Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Christlich verpflichtende Hilfeleistung der Reichsstände.

Im RR übergeben1 sowie von den Reichsständen kopiert am 1. 12. 1556.

HStA München, KÄA 3177, fol. 402–405’ (Kop. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 1. Decembris anno 56. Dorsv.: Copia der funf nider österreichischen lande gesandten verner underthenig und christlich vermanen, anrueffen und pitten, die christlichen erarmbten betrangten lannde mit gottseliger, trostlicher hilf, schutz und errettung nit zuverlassen. G. 1. Decembris anno 56.) = Textvorlage. HHStA Wien, RK RTA 40, unfol. (Kop. Dorsv. wie in Textvorlage) = [B]. HHStA Wien, MEA RTA 43/II, fol. 59–62’ (Kop. Dorsv. wie in Textvorlage) = [C]. HStA Stuttgart, A 262 Bü. 47, fol. 399–406 (Kop.). HStA Dresden, Loc. 10192/5, fol. 244–247’ (Kop.). HStA Düsseldorf, JB II 2297, fol. 54–59’ (Kop.).

/402–405/ An die Reichsstände: Instruktion und mündliche Werbung der Gesandten sowie die Proposition des Kgs. legen dar, in welcher Gefahr sich die kgl. Erblande, besonders Ungarn, Kroatien und die Windische Mark sowie die fünf niederösterreichischen Lande befinden. Weder der Kg. noch die erschöpften Erblande sind in der Lage, dem übermächtigen Feind allein Widerstand zu leisten, insbesondere da der Sultan im kommenden Frühjahr persönlich einen großen Kriegszug anführen wird mit dem Ziel, Ungarn und die niederösterreichischen Lande gänzlich in seine tyrannische Dienstbarkeit zu zwingen, um dann das Reich und die gesamte Christenheit bekriegen zu können. Das bedeutet nichts anderes als den Verlust des Vaterlands, von Freunden, Frauen und Kindern, sowie die ewige Verdammnis der unschuldigen christlichen Seelen.

Dies sollte hundertfache Ursache sein, die bedrohten christlichen Lande mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen. Gott wird im Jüngsten Gericht sie, die Reichsstände, zur Verantwortung ziehen, da sie aus christlicher Liebe und wegen der ihnen von Gott zugewiesenen Stellung zur Hilfe verpflichtet sind.

Deshalb wiederholen sie, die Gesandten, um Gottes und Jesu Christi willen ihre flehentliche Bitte, die Reichsstände wollten alles das befördern, was der Ehre Gottes, dem Heil der Seelen sowie dem Frieden im Reich dient und die christlichen Lande vor dem drohenden Blutbad rettet. Dafür ist notwendig, dass alle ihre Sünden bereuen und Buße tun; sodann, dass alle Reichsstände dem Kg. als der von Gott gesetzten Obrigkeit den schuldigen Gehorsam leisten. Dadurch wird dem Teufel, der den Türken als Fügung Gottes zur Strafe für die Sünden gegen die Christenheit hetzt, und auch dem Türken selbst die Macht genommen, da er einem christlichen Heer, in dem man den Dienst als christliche Pflicht und als ‚rechten Gottesdienst‘ erfüllt, weichen wird müssen. Deshalb sind die bedrängten Lande umso zuversichtlicher, die Reichsstände werden die erbetene stattliche und beharrliche Hilfe bewilligen. Gott wird dies reichlich belohnen. Sie, die Gesandten, bitten nochmals um förderlichen Bescheid ohne weiteren Verzug.

Unterzeichnet von den Gesandten der fünf niederösterreichischen Lande.

Anmerkungen

1
  Kurmainz, pag. 322 f. [Nr. 37]. Am 28. 11. hatten die niederösterreichischen Gesandten die Anmahnung den kgl. Kommissaren um deren Rat und Gutachten vorgelegt. Diese billigten das Konz. in der vorgelegten Form und befürworteten die Anmahnung auch grundsätzlich, /128’/ sonderlich weill es on dz an dem, dz täglich zur consultation deß türggenhilffarticls furgeschritten werden soll (Bericht der kgl. Kommissare an Ferdinand I. vom 29. 11. 1556: HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 128–130, hier 128 f. Konz. Hd. Zasius). Nachfrage der Gesandten Perkheim und Windischgrätz bei den kgl. Kommissaren von Waldburg und Zasius auch verzeichnet im Protokoll der Gesandten: SBB PK Berlin, Ms. germ. quart. 1196, hier fol. 63’–65.