Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Götz von Berlichingen und Hans von Selbitz als Haupttäter eines Überfalls auf Kaufleute nahe Forchheim während des Trierer Reichstags, Einstufung der Tat als mit der Reichsacht zu bestrafender Landfriedensbruch und als Majestätsverbrechen; [2.] Ersuchen betroffener Reichsstände und der Eidgenossen an den Ks. um Bestrafung der Täter; [3.] Auftrag an den Reichskammerrichter und die Gerichtsbeisitzer zur Entgegennahme des Purgationseides von Tatverdächtigen gemäß ksl. Kommission; [4.] Gebot zum Verhalten gegenüber den vom Reichskammergericht Geächteten gemäß dem Achtbrief; [5.] Für Geschädigte nachteilige Vorschriften über die Verwendung von Lehengütern Geächteter in der bisherigen Landfriedensgesetzgebung; [6.] Neuregelung der entsprechenden Bestimmungen zugunsten Geschädigter; [7.] Sicherstellung von in der Forchheimer Geleitbruchaffäre strittigen Lehenstücken durch den verordneten Reichshauptmann.

Köln, 31. August 1512

A) Kop.: Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Amts- und Standbücher Nr. 147a, fol. 64b-68a (Überschrift: Die declaration).

Konz.: Wien, HHStA, RK, Maximiliana 27 (alt 21a) 1512 Aug., fol. 93a-98a (Überschrift: Das ander mandat; Vermerk fol. 98b: Nurenbergische copey wider die verdachten den bambergischen glaitsbruch betreffend).

B) Orig. Perg. m. S.: Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, A-Laden Urkunden Nr. 140 ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Serntein).

Kop.: Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Amts- und Standbücher Nr. 147a, fol. 61b-64b (Überschrift: Das erst mandat).

Konz.: Wien, HHStA, RK, Maximiliana 27 (alt 21a) 1512 Aug., fol. 87a-92a (Überschrift: Das erst mandat von furkomung verkaufen der verdachten güter).

[1.] [Der Anfang bis unverwarter ding wie in Nr. 1038 [1.], danach weiter:] durch samlung etlicher vil geraysigen von manchen orten, darunter sich zwen, Gotz von Berlichingen und Hans von Selwitz genannt, für die principal und haubtteter solchs gewerbs und darauf gevolgten tetlichen handlung angezaigt. Uber das sy an gedachten unsern F. von Bamberg, unsers und des Reichs undertan, die von Nürmberg und vyl der beschedigten und derselben herschaft vor geübter tat oder darnach bisher kainerlay spruch noch anfordrung getan, etwavil bürger und kaufleut von Augspurg, Nurmberg und Ulm, unsern und des Reichs, auch andern steten und nacion, den merern tail obgemelten stenden, dazumal zu Trier bey uns versamelt, zugehorig, und uber das sy des gemelten unsers F. von Bamberg lebendig sicherhait und glait bey inen gehabt, mit gewaltiger, verbotner tat aus aigem, mutwilligem fürnemen unverschuld angegriffen und on alle not der gegenwere tyrannischer weyse hart geschlagen, verwundt, beraubt und gefangen, inen ein merkliche summa geltz und anders, so sy bey inen gehabt, genomen und darzu in treffenlicher anzal aus ine weg gefürt und geschatzt haben. Damit die benanten teter, ire helfer und beystender, anhenger und alle ander, so inen knecht, pferd und anders zu beystand diser myßhandlung dargelyhen und zugeschickt oder rate, fürschub, unter- oder durchschlauf, essen, trinken oder ander vergünstigung geben oder getan oder sy zu, von oder in solcher tat wissentlich gehaust, geherbergt oder enthalten haben, nach vermoge vorgemelts unsers und des Reichs landfriden und ordnung, satzung, geboten und verboten mit vorgedachter strefenlichen ubung als einer unzimlichen gewalttat alspald mit der tat in unser und des hl. Reichs acht und aberacht, auch die peen, puß und straf, in den vorbestimbten landfryden und andern unsern und des Reichs satzung und ordnungen begriffen, nemlich crimen lese maiestatis und rebellionis zu latein genant, auch offenbars fridbruchs, der acht, rauberey, landzwingerey und glaitbruchs gefallen sein. Deshalben dann wider derselben leyb, hab und güter mit den penen, strafen und pussen, in gedachten unserm landfriden begriffen, und sonderlich, wie sich gegen dem ubel crimen lese maiestatis geburt, gestracks gehandelt werden soll, auch dadurch alle ir bewegliche und unbewegliche güter verwurkt haben, die uns als röm. Ks. aus angezaigter verschuldigung, verwürkung und ubergrif verfallen und darumb uns und des Reichs camer zugestelt werden sollen.

[2.] Als uns dann deshalb unser und des hl. Reichs Kff., Ff. und stende, so auf gemeltem unserm gehalten reichstag zu Trier beyeinander versamelt gewest, solchen posen handel mit merklicher grosser beswerde angezaigt und dabey undertäniglich und auf das hochst ersucht und geboten haben, in solchen myßhandel mit ernst zum furderlichsten zu sehen, damit die teter, ir anhenger und helfer gestraft, die gefangen irer gefengnus erledigt, die beschedigten irs genomen guts erstattung und widerkerung erlangen und bekommen, auch ander exempel und scheuhe empfahen werden, solche oder dergleichen pose handlung nit zu uben oder zu tun. Darzu sy nach vermog unsers landfriden und ordnung getreulich raten, helfen und fürdern wollen. Daneben von etlichen solcher belaidigter und beschedigter wegen und sunderlich durch die Aidgenossen, welcher verwante in gemelter gefengnus und beschedigung auch begriffen, grosse, merkliche und beschwerliche clag an uns gelangt ist.

[3.] aUnd dann solcher mißtat halben etlich als mitteter und verwürklich–a aus redlichen ursachen in verdacht steen, so haben wir den edeln, ersamen unsern andechtigen und des Reichs lb. getreuen Sigmund, Gf. zum Hag, unserm camerrichter, und den beysitzern unsers ksl. camergerichts zu unsern volmechtigen, entlichen und unwiderruflichen commissarien verordent und gesetzt und ine bevolhen, wie und welcher massen sy solch verdacht personen, auch ander, so wir weiter erfarn und ine deshalb benennen werden, fur sich fordern sollen, sich nach vermogen unsers landfriden und Reichs ordnung zu purgirn oder aber, in unser und des hl. Reichs acht, aberacht und ander pene und straf verkündt zu werden, zu sehen und zu horn, alles nach laut und inhalt derselben unser ksl. commission, der datum stet zu Collen am 30. tag des monats Augusti nach Cristi geburt 1512, unser reiche des röm. im 27 und des hungerischen im 23. jaren [Nr. 1048].

[4.] bUnd demnach gebieten wir euch allen in gemain und ainem yeden in sonderhait ernstlich und vestiglich und bey vermeydung unser ungnad, auch unser und des hl. Reichs acht, aberacht und andern sweren penen, strafen und pussen und wollen, das sich ain yeder gegen denselben personen, die angezaigter myssetat halben von unserm camerrichter und beysitzern desselben gerichts laut gemelter unser commission in unser und des hl. Reichs acht und aberacht verkundt werden, nach inhalt und vermog der achtbrief, so von demselben unserm camergericht ausgeen werd, halt und beweis und dawider kainerlai handel nicht furnemen, weder haimlich noch offenlich, ganz in kain weyse, als dann ain yeder seiner pflichten nach, damit er uns und dem hl. Reiche verwandt, zu tun schuldig ist und wir uns des ernstlich und genzlich versehen und verlassen wollen.

[5.] Und nachdem obgemelter unser und des Reichs landfriden, so wir vormals in kgl. wirde zu Wurmbs aufgericht und auf nachvolgenden reichstagen erclert haben, unter anderm der echter lehenguter halben innenhelt, das die lehen, sovil der uberfarer der gebraucht, dem lehenhern verfallen und sy dieselben lehen oder derselben tail, solang der fridprecher lebt, ime oder andern lehenserben zu leyhen oder den seinen tail der abnutzung volgen zu lassen, nit schuldig sein sollen laut desselben artikels etc., und aber darinnen mit sundern worten nit bedacht und ausgetruckt, so die echter yemand widerkerung zu tun schuldig wern, wie solchs von der abnutzung der lehengutere geschehen soll, deshalben nachmals auf einen reichstag zu Augspurg clag und beswerung an uns bracht sind, so ye zu zeiten an unserm camergericht ausserhalben des fridbruchs von schuld oder ander ungehorsam wegen yemand in die acht verkundt were, das denselben clegern irer schulden von den abnutzungen der lehenguter zu verhelfen verhinderung geschee, darauf haben wir auf demselben reichstag deshalben ainen sundern artikel davon gesetzt, so yemand nit den fridbruch betreffen[d], sonder von schuld oder ungehorsam wegen in unser und des hl. Reichs acht keme, das alsdann derselben lehengüter jerlich abnutzung der lehenher, sovil derselben uber noturftige fursehung und bestellung solcher güter uber weren, den clegern raichen und volgen lassen soll, solang der echter in der acht ist etc.1 Und als dazumal in gleichem val, den fridbruch berürend, nit clag vor augen gewest und an uns bracht, so ist in gemelter unser satzung zu Augspurg derselben fridbrecher und echter lehengüter halben nit ingedacht und mit sundern worten ausgetruckt worden, wie es mit solcher abnutzung soll gehalten werden. Dieweil aber seyther deshalben merklich gros clag und beschwerung an uns bracht sind, das aftermals die leut mit fridbruchen, durch nam, prant und schatzung beschedigt, und so alsdann dieselben fridbrechern geecht werden, das die lehenhern darauf derselben echter lehenguter einnemen und beschützen, auch den beschedigten von der uberlaufenden abnutzung nichts volgen lassen, sonder werd dieselbig abnutzung noch zu mererm nachtail unsers landfriden gewonlich verwart und zusamengespart, bis solch echter die unschuldigen beschedigten mit weiter tat ires gefallens wider recht und pillichait zu vertrag dringen und noten. Darauf alsdann ine ire lehengüter mitsambt aller furgesparter abnützung volgen. Damit also die fridbrecher und echter vyl dester freyer und mindern nachtail wider unsern landfriden misstat zu geprauchen hetten, und wo das gestatt und nit furkommen, die acht den fridbrechern an iren lehengütern zugutkome und derhalben den beschedigten ganz unhilflich, sonder vast nachtailig und schedlich fridbruch und ubel sterkt und also wider die vernunft, erbarkait und das recht, auch ain zerrüttung und verhinderung gemeltz unsers landfridens und Reichs ordnung were, als wir dann solchs alles im werk und mit der tat zu vil maln grüntlich erfunden haben. Des wir als röm. Ks. zu furkommen schuldig und genaigt sind. Und aber in fellen des fridbruchs, so yemand deshalben widerkerung oder ablegung geburt, nit weniger ain schuld ist und gehayssen werden mag, auch die pillichait und noturft erfordert, das die abnutzung von solcher fridprecher und echter lehengüter uber zimliche erhaltung der lehenstuck solchen beschedigten zu widerlegung ires schadens vervolg, dann ob yemand von ander schuld oder ungehorsam wegen, den fridbruch nit betreffend, in die acht kommen were, wann was in schulden, den fridbruch nit betreffend, als den mündern gesetzt und recht ist, geschicht in schulden durch den fridbruch beswerd und allermeist in dem laster crimen lese maiestatis, zu latein genannt, das dann dise vorgemelte mißtat ist als dem merern noch vil pillicher, und also unser wyll, gemüt und maynung in vorgemelten satzung anders nit, dann wie yetzo gemelt, gewest ist.

[6.] Dem allen nach erclern, ordnen und setzen wir hiemit und wollen, welcher vorgemelts fridbruchs halben oder wes weiter aus demselben volgen, in unser und des hl. Reichs acht gevallen und verkündt wirt, das alsdann von derselben fridbrechern und echtern lehengütern die jerlich abnützung derselben, wes der uber zimliche erhaltung solcher lehenstuck uberlaufet, zu erstattung der belaidigten und beschedigten schaden unserm haubtman, so wir in disem handel benennen und verordnen werden, und unsern und des Reichs undertanen, denen von Nürmberg, oder den, die des kuntlichen bevelh von inen haben, nit minder vervolgen und von den lehenhern geraicht werden sollen, dann ob dieselben von schuld oder ander ungehorsam wegen, den fridbruch nit betreffend, in die acht kommen weren, so lang, bis dieselbigen beschedigten ires schadens zimlicher und pillicher weis ergötzt und vergnügt werden. Und welcher lehenherr die überlaufenden abnützung der lehengüter, als obstet, den beleidigten und beschedigten on alles verziehen nit bewilligt, volgen zu lassen, so soll alsdann unser geordenter haubtman mit denjenen, die ine des verhelfen, unsern bevelh, gewalt und macht haben und im hiemit gegeben sein, gegen solchen lehenstücken als gegen echtischen gut zu handeln, auch einzunemen und bis auf unsern weitern beschaid inenzubehalten. Und tun das alles aus aigner bewegnus und mit rechter wissen aus vorgemelten und andern guten ursachen von röm. ksl. macht und volkommenhait in kraft dits unsers ksl. briefs.

[7.] Ferrer so bewegen wir, das zwischen den vorgemelten rechten oder angemasten lehenherren und den belaidigten oder beschedigten clegern in gebürender straf der fridbrecher und echter irrung einfallen mochten, was vor obgemeltem fridbruch lehen gewest were und was billich den lehenherrn mit solchen lehenstücken einzunemen gebürn solte oder nit, wes die noturft zu erhaltung der eingenomen lehenstück erfordert und wes uberlaufs solcher abnutzung derselben bestentlichen lehenstück den belaydigten und beschedigten clegern, als vorstet, verfolgen und geraicht werden sollte. Dadurch gebürender straf mocht verhindert oder verzogen werden, das dann uns und dem Reich sambt den belaydigten und beschedigten zu schaden und nachtail raichet. Darumb, solchs zu furkomen, so ordnen und wollen wir, ob sich vorgemelts fridbruchs halben gemelter irrung aine oder mer begeb, das dann unser darzu verordenter reichshaubtman, den wir nachmals darzu benennen und anzaigen wollen, oder sein verordente an seiner stat dieselben irrigen stück von unser und des Reichs wegen einnemen und verware, bis solche irrung vor uns oder unserm camergericht, an welchem ort das der cleger sucht, entlich geortert wurt, und das in solchen sachen zu dem allerfurderlichsten und summarie gehandelt, auch geverliche auszug und verlengerung abgeschnitten werden. Wir wollen auch sonderlich, das in den gemelten fellen kain tail dem andern unpillich irrung macht, und welcher deshalben in vorgemeltem austrag verlustig würde, denselben soll mit solcher erkantnus sonderlich aufgelegt werden, den gewynnenden tail sein interesse, costen und schaden, so im aus solcher unpillichen gemachten irrung gevolgt, abzulegen, wie dann solch ablegung in gemelter erkanntnus nach gelegenhait und gestalt der sachen gemessigt und namhaft gemacht würd. Des wir dann alles in gemain und in sonderhait obgedachten unsern commissarien, dieweil diser handel einem fridbruch anhengig, auch zu noch merer beschwerd vorgemelte myssetat crimen lese maiestatis und rebellionis ist, und aus andern guten, noturftigen ursachen ganzen, volkomen gewalt hieneben durch sonderlich commission gegeben haben und tun das alles aus rechter wissen und aigner bewegnus, auch von röm. ksl. macht und volkomenhait, als vorstet.–b Mit urkund dits briefs, besigelt mit unserm zurück aufgetrückten insigel, geben in unser und des hl. Reichs stat Coln am letzten tag des monats Augusti nach Cristi geburt 1512, unser reiche des röm. im 27. und des hungerischen im 23. jaren.

Anmerkungen

a
–a B Und dieweile dann uns als röm. Ks. solche uneerliche, pöse mißtat billich zuvorderst am allerhöchsten bewegt und zu herzen geet und uns als röm. Ks., dareinzusehen und das nit zu gestatten, gepürt und gemaint, wann uns in zeyt unser kgl., ksl. regierung im hl. Reiche kain so pöse, uneerliche tat begegent ist, und wo demselben ferrer zugesehen und dagegen ernstliche, fürderliche, notdurftige strafe und handlung nit gebraucht, das solchs verachtung aller götlicher und menschlicher gepiete [= Gebote], erberkait und gueter sitten, auch merung bosheit und untugent zusampt dem gemainen ruef und nachgeschray, so bey andern nation deshalb entsteen, gesterket, die hantierung und gewerb zu vertreyben, land und leut verlassen und zu sweren aufrurn, verdruckungen und nachteilen hohen und nydern gewelten und ein zerrüttung fridens und rechtens und aller gueter furnemung und ordnung im Reiche ein ursach sein wurde, dem allem nach gemelte missetat nit allain vorgenannte belaidigite und beschedigite, sonder zum vordersten uns und alle stende des hl. Reichs betrifft und zum höchsten beswert und also unser selbst sach ist und dann solcher mißtat halben als mitteter und verwürklich die nachbenannten, nemlich [folgen die Namen wie in Nr. 1038 [3.]], gemelter mißtat halb.
b
–b B fehlt.
1
 Landfriedensdeklaration des Augsburger Reichstags 1500. Druck: Schmauss/Senckenberg, Sammlung, S. 66 Art. VIII.