Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Ersuchen Kf. Friedrichs von Sachsen an den Ks. um Unterstützung bei der Rückgewinnung angestammter kursächsischer Rechte in Erfurt; [2.] Unrechtmäßigkeit dieser Ansprüche; [3.] Kursächsischer Verstoß gegen die ksl. Abschiede und Friedgebote; fehlende Rechtsgrundlage der sächsischen Forderungen in Erfurt; [4.] Ablehnung eines Vermittlungsversuchs durch Bf. Lorenz von Würzburg und Hg. Ulrich von Württemberg; Ersuchen um Fortsetzung des begonnenen Rechtsverfahrens; [5.] Fragwürdigkeit des kursächsischen Verlangens nach Besitzrückgabe an die ausgetretenen Erfurter Bürger; [6.] Notwendige Klärung damit zusammenhängender Fragen; [7.] Bitte um Weiterführung des laufenden Rechtsverfahrens.

Magdeburg, LHA, Standort Wernigerode, A 37 b I, I III Nr. 10, fol. 98b–100b, Kop.

/98b/ Meins gnst. H. [EB Uriel] von Menz und der gesanten der stadt Erfurt widerbericht und antwurt auf das furhalten ksl. Mt. commissari und rete in irrungen zwischen Menz, Sachsen und den burgern in und aus Erfurt

[1.] Erstlich wirdet in meyns gn. H. Hg. Friedrichs von Sachsen, Kf., antwurt, auf ksl. Mt. furhalten, jungst von Frankfurt in obbemelten sachen bescheen [Nr.105], gemelt, das seins verhoffens durch seyner ftl. Gn. bruder [Hg. Johann], vetter [Hgg. Georg und Heinrich] und syn ftl. Gn. nichts unpillichs ader anders bey ksl. Mt. gesucht, dan das sie zu suchen fug und recht haben, auch dem rechten und pillicheit gemeß sey. Darumb syn ftl. Gn. hynder seiner Gn. bruder und vetter davon nit abzustehen wist, bittend, ksl. Mt. wolt inen vergunnen, sich des zu gebruchen, das gemelter Hg. Friderich auf warhaftig bericht und guten fugen bey ksl. Mt. erlangt het oder das ksl. Mt. mit denen in Erfurt verfuge, dem ksl. abschied und mandaten gehorsamlich zu geleben, damit ir ftl. Gn. zu dem komen moge, das ir eltern und sy fur der aufrur an und in Erfurt gehapt, und wan solchs bescheen sey, so wollen ir ftl. Gn. rechtvertigung, auch die gute fur [Bf. Lorenz von] Wurzburg und [Hg. Ulrich von] Wirtenberg nit weygern.

[2.] Dagegen sagen mein gnst. [H.] von Menz, Kf., und der stadt Erfurt gesandten, das sy woyl leyden mogen, das durch Sachsen bey ksl. Mt. nichts anders, des sie /99a/ fuge und recht gehabt und dem rechten und pillicheit gemeß were, gesucht, sie hetten es aber bisher nit spuren mogen. Aber offentlich und am tage lige und sey, das Menz und seiner Gn. stadt Erfurt bey ksl. Mt. und sunst nichts anders, wan was recht und pillich sey, gesucht, auch ernstlich darumb angerufen und gebeten haben manichfaltig und noch, des sy aber bisher und noch vom widerteyl nit haben bekomen mogen. Hoffen und gesteen auch nit, das durch Sachsen wider sie als die gehorsamen und sie, so alzeit umb hilf des rechten gegen dem widerteyl angerufen und daran irs teyls nye keynen mangel gelassen haben und noch, ichts widerwertigs ader nachteyligs erlangt sey ader mit rechtmessigem grund erlangt haben, wenden mogen. Wo aber ychtes wider sy der gestalt usbracht, als sie doch aus oberzelten ursachen keyns weges verhoffen, so were solchs uf unerfintlich bericht wider ordenung und recht usbracht und erlangt. Das auch ksl. Mt. als unser allergnst. H. als ein loblicher, gerechter Ks. gnediglich bedacht, alle teyl umb alle sachen, so sy mit- oder gegeneinander zu haben vermeynen, vor sein Mt. und die stende des hl. Reichs uf nehstgehalten reichstag zu Trier zu recht furbescheyden und daruf alle und yde mandata und alles anders, so nach dem abschied nehstgehalten reichstags zu Augspurg ausgangen, suspendirt, aufgehept und ausgestelt hab.2 Darumb Hg. Friderich, Kf. etc., des orts billich kein stadt haben sol ader moge.

[3.] Furter sagen Menz und der von Erfurt gesanten, das sy dem ksl. abschyd3 und mandata4, sovil sich gepurt, gelebt und daran kein mangel ires teyls gelassen haben. /99b/ Wye aber der widerteyl die ausgangen abschide und fridegebot gehalten, hab ksl. Mt. und ire rete hynfur manichfeldig gehort und zeygen es meins gnst. H. von Menz und der von Erfurt in recht einbrachte clag clerlichen an. Und befrembdt Meinz und die gesanten von Erfurt nit wenig, das Sachsen anzeige, als solten sye ader ire eltern icht in ader an der stadt Erfurt vor der aufrur gehabt haben. Das doch Meinz und Erfurt hievor nie gestanden, auch noch nit gestehen.

[4.] Aus dem allem erschint auch clerlich, wie gleich ader gemeß Sachsen das erbieten auf Wirzburg und Wirtenberg tun und das solchs dermassen, wie angezeygt, aus oberzelten ursachen nit glich, pillich oder annemlich ist. Darumb so synd Meinz und die gesanten von Erfurt des undertenigen vertrauens, ksl. Mt. werde gestalt dieser sachen, wie oberzelt, genediklichen und des rechten werts bedenken und dem widerteyl seins gesinnens und ansuchens kein stadt geben, sondern die sachen bey dem angefengten rechten pleyben lassen und des genediglichen und furderlichen, wie sich gepurt, verhelfen.

[5.] Uf die ander antwurt, das in Sachsen bit, irer obgetanen bit als dem rechten und pillichheit gemeß stadt zu geben oder, wo das ksl. Mt. seyn wolt, so wolt Sachsen bewilligen, das ir Mt. mit den in Erfurt nachmals ernstlich verschaffen, das sie den burgern, so aus Erfurt sein, alle ire habe und guter volgen und sye oder die iren damit unverhindert nach aller irer notturft und willen in und ausserhalb der stadt Erfurt tun und lassen sollen, mit weyterm anhang, alsdan /100a/ Wirzburg und Wirtenberg zu bevelhen, einen tag furzunemen etc., dagegen repetiren und erzelen Meinz und die gesanten von Erfurt ir erst obbeschriben antwort und bericht und sagen weyter, das aus dem erzelten sachsischen erpieten und begern nichts anders zu volmerken, wan das sye Meinz und die von Erfurt gern aus dem rechten in ein unverfenklich handlung ihres vorteyls bringen und furen wolten. Dan alda were begert, das den burgern aus Erfurt ire guter frey volgen solten etc. und ein tag ernent werden, sich zu erkunden, ob die von Erfurt dem abschied und mandata gelebt hetten etc., aber dabey mit angehenkt, sich auch zu erkunden, ob Sachsen und die burger aus Erfurt dem abscheid und ausgangen mandata gelebt hetten oder nit. So werden auch darin nichts von den treffelichen clagen, so Meinz und die von Erfurt wider Sachsen und die burger us Erfurt vor ksl. Mt. comissarien und den stenden des Reichs im recht furbracht und alda noch anhengik seyen, gedacht. Dardurch dann dieselben clagen und rechtvertigung stilschweygend gefallen, was, als zu achten, ganz beschwerlich und nachteylig.

So sey auch meyns gnst. H. von Meinz in nehester handelung, bey ksl. Mt. alhie zu Wormbs desmals gehabt, wil oder meynung nie gewesen, uf Wirzburg und Wirtenberg allein umb erkundung, ob dem abscheid und mandata gelebt sey oder nit, zu willigen, sonder ob alle sachen, der yder teyl zu dem andern zu haben vermeynt, es sey, warumb es woll, nichts usgenomen, entlich in der güte oder recht uf sye zu komen laut der copeien [liegen nicht vor] hiebey.

[6.] So sey auch in der gemelten Sachsen antwort nit berurt, ob die burger, so aus Erfurt sein, irer beschwerlichen administration, in Erfurt gehabt, gepürlich rechnung tun sollen oder nit; item ob sye von /100b/ iren gutern, so sie die vereusserten, wie andere burger tun sollen oder nit; item ob sie in Erfurt kemen, ob sie sich nicht darin mit allen sachen, wie andere burger tun, halten sollen. Davon und anderm in alle wege, wie zuvor, weyter rede und handlung, als nemlich abnemen, moge not sein würde. Wan wo ein gruntlich, stanthaftige richtung oder vertrage zwischen allen teylen funden ader troffen werden solt, als Meinz und die von Erfurt ksl. Mt. zu eren und gefallen, auch ufrur im Reich zu vermeyden, wol geneygt weren, so wolt zuvorderst von noten sein, von allen artikln der geprechen zu handeln, mittel furschlagen und zu messigen. Darin sich dan Meinz und die von Erfurt, wie sie dann alzeyt urputig gewest, aller erbarkeyt und pillicheit wissen lassen wollen.

[7.] Auch darauf, so meyns gnst. H., auch der gesanten von Erfurt gütlich, underteniglich und ernstlich erfordern und bit, das ksl. Mt. commissari und die stende des hl. Reichs nichtsdestmynder neben der gutlichen handlung im rechten vorgehen und rechts furderlich verhelfen nach vermoge nehst ausgangner comission, ob die gutlicheit nicht volgen wol, das das recht nichtsdestmynder sein geburlich entschaft haben und erlangen moge.

Anmerkungen

1
 Die Datierung ergibt sich aus Nr.105.
2
 Ksl. Suspension der ergangenen Schriftstücke zum Erfurter Streitfall, Trier, 12. Mai 1512. Seyboth, Reichstagsakten 11, Nr.1089.
3
 Ksl. Abschied im Erfurter Streitfall, Augsburg, 23. Mai 1510. Ebd., Nr.158.
4
 Erstes ksl. Mandat an Erfurt, Innsbruck, 3. August 1510. Ebd., Nr.172; Zweites ksl. Mandat an Erfurt, Villingen, 25. Oktober 1510. Ebd., Nr.174.