Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Aufforderung des Ks. an sie und den Speyerer Klerus, ihre gegenseitigen Klagen einer ksl. Kommission vorzutragen; [2.] Ihre Annahme des Wormser Abschieds der Kommissare; mangelnder Wille des Klerus zu einer gütlichen Verständigung; [3.] Nochmalige Betonung ihrer Bereitschaft zur Teilnahme an einem Schiedsverfahren; Entscheidung ungeklärter Fragen durch den Ks.; [4.] Gefährdung der Leistungsfähigkeit Speyers für das Reich bei Fortdauer der bestehenden Belastungen durch Bf. und Klerus; [5.] Dringende Bitte an den Ks., für deren Ende zu sorgen.

Speyer, StadtA, 1 A 337/10, fol. 10a–12b, Kop.

[1.] /10a/ Anrede. Nachdem eur ksl. Mt. verschiener zeit derselben eur ksl. Mt. und des hl. Reichs loblichen frien stat Spier war, kuntlich, offenbar abgang und neben demselben auch die verderplich beswerde derselben stat und irs gemeinen nutzes, von gemainer pfafhait daselbs zugewachsen, oftmals angelangt, haben eur ksl. Mt. zu gn. underkomen desselben aus irer aignen bewegung und volkomen machten commission an gemeine pfafhait, desgleichen Bm., rat und gemain der stat Spier ausgeen lassen, darin by den pflichten, damit sy eur ksl. Mt. und dem hl. Reich verwandt sein, ernstlich bevolhen und geboten, unverhindert der pflicht, damit dieselben partien ainander zugeton sein mochten, semliche beswerd und anligen gemainer stat Spier gegen der pfafhait daselbs vor eur ksl. Mt. deshalb verordneten commissarien furzobrengen.

[2.] Wiewol nu rat und gemainde zu Spier, soviel an ine gewesen, sich darin gegen eur ksl. Mt. als irm rechten, obern und allergnst. H., demselben stat und folg ze tund, gehorsamlich bewiesen und ir verderplich anligen und beswerd von gemainer pfaffhait gegen derselben vor den verordneten commissarien anstat eur ksl. Mt. erschaint [= dargelegt], die auch so kuntlich, war und offenbar sein, das sie gar dheins nachfragens noch bewerends bedurfen, ist doch auf semlich eur ksl. Mt. bevelh, gebot und gescheft derselben und auch deren von Spier erschainten beswerden zu ungehorsam und verachtung von der pfaffhait allain ein auszugig vermeint schrift, darin die von Spier dannocht auch schmelich, wiewol zu unschulden, von der pfaffhait angetast, einkomen. Und sover die pfaffhait zu fueglichem,/10b/ rechtmessigem, zimlichem und pillichem, entlichem vertrag und hinlegung semlicher beswerde und gebrechen vermerkt und erfunden, wer dessen an rait und gemain zu Spier aller gebür nye mangel gelassen, als dessen auch noch nit gebrech an in ist. Die von Spier trengt aber, ir notdurft zu sagen, und ist die warhait, das es derselben zeit und ye bishar an der pfaffhait erwunden hat, als on zwivel euer ksl. Mt. durch bericht irer verordneten commissarien gut wissen tregt. Wan wiewol nach erster handlung, in craft obberürter commission von eur ksl. Mt. verordneten commissarien gehabt, eur ksl. Mt. demselben nach die obgemelten partyen zu bequemer, pillicher hinlegung semlicher gebrech vor andre irer Mt. verordnete befelhhaber gen Wurmbs beschrieben haben, do dan bayd tayl durch ire ytwederseit verordneten erschienen und ein zymlicher, rechtmessiger abscheit [Nr.186] von derselben eur Mt. befelhhabern beteydingt, der auch nahmals von rat und gemain zu Spier als denen, die zu einigkait und pillichait geneigt, angenomen und doch von der pfafhait verslagen ist. Wol haben aber die pfafhait in scheyn, als ob ine guetlich underhandlung gewillet were, irs furnemens maynung und weg furgeslagen, darin denen von Spier nit zu gehellen stet, angesehen, das darin gar dhein nemlich noch ausgende zeit bestimpt und demselben furslag der pfaffhait auch eingeleibt ist, ob die partyen etlicher puncten und stück mit wissen veraint und der andern puncten und artikeln nit vertragen würdent, das es alsdan gar dhein vertrag sein, sonder ydes tayl in massen, wie itzt, steen solt. Anderst dan wie itztberürt haben sich die pfaffhait ye bishar zu /11a/ kainer guetlichen underhandlung und hynlegung semlicher gebrechen bewegen noch einlassen wollen. Darus on zweivel eur ksl. Mt. und ein yder ander verstendiger wol zu ermessen haben, wo die sachen nach der pfaffhait obangezeigtem furslag furgenomen und gehandelt, das es allain viel langweriger umbfürung der zeit, darzu noch mher merglich widerwillen und uneynigkait zwüschen den partyen, desgleichen merglich mühe, costen und arbait geberen, die doch versehentlich entlich, unfruchtbar und onverfenglich sein würde.

[3.] Uf das aber an zimlichen, gebürlichen vertrag und hinlegung solicher beswerde und gebrechen aller pillichait an den von Spier nit mangel gespürt würde, haben die von Spier bewilligt und ist noch an in nit mangel, das yder tayl zwo unpartyesch, verstendig, schidlich personen und eur ksl. Mt. zu denselben auch ein unpartyschen, schidlichen obman ernennen. Dieselbigen vier oder fünf in einem monat gen Spier ankomen und daselbs von der zeit irer zukunft gen Spier an zo rechen auch in monatsfrist bayd tail in beswerungen und ab[b]rüchen, so aus weyland EB Conrats zu Meinz und andren vermeinten vertregen erwachsen sein mogen, in derselbigen vertreg hauptartikeln nach notdurft horn und auf semlich verhor der partien in allen denselben puncten und artikeln mit wissen guetlich zu vertragen allen vleis ankeren, und wes deren also vertragen, solt dasselbig von baiden taylen hinfuro vestiglich gehalten und vollenzogen werden. Wo aber in obgemelter zeit dieselben schidleut und obman die partien in eynem oder mher /11b/ stücken nit veraynen mochten, das sie alsdan die sachen dermaß, wie sie die befunden, mit irem rat und gutbedunken eur ksl. Mt. onverzüglich schriftlich zusenden und eur Mt. auf dasselbig einen entlichen entschait nach pillich- und lidlichait tuen. Daby alle teyl entlich pliben. Und damit soliche handlung desto statlicher also gescheen mocht, solt yde party willigen, das der ander tayl onverhindert einicher ayde und pflicht, ob einiche dawider sein mochten, alle sein notdurft bis zu guetlicher vollendung der sach frey anzeigen und furbringen moge. Und wo solichs an den partien in guete nit befunden oder bewilligt werden wolt, das doch eur ksl. Mt. gleichwol aus irer volkommen oberkait und macht ein ersamen rat und gemain stat Spier nach notdurft gnediglich darin versehe, damit sie solicher sach und handlung irer eren von nymant angetast werden mochten. Wer will oder kann nu mit warhait anders sagen, dan das diß, wo anderst der pfafhait zu Spier gemuet und wyll zu friden und eynigkait gegen rat und gemain daselbs stünde, der pillich, leydlich, zymlich, entlich, ustreglich und rechtmessig weg wer? Es hat aber doch von der pfaffhait gar dhein ansehen oder volg han noch verfangen wollen, wen sie haben entlich nit anderst dan auf irem hievor angezeigten vermainten furslag steen und beharren wollen. Daby der pfaffhait fursatz wol zu vermerken stet, wie sie durch solich weg ein erbar stat Spier gern in fiel, lang, unnütz, vergebliche costen, mühe, arbait und zu /12a/ noch mher verderben verursachen wolten. Das aber deren von Spier vermogens, willens und gelegenhait gar nit sein will.

[4.] So nu deren von Spier gesandten, solichs hinder sich zu bringen, gnomen [und] gestelt, eur ksl. Mt. hochloblichen hofreten zu Wurmbs auf erigtag nach dem sonntag invocavit nestkunftig [15.2.13] deren von Spier antwurt und willen davon anzuzeigen, und dan dieselben von Spier in betrachten obangezeigter ursach ermessen, wie on zwivel eur ksl. Mt. und ein yder ander onpartyscher, verstendiger hochloblich versteen, inen nicht fügen noch ze tund, semlichen der pfafhait furslag zu gehellen [= zustimmen], wiewol dannocht den gedachten von Spier kurzverschiener tag ein gescheft [= Weisung; liegt nicht vor], versehentlich durch die pfafhait ausbracht, von eur ksl. Mt. an sie usgangen, zukomen, wie sich dieselben von Spier in guetlicher handlung und hinlegung solicher sach schidlich und sleunig halten solten etc. Daby wol zu vermuten stet, eur ksl. Mt. der pfaffhait halb verwent sein, als ob die sachen in guetlich handlung komen weren und stunden, so doch der widersyn, in massen von denen von Spier ob angezaigt wär, ist also, das nit allain vertrag und hinlegung der sach, sonder auch der eingang dasselb, wie sich wol zimpt und gebürt zu bescheen, ye bisher an der pfaffhait erwunden hat. Deshalben haben die von Spier aus erhaischung irer notdurft nit underlassen wollen, an eur ksl. Mt. zu bringen, das die sachen nit anderst dan wie obberürt gestalt sein. Und, wie auch vor in deren von Spier erschainten beswerden verleipt, ist die warhait, wo eur ksl. Mt. aus irer eigen bewegung, oberkait und volkomen machten semlich verderplich /12b/ beswerde furderlich gnediglich nit underkomen und abwenden, wurde die stat Spier in dhein leng noch harre dem hl. Reich [zu] dienen gewertig sein noch derselben stat regiment, oberkait, wesen, schulden [und] obligen noch gemeinen nutz verwalten mogen, als sie doch, soviel an inen, mit allen truwen gern tun wolten.

[5.] Darumb ist an eur ksl. Mt. derselben von Spier demutig anrufen und pit, so underteniglich sie ymer tun sollen, eur ksl. Mt. gerug gnediglich aus gedachter eigen bewegung, obrikait und volkomner macht, ernstlich gebot und gescheft ausgeen zu lassen und darob sein, das den sachen in form und massen von den von Spier, wie ob angezeigt, on alle weygerung und irrung von den partien nachgangen werde und vollendung beschee. Sonst würde sich deren von Spier halb dhains andren, dan wie vor und itzt gehort, zu vermuten noch versehen steen. Das doch die von Spier genzlich vertruwen, eur ksl. Mt. mitnicht gemeint sein. Darumb gerug sich eur ksl. Mt. harin gnediglichen zu beweisen, wie deren von Spier getrulich hoffnung und zuversicht stet, inen irs vermogens zu allen schulden umb eur ksl. Mt., die der Almechtig in aller glückseligkait und wolfart ymer seliglichen friste und bewar, derselben von Spier allergnst. H. zu seyn und verbliben, ganz willig underteniglich zu verdienen.

Anmerkungen

1
 Die Datierung ergibt sich aus Nr.188.