Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Unklarheit über die Verlegung des Reichstags nach Koblenz; geringe Fortschritte bei den Reichstagsverhandlungen; [2.] Weisung EB Philipps von Köln für Ludwig von Seinsheim bzgl. seiner weiteren Reichstagsteilnahme; [3.] Übersendung eines Schreibens Johann Renners; [4.] Absage einer geplanten Vollversammlung des Reichstags; [5.] Vorbedingungen für eine Vermittlung durch Bf. Lorenz und Hg. Ulrich von Württemberg in der Erfurter Streitsache; [6.] Mutmaßliche Reise des Ks. zu Kg. Heinrich von England; [7.] Empfang einer Weisung von Bf. Lorenz zur Einung mit den Pfalzgff.; [8.] Wunsch Hg. Ulrichs nach dem Aufbruch der Reichstagsteilnehmer, einem Treffen mit Bf. Lorenz und einem Besuch bei Kf. Ludwig von der Pfalz; [9.] Aussage Pauls von Liechtenstein über Hg. Ulrichs Fernbleiben vom Schwäbischen Bund; [10.] Seine hohen Geldausgaben; [11.] Verschiedene Neuigkeiten über Kriegsangelegenheiten; [12.] Sessionsstreit des mgfl.-ansbachischen Gesandten mit den Vertretern Hg. Wilhelms von Bayern.

Würzburg, StA, Würzburger RTA 4, fol. 175–178, Orig. Pap. m. S. (Vermerk: [In seiner] ftl. Gn. hand).

[1.] /175a/ Gn. F. und H., eur ftl. Gn. schreiben [Nr.259], mir bey eur Gn. boten Aschaffenburger getan, hab ich entpfangen, und ich hett mich versehen gehabt,[Kf. Friedrich von] Sachsen solt eur ftl. Gn. etwas merers endeckt haben, darnach sich eur Gn. entlichn richten hett mogen, dann wir hyr sind alle irr, wissen nit, was aus disem tag werden will, dann am freitag vergangen [15.7.13] ist uns von den ksl. reten anpracht und begert worden, das wir gein Cobelenz solten verrucken laut einer schrift, uns von ksl. reten uberantwort, mit A gezeichent [vgl. Nr.196 [2.], 197 [4.]]. Nun haben wir gestern [16.7.13], ehe wir antwort geben haben, gewiß urkund gehabt, das ksl. Mt. am donerstag davor [14.7.13] zu Coblenz zu schiff die Musel hinaufgezogen und freitags darnach [15.7.13] der [Gf. Hoyer] von Mansfeld mit den reisigen hinach, dazu, das [EB Richard von] Trier und [EB Philipp von] Collen auch hinweg gewest. Darumb und dieweil man vormals gein Augspurg auch nit verrucken hat mogen, ist geantwort, wie hievor auch gescheen, laut der schrift [Nr.198], mit B gezeichent. Uber solichs haben die ksl. rete durch [EB Uriel von] Meinz versamelung spat lassen machen. Haben begert, dieweil ir notturft erforder, solich antwort ksl. Mt. zu uberschicken, so sey ir beger, das nymants hye verrucken. Wollen sie die sachn furdern, damit von ksl. Mt. wider bescheid herekome, mit anzaige, was zurruttung ksl. Mt. in allen iren furnemungen daraus erwusche [= erwachse]. Hat gestern nit mogen beschlossen werden, dann Meinz ist alles, so begert, willig, vermeint villeicht, zu widertreiben, was anderer zu Frankfurt erlangt1, versteet aber, wie hinach volget, der münz nit. So ist [Bf. Wilhelm von] Straspurg itzo in unsern rat gesetzt und furdern mit ein [ander], des inen vergonnt wurdet, allain umb des willen,/175b/ das man bewegt, das verharren oder verrucken trag keines fur, dann hye oder Coblenz oder Trier (so gemaynt wurdet) zu sein, ist doch nit moglich, dergestalt zu handlen, man woll dann sagen, wie die warheit ist, das der ein articel, so er begert, nit moglich sey zu erhaben. Darin auch ksl. Mt. selbs noch kein antwort geben, auch schwere wer, mit ime davon zu fragen oder disputiren. Darumb wurd bey den verstendigen geacht, das mer leut billich dobey sein sollen und nit uf die geringe anzal zu legen.

[2.] Ich hab auch disen morgen meins gnst. H. von Collens bevelh, dem comethur [Ludwig von Seinsheim] gescheen, gelesen. Er hab ksl. Mt. zugesagt, so die stende itzo alhye hinab gein Coblenz verrucken und dohin komen, woll er auch do erscheinen, wurden aber dieselben stend alhye beschwerd tragen zu verrucken, sonder also hyepleiben, soll er auch pleiben. Ob er und [Johann von] Morsheym auch mer rete zu handln notturftig wurden, wolten sein Gn. inen die zuschicken. Darauf er auch urlaube erlangt, in sein haus zu ziehen. Ob die stende verucken, solt er gein Coblenz. Daraus versteet eur ftl. Gn., worauf es steet.

[3.] So hab ich eur ftl. Gn. jungst anzaigt [Nr.257 [2.]], das ich maister Hansen Renner geschrieben. Darauf mir auch antwort gefallen, wie eur ftl. Gn. aus solicher schrift [liegt nicht vor] vernymet, die ich eur Gn. hiebey zuschicke, in anfang eur ftl. Gn. belangend, das ksl. Mt. mitleyden bey eur Gn. tregt und derselben entschuldigung genugen hat.

[4.] Nun solten wir disen tags um 1 hore zusamenkomen sein. Ist disen mittags widerboten, aus was ursachen, ist mir nit wissens. Aber dieweil ich entlich verstee, das nit versagt will werden, etlich zeit /176a/ zu verharren uf ksl. Mt. bescheid, do es dan schwerlicher dann itzo wurdet sein, so hab ich den boten nit wollen aufhalten.

[5.] Meinza halben ist instruction [liegt nicht vor] komen, das durch ksl. Mt. rete soll uf eur Gn. und [Hg. Ulrich von] Wirtenberg gehandelt werden, doch so soll restitution in priscum statum des eyds, des rats und anderer personen, so veriagt, das ir widerzugeben, zuvorderst gescheen. Und ist dannocht noch ein ander articel gesetzt, des die ksl. rete ime oder den gesanten von Erfurt nit haben dorfen furhalten. So kann ich des auch nit erfarn, also spotlich soll der sten. Do findet er sein belonung. Glaub, eur Gn. werden sampt Würtenburg der muhe wol entladen pleiben.

[6.] Ich vershe mich auch genzlich, ksl. Mt. sey gein Trier auf Lutzelburg [= Luxemburg] zu gezogen. Eins teils maynen, er werde hinab uf Braband und der ort zum Kg. [Heinrich] von Engelland komen, dann er hat ine hoch vertrost. Wo er nun nit darzu tun wolt, wurde der glaub [= Kreditwürdigkeit] aus sein und der nobel [= Noble, engl. Münze] verspert pleiben [= auch der Noble rollt dann nicht mehr], darzu doch der schlussel zum teyls gefunden worden ist.

[7.] Der eynigung und zusatzs halben, von wegen der jungen Ff. [Pfalzgff. Ottheinrich und Philipp von Pfalz-Neuburg] zu gescheen, hab ich an zwaien orten eur ftl. Gn. gemut verstanden. Aber disen morgens ist mir ein schrift [liegt nicht vor] von Miltenberg, doselbst eur Gn. bote krank ist worden, zukomen. Daraus ich verstanden, das eur Gn. den zusatze fallen lest und das eur Gn. zu Heydelberg die brif haben will und das ich dohin auch komen soll. Das will ich, ob Got will, gehorsamlich tun, der hoffnung, man werde auch abscheiden hye, das ich also anheyms komen mog. Wo nit, will ich dannoch solichs zu Heydelberg ausrichten.

[8.] /176b/ Mein gn. H. von Wurtenberg ist noch hye, wiewol nit des reichstags halben. Hat Diter [= Dietrich] Spet lassen reiten und aufpringen uf sein abentur [= geschäftliches Risiko], das er fure 150 pferd. Aber der Hg. will der speis nit und er sehe gern, das man hye aufpreche, dann er besorgt, man lege es im alles auf, und stet also imerzo einer uf den andern, will keiner gern der erst sein. So ist es sich eynmütiglichn nit zu vereynen. Er fragt teglichen nach eur Gn. und maynt ye, were am freitag, als Kiliani [8.7.13] was2, zu Wurzpurg gewest, der solt auch einen hubschen danz do gefunden haben. Solichs sagt mir sein Gn. am mitwochen nehest [13.7.13]. Hett sein Gn. ein bankett und danz, helt sich gnediglichen gegen mir und woll auch komen zu eur Gn., wann sich eur Gn. des am wenigsten versehe. […] Der Pfalzgf. [Ludwig] hat ine hinubergeladen, kann nit herkomen, hat ein boß bayne. So hat es Wurtenberg selbs vor willens gehabt und ist auch alle stund willens hinuberzureiten, sich freuntlichen mit seinem swager nit allein mit brifen gericht, sonder von herzn und werken zu sein erzaigen. Vorckt allain in verruckung, man leg im die burde hye gar auf. Aber in alle weg will er hinuber. Hofmeister [Philipp von Nippenburg], marschalk [Konrad Thumb von Neuburg] und canzler [IUD Gregor Lamparter], auch ich essen stetigs miteinander. […]

[9.] /177a/ Der [Schwäbische] bund hat ksl. Mt., halbe hilf gein Tirol zu gebrauchen, zugesagt, doch das daran Menz anschlag abgee. Des er sich mit ksl. Mt. abgelost hat, des der bund auch grosse beschwerde tregt. Die wurtenbergischen rete wissen auch anzuzaigen, das inen, den meinzischen, mgfl. und bayerischen reten H. Pauls [von Liechtenstein] seliger offentlichen gesagt habe, was man Wurtenbergs bedorf im bund, do werde man Pfalz, eur Gn. und andere haben, also das sie wissentlichn hieneyn an ausnemung etc. komen sein. Eur Gn. bewar diese schrift. So ich anheyms kome, will ich eur Gn. noch mer anzaigen. […]

[10.] /177b/ Eur ftl. Gn. schreiben mir, ich soll mich huten fur vil gelts auszugeben. Verstee ich, zu bewilligen einichen anschlag, ksl. Mt. zu geben. Des hoff ich wol zu tun, dann ich hore wenig leut, darzu gewilt. Aber sonsten geet mir gelts gnug auf und glaub, das mir uf das rollen hin und wider als vil gangen sey. Ich wolt 3 pferd hye mit verlegt und gefutert haben. Ich hab auch meins gelts gut trost gerait ausgeben und hab keins mer, wann es lenger soll weren.

[11.] /178a/ Ich wais eur ftl. Gn. nit sonder neu zeitigung zu schreiben, dann das [Kg. Ludwig von] Frankreiche soll ganz aus Italia getrieben sein und nichts innen haben dann slos zu Meyland. Vom Babst [Leo X.] hort man gar nichts. [Kg. Heinrich von] Engelland wart ksl. Mt. gesprechs und zuschickung reisigen gezeuks uf sein versoldung. Hg. Heinrich von Braunschwig ist mit seinen reisigen heym. Die Schweizer [= Eidgenossen] warten aber uf reisige, ist nymants do. Wir heben der sachen zu vil ane. Das ganz Krabaterland [= Kroatien] soll dem Turken gehuldigt haben und Hungern soll sich hoch verichten.

[12.] Mgf.b Fridrichs [d. Ä. von Ansbach-Kulmbach] rete irren sich mit den bayerischn reten, will zwuschen Hg. Fridrichs und Hg. Wilhelms [von Bayern] reten sitzen. Hett sich entschlossen gehabt, sich nit zu irren, wolt Hg. Wilhelm darumb nit begeben, aber gestern [16.7.13] hat er sich doch anders entsunnen und sein marschalk wolt Reisigern [= Dr. Dietrich Reisacher]vordrungen haben. Wolt man nit gestatten, ist er mit protestation abgetreten. Datum Worms sontag nach divisionis apostolorum Ao. etc. XIII.

Anmerkungen

1
 Gemeint ist höchstwahrscheinlich Kf. Friedrich von Sachsen, den der Ks. für Ende Juni 1513 zu einem Gespräch nach Frankfurt a. M. eingeladen hatte. Vgl. Nr.63.
a
 Am Rand neben diesem Absatz: Mainz, Sachsen, Erfurt.
2
 Der Namenstag des fränkischen Schutzpatrons, des Hl. Kilian, bildete in Würzburg den Auftakt zu achttägigen Feierlichkeiten.
b
 Am Rand neben diesem Absatz: Session Bairn und Brandenburg.