Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Entsendung einer Regensburger Gesandtschaft zum Ks., dessen Ankündigung von Verhandlungen über die Frage der Reichshauptmannschaft auf dem geplanten Augsburger Reichstag; [2.] Besuch des Ks. in Regensburg, Aufforderung zur Entsendung von Gesandten nach Nürnberg; [3.] Deren Werbung beim Ks. mit Darlegung der Nachteile der Hauptmannschaft und Bitte um ihre Aufhebung; [4.] Bereits erfolgte Bestellung von Thomas Fuchs zum neuen Reichshauptmann durch den Ks., Regelung seiner Besoldung; [5.] Beschluß Regensburgs für das weitere Vorgehen.

Regensburg, [Ende Januar/Anfang Februar 1512]1

München, HStA, Gemeiners Nachlaß 29, o. Fol., Orig. Pap.

[1.] Nach dem Tod des ksl. Hauptmanns Sigmund von Rorbach2 schickte der Regensburger Rat eine Gesandtschaft3 zum Ks. nach Linz, um ihn in Form einer Supplikation zu bitten, die bestehende Hauptmannschaft zu beenden. Daraufhin gab der Ks. am 2. Januar (1512) den Abschied, er sei derzeit mit trefflichen und peschwerlichen kriegsleufen peladen, habe auch seine Räte nicht bei sich, werde jedoch auf dem ausgeschriben reichstag zu Augspurck in den sachen mit treffelichen räten irer Mt. und des hl. Reichs nottorften nach handlen und mitlerzeit mit furnemung derselben haubtmanschaft stillsteen. Regensburg solle deshalb ebenfalls Gesandte zum Augsburger Reichstag schicken, die sachen pey seiner ksl. Mt. weiter pefolgen [= verfolgen] und peschaidtz darauf warten.4

[2.] Als der Ks. jedoch nach Regensburg kam, gab er Befehl, die Stadt solle Vertreter zu ihm nach Nürnberg schicken. Doselbst wolt ir ksl. Mt. gn. einsehens haben, von gemainer stat wegen der haubtmanschaft halben zu handlen.

[3.] In Nürnberg5 trugen die Regensburger Gesandten dem Ks. gemäß seiner Aufforderung in Sachen Reichshauptmannschaft Folgendes schriftlich vor: Auf dem Reichstag zu Freiburg im Breisgau (1498) bestellte Kg. Maximilian Sigmund von Rorbach zum Hauptmann für Regensburg, der dem dortigen Rat durch die kgl. Räte Reichserbmarschall Wilhelm von Pappenheim und Dr. Heinrich Hayden als Hauptmann für drei Jahre angezeigt und auch gehorsam angenommen wurde. Nach Ablauf dieser Zeit bat der Regensburger Rat den Kg. unter Aufzeigung verschiedener Nachteile und Beschwerungen, der Stadt die Hauptmannschaft zu erlassen, erhielt jedoch darauf bislang noch keine Antwort. Nunmehr ist Sigmund von Rorbach verstorben, dem gegenüber sich Regensburg bis zu seinem Tod in allen Belangen gehorsam gezeigt hat. Daher bittet Regensburg erneut, der Ks. möge unser hievor angezaigt demuetich und untertenich gehorsam, auch die alt, arm eur kgl. Mt. und des hl. Reichs stadt für augen und zu herzen nemen, die nu hinfür solicher haubtmanschaft gnadiclich erlassen, uns und die widerumb in unsern und iren alten fuesschtapf setzen. Tut er dies nicht und bleibt die Hauptmannschaft weiter bestehen, so kann daraus der Eindruck erwachsen, als hege der Ks. Mißtrauen gegenüber Regensburg. Tatsächlich besteht dazu jedoch keinerlei Anlaß, denn die Regensburger betrachten ihn nach wie vor als ihren rechten, natürlichen Herrn und wollen seine und des Reichs gehorsame Untertanen sein. Hinzu kommt, daß sich die an die Hauptmannschaft geknüpfte Erwartung, dadurch würden viele dringend benötigte geberbiger und hantiriger leut in die Stadt kommen, nicht erfüllt hat. Zwar ist Sigmund von Rorbach ein purgerlicher, fridlicher man gewesen, doch unter ihm ist niemand in die Stadt gekommen, im Gegenteil, etliche Bürger sind weggezogen. Dies könnte sich wiederholen, wenn ein neuer Hauptmann bestellt wird, des person, gelegenheit und wesen man nicht erkennet. Dan die haubtmanschaft uns und gemainer stadt in dem, das der gedacht haubtman nit teglich alhie, sunder in eur ksl. Mt. und ye sein selbs gescheften vil aus gebesen, [zu] nit klain, sunder hoch und groß verhinderung, auch zurüttung und pürgerlicher ordnung, reigirung und handlung gemainer stadt nottorft komen und geraichet. Dan wan er nit alhie, haben zu den zeiten, so sich auch unser und gemainer stadt nottorft erfordert, unsers rates wal, auch entsetzung und wesetzung aller unser und gemainer stad ämbter, darzu die rechnung einnemens und ausgebens all ruen und stilsteen muessen. Dardurch wir die mängl und geprechen, wie die ye in ainem yeden ambt gebest, nicht haben erkunden und nachvolgen nit werden mügen. Dergleichen, wo sich zwischen unsern burgern einich irrung pegeben, die dan auf gemelten eur ksl. Mt. haubtman gebaigert, so haben wir mit aller handlung gegen dem stilsteen muessen. Und so er dan je lang nit anhaim gebest, zu was merclicher verhinderung in wetrachtung unser und gemainer stat nutz, auch zurüttung unser burgerlicher ordnung, darzue je verachtung und ungehorsam unser burger, ist wol zu wedenken. Hinzu kommt, daß weder Regensburg noch der Ks. bereit ist, für den Sold des Hauptmanns aufzukommen. Da dieser jedoch auf seinen Sold angewiesen ist, dürfte sich auch daraus kein Nutzen für Regensburg ergeben. Aus diesen und weiteren Gründen, mit denen der Ks. momentan nicht weiter behelligt werden soll, ergibt sich, daß eine Fortsetzung der Hauptmannschaft für Regensburg keinesfalls vorteilhaft wäre, sondern im Gegenteil zu einer vollständigen Zerrüttung seiner inneren Ordnung führen würde, zudem, das soliche haubtmanschaft wider unser und gemainer stadt alt herkumen, freihait, confirmacion, auch absolucion und zuvor die restitucion, uns von eur ksl. Mt. gnadiclich gegeben, die dan unter anderm gar klerlich in sich helt, das eur ksl. Mt. uns und ganze gemain der pemelten stadt Regenspurg mit iren leiben und guetern widerumb in al ir ere, wirden, stend, regierung und wesen, wie sy dan von alter gebest sein, gesetzt haben. Bittet deshalb nochmals um Erlaß der Hauptmannschaft.

[4.] Hierauf erklärte der Ks. den Gesandten, daß er nicht gewillt sei, die Hauptmannschaft in Regensburg abzustellen, vielmehr wolle er nach dem Tod Sigmunds von Rorbach Thomas Fuchs als Hauptmann nach Regensburg schicken, den auch ir ksl. Mt. mit etlichen derselben räten einzusetzen verordent hette und denselben Thoman Voxen für einen haubtman anzunemen. Darzu solten ime die von Regenspurg järlichen zu besoldung von wegen seiner gehabten mue 600 fl. rh. geben. Das ubricht wolt ir ksl. Mt. ime selbs pezalen lassen. Da entgegen wolte ksl. Mt. die stadt Regenspurg mit freiung ein zimlich anzal jar für des Reichs anschleg, auch zöllen und andern genaden gnädiclich pedenken. So nun solche einsatzung des haubtmans halb peschicht, alsdan wil die ksl. Mt. nachmals trefflich rät gen Regenspurg verordnen, ein ordnung zu machen, was der haubtman, desgeleichen der rat zu handlen haben und wie sy sich in allen stücken gegeneinander halten sollen.

[5.] Diese ksl. Vorschläge und Befehle nahmen die Regensburger Gesandten nur auf Hintersichbringen an. Wenn die angekündigten ksl. Abgesandten nach Regensburg kommen, werden der innere und der äußere Rat sie anhören. Bis dahin soll sich jeder in seinen Äußerungen geschickt und gebürlich halten, dardurch ksl. Mt. nit geursacht werd, gegen bayden räten und gemain in ungenaden zu handlen.

Anmerkungen

1
 Der Aufenthalt Ks. Maximilians in Regensburg zu diesem Zeitpunkt ergibt sich aus Nr. 1071, 1424. Vgl. auch Angermeier, Regensburgische Chronik, S. 183f.
2
 Am 18. Dezember 1511. T. Beck, Kaiser und Reichsstadt, S. 90. Zur Person Rorbachs vgl. das Biogramm bei Paulus, Machtfelder, S. 579-581.
3
 Sie bestand aus dem Schultheißen Hans Portner und Hans Hirsdorfer. Angermeier, Regensburgische Chronik, S. 182; Löwenkamp, Regensburg, S. 373.
4
 Zur Werbung der Regensburger Gesandten beim Ks. in Linz vgl. T. Beck, Kaiser und Reichsstadt, S. 96. Zu den Bemühungen Regensburgs im Jahr 1512, sich der Reichshauptmannschaft zu entledigen, vgl. auch Gollwitzer, Capitaneus, S. 271f.; H. Schmid, Regensburg, S. 48f.
5
 Hier hielt sich der Ks. vom 3.-16. Februar auf.