Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Der Wormser Reichstag 1513 ging fast nahtlos aus dem nur wenige Monate vorher zu Ende gegangenen Kölner Reichstag hervor. In der dort beschlossenen Reichsordnung vom 26. August 15121 hatten sich Kaiser Maximilian und die Reichsstände darauf geeinigt, künftig alljährlich in Frankfurt a. M. oder Worms eine weitere, nicht länger als einen Monat dauernde Reichsversammlung abzuhalten. Die erste dieser regelmäßigen Zusammenkünfte sollte bereits ab dem 6. Januar 1513 in Worms stattfinden. Ihre Aufgabe bestand im Vollzug der neuen Reichsordnung sowie in der „betrachtung und versehung des hl. Reichs notturft“.2 Diese recht vage Aufgabenstellung wurde durch den am selben Tag erlassenen Reichsabschied3 konkretisiert. In Worms sollten die Klagen einzelner Reichsstände gegen die Höhe ihres Beitrags zu der in Köln beschlossenen Hilfe für den Geldernkrieg behandelt sowie strittige Fälle der Einbeziehung mittelbarer Stände in den Anschlag reichsunmittelbarer diskutiert werden. Außerdem galt es, über verschiedene in Köln nicht mehr geklärte interständische Konflikte, die Beschwerden der Grafen und Herren gegen ihre Heranziehung zum Unterhalt des Reichskammergerichts, die Pfahlbürgerproblematik, die Vergrößerung der in Köln beschlossenen Truppe zum Schutz des Landfriedens sowie das bereits im Mai 1512 in Trier vorgetragene, aber immer noch unbeantwortete Ersuchen des Deutschordenshochmeisters Albrecht von Brandenburg um Hilfe gegen Polen zu sprechen. Hinzu kamen verschiedene kleinere Themen, die in Köln ebenfalls nicht mehr hatten zum Abschluss gebracht werden können.4 Die Ladung der Reichsstände zum neuen Reichstag erfolgte durch ein bereits am 1. Oktober 1512 in Köln ausgestelltes kaiserliches Mandat.5 Es beinhaltete neben der Aufforderung zur Teilnahme an der neuen Zusammenkunft die Weisung, die beigefügte Reichsordnung und den Kölner Reichsabschied bekanntzumachen, den in Köln beschlossenen Gemeinen Pfennig einzusammeln und die Eilende Hilfe für den Geldernkrieg zu bezahlen.

Die Liste der in Köln nicht mehr zum Abschluss gebrachten Themen zeigt, dass es für den Wormser Reichstag eigentlich reichlich Beratungsbedarf gegeben hätte. Dennoch kam dort keine vollwertige Reichsversammlung zustande, denn es gab keine kaiserliche Proposition, die Beratungen wurden nie förmlich eröffnet und es wurde auch kein Reichsabschied formuliert. Die Gründe dafür lagen sowohl beim Kaiser als auch bei den Reichsständen. Wie man es von ihm von vielen früheren Reichstagen her gewohnt war, erschien Maximilian zum Anfangstermin 6. Januar 1513 nicht in Worms. Auch den von ihm selbst genannten Ankunftstermin 15. Februar ließ er verstreichen (Nr.221 [2.]), die Bitte seiner Kommissare vom 9. März, endlich zum Reichstag zu kommen, ignorierte er (Nr.225). Stattdessen reiste er von Dezember 1512 bis März 1513 unstet in der Pfalz und im Elsass umher, hielt sich jeweils für einige Tage oder Wochen in Landau, Speyer, Weißenburg im Elsass und Ingweiler auf und begab sich schließlich nach Augsburg, wo er Mitte März eintraf. Dort konnte er den ihm im Kontext seiner Außenpolitik wichtigen Vorgängen in Italien (Konflikt mit Venedig, Verhältnis zu Frankreich, Wahl eines neuen Papstes) näher sein als in Worms. Währenddessen verfolgte er jedoch genau, wie viele und welche Reichsstände zum Reichstag eintrafen. Später erklärte er, weil zu wenig Teilnehmer gekommen seien, sei auch er nicht erschienen (Nr.43). In Worms ließ sich Maximilian durch einige Räte, darunter seinen Hofmeister Wilhelm von Rappoltstein, vertreten, die anfänglich nicht kaiserliche Kommissare genannt wurden. Als solche bezeichneten sich erstmals Anfang März Pfalzgraf Friedrich (der Bruder Kurfürst Ludwigs von der Pfalz), Graf Bernhard von Solms, Eitelwolf vom Stein und Dr. Johann von Dalheim (Nr.225). Durch fortlaufende briefliche Kommunikation mit ihnen wusste der Kaiser trotz Abwesenheit gut über das Reichstagsgeschehen Bescheid und konnte mittels Weisungen an seine Vertreter direkten Einfluss darauf nehmen.

Die Reichsstände beteiligten sich von Anfang an nur zögerlich am Reichstag, offenkundig vor allem deshalb, weil man die persönliche Anwesenheit des Kaisers nach wie vor als wichtige Voraussetzung für effektive Beratungen ansah. Die zeitweise geringe Anzahl anwesender Stände führte zu viel Leerlauf und längeren Unterbrechungen, sodass sich der Reichstag bis Mitte Juli hinzog. Einen nicht zu unterschätzenden Störfaktor stellten wohl auch die Auseinandersetzungen zwischen dem Rat und der Gemeinde von Worms dar, die Anfang 1513 begannen und bis ins Jahr 1514 hinein andauerten. Sie erzeugten ein Klima der Unruhe und dürften dafür gesorgt haben, dass sich die hochgestellten Tagungsgäste in der Stadt nicht sehr wohl fühlten. Nur wenige Reichsfürsten wie der allzeit pflichtbewusste Mainzer Erzbischof und Reichserzkanzler Uriel von Gemmingen blieben längere Zeit in Worms. Kurfürst Ludwig von der Pfalz reiste nach einiger Zeit wieder ab, Kurfürst Joachim von Brandenburg ließ sich durch einen Gesandten vertreten. Die beiden Erzbischöfe Richard von Trier und Philipp von Köln blieben trotz mehrfachen Drängens Maximilians der Zusammenkunft konsequent fern. Von den Reichsfürsten erschien zeitweilig Kurfürst Ludwigs Bruder Friedrich. Erst in der Schlussphase des Reichstags kamen Bischof Georg von Bamberg, Herzog Ulrich von Württemberg, Markgraf Friedrich von Ansbach-Kulmbach sowie die Markgrafen Christoph und Philipp von Baden, wohl in Erwartung einer persönlichen Begegnung mit dem Kaiser (Nr.196 [1.], 197 [3.]). Demgegenüber war die Zahl der anwesenden Gesandtschaften durchaus stattlich. Einziger ausländischer Delegierter war Robert Wingfield, der im Auftrag König Heinrichs VIII. von England mit Maximilian sprechen sollte. Von den deutschen Reichsfürsten schickten Erzbischof Richard von Trier, Kurfürst Friedrich von Sachsen, Erzbischof Leonhard von Salzburg, Bischof Lorenz von Würzburg, Bischof Georg von Bamberg, der Deutschordenshochmeister Albrecht von Brandenburg, Herzog Wilhelm von Bayern, Herzog Johann von Jülich-Kleve, Herzog Georg von Sachsen sowie das hessische Regiment Vertreter, ebenso der Schwäbische Bund. Städtische Abordnungen kamen aus Augsburg, Frankfurt a. M., Köln, Nördlingen, Nürnberg, Regensburg, Schwäbisch Hall und Straßburg (Nr.27 [2.]). Sie alle hielten sich jedoch keineswegs ständig, sondern nur für mehr oder weniger lange Zeitabschnitte in Worms auf.

Seit Maximilians Ankunft in Augsburg wurde in Worms über eine Verlegung des Reichstags in die vom Kaiser so sehr geschätzte Stadt am Lech spekuliert, doch standen manche schon zu diesem Zeitpunkt einem Ortswechsel skeptisch gegenüber (Nr.236 [1.], 238 [1.]). Als dann Maximilian Anfang Mai tatsächlich dazu aufforderte, zu ihm nach Augsburg zu kommen (Nr.40, 42), lehnten die reichsständischen Gesandtschaften dies strikt ab. Zum einen seien sie nur zu Verhandlungen in Worms beauftragt, zum anderen verfügten sie aktuell über keinerlei Pferde und sonstige Reiseausstattung. All dies müssten sie sich erst zuhause beschaffen. Sie seien aber bereit, das kaiserliche Ersuchen an ihre Obrigkeiten weiterzuleiten (Nr.191). Offenkundig war es diese klare Aussage, die bei Maximilian einen Sinneswandel auslöste, denn am 4. Juni teilte er den Reichsständen mit, er mache sich nun nach Worms auf, um dort „unser und des hl. Reichs notturft nach dem abschid zu Collen zu handeln“ (Nr.43). Im Gegensatz zu dieser erneut vage gehaltenen Ankündigung sprach der kaiserliche Kanzler Zyprian von Serntein deutlich aus, was der Kaiser in Worms plante: Er versuche, die Reichsstände zu „bewegen, damit sy seiner ksl. Mt. wider irer Mt. widerwertigen, die Venediger und ander, hilf teten“, werde allerdings nicht lange bleiben (Nr.44 [2.]). Tatsächlich traf Maximilian am 18. Juni in Worms ein (Nr.252 [1.]), reiste aber dann, ohne eingehendere Verhandlungen geführt zu haben, bereits am 25. Juni wieder in Richtung Frankfurt a. M. ab (Nr.254 [1.]). Die Reichsstände erwarteten seine Rückkehr (Nr.196), wurden jedoch am 14. Juli durch die Reichstagskommissare, wenig später dann nochmals durch kaiserliche Gesandte aufgefordert, zu Maximilian nach Koblenz zu kommen und dort gemeinsam mit ihm die Reichstagsverhandlungen zum Abschluss zu bringen (Nr.197 [2.], 197 [4.], 199). Die Reichsstände lehnten zwar dieses Ersuchen am 18. Juli unmissverständlich ab, empfahlen aber zugleich, zum 29. September einen neuen Reichstag nach Worms oder Frankfurt a. M. auszuschreiben. Die beiden Kurfürsten Uriel von Mainz und Ludwig von der Pfalz wurden bevollmächtigt, vorbehaltlich der Zustimmung des Kaisers ebenfalls zur Teilnahme an der geplanten Reichsversammlung aufzufordern (Nr.201). Unmittelbar darauf begannen die Tagungsteilnehmer abzureisen, am 21. Juli hielt sich kein Reichsstand mehr in Worms auf (Nr.202204).

Anmerkungen

1
 Seyboth, Reichstagsakten 11, Nr.1011.
2
 Ebd., Nr.1011 [34.].
3
 Ebd., Nr.1592.
4
 Ebd., Nr.1592 [3.], [5.], [13.], [15.], [17.][24.].
5
 Ebd., Nr.1849.