2. Wes nu euer fstl. Gn. hierinnen willen believen, stellen wir zu euer fstl. Gn. gnedigs gefallen. Die stende lassen itzt unser beschehenen furtrag [Nr. 204] allenthalben abschreiben; sobald solichs beschehen, wollen sie sich entschliessen und uns mit antwort begegnen.

Dieser reichstag sicht uns seltzam an und ist gantz und gar eyn zerspalte handlung. Die kgl. Mt. verhofft, durch zuthun der catholisschen den Turcken allein zu vertreiben, unangesehen, das sich der protestierende uß vorerzelten ursachen absunderen. Wan die turckenhilf zu erhalten, were zu besorgen, das wenig uff ander sachen will acht genommen werden, wiewol etlich viel stende auch sein, die hertzlich und treuelich mitleiden mit euer fstl. Gn. dragen und gern furdern helfen, damit euer fstl. Gn. uß dieser hoher beschwernuß mochten erledigt werden. Wir wellen an uns (will Got) so dach und nacht mit hochstem flyß nichts erwinden lassen, damit die sach gefurdert und darin geburlichs insehens geschehen moge. Ist aber mitler zeit hoch vonnöten, das durch euer fstl. Gn. uber reuter und knecht gudte fursehung, die allenthalber in gutem willen zu erhalten, furgenomen werde.

Kundschafterberichte über die bevorstehende Ankunft des Kaisers in Italien und ksl. Rüstungen an verschiedenen Orten. Der Sultan soll mit einem gewaltigen Heer nach Ungarn ziehen. Kunnen aber dannoch uß aller ergangner handlung nit vermercken, das dis jar eynicher bestendiger zug widder den Turcken soll furgenommen werden, dan gehandelt, gerathschlagt und beschlossen will werden uff eyn besetzung der peß in Hungarn, Crabaten und Oesterreich. Und wie wir uß etlichen vertraueten herren und freunde erfaren, so ligt dieser zeit ksl. Mt. ghein hohers anligen an, dan das landt Geldern und dasjhenig zu rechen, das euer fstl. Gn. gegen ir Mt. solt verfrevelt haben.

Die von den Unterhändlern Pfgf. Friedrich, Hans Hofmann und Naves geführten Verhandlungen mit Kursachsen über die Königswahl drohen an der Verbindung mit dem Geldernproblem und mit der Friedstandsproblematik zu scheitern.

Der Grandvela helt heftig by jedermenniglichen gegen euer fstl. Gn. an, die hilf widder euer fstl. Gn. als ksl. Mt. et imperii communem hostem zu decernieren. Wir verhoffen aber zu Got, es werden die stende vill eyn anders erkennen und geburlichs insehens thun, das euer fstl. Gn. by recht und billigheit erhalten, vertedingt und gehandthapt werden moge.

Befestigung von Schloss Arburg3gegen feindliche Angriffe ist nötig. Die Räte bitten um Übersendung von 1000 fl. wegen hoher Aufenthaltskosten und der Auszahlung von Pensionen an drei in Nürnberg anwesende Personen. Ersuchen des Kf. von Sachsen, die Bestätigung des jülichschen Heiratsvertrages4durch die Landstände zu fördern.

Anmerkungen

1
Hg. Wilhelm von Jülich musste es seinen Räten in Nürnberg überlassen, eine Antwort auf den burgundischen Vortrag vom 31. Jan. 1543 (Nr. 202) auszuarbeiten, da die Reichsstände auf eine Entgegnung Jülichs warteten und die Gesandten ein entsprechendes herzogliches Schriftstück nicht rechtzeitig erhalten hatten. Der Herzog schrieb dazu an seine Räte, Gladbach, 1543 März 11: Als wir uch am jungsten under anderem uberschickt unser antwort uf die ubergevene klag und smeheschrift der koniginnen und regentinnen in Brabant, wollen wir uns versehen, das uch dieselvige sampt den anderen brieven numehe zukomen syen. Und dwyl die burgondischen ußgebreit, als sulten wir daruf nicht zu antworten wissen, derhalver iderman eyn nachdenckens nimpt und nach unser verantwerong [!] heftig fragen, so versehen wir uns gentzlich, ir werdet gemelte unsere verantwerong fur ankompst disser schrift beratslagt und ubergeven haben. Und ist demnach noch unser meynong und gesynnen, im fall es nit beschehen were, das ir die dan anstont [= von Stund an, sofort] beratslaget und ouch durch unsers oheimen und swagers, des Kf. zu Sachssen, rede und andere gude frunde und gonner beraitslagen lasset und sonder vertzoch ubergevet [...] und gedachtem unserem oheimen und swager und uns am allerylensten eyne copy, wie die ubergeven, mit dem posten zuschicket, davan wissens zu haven und ouch die unsere damit zu stillen. In: Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2752, fol. 78r–79v, hier fol. 78rv (Ausf.).
2
Der Wortlaut des Vortrags der jülichschen Räte vom 12. März 1543 (Nr. 204) und der übergebenen Supplikationen (Nr. 205) wurde zwar von den Reichsständen abgeschrieben, es sind jedoch keine zeitgenössischen Drucke dieser Aktenstücke vorhanden.
3
Siehe Nr. 218, Anm. 4.
4
Heiratsvertrag zwischen Kf. Johann Friedrich von Sachsen und Sibylle von Jülich-Kleve-Berg (Schwester Hg. Wilhelms) vom Jahr 1526.