Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Ausf.); DV: Der ainigungsverwandten stende aus Nurmberg schreiben particular turkenhilf betreffend an die gesandten von A[ugsburg]. Ist im rat verlesen 21. Aprilis 1543.

B Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 421–434, Nr. 154/4, fol. 68r–70v (Kop.); DV fol. 70v: Copei, welcher gestalt die rethe, gesanten und potschaften der cristlichen ainung an den rath zu Augspurg, das sie sich in keine particular hulf auf den nurmbergischen abschied begeben sollen, geschrieben. 1543 Nurmberg.

Euere gesanten, mit welchen ir diesen jegenwertigen reichstag beschickt, haben euch ungetzweifeldt berichtet, welchermassen wir und andere unsere mitverwante stende der augspurgischen confession und religion bey der kgl. Mt., ksl. commissarien und den andern reichsstenden vielmahlen aus unsern dargethanen bewehrlichen [= glaubhaften] beschwerden umb bestendigen friden und gleichmessig recht undertheniglich und mit vleiß angesucht und was fur antwurt uns und inen darauf iderzeit gegeben.

Und dieweil wir daraus vermerckt, das die stende des andern theils von der ksl. declaration nichtzit halten, dieselben in den abschied zu setzen gewegert und die personen des ksl. cammergerichts nichtsdesterweniger gegen unsern gnedigsten, gnedigen hern und obern biß auf die acht procedirn und geschwind furfahrn, so haben wir sampt euern gesanten in unserm rath aus vielen gegrunten, stattlichen ursachen fur rathsam oder nutzlich nit achten mögen, uns in einiche berathschlagung oder leistung der turckenhulf one erledigung fridts und rechtens eintzulassen, wie dan solchs auch zu viln maln schriftlich und muntlich erregt worden.

Und haben darauf zu etlichen malen sampt euern gesanten ferner dahin geschlossen, das sich kein stand under uns hierinn von dem andern sundern und sich weder zu gemeiner oder particular hulf in einichen weg persuadiren oder bewegen lassen solt etc.1

Nachdem nuhn daraus ervolgt ist, das die stende des andern theils die berathschlagung der turckenhulf, uber das [= obwohl] mit dem mehren beschlossen, das die puncten frids und rechts zuvor resolvirt und erledigt werden sollten, furgenohmen und darauf von inen, den andern stenden, ein sonderlicher abschied ohne dieser stende beysein, zuthun, wissen und bewilligen gestelt, und dan an uns gelangt ist, das die practicken dahin stehen sollen, under uns trennung und sonderung zu erwecken2, auch ohne erledigung der puncten fridts und rechts bey etlichen auß uns particular hulf, wie sie sich desselben allgereit gerumpt, zu erlangen und dadurch gleichwoll ir intent zu erhalten, so haben wir uns vergangens sonnabents [1543 April 14] widerumb miteinander weitter beredt und es dafur geachtet, da die suchung der turckenhulf particulariter geschee und von etlichen uß uns geleist were oder wurde, das es allein zu des gegentheils vortheil und zu dieser stende sunderung, auch schimpf und nachteil furgenomen und gesucht wurde [Nr. 275].

Dieweil wir uns dan der gefahr, schaden und nachtheils, so uns aus der sonderung und trennung entsteen mag und hinwiderumb des vortheils, da wir auf unserm schluß einmuttig und bestendig verharten, zu erinnern wissen, und sonderlich, das wir dardurch dester mehr zu unserm begeren fridens und rechtens kommen mochten, so haben wir aus vorgemelten ursachen in unserm rath aalle einmuttig–adohin geschlossen, fur gut angesehen und darauf einen artickel, wie der hie in unserm abschied gestelt werden solle, begriffen3: Das diese stende hierinn fur einen man stehen, sich voneinander nit sundern und sich in kein handlung ohne vorgemelte puncten frids und rechts begeben. Dergleichen das sich kein stand aus uns zu keiner hulf, weder gemeinlich oder sunderlich, heimlich noch offenlich, sie werde practicirt oder gesucht wie sie wolle, bewegen lassen oder dieselbigen bewilligen oder leisten sollen, es sey dan, das wir vermög unsers oftgethanen anhaltens und bittens bestendigs fridens und gleichmessigs rechtens versichert werden.

Und do einicher stand dieser christlichen aynung nichtleistung der turckenhulf oder des hieigen abschieds halben, des sich die andern stende ohne uns verglichen und vereinigt, beschwerdt wurt, so ist under uns weitter beschlossen, das wir alle in solchen vehllen abermall fur einen man stehen und einander mit hulf, rath, schutz und beystande nit verlassen solle.

Und wiewoll solches alles durch uns einmuttig beschlossen und bedacht, sich auch euere gesanten vormal mit uns hierinn vereinigt, so haben sie sich doch vergangens sampstags [1543 April 14] in dem rath vernemen lassen, das sie verners bescheidts von euch gewarteten und hierinn mit zu schliessen keinen bevelch hetten.

Demnach wollen wir uns versehen, ir werden gelegenheit der sachen und unser bewegung auch fur nottwendig achten, euch von uns, den andern stenden, nicht sundern noch in einiche gemeine oder sunderliche hulf, weder heimlich noch offenlich, begeben, wir seyen dan zuvor miteinander eins bestendigen fridens und gleichmessigen rechtens versichert. Das wollen wir uns zu euch als zu unsern miteynungsverwanten versehen, und ir werden auch daran gemeiner christlicher verstendnus und euer selbst wollfardt furdern. So wollen wir es auch umb euch freuntlich und mit willen zu verdienen geneigt sein.

US: Der Kff., Ff., graven, stette und stend der christlichen veraynung rethe, gesanten und pottschaften itzo zu Nurmbergk.

Anmerkungen

1
Die Augsburger Gesandten beriefen sich in Bezug auf eine in Sondervereinbarung mit dem König zu bewilligende Türkenhilfe (Partikularhilfe) auf Befehlsmangel und wandten sich um weitere Instruktionen an Bgmm. und Rat der Stadt (Nr. 399), was die Schmalkaldener befürchten ließ, sie würden vom gemeinsamen Beschluss abweichen. Die hessischen Räte berichteten dazu am 17. April 1543 an Lgf. Philipp: [...] Zum andern, nachdem wir besorgt, es mochten etliche unserer stend particular hulf one erledigt der puncten fridens und rechtens bewilligen, so haben wir derhalben davon in unserm rath abermaln umbfrag gethan. Und ist durch gemeine stend einmuttiglich dohin beschlossen, das kein stand weder gemeine oder sonderliche hulf heimlich oder offentlich one erlangung unsers begerns leisten oder bewilligen sölle, alles inhalt und vermög eines sondern gestelten articuls hieneben [Nr. 275], welcher dan also in unsern hieigen abschied gebracht werden soll. Allein haben sich die gesanten von Ausgspurg vernemen lassen, das sie von iren herrn und obern kein bevelch hetten, sie wollten sich aber bescheidts erholen. Dieweil wir aber besorgt, das die geheimen reth der statt Augspurgk vieleicht etwan one den rath particular hulf zusagen und leisten, dardurch vieleicht andere stett sich auch bewegen lassen möchten, so haben die gemeinen stendt an den gemeinen rath der statt Augspurg geschrieben und sie der particular hulf verwarnet, auch mit gutten ursachen erinnert, sich von gemeinen stenden nit zu sundern [Nr. 276]. Hoffen, es werdt statthaben. [...] In: Marburg StA; PA 650, fol. 432r–438r, hier fol. 432v–433r (Ausf.).
2
Die Schmalkaldener befürchteten nicht ganz zu Unrecht ein drohendes Abweichen der oberdeutschen Städte vom einheitlichen protestantischen Vorgehen in der Frage der Bewilligung der Türkenhilfe. Zu Beginn des RT hatten die Hgg. von Bayern ihre Gesandten nämlich in einem Schreiben vom 27. Jan. 1543 (Nr. 327) angewiesen, in geheimen Verhandlungen mit Augsburg, Nürnberg und Ulm die Aussichten für ein gemeinsames Türkenbündnis ohne vorherige Verhandlungen über Friede und Recht zu erkunden. Die ablehnende Haltung Ecks gegenüber einem solchen Plan (siehe das Schreiben Stockhammers an Hg, Wilhelm vom 9. Febr. 1543: Nr. 331, bes. Anm. 1) sowie die Standhaftigkeit der Städte, trotz aller Überredungsversuche von habsburgischer bzw. altgläubiger Seite an der von den Schmalkaldischen Bundeshäuptern vorgegebenen gemeinsamen Linie festzuhalten, führten jedoch zum Scheitern dieser Bündnispläne mit den Städten. Kg. Ferdinand versuchte nochmals gegen Ende des RT, die Schmalkaldener zu spalten und die oberdeutschen Städte, vor allem Augsburg, mit allen möglichen Vorhaltungen zur Bewilligung der Türkenhilfe zu überreden. Siehe den Bericht Dr. Peutingers über eine Unterredung mit Kg. Ferinand am 2. April 1543: Nr. 396.
a
–aIn A unterstr.
3
Siehe den Schmalkaldischen Bundesabschied: Nr. 418, Art. 2, letzter Absatz.