Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Übergabe zahlreicher Supplikationen; Beschwerden des Trierer Domkapitels und des Stifts Bleidenstadt gegen den Papst; [2.] Klage Landgf.in Annas d. Ä. von Hessen über ihre schwierige Situation mit Bitte um Unterstützung gegen Landgf.in Anna d. J.; [3.] Übersendung einer Stellungnahme des Kurmainzer Kanzlers Dr. Johann Furderer zum Vertrag Sigmund Zwiekopfs mit dem Reichskammergericht.

Frankfurt a. M., IfStG, RTA Bd. 32, fol. 133, Orig. Pap. m. S.

Teildruck: Janssen, Frankfurts Reichscorrespondenz, Nr. 1175.

[1.] /133a/ Gruß. Ich weyß euwer weysheyt nichts sonders, was sich uber forige mein schrybens begeben hab, zu verstendigen, dan daß fur und noch deglich viel supplicationes uberantwurt werden, grossen gewalt und unrecht hoherer und niderer stende beclagende, dermassen, daß mich nit wundert, daß uf diese zeyt so groß unfried, ongluck und widerwertikeyt vorhanden ist. Es beclagen sich vor den stenden dechant und capitel des hohen stiefts zu Trier, desglychen der stieft zu Blydenstat [= Bleidenstadt], daß Bepstlich Hlkt. [Leo X.] uber ire privilegien und confirmation ire probsteyen und anders zu verlyhen understehet und furnimpt.1

[2.] Aber under allem furtragen ist nichts erbermlichers gewest, dan daß mein gn. frau Landgf.in [Anna d. Ä. von Hessen], geborn Hg.in von Braunschwig und Lunenburg, Landgf. Wilhelms des eltern selgen verlassene witwe, heud acht tag [29.7.17] personlich vorn stenden reden und verlesen hat lassen. Darin ire Gn. viel armuts, elends und bekommernis furgewendt, nemlich daß sie uber ksl. Mt. spruch2, viele vertrege, zusagunge und erlangte urteyl von meiner gn. frau Landgf.in [Anna d. J.] von Hessen und iren reten keins gepurlichen rechten bekomen mog, sonder muß sie umb erlangung rechtens das ire, des sie sunst in andere wege wol bedorft, verzeren und verlonen und in landen ksl. Mt. dem camergeriecht und anderen commissarien naziehen mit einer mat [= wohl: Magd] und wenig diener als arm zegeuner. Dardurch sie zu der armut kom, daß sie ire silber, kleynod, kleyder und was sie guts hab, under juden und cristen versetzen muß. Sie wird auch byweylen schuld halben in ban getan. Darzu sey ir witdem Melsingen so gar zurgangen, daß sie sich im sommer, ich geschwig des winters, doselbst nit erhalten woll, kun oder moge und somma sommarum nun an dem sey, wo irer momen, der Landgf.in, und regenten langwylig umbtrybens lenger gestat solt werden, muß sie betteln gan. Begert derhalben an die Kff., Ff. und andere stende als beschirmer witwen und weysen lauterlich umb Gottes und des jungsten geriechts willen, ir bey der Landgf.in, wes ir von recht und natur gebure, oder aber,/133b/ wo das nit sein mocht, am camergeriecht, daß in den feriis in iren sachen, domit sie schleuniger zu ende kom, zu handelen verschaffen. Das woll sie mit irem andechtigem gebet und womit sie sunst kun, gern verdienen und beschulden etc.

[3.] Lb. Hh., als der Bm. von Augspurg [Hieronymus Imhoff] und ich des vertrags halben, so Dr. [Johann] Rechlinger in der information begert [vgl. Nr.894 [4.]], nachfragen gehabt, ist uns von dem menzischen canzler [Dr. Johann Furderer] laut ingeschlossener copy [liegt nicht vor] montlich beriecht worden. Will doch nit, daß das daruf eben gebauret wird [= dass man sich darauf verlässt], dan er hat uns guter meynung solchs eroffnet, und auch mogen sich die wort meher oder minder inhalts verlaufen haben, dan ich uf geheysch des von Augsburgs hab sein rede, soviel ich behalten, dermassen begrieffen. Datum mitwogs nach vincula Petri Ao. etc. XVcXVII.

Anmerkungen

1
 Eine schriftliche Fassung dieser Beschwerden liegt jeweils nicht vor.
2
 Ksl. Schiedsspruch im Konflikt Landgf. Wilhelms d. Ä. von Hessen und seiner Gemahlin Anna mit dem hessischen Regiment, Köln, 15. September 1512. Seyboth, Reichstagsakten 11, Nr.1244.