Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Köln, 5. Oktober 1512 (dinstags nach Francisci)

Dresden, HStA, GR, Loc. 8676/2, fol. 71a-74a, Kop. (Vermerk fol. 74b: Copey einer schrift von der alden Landgf.in, Landgf. Wilhelms gemahel, einkomen zu Wurzen am dornstag der eylftausent jungfrauen tage Ao. etc. XIIo [21.10.12]).

Hat erwartet, hier in Köln gemäß dem schriftlich und mündlich ergangenen ksl. Schiedsspruch (Nr. 1244) vom hessischen Regiment zeitgerecht abgefertigt und ausgelöst zu werden, um sich zu ihrem Gemahl begeben, ihn über die hier ergangene Entscheidung unterrichten und anschließend die derzeit versammelten sächsischen Hgg. über ihre weiteren Absichten informieren zu können. Sind aber durch den hessischen canzler [Herting Schenck] verechtlich und spottlich aufgehalten und so lang verzogen, bis nicht allein uns zu spott, sonder allen Ff. und F.innen von Hessen, auch euer liebden, die des yetzt verwalter sein sollen, zu schmach und nachteyl uns unser habe zu Cöln, sovil wir der in schiffen gehebt, mit dem püttel von den gleubigern, die er seinem zusagen nach vergnugt solt haben, verboten und arrestirt worden. Noch haben wir von ime sovil nit konnen vermogen, das er zu uns wollen komen und uns helfen ratschlagen, wie den dingen zu tun, unangesehen, das er, als wir warlich bericht, das gelt der auslösung bey handen gehebt, dadurch arrestirung, schimpf und schmach unterblieben were. Derhalben wir genotdrengt, uns bey ksl. Mt. zu beclagen und [zu] protestiren, wie die Hgg. beizeiten erfahren und darauf hoffentlich mit Mißfallen reagieren werden.

Darüber hinaus ist ihr, ihrem Gemahl und ihren Untertanen viel unbillicher widerwertigkeit zugefügt und von deren Verursachern behauptet worden, dies geschehe auf Geheiß der sächsischen Hgg., wohl in der Absicht, Zwiespalt zwischen beiden Seiten zu säen. Wir haben aber zu Trier und Coln auf vergangen reichstagen vor ganzer versamlung offenlich protestirt, dem nit glauben geben wollen, auch noch nit glauben, denn tatsächlich ist sie entschlossen, an der Erbeinung zwischen Sachsen und Hessen und anderen bestehenden Vereinbarungen festzuhalten. Ob nu euer lieb unser handlung zu Trier und Coln durch yemand uns zuwider anders bericht wer oder wurden, so bitten wir, dem kein glauben zu geben, sundern unsern gemahel [und] uns unschuldig halten und es in allen dingen bey dem ksl. entschied beruhen lassen.

Hat den ksl. Schiedsspruch dem Ks. zu Ehren und Gefallen, auch zur Wahrung von Friede und Einigkeit angenommen und ist bereit, ihm nachzukommen, sofern die Gegenseite dies ebenfalls tut. Bittet die Hgg., das ihnen übertragene Kuratorenamt anzunehmen und demgemäß sie und ihren Gemahl zu schützen und zu schirmen.

Hat bzgl. ihres Wittums, ihrer Morgengabe und der Erziehung ihrer Kinder noch erhebliche Einwände. Über einen Teil davon soll laut ksl. Schiedsspruch durch Bf. Lorenz von Würzburg und Gf. Michael von Wertheim als ksl. Kommissare verhandelt werden. Da dies mit großen Kosten und Mühen verbunden sein wird, auch eine Klärung wohl nicht so schnell herbeigeführt werden kann und zudem die Hgg. als Tutoren und Kuratoren ohnehin in das Verfahren einbezogen werden müssen, bittet sie diese, die Angelegenheit vor Beginn des nächsten Reichstags selbst durch kundige Räte in die Hand zu nehmen. Ist bereit, an einem geeigneten Ort ihre Einwände vorzubringen und durch die hgl. Räte darüber befinden zu lassen, und zwar lieber durch diese als durch Bf. Lorenz und Gf. Michael.

Der ksl. Schiedsspruch enthält die Bestimmung, daß ihre Tochter (Gf.in Katharina) von Beichlingen gemäß den Verschreibungen der früheren Landgff. von Hessen mit Heiratsgut und Aussteuer versehen werden soll. Eine verbindliche Regelung, wie ein Landgf. von Hessen und seine Gemahlin zu ihren Lebzeiten Töchter vermählen und mit Heiratsgut oder Aussteuer versehen sollen, ist ihr allerdings nicht bekannt und existiert wohl auch nicht. Hinterläßt hingegen der letzte hessische Landgf. bei seinem Tod unverheiratete Töchter, so regelt die Erbverbrüderung (zwischen Sachsen, Brandenburg und Hessen), wie die Erben des Ft. Hessen die Töchter aussteuern sollen. Dieser Fall trifft auf ihre Tochter (Elisabeth) zu. Sie unversorgt zu wissen, wäre für ihre Eltern eine große Belastung und erweckte den Anschein, als wollten diese dadurch dem Ft. Hessen hohe Kosten aufbürden. Bittet deshalb, dafür zu sorgen, daß die Tochter gemäß dem ksl. Spruch Heiratsgut und Aussteuer erhält, und zwar im selben Umfang wie Landgf. Wilhelms (d. M.) Tochter (Elisabeth). Bittet die Hgg. um Mitteilung ihrer Auffassung zu den genannten Punkten. Hätte diese, wie eingangs schon erwähnt, gerne durch eine Gesandtschaft vortragen lassen, wenn sie nicht in Köln ungerechtfertigterweise derart lange aufgehalten worden wäre.