Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

München, HStA, KÄA 3137, fol. 207a–208b, Konz.

Im beigefügten (nicht vorliegenden) ksl. Mandat wird Hg. Wolfgang von Bayern vorgeworfen, er habe zwei Jahre lang die ihm durch den Konstanzer Reichstag (1507) auferlegte fünfjährige Abgabe zum Unterhalt des Reichskammergerichts in Höhe von 50 rh. fl. nicht bezahlt. Sollte er dies weiterhin nicht tun, werde er vor das Reichskammergericht geladen.1Die Sache verhält sich jedoch so: Da sowohl vom Wormser Reichstag 1509 als auch vom jüngstgehaltenen Reichstag in Köln (1512) an Hg. Wolfgang Zahlungsaufforderungen im Zusammenhang mit dem Unterhalt des Reichskammergerichts und mit Reichsanschlägen ergingen, supplizierte er (Hg. Wilhelm) mehrfach an den Ks., die Reichsstände und das Reichskammergericht, dass Hg. Wolfgang und dessen Besitzanteil nicht mit derartigen Forderungen behelligt werden sollten, da er (Hg. Wilhelm) laut dem vom Ks. bestätigten Vertrag über die Regierung des Ft. Bayern verpflichtet sei, Hg. Wolfgang hinsichtlich aller Dienstbarkeiten gegenüber dem Reich schadlos zu halten.2Dieser habe nämlich kein Ft., empfächt auch von ksl. Mt. noch dem Reich kein regalia, lehen noch pann, sunder der zirkel und der stet, sloss und flecken seins inhabens sind unserm Hgt. Bairn, so wir itz regieren, dermassen incorporirt und zugehörig, das solhs alles ain unzertrent, ungetailt und ain ainig Hgt. ist, das wir auch allain als ainiger regierender F. von dem hl. Reich zu lehen tragen und gegen ksl. Mt. und dem hl. Reich in allen anlegen allain verdienen und deshalben Hg. Wolfgangen on schaden vertreten muessen, als wir auch bisher getan haben und nun neben ainem Kf. in des Reichs anlegen gehalten werden. Und des zu noch mererm anzaigen, so empfahen Hg. Wolfgangs ambtleut in craft des bestätigten vorgemelten vertrags den pan von uns als regierendem F., und sein lieb hat allain fructum und die nyessung sein leben lang. Und darzu so ist die recht, landsfürstlich obrigkeit über die landschaft seiner lieb inhabens uns und unsern erben als regierendem F. mit steuern, raisen und andern sachen vorbehalten, und nach seinem tod werden uns die flecken seins inhabens und derselben nutzung als ain zugehör unsers Ft. widerumb haymfallen. Solt dann Hg. Wolfgang solich sein leibgeding gegen dem Reich in seinem leben itz besonder auch verdienen muessen, so würde nach seinem tod solich dienstperkait alweg darauf beleiben. Daraus wurde entsten, das uns von einem einigen Ft. mer auferlegt wurde dann ainem Kf. Das weilend unserm vettern Hg. Jörigen [von Niederbayern] nit beschehen ist, der doch an landen und leuten mer gehebt, dann wir itz mitsambt Hg. Wolfgangs zirkl uber das, so davon durch ksl. Mt. spruch3 und interesse4 kummen ist, inhaben.

Hat um den 17. Mai 1509 (hl. auffarttag) herum, als Hieronymus von Stauff und Dietrich von Plieningen auf Weisung der hgl. Vormünder auf einem Reichstag in Worms weilten, diese Auffassung dem Ks. während dessen Aufenthalt in Kaufbeuren persönlich vorgetragen und erreicht, dass dieser wegen des ihm und seinem Bruder Hg. Wolfgang auferlegten Konstanzer Anschlags gemäß beigefügter Abschrift an seine Kommissare und Räte in Worms geschrieben hat.5Hat darüber hinaus vom Ks. eine gesonderte gesiegelte Verschreibung6erlangt, von der ebenfalls eine Abschrift beiliegt. Weist demgemäß seine Gesandten an, den gesamten Sachverhalt dem Reichskammerrichter (Gf. Sigmund zum Haag) und den Beisitzern des Reichskammergerichts vorzutragen und sich dafür einzusetzen, dass Hg. Wolfgang künftig nicht mehr zu Anschlägen herangezogen wird. Wo auch ytz auf disem reichstag abermals von einer anlag gehandelt wolt werden, sollet ir alsdann bey den stenden verfugen, damit sy unsern vettern Hg. Wolfgangen oder auf sein inhaben weiter nichts anlegen noch mit mandaten darumb ersuchen noch belestigen, sunder sich benugen lassen, das unser Hgt. Bairn, darin Hg. Wolfgangs zirkel auch ist, neben ainem Kf. angelegt und verdient wirdet.

Anmerkungen

1
 Mit Schreiben aus Landshut vom 30. März 1513 (mitichen in den osterfeyrn)hatte Hg. Wilhelm Hg. Wolfgang auf dessen (nicht vorliegendes) Schreiben mit beigefügtem (nicht vorliegendem) ksl. Mandat, in dem die Zahlung von 50 fl. für den Unterhalt des Reichskammergerichts verlangt wurde, geantwortet, ein derartiges Ersuchen sei nicht zu erwarten gewesen, nachdem er sich mit dem Ks. über dieses Thema bereits schriftlich ausgetauscht habe. Da jedoch die Forderung vom Reichskammergericht in Worms stamme und dort jetzt auch der Reichstag abgehalten werde, wolle er seine dortigen Räte beauftragen, sich bei den Reichsständen, beim Reichskammerrichter (Gf. Sigmund zum Haag) und bei den Gerichtsbeisitzern dafür einzusetzen, dass Hg. Wolfgang in der Angelegenheit nicht weiter behelligt werde. München, HStA, KÄA 3137, fol. 206a, Konz.
2
 Supplikation Hg. Wilhelms IV. von Bayern und seiner Vormünder an Ks. Maximilian, Kaufbeuren, ca. 14. Mai 1509. Heil, Reichstagsakten 10, Nr.370.
3
 „Kölner Spruch“ Kg. Maximilians, Köln, 30. Juli 1505. Ebd., Nr. 476.
4
 Ebd., Nr. 476 [26.].
5
 Ksl. Weisung an Mgf. Kasimir von Ansbach-Kulmbach und die übrigen ksl. Reichstagskommissare, Kaufbeuren, 14. Mai 1509. Ebd., Nr. 395.
6
 Zusage Ks. Maximilians, sich bei den Reichsständen gegen eine separate Veranschlagung der Besitzungen Hg. Wolfgangs einzusetzen. Ebd., S. 299, Anm. 6.