Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Ausgestaltung des Doms für die Meßfeier; [2.] Bekanntgabe der im Dom aufgefundenen Heiltümer, ihre Zurschaustellung auf dem Altar; [3.] Reihenfolge der Teilnehmer an der Meßfeier; [4.] Abfolge der Beteiligten an der Opferung, Namen der Zelebranten; [5.] Verkündung eines vierzigjährigen Ablasses; [6.] Predigt Bruder Kunos über die Geschichte des Heiligen Rockes und dessen Wiederentdeckung im Trierer Dom auf Veranlassung des Ks., Aufforderung zum Gebet für die Einigkeit der Christen; [7.] Verehrung der Heiltümer durch Ks. und Reichsstände, Rückkehr des Ks. in den Palast.

Leipzig, [wohl Mai/Juni] 1512

München, BSB, H. eccl. 2997, Orig. Druck (gedruckt bei Martin Landsberg in Leipzig1).

Ksl. Mt. gemahel begencknis zu Trier und ein gruntliche, ganze offenbarung und proceß aller geschicht vom anheben bis zum ende von dem hochwirdigen heiltum des rocks unsers lb. Hern Jhesu Christi und vil anderem großwirdigem heyltum, zu Trier im hohen altar des tumstiefts gefunden durch geheyß und befel Maximiliani, dye zeit erwelt röm. Ks., im tausentfunfhundert und zwelften iare.

[1.] Dye ksl. Mt., unser allergnst. H., hat ym tum zu Trier angestelt, seyner Mt. gemahlen [Bianca Maria Sforza] loblicher gedechtnis, der von Mayland,2 eyn iargezeit zu tun nachvolgender maß:

Item der chor in dem tuem, darin man pflegt zu singen, ist in der hohe eyns mannes uber das lentener, do man ewangelia und epistel pfleget zu singen, und also ganz ringsumb und umb mit schwarzen tuchern umbhangen gewest an eynem hölzen geschrenke. Uf welchem hölzen geschrenk auch also gerings yn dem chor herumb wechsen brennende kerzen gestanden haben in der zale CLIII.

An den schwarzen tuchern obgenanten haben ringsumb XXVI wappen, mit koppern nadlen angeheft, gestanden, und warn die wappen also halbiert, uf eyner seyten den adler mit den zweien heuptern, darin Ostereich und Bargundien, an der ander halben seyten was quadriret dye schlange Meyland oben, darneben ein schwarzer adler, hat der Ks. dem Hg. von Mayland gegeben und bedeut des Reichs kammer, unden wyder der schlang und darneben aber der adler und in der mitten zu stehen [über] den beiten schlangen und den zweyen adlern eyn wie creuze Sophoier in eynem roten felde.3

Dergleichen wappen warn in dem tuem an alle pfleyler [= Pfeiler] geschlagen.

Item yn dem chor neben dem sacrament hyn an der heyltumskammer was eyn gerust knyehoch von der erden gemacht, mit holz und borten und schwarzen tuchern umbhangen, da dye singer ufgestanden und gesungen haben.

Dabey zu dem hohen altar zu was ein altar, von holze zugericht, daruf man meß hat gelesen.

Im selben chor hart an der treppen gleich dem hohen altar was eyn altar zugericht mit vier brennend wachskerzen. Darauf ist gestalt worden das hernachgeschriben hochwirdig und kostlich heyltumb.

Bey welchem heyltum gestanden haben der tuemtechant [Philipp von Kriechingen], H. Jorg von Leyen, archidiaconus maior, H. Otto von Breytbach, archidiaconus in theologia, H. Arnalt Gf. zu Salm, probst zu St. Paulin, und der von Orleye, capitilare tuemhern.

Auf beyden seyten des hohen altars haben gestanden XII arme menschen, yn schwarzen becleydet, rock und kappen mit cippeln [= Zipfeln] hinden herab, und het itzlicher zwu brennende standkerzen.

Item es warn dye stule oben und unden, yn welchen dye tuemhern, vicarien und altaristen pflegen zu stehen, mit schwarzem tuche behangen und belegt.

Der hohe altar und die tafel warn mit schwarzen tucher bedeckt, an der tafel in der mitten ein weiß, seyden creuze, under dem altar unden desselbigen gleichen.

Gleichermaß was der ander altar, daruf messen, wie obgenant, gelesen worden seyn, gezirt und becleydet.

Und an den kirchen4 derselben zweyen altare und des dritten, daruf das hochloblich heiltumb gestanden ist, hat gestanden das obgenant wappen.

Item vom chor ym tum umb die X schritte von der treppen was eyn bare, VI schriet lang, IIII schriet breit, von holze zugericht und viereckick, vier gnypen [= hölzerne Podeste], gefierst mit kelen als ein dach und zusammen vorfast wie ein leyter mit sprossen, und die sprossen hatten alle zappen, daruf wechsen kerzen stunden und brenten. Dye vier gnyppen warn bedacht icklich mit tuchern und an icklicher der obgenanten wappen eyns, und uf icklicher gnyppen stunde eyn kerze und in der mitten ein creuze hoch erhaben, uf itzlichem creuz III wechsen kerzen, der zusammen sein gewest II hundert und XXV ungeverlich. Und was die bare unden herumb auch bedackt mit duche und dareyn an icklichem orte ein wappen.

Item under der bare stunde ein todenlade, vordeckt mit eym schwarzen tuche, darauf ein weiß creuz und wapen vorm heupt und zu den fuessen.

Vor dem choir bis an den dritten pfeiler zu beyden seyten dye lenge und von eyme derselben dritten pfeyler zum andern uber die zwerg mit schwarzem tuche behangen und mit kerzen, daran dy LXX waren besteckt und wappen dareingeheft.

Dye beyde altare nehest vor dem chore, nemlich St. Katherinen und St. Agneten, warn auch mit schwarzem tuch umbhangen.

Viereckich umb solche obgenante bare stunden umb die XXX arme menschen, yn schwarzen, wie obgenant, becleydet, und icklicher hat yn seyner hant zwu standkerzen, hinden und vorn die obgenanten wapen geheft warn.

[2.] Uf des hl. creuz erfindung tag im tusentfunfhundert und im zwelften iar [3.5.12], morgens umb dye funf or, hat man uf St. Nicolaus chore horas canonicas gehalten.

Umb die VI. oren hat man in dem rechten chor vigilias mortuorum gesungen.

Nach endunge der vigilien hat bruder Cone, predigerordens, ksl. Mt. und unser[s] gn. H. von Trier capellan und predicant, uf dem predigerstule dem gemeynem man vorkundiget von dem hernachgeschriben heyltum, wie das gefunden sey und das eigentlich benant, wie hernach stet.

Darnach sint komen die obgenanten tumhern in kappen mit brennenden wechsen kerzen und haben das obgenant heyltum, also neulich erfunden, aus der heyltumkammer getragen und uf den darzu bereyten altare, vorm hohen altare zugericht, gesatzet, eyns teils in einem gulden stuck sant Cornelius uberheubt cum corpore sancti Materni, in eyner kleinen kisten unsers Hern rock etc. und in einem vorgulten silbern kopf des andern hochwirdigen heiltums.

[3.] Darnach ist ksl. Mt., unser allergnst. H., in schwarzen becleidet mit eynem birret, in seynen augen gezogen, mit Kff., Ff. und gesampten botschaften, auch in schwarzen gecleidet, hernach ernennet, in den chor kommen und also in der ordnung, wie hernach folget, gestanden:

Uf der rechten seyten unser allergnst. H., der röm. Ks. Mitten im chor gegen ksl. Mt. ist gestanden der herolt Deutzschlant, in schwarzen becleidet, vor und hinden die obgenanten wapen anhangende mit dem blossen schwerde.

Neben dem Ks. ym zweyten stul Menz, Collen die selmesse und die ander Unser Lb. Frauen meß.

Darnach Trier die selmeß und Unser Lb. Frauen meß Coln.

Darnach Pfalzgf. Ludowich, Kf., Hg. Friderich von Beyern, Mgf. Friderich von Brandenburg, Ulrich, Hg. von Wirtenburg, Mgf. Cristofel von Baden, Mgf. Casimirus von Brandenburg, Mgf. Philip von Baden, Mgf. Hans von Brandenburk, Mgf. Ernst von Baden, der von Henneberk, Gf. Bertolt [recte: Hermann], Hg. Wilhelms von Bayrn botschaft, nemlich Dr. Plemuger [= Dietrich von Plieningen], der regent, aus Hessen geschickt, Herman von Reckeroit [= Reckerode], Gf. Wilhelms von Henneberk botschaft, H. Adam von Schaulberg [= Schaumberg], ritter.

Uf der linken seyten kegen ksl. Mt. uber haben gestanden Babstlicher Hlkt. botschaft, d[ominus] Laurentius Campegius, Kg. von Frankreichs botschaft, d[ominus] Claudius [= Claude de Seyssel], electus Marsiliensis, Kg. von Engelant botschaft, d[ominus] Augustinus [= recte: Robert] Wingfelder [= Wingfield], eynes Kg. von Navarre botschaft.

Der hochmeister deutzsch ordens, Mgf. Albrecht von Brandenburk, selbst, Bf. von Bamberg, H. Jorg, selbst, Bf. von Straßburg, H. Wilhelm, selbst, Bf. von Tulle, H. Huge [= Hughes de Hazards], selbst, Bf. von Wirtzburks botschaft, H. Peter Ufsatz [= Aufseß], tumher, Bf. von Spier botschaft, Bf. von Wurms botschaft, Hg. von Ferrair botschaft, des Walachen botschaft.

[4.] Darnach hat man das ampt requiem angefangen und gar aus discantirt. Dye meß hat celebri[r]t H. Johan [von Helmont], Bf. Siron,5 und yme ministriret zwen ksl. cayellana, H. Wilhelm und H. Caspar genant.

Als das Kyrie eleyson gesungen, ist man zu opfer gegangen, und uf den hohen altar und uf den andern altaren, uf der seyten zugericht, geopfert worden also:

Dem Ks. sein vorgangen der [Ulrich] von Bappenheim, marschalk, Hg. Wilhelms von Bayern botschaft, der regenten von Hessen botschaft, Mgf. Hans von Brandenburk, Mgf. Ernst von Baden, der von Hennenburk, Gf. Bertolt, Mgf. Casimirus von Brandenburg, Mgf. Philips von Baden, der von Zollern, hofmeister, III herolt ksl. Mt., Babst botschaft, Menz, Frankreich, Coln in der selemessen vorn, Trier in der Unser lb. Frauen messen vorn.

Engelant, Navar, Pfalzgf., hochmeister, Bf. von Bamberg, Hg. Friderich, Strasburg Bf., Mgf. Friderich, Wirttenburg, Tulle Bf., Baden, Wurzburg, Mgf. Ernst, Casimirus, Mgf. Philipus, Mgf. Hans, Mgf. Ernst, Gf. von Hennenberg, Hg. Wilhelm von Bayrn, Speir, Hessen, Wurms, Ferrari, Walach und Hennenberg botschaft.

Zum rechten opfer ist man vorgemelter maß gegangen.

Nach endenes der selemessen hat man uf der orgel das ampt der mess von Unser Lb. Frauen angehoben zu spielen und das also hochloblich und zierlich mit basaunen und zinken blasen, yn dye orgel und mit discant volendt.

Dye messe hat gesungen H. Erhart, ksl. Mt. oberster capellan, electus episcopus civitatensis, und yme ministriret zwen ander capellan, H. Wilhelm obgenant und noch eyner.

Der opfergang zum opfertorio ist gewest wie vor, ausgescheyden Trier hat itzt vor Coln gegangen.

[5.] Und als dye meß ire end gehabt, hat obgemelter bruder Coone uf dem lentener zum choir zu eyne rede getan, wye dye kurzlich hernach begriffen wirdet, vor die Ks.in gebeten und von den nachgemelten EBB und Bff. dis hyrnach gefolgende ablaß vorkundiget. Den ein yder, der yn den obgenanten messen gewesen, vor die Ks.in gebeten und das itzt nun hochwirdig heiltum veneriert und geeret, vordint hat, als nemlich von EB Urielen von Menz, dem erwelten und bestetigten zu Trier, EB Philipsen zu Collen, H. Claudio zu Marsilien, Bf. Jorgen zu Bamberg, Bf. Wilhelm zu Straßburg, Bf. Hugen zu Tulle, Bf. Matheo von Zurgk [= Gurk], Bf. Johan zu Syron, XL iar ablaß.

[6.] Bruder Conen rede, davon obgemelt, volget hernach:

Es ist vor etzlichen manchen iarn ein gemein gerucht gewest, auch in vil historien gefunden worden, wye das die hl. Ks.in Helena vil heiltums aus dem hl. lande yn welsche und deutzsche land gebracht und besunder die hl. kirch zu Trier, aus welchen lande die vorgenant Ks.in geborn gewest, mit mechtigem und creftiglichem heiltum gezirt und vorsehen hat und benemlichen under ander vil stucken mit dem cleyde unsern Hern Jhesu Christi, unsers heilmachers. Welch cleyd nach ausweysunge der cronica yn dyser vorgenanten trierischen kirchen gewest VIII hundert und LXX iare und nymant so köne ader vermessen gewest ist, also das cleyt zu suchen bis auf dye zeit des Bf., nemlich Johannes des ersten, der nach Gotes geburt tausent hundert und sechs und neunzig also eyn cleit aus St. Nicolaus altar yn den hohen altar gelegt und transferirt hat uf Philippi und Jacobi, kirchwey des munsters, sontags nehstvorgangen [1.5.1196]. Yn welchem hohen altar dyse cleydunge Cristi mitsampt etlichem andern loblichen heyltum gelegen ist III hundert und acht iar bis auf zukunft des allerdurchleuchtigisten, cristlichen Ks. Maximilian etc., welcher durch erleuchtung des almechtigen Gottes yn ksl. andacht vormanet worden ist, also eyn vorborgen schatz und heiltum zu suchen. Darumb ksl. Mt. hat ersucht meinen gn. H. von Trier mitsampt seynem capitel, dye dan Got den Hern zu lobe und zu eren, ksl. Mt. zu wolgefallen gutwillig sich darzu erzeigt, den hohen altar ufgetan und dis loblich heiltum darin gefunden: [Folgt eine Aufzählung und teilweise Beschreibung der in vier silbernen Kästchen verwahrten Heiltümer, ganz ähnlich wie in Nr. 1833 [2.].]

Darumb sollen wir alle fleissiglichen aus unserm herzen bitten und vormanen den almechtigen Got umb eynen bestendlichen, guten, seligen fried der hl. cristlichen kirchen, des röm. Reichs und ganzer cristenheit, auf daz also groß blutvorgissen cristlichs volks vormieden bliebe und unser Hlst. Vater, der Babst, mitsampt ksl. Mt., andern Kgg., Ff. und dem hl. Reich mit guter voreinung kegen ungleubigen fechten und uberwynden mögen, damit der cristenglauben und das hl. röm. Reich gemehrt möge werden. Das vorgün uns Got der Vater und der Sun und der Hl. Geist. Amen.

[7.] Und als solche rede aus was, ginge ksl. Mt. mit Kff., Ff. und botschaften zum hochwirdigen heyltum und darnach aus dem tuem und reyt in den palast.

[...] Getruckt zu Leipzick durch bacclarien Martinum Lantzperk im tausentfunfhundert und im zwelfteim iar.

Anmerkungen

1
 Über ihn vgl. Reske, Buchdrucker, S. 515.
2
 Gest. am 31. Dezember 1510.
3
 Savoyerkreuz, ein weißes Kreuz auf rotem Feld.
4
 Unklare Wortbedeutung.
5
 Weihbischof von Trier.
a
 Verdruckt für capellan.