Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Einen speziellen Aspekt des Reichstags 1517 bilden die Supplikationen, die von verschiedenen Einzelpersonen an die in Mainz versammelten Reichsstände ergingen (Abschnitt VII.5.2). Die meisten der Supplikanten waren in der einen oder anderen Weise betroffen von den vielen Konflikten, die im zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts das Reich in ständiger Unruhe hielten. Ihre Bittschriften schilderten mit sehr eindringlichen Worten die schwierige, teilweise sogar existenzbedrohende Lage, in die die Verfasser durch ihre Dienste für verschiedene Auftraggeber oder durch andere Umstände geraten waren, und baten die Reichsversammlung um Hilfe. Die beiden Juristen Dr. Ludwig Sachs und der Lizentiat Johann Diefenbeck hatten 1513 auf Weisung Kaiser Maximilians der Wormser Gemeinde in ihrer Auseinandersetzung mit dem dortigen Rat rechtlichen Beistand geleistet, der Vater Philipps und Bechtolds von Flersheim war in Worms Opfer einer Einquartierung der gegen Franz von Sickingen aufgebotenen Truppen geworden, Wolf Gotzmann von Thurn und Jost Merkle hatten im Kontext der Differenzen zwischen Landgraf Wilhelm d. Ä. und Anna d. Ä. von Hessen mit dem dortigen Regiment schwere finanzielle Einbußen erlitten, Katharina von Reide schließlich, die Witwe des einstmals einflussreichen Kölner Ratsherrn Johann Reide, beklagte sich, dass ihr nach der Hinrichtung ihres Ehemannes vom Rat der Stadt übel mitgespielt worden sei. Nur mit dieser letztgenannten Supplikation beschäftigte sich der Mainzer Reichstag näher, bevor er auch sie, wie alle anderen Bittschriften, dem Kaiser nach Augsburg übersandte mit der Ersuchen, darüber zu befinden. Im Fall Reide berief Maximilian eine Schiedskommission ein, alle anderen Klagen blieben bis auf weiteres liegen.

Ein anderes Gesuch an den Mainzer Reichstag besaß nicht geringe politische Brisanz. 1497 verhängte König Maximilian auf Klage Thomas Jodecks gegen die Bewohner von Danzig und Elbing die Reichsacht. Nach Jodecks Tod übernahm sein Anwalt Sigmund Zwiekopf dessen Forderungen, konnte sie aber nicht durchsetzen, u. a. deshalb, weil die Geächteten Unterstützung aus anderen großen Handelsstädten wie Augsburg, Nürnberg, Köln, Lübeck und Hamburg erhielten. Im Juli 1517 wandte sich Zwiekopf daher mit zwei Supplikationen an den Mainzer Reichstag, beklagte die großen Einbußen, die er durch seine bisherigen vergeblichen Bemühungen bereits erlitten hatte, und bat um Unterstützung (Nr.891893). Brisanz erlangte die Sache dadurch, dass sich ausgerechnet Franz von Sickingen zum verbalen Helfer Zwiekopfs aufschwang (Nr.890). Dadurch bestand die Gefahr, dass zu den bereits jetzt von Sickingen ausgehenden Risiken noch ein weiteres hinzukam. Kaiser Maximilian, dem die beiden Supplikationen vom Reichstag übersandt worden waren, befand sich in einer schwierigen Lage, da er gerade im Begriff war, sich mit Sickingen zu verständigen und ihn für den Feldzug gegen Herzog Ulrich von Württemberg zu gewinnen. Er suchte sich daher juristischen Rat (Nr.895, 896) und verschob schließlich auch in diesem Fall seine Entscheidung, indem er kurz vor seiner Abreise aus Augsburg Zwiekopf anwies, vor ihm, seinen Räten oder Bischof Christoph von Augsburg zu erscheinen und die Rechtmäßigkeit seiner Forderungen zu belegen (Nr.897).