Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Zahlreiche Beschwerden beim Ks. gegen die Befreiung der Pfahlbürger von Steuern auf Güter in ihren früheren Hftt., Gebot zur Zahlung der Abgaben, Aufhebung entsprechender Freiheiten; [2.] Klage der Straßburger Gesandtschaft über die negativen Folgen dieser ksl. Verfügung für ihre Stadt; [3.] Bestätigung der alten Pfahlbürgerfreiheit Straßburgs; [4.] Befehl zu deren Beachtung.

Köln, 25. August 1512

Kop.: A) Straßburg, AM, AA 337 Fasz. 1, fol. 27a-29a; B) Ebd., fol. 31a-33a.

Konz.: C) Ebd., AA 336, fol. 97a-98a.

[1.] Ks. Maximilian gibt bekannt, daß ihm verschyner zyt vil clagen angelangt, der meynung, das etliche stett der von prelaten, adel und andere undertanen und hindersassen zu burgere annement und mit heuslicher wonung zu inen ziehent und dieselben in craft etlicher berumbten fryheiten zu hanthaben understundent, dass sy von iren gütern, die under denselben iren alten Hftt. ligend und sy durch ir gedingte dienstleut buweten, weder steur, gewerf [= Abgabe] noch andre dienstbarkeit, wie von alter harkomen wer, nit mer geben noch tun und nitdestmynder wunn [= Wiese], weyd, veld, wasser, holz, schirm und freyheit zu gebruchen understundent. Welichs wider alle billicheit und denen, so uf den gütern, die in iren Hftt., gerichten und gebieten gelegen, steur, gewärf und andre dienstbarkeit hetten, ganz abbrüchlich und unlidlich were. Deshalb wir als röm. Ks. mitsampt Kff., Ff. und den stenden des Richs under andren des hl. Richs verfassten ordenungen deshalb ouch eins sondern artikels [Nr. 990 [24.]] nochfolgender meynung undernommena, nemlich, das hinfuro kein statt noch einiche andre oberkeit derglichen bürgere in der gestalt, wie oben berürt, annemen sollt noch möcht. Wo aber yemants solicher gestalt burgere angenomen hette oder würde, das doch dheinswegs sin soll, so sollten doch dieselben burgere nichtsdestmynder von allen iren gütern, die sy demnach behielten und durch ir dienstleut buweten, den Hftt., darunder die gelegen, steur und gewerf geben und alle dienstbarkeit bewysen, wie vor zu der zyt, ehe und derselbig an andren orten burger worden, beschehen und von alter harkommen ist. Und ob yemants dawider einiche fryheit hette, das die als dann und dann als yetzt widerruft und abgeton sin solt, alle geverd hindangesetzt etc.

[2.] Daruf dann uns die ersamen unser und des Richs lb. getruwen meister und rat der statt Straßburg durch ir vollmächtig potschaft furbringen lassen, dasb, wo solicher artikel also dermossen gegen und wider ein statt sinen furgang haben, geübt und gebrucht werden solt, cdas inen, iren burgern und ganze gemeynd daselbst ein solichs beswärlich und unlydlich were und das dardurch die bürgerschaft–c daselbst gemyndert, an iren gütern und haben geschwächert und in ein so schwere verderplicheit gefürt wurd, das sie nit allein der bemelten statt Straßburg notwendige reyßen, hüten, steuren und andre gewonlich und ufgelegte bürden nit mer ertragen, sonder ouch uns als röm. Ks. und dem hl. Rich nit als brachtlich, nützlich und fruchtbarlich, als bishar beschehen und sy ze tund alle zyt willig befunden, gedienen möchten. Dardurch dann auch die bemelte stat Straßburg ir loblich und eerlich by dem hl. Rich wäßlicheit, geruch und guten namen verlyeren, ir regiment und bürgerschaft nit mer behalten, sonder zu nit cleynem nochteyl uns und des hl. röm. Richs in zerrüttung und abfall kommen möcht. Und uns daruf demütiglich angerufen und gebeten, sie harin gnediglich zu fursehend.

[3.] Wann wir nun, die gnanten von Straßburg als unsere und des Richs getruwen und gehorsamen undertanen by iren fryheiten, guten gewonheiten und gerechtigkeiten e, deren glouplichen urkund und schyn sy uns furgehalten und sehen lassen,–e zu hanthaben, sonderlich geneigt syen, darumb in ansehung und betracht des fryen gezogs, so unverdächtlicher zyt har ye und ye f, sonderlich fur andre Ftt.,–f in dem land Elsass in übung und gebruch gewesen, ouch der bemelten statt Straßburg fryheiten und privilegien, so von hochloblicher gedechtnus wylend röm. Kss. und Kgg., unseren vorfaren am Rich, inen gnadiglich verlihen und durch uns als röm. Kg. eemals bestätiget, innovirt und confirmiert, gwo derselben statt bürgere eigentschaft oder dheynerhand gütere besitzen, das nyemants erlaubt sig, von irer eigentschaft oder irer güter wegen oder von iren leuten dheynen dienst zu nemen oder zu fordern, bürde, bete oder steur ufzulegen, und sollent sy und all ir bürgere wunn und weyd nutzen und nyessen in allen stetten und gerichten, wa sy gesessen sind oder da sy ire güter ligen haben, on meniglichs widerrede etc.,–g und besonders, das die bemelten von Straßburg, wie sy des berürten artikels halp gefryet und harbrocht haben, sy es auch dermossen fruntlichen und nochburlichen gegen allen andren in- oder uslendigen unbeswärlich halten, üben und gebruchen, so haben wir denselben meyster und rat zu Straßburg und iren nochkommen die eberürten ir gegebne und verluhene fryheiten, ouch alte harkomen und gute gewonheiten gnädiglich innoviert, confirmiert und bestätiget und darzu besonders eeberürten artikels halb, die empfahung der bürger berürend, declariert und erclärt, confirmieren und bestäten, declarieren und erclären ouch von röm. ksl. machtvolkommenheit wissentlich in craft diß briefs, das dieselben von Straßburg und ire nochkommen by den vorgemelten iren fryheiten, altem harkomen und guten gewonheiten bliben und beston sollen, wie dann bishar by inen gebrucht ist, von allermeniglich unverhyndert. Und ob yemants, in was würden oder stands der oder die werent, nun oder harnoch uber kurzem oder langem [etwas, das] solchen der gnanten von Straßburg privilegien, harkomen und gewonheiten widerwertig, von unsern vorfaren am Rich röm. Kss. oder uns ychts erworben oder usbracht hett oder hinfüro von uns, unseren nochkommen am Rich erwerben oder usbringen oder inen us eigner bewegnis gegeben oder sunst in ordenung oder gesatzder wyse usgon wurd, in was form oder gestalt das beschehe, das solichs alles den egenanten von Straßburg, iren bürgern und gemeynde und allen iren nochkommen an den eeberürten fryheiten, privilegien, harkommen und gewonheiten keynen abbruch, schaden und verletzung geberen oder bringen soll noch mög, dann unser meynung nye gewesen und noch nit ist, denselben von Straßburg daran irrung oder verhynderung ze tun oder beschehen lossen in dheinen weg, sonder als röm. Ks. hund unserem gn. zusagen noch die bemelten von Straßburg by solichem–h zu hanthabeni.

[4.] Gebietet allen Reichsuntertanen unter Androhung schwerer Ungnade und Strafe sowie einer je zur Hälfte an die ksl. Kammer und Straßburg zu zahlenden Buße von 40 Goldmark, Straßburg, dessen Bürger und Gemeinde in ihrem alten Herkommen, ihren Gewohnheiten und Freiheiten sowie beim Gebrauch dieser ksl. Bestätigung nicht zu beeinträchtigen. Mit urkund diß briefs, besigelt mit unserem ksl. anhangenden insigel und geben zu Coln uf jXXV.–j, 1

Anmerkungen

a
 C korrigiert aus: vereynigt.
b
 C folgt gestrichen: in ansehung und betracht des freyen gezuks, so ye und ye in dem land Elsas loblich gehalten, ouch des herkomen, gebrauch und friheiten der stat Straßburg inen und iren burgern und ganzer gemeinde doselbst uberswärlich und unleidlich wer.
c
–c C am Rand hinzugefügt.
d
 C folgt: domit sy by iren friheiten, herbrohtem gebruch, harkomen und gewonheiten bleiben.
e
–e C am Rand hinzugefügt.
f
–f C am Rand hinzugefügt.
g
–g B, C fehlt.
h
–h C am Rand hinzugefügt.
i
 C folgt gestrichen: wie wir inen das zugesagt haben.
j
–j B XXV. tag des monats Augusti etc.; C XXV. tag Augusti Ao. XIIo.
1
 Zettel zu C, fol. 98b: Diser artikel [Nr. 990 [24.]] wart etlichermoß dergestalt uns zu Köln durch H. Ernsten von Welden uns vorgelesen us dem jungsten des Richs abscheit. Wir [= die Straßburger Gesandten] liessen aber uns in nit gefallen, sonder stelten obbegriffen brief [Nr. 1501]. Sodann, als des artikels, die pfolburger berüren, durch Straßburg, Frankfurt und Wetzflar etwas beswärnis angezeigt, soll solcher artikel, dwil von eym teil allein anbringen bescheen, beruwen und also bliben sten bis zu dem nehsten richstag und sich mittler zit des dhein teil behelfen oder gebruchen, sonder by synen friheiten und harkomen bliben, und alsdann die, so sich des beswert zu sin vermeynen, durch ksl. Mt. noch notturft verhört und nochmals bescheen, waz gut syg. Doch sol der artikel im abscheid dermossen, wie der gesetzt, also sten bliben. Actum proxima post Bartholomei Ao. 12 [25.8.12]. Diser artikel wart zum letsten im beschluß der ordenung des richstags [Nr. 1011] gar usgeton und im nebenabscheit [Nr. 1592 [13.]] ein nota gesetzt, als harnoch stat.