Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Wien HHStA, RK RA i.g. 13f/Konv. 1, fol. 87r–90v (Konz. mit marg. Nachträgen und Korr.); DV fol. 90v: Verzeichnus der mundtlichen handlung der röm. kgl. Mt. und dann der hessischen räth, uff Sonntag, den 11. Marci anno etc. 43.

Die kgl. Mt. hat uns, euer fstl. Gn. reth und verordenten, aheut den 11. Marci–azu zweyen uhrn zu ir bescheiden. Und sein davor die sächsischen kfl. räth umb ein uhr bey irer Mt. erschinen und mit denselben gleich uns, wie wir dess von inen bericht sein [Nr. 186], gehandelt worden. Und hat uns die kgl. Mt., einig allein in beysein des H. von Granvells, selbst personnlich diß antzeigen gethon:

Ir Mt. und die ksl. commissarien hetten buns etliche maln in schriften die ursachen, warumb wir an frid und rechten keinen mangel hetten, dargethan, mit erinnerung, das wir uns mit andern stenden zu berathschlagung der händel wolten einlassen, one not dasselb widerumb zu erholen–b, dann fridens halber weren wir funf jar lang nach der expedition versichert und hetten desselben keinen mangel. So stuend es des gleichmessigen rechtens halber uff der suspension der proceß, dergleichen auch uff der reformation, also das wir uns der proceß halben nichtzit befahren dörften. So wurden auch die mängel der personen durch die reformation abgestellt und die personen, do sie sich anderst, dann sich gepurt, gehalten, gestrafft. Zudem, das der ksl. Mt. ankunft, als die zu furderung frids und rhu geneigt, alle mängel und beschwerung abwenden wurd, also das wir fridens und rechtens halber eben das hetten, wie wir selbst begerten, und wurd uns auch dardurch weder am friden oder rechten mangeln.

cIr Mt. wollt uns auch des furwahr anzeigen, das sie weitter zu geen, dann allgereit geschehen, gantz keinen bevelch hetten–c. Darumb begerte ir Mt. gantz gnedigclich und mit allem vleiß, wir wollten uns zu berathschlagung der sachen in ansehung der not neben und mit andern stenden einlassen, wie sich dess die ksl. und ir kgl. Mtt. versehen. Und das auch unser gnediger furst und herr die guttwilligkeit der ksl. und irer kgl. Mtt. und wie gnedigclich sie sich gegen irn fstl. Gn. allwegen gehalten, bedencken wollt, dann beid ir Mtt. setzten in hochgedachten unsern gnedigen herrn ein sonder gnedigs und guts vertrauen.

Die hessischen reth und verordenten haben der kgl. Mt. widerumb angezeigt, ir Mt. hetten uß den nehern diser stend schriften und antwurten gnugsam ursachen gehort, uß denen wir uns in einiche handlung unerledigt fridens und rechtens nit ainlassen könnten, und weren damit auch die mängel und beschwerden erregt, die wir fridens und rechtens halber hetten, also das wir als die dienner uß sollichem unserm bevelch, den uns ir fstl. Gn. etliche mal widerumb erneuertd, nicht zu schreitten wußten, inmassen wir dann irer kgl. Mt. in ubergebenen schriften mehrmaln angezeigt.

Und als aber ir Mt. auch vermeynet, das dem friden durch die suspension geholfen, könnten wir uß vorigen ursachen nit befinden. Zudeme do uns mit der suspension sollt geholfen werden, das dannocht cammerrichter und beysitzer denselben nit pariern, sonder gleichwol procediern wurden, wie sie dann in der goßlarischen sach uber der ksl. und irer kgl. Mtt. suspension nichtsdesterweniger fortgefahren und auch noch gegen disen stenden handeln und procedirn, davon uns heut dises tags bericht und schriften zukomen weren. Dieweil wir uns nun uß manglung bevelchs mitnichten einlassen könnten, so betten wir underthenigclichst, unsere personen entschuldigt zu halten etc.

Soverr aber den vorgemelten beschwerden abgeholfen, so würd hochgedachter unser gnediger herr an aller träglicher hulf und allem dem, das zu des Reichs notturft dienen sollt, nichts erwinden lassen, dann hochgedachter unser gnediger herr wisse sich der ksl. Mt. guttwilligkeit und gnaden gantz wol zu erinnern. Sein fstl. Gn. weren hinwiderumb auch zu fallem dem geneigt, das der ksl. und irer [kgl.] Mtt. zu gefallen reichen möchte–f, mit weitterm und mehrerm underthenigem erpietten, wie sich dess gepurt hat.

Die kgl. Mt. hat ir vorige argumenta widerumb erholt, namblich daß man den funfjerigen friden versichert hett, zudem so sollt das recht durch die visitation gleichförmig gemacht werden, und weren also frid und recht, wie wir dess selbst begert hetten, bestellt und geordent, dann wir hetten die visitation und reformation vermög der declaration bewilligt, die sollt auch vermög derselben furgeen. So werg niemandt dann wir selbst daran schuldig, dass am cammergericht nit stillgestanden wurd, dann ir Mt. und die commissarien hetten uns selbst die suspension der proceß angepotten etc., alles mit weitter einfuhrung und erholung voriger argumenten, in ir Mt. ubergebnen schriften verleipt.

hUnd daruff gepetten, nachdem die andern stend uff morgen zu der hauptsach greiffen, daß wir uns auch mit einlassen, doch nit beschliessen möchten. Und sollten wir unserm gnedigen herrn diser sachen berichten, uns bevelchs erholen. Zweiffelten sein kgl. Mt. nicht, ir fstl. Gn. wurden diß sachen nit verhindern etc. Und wer vor angezeigt, daß ir Mt. und die comissarien weitter nit geen konnten, zudem so stuend es in der ksl. Mt. macht nit, die personen abtzuschaffen, die Kff., Ff. und andere stend an diß cammergericht gesetzt hetten–h.

Hessische Gesandte: Wiederholung der früheren Beschwerden über Nichtanerkennung der ksl. Deklaration durch die altkirchlichen Stände und die Gefahr, dass dise stend und wir dardurch in den regennspurgischen [1541] und uß demselbigen in den augspurgischen abschid [1530] und wormbisch edict [1521] [geführt würden], darinnen sich doch dise stend also beschwerd befunden, das sie denselben augspurgischen abschid gewissens halber keinswegs annemen könnten oder möchten. Also das uns unsere oft dargethanen mängel und beschwerden durch ir kgl. Mt. antwurt und schriften nicht abgeholfen wern. Darumb so könnten wir auch unsern gnedigen fursten und herrn uber seiner fstl. Gn. oft beschehnen bevelch nit persuadiern etc.

Gleicher fehl und mangel wurde auch der reformation halben furfallen, dann nachdem der gegentheil von solcher declaration nichts hielt, so wurd irrung und beschwerden gleich itzt vor der handt sein, zudem auch das der verdacht und abgunst diser personen halber durch die visitation und reformation nicht hinweggenomen und auch die sachen in vorigem stand nicht weren uß oft dargethanen ursachen etc. Derhalben und uber solliche unerledigte mängl und beschwerung, auch manglung dess bevelchs, wußten wir hochgedachtem unserm gnedigen herrn nit zu schreiben, nochmaln bittend, unsere personen nit zu verdenken.

Die kgl. Mt.: Sovil die declaration belangt, könten ire Mt. achten, das von derselben zu verhinderung der einmutigkeit dises wercks allerley geredt wurd, iwie man aber einem iden köndt das maul verstoffen–i. Die ksl. Mt. wurd aber glauben halten als ein fromer wahrhafter jund vermugender–jkaiser und bey den andern stenden dahin anhalten, das sie irer ksl. Mt. declaration kraft und wurckung geben werden. Und ire Mt. hielten fur unnoturftig, dise ding, so sie mit uns geredt, unserm gnedigen herrn zu berichten, dann wir wurden es selbst wol thun könnden. Sein Mt. wollt aber darneben nit underlassen, sein fstl. Gn. auch zu schreiben1.

Anmerkungen

a
–aMarg. nachgetr.
b
–bKorr. aus: nuhnmaln in etlichen schriften uns unsere ursachen fridens und rechtens halber und warumb wir uns biß hieher mit andern stenden zu berathschlagung der händel nit einlassen, widerlegt, one not dasselb widerumb zu erholen.
c
–cMarg. nachgetr.
d
Korr. aus: erefert.
e
Danach folgt gestr.: das wir auch irer Mt. nit pergen wollten.
f
–fMarg. korr. aus: aller gepur und dahin geneigt, sich irer Mt. gefallens zu erzeigen.
g
Danach folgt gestr.: der proceß.
h
–hMarg. nachgetr.
i
–iMarg. nachgetr.
j
–jMarg. nachgetr.
1
Kg. Ferdinand an Lgf. Philipp: er bittet, der Landgraf möge dem Bericht seiner Räte über die Verhandlungen des 11. März 1543 Glauben schenken und sich entsprechend dem ksl. und kgl. Willen verhalten, Nürnberg, 1543 März 11, in: Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 525–529, Nr. 176, fol. 260r–261v (Kop.).