Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Nr. 1372 Ks. Maximilian an Hartmann von Kirchberg, Administrator des Stifts Fulda

Trier, 22. April 1512

Meiningen, StA, GHA, Sektion II Nr. 45, fol. 6a u. b, Kop. ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.).

Der ksl. Rat und Reichsfürst Gf. Wilhelm von Henneberg-Schleusingen hat darlegen lassen, daß er auf dem Augsburger Reichstag (1510) durch Ernst von Brandenstein wegen des zwischen ihnen bestehenden Konflikts vor dem Ks. verklagt worden ist.1 Und wiewol er sich auf solich sein clag fur uns als röm. Ks., bayder teil rechten und obristen H. und richter, auch etlich unser und des hl. Reichs Ff. und stende, die den parteyen nit verwandt und unverdechtlich weren, zu einem uberflues zu recht und aller billighait genugsamlichen erboten, der zuversicht, der von Brandenstain solle solichs angenomen haben und in bey solchem seinem zimlichen, rechtmessigen erbieten bleiben lassen, so hab er doch solichs alles nit angesehen und mitsambt seinen dienern, helfern, zugehorigen und verwandten aus aignem, frevenlichen mutwillen, unervolgt und unerlangt ainichs gepurlichen rechtens wider in, sein undertanen, land und leut gewaltiglichen mit der tat, nam, mort und brant gehandelt, die sein gefangen, geschetzt und manigfeltigweys beschedigt. Darumb dan Lorenz Schenk, so in solcher handlung auch angriffen und beschedigt, geursacht worden sey, gegen gemeltem von Brandenstein die gegenwer gleicherweis furzunemen und dermassen mit der tat zu handlen. Wenn er (der Ks.) sich dieses Konflikts nicht annimmt, besteht die Gefahr, daß er eskaliert. Bevollmächtigt deshalb Hartmann von Kirchberg, Gf. Wilhelm von Henneberg-Schleusingen und Ernst von Brandenstein vorzuladen, zu verhören und eine gütliche Verständigung zwischen ihnen herbeizuführen. Gelingt dies nicht, soll er darüber Bericht erstatten, damit wir von der notturft nach darin handlen. Außerdem soll er dafür sorgen, daß die Streitparteien zwischenzeitlich nichts mit der Tat gegeneinander unternehmen, sondern bis zu einem ksl. Bescheid vollkommen stillstehen.2

Nr. 1373 Mandat Ks. Maximilians an das hessische Regiment und in gleicher Form an Bf. Lorenz von Würzburg

Trier, 22. April 1512

Orig. Pap. m. S. (an das hessische Regiment; p.r.p.s.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Serntein): Marburg, StA, Best. 2 Nr. 110, o. Fol.

Kop.: Meiningen, StA, GHA, Sektion II Nr. 461, fol. 5a u. b (an Bf. Lorenz); Ebd., fol. 7a (an das hessische Regiment; beglaubigt durch den ksl. Notar Johann Urtzich).

Gf. Wilhelm von Henneberg-Schleusingen hat darlegen lassen, daß sein Lehensmann Wolf von Herbstadt ihm ohne jeden berechtigten Grund und mit der Behauptung, Gf. Wilhelm habe ihm seinen Besitz gewaltsam entzogen, seine Lehenspflicht aufgekündigt und in derselben schrift anzeigt habe, als mus er weiter gedenken. Daraus zu vermueten, das er sich derselben seiner schäden in andere weg zu erholen vermaint und willens ist, gewaltiglich und mit der tat gegen ime, seinen landen und leuten zu handeln. Gf. Wilhelm hat deshalb um ksl. Hilfe gebeten. Dieweil nu der gemelt von Hennenberg dem bestimbten von Herbilstat vor uns als röm. Ks., dahin die sachen billichen zu recht gehörn, oder wohin wier die ferrer weisen oder, wo er des nit benuegig were, zu einem uberfluß vor seinen reten und lehensmannen zu recht zu sein urpitig ist und wir meniglich rechtens zu verhelfen und dergleichen frävenlich, gewaltig handelung im hl. Reiche zu verhueten genzlich gnaigt sein, gebietet er für den Fall, daß Wolf von Herbstadt mit Gewalt gegen Gf. Wilhelm vorgeht, ihm keinerlei Unterstützung zu gewähren, sondern ihn und seine Helfer als Ungehorsame gegenüber Ks. und Reich zu behandeln.1

Nr. 1374 Supplikation Adams von Schaumberg, Gesandter Gf. Wilhelms IV. von Henneberg-Schleusingen, an Ks. Maximilian

[Köln], 16. Juli 1512 (freitags nach divisionis apostolorum)

Wien, HHStA, RK, Maximiliana 28 (alt 21b) 1512 Okt. (!), fol. 73a-74a, Orig. Pap. (Vermerke auf fol. 74b: Suplication hennbergschen geschickten wider Ernsten von Brandenstein, darunter von anderer Hand: Hennberg contra seine veind).

Hat wegen der widerrechtlichen Befehdung seines Herrn, Gf. Wilhelm von Henneberg-Schleusingen, durch Ernst von Brandenstein zunächst an den Ks., dann an die Kff., Ff. und Stände des Reiches oder wo es euer ksl. Mt. hinweysen suppliziert. Daraufhin hat der Ks. dem Koadjutor von Fulda, Hartmann von Kirchberg, als ksl. Kommissar befohlen, den Streitparteien zu gebieten, mit der Tat gegeneinander stillzustehen, ihnen einen Tag anzusetzen, sie zu verhören und entweder eine gütliche Verständigung herbeizuführen oder die Sache rechtlich zu entscheiden (Nr. 1372). Gf. Wilhelm ist auf dem anberaumten Tag auch erschienen und bereit gewesen, alle gerechtfertigten Vorschläge anzunehmen. Ernst von Brandenstein hingegen hat in Mißachtung des ksl. Kommissars dem Ks. eine Schrift übersandt, darinnen er euer ksl. Mt., so sich doch nymant anders dan derselbigen und irem cammergericht umb fridbruche zu richten gebürt und zustet, vermaint, ir oberkeit und gericht zu entzihen und an andere orte seines gefallens zu bringen und richter seines gefallens zu erwelen.1 Hieraus ist leicht zu ersehen, das Brandenstein euer ksl. Mt., das recht und alle billigkeit veracht, keyn recht leyden mag, seinen mutwillen treyben und dem nachvolgen will. Bittet deshalb im Namen Gf. Wilhelms den Ks. als höchsten weltlichen Richter, über Ernst von Brandenstein und alle seine Helfer als Landfriedensbrecher und Verächter der ksl. Hoheit die Acht und Aberacht zu verhängen.

Nr. 1375 Mandat Ks. Maximilian an alle Reichsuntertanen

Köln, 17. August 1512

Orig. Perg. m. S. ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Serntein): Meiningen, StA, GHA, Urkunden Nr. 2032.

Kop.: Ebd., GHA, Sektion II Nr. 407, fol. 35a-36a; Ebd., Sektion I Nr. 2142, fol. 34a-35a (beglaubigt am 2. Mai 1514).

Wolf von Herbstadt und Kunz Kipf haben Gf. Wilhelm von Henneberg-Schleusingen wider die kgl. Reformation, die Goldene Bulle und den Wormser Landfrieden schriftlich eine mutwillige Fehde erklärt. Deshalb sind gegen sie und ihre Helfer die Acht und Aberacht sowie die entsprechenden Strafen verhängt worden. Gebietet, beiden Geächteten keinerlei Unterstützung zu gewähren und keine Gemeinschaft mit ihnen zu pflegen, sie vielmehr festzusetzen und Gf. Wilhelm auf sein Anrufen hin Recht gegen sie ergehen zu lassen.

Nr. 1376 Gf. Wilhelm IV. von Henneberg-Schleusingen an Ks. Maximilian

[Köln], 30. August 1512 (montage nach decollationis)

Weimar, HStA, EGA, Reg. B Nr. 1276, fol. 57a-58b, Kop.

Hat heute durch Briefe seiner zu Hause befindlichen Räte erfahren, daß Wolf von Herbstadt und Ernst von Brandenstein am 10. August ( St. Lorenzentag) in seinem Amt Fischberg zwei Dörfer in Brand gesetzt haben. Immerhin konnten die Einwohner sich einer Gefangennahme und Plünderung erwehren. Kf. Friedrich und Hg. Johann von Sachsen haben sich entgegen dem ksl. Gebot, ihn (Gf. Wilhelm) aus ihren Besitzungen heraus nicht zu schädigen (Nr. 1375), nicht nur Ernsts von Brandenstein angenommen, sondern auch anderen erlaubt, ihn von ihren Ftt. aus zu bekriegen. Hat deshalb bereits vor dem Ks. geklagt und gebeten, ihm zu seinem Recht zu verhelfen. Während des gegenwärtigen lange dauernden Reichstags haben er und sein Hofmeister (Dr. Adam von Schaumberg), der hier auf seine Ankunft gewartet hat, 600 fl. Zehrungskosten verbraucht. Bittet deshalb den Ks. nochmals, ihn baldmöglichst abzufertigen und gegen seine Feinde mit der Acht vorzugehen. Geschieht dies nicht, wird er zusammen mit seiner Frau (Anastasia) und seinen Kindern ins Elend gestürzt. Hofft, daß es der Ks. als Liebhaber der Gerechtigkeit nicht so weit kommen läßt.

Nr. 1377 Die sächsischen Reichstagsgesandten an Ks. Maximilian

Rechtfertigung gegenüber den Vorwürfen Gf. Wilhelms von Henneberg-Schleusingen wegen angeblicher Unterstützung friedbrecherischer Handlungen durch Kf. Friedrich und Hg. Johann von Sachsen.

[Köln], 2. September 1512

Weimar, HStA, EGA, Reg. B Nr. 1276, fol. 59b-60b, Kop.

Allerdurchluchtigster, großmechtigster Ks., allergnst. H., euer ksl. Mt. haben uns des hochgepornen F. und H., H. Wilhelms, Gf. und H. zu Hennebergs, clagschrift [Nr. 1376] zu handen stellen lassen. In wilher seiner schrift under anderm gemelt wirt, wie Andres von Hansen sein feind worden und Wolf von Herbstatt in beywesen Ernsts von Brandenstein uf St. Lorenzentag nehistverschienen [10.8.12] im zwey dorfer aus dem sloß Heyneck [= Haineck], das unser gnst. und gn. Hh., Hg. Fridrichs und Hg. Johansen, gebruder, eigentumb und H. Jorgen, ritters, und Wilhelm von Hopfgarten pfand, verbrant sein sollen und das solchs wider euer ksl. Mt. mandat [Nr. 1375], von berürten unsern gnst. und gn. Hh. verhengt etc. Haben wir mit ferrerm inhalt vernommen und bitten euer ksl. Mt. hieruf undertenig zu wissen, nachdem diser handel, davon gemelts Gf. Wilhelms schrift meldet, in kurzen tagen, dweil wir hie gewest, gescheen sein sol, das wir davon euer ksl. Mt. keinen bericht tun mogen. Aber euer ksl. Mt. sol ungezweyfelt sein, so diser handel irn kftl. und ftl. Gn., auch den von Hopfgarten verkündt wirdet, sie werden sich mit antwort dergestalt vernemen lassen, was von inen bescheen, das sie solichs unlaugbar und mit eren und guten fugen zu verantworten wissen. Das wir auch euer ksl. Mt., nicht anders ze gleuben, ufs undertenigst gebeten haben wollen. Wir moigen euer ksl. Mt. mit warhaftem grunde anzeigen, das uber Ernsten von Brandensteins rechtlich erbieten genannter Gf. Wilhelm, Lorenzen Schenck zu gut und woilgefallen, sein hofgesinde [mit] buschen [= Knüppel] und anders, zum streit gehorig, bey nechtlicher weyle fur Ernsten von Brandensteins haus gefertigt, mit schiessen und stirmen solich haus zu erobern understanden hat. Dweil aber Ernst von Brandenstein sich des mit seiner werhaften und manhaftigen hand ufgehalten, haben sie folgende dem genannten Ernsten alles dasjenige, so in irem vermoegen gestanden, abgebrant und Albrechten von Brandenstein darnach auch zwey dorfer, die doch zu milden sachen vor in [recte: zu] Gots ere geordent, gebrant, volgend genanntem von Hopfgarten ein dorf gebocht [= ausgeraubt], geblündert, arme leut daselbst gefangen, hinweggefürt, geschatzt, die auch zum teil dadurch vom leben zum dode gebracht. Solichs alles wider den ufgerichten landfrieden an unsern und gn. Hh. lehen und eigentumb begangen, us und ein gemelts Gf. Wilhelms heusern, Hftt. und gepieten bescheen, von ime verhengt und verstatt ist. Darzu unser gnst. und gn. Hh., das man ire lehen also, wie oben gemelt, beschedigt, solchs nyemand des ursach gegeben. Darus euer ksl. Mt., wie des genannten Gf. Wilhelms zuschub, gemuet und handelong wider berürt unser gnst. und gn. Hh. steet, zu vermirken. Solchs alles wolten wir euer ksl. Mt. in aller undertenigkeit nicht verhalten. Datum donnerstag nach decollationis Johannis baptiste Ao. etc. 12.

Nr. 1378 Mandat Ks. Maximilians an Ernst von Brandenstein

Köln, 4. September 1512

Kop. (jew. beglaubigt): Meiningen, StA, GHA, Sektion II Nr. 447, fol. 82a-83a ( a.m.d.i.p.); Ebd., Nr. 463, fol. 49a-50a; Weimar, HStA, EGA, Reg. B Nr. 1276, fol. 61a.

Gf. Wilhelm von Henneberg-Schleusingen hat vorgebracht, daß Ernst von Brandenstein ohne Rechtsgrund in sein Hoheitsgebiet eingefallen ist, etliche Dörfer verbrannt, die Bauern geschatzt und ihm zudem Fehdebriefe zugeschickt hat, alles wider die Ordnung des Reiches, die Goldene Bulle, die kgl. Reformation und den Landfrieden. Der Gf. hat deshalb ihn (den Ks.) angerufen, ihm zu seinem Recht zu verhelfen. Obwohl Ernst von Brandenstein durch seine Taten eigentlich der Acht und Aberacht verfallen ist, er sich zudem einer Aufforderung ksl. Kommissare widersetzt hat, soll er sich doch über keinerlei unbillige Beschwerung beklagen können. Befiehlt ihm deshalb, am 20. Januar 1513 persönlich oder durch bevollmächtige Vertreter in Worms oder wo er (der Ks.) sich zu diesem Zeitpunkt aufhalten wird, zu erscheinen, sich für seine Gewalttat zu verantworten und schließlich die gütliche oder rechtliche ksl. Entscheidung entgegenzunehmen. Bis dahin soll er mit der Fehde gegen Gf. Wilhelm stillstehen und keinesfalls mit der Tat gegen ihn vorgehen. Sollte er gegen dieses Gebot verstoßen oder die Ladung mißachten, werden gegen ihn und seine Helfer die Acht und Aberacht verhängt.

Anmerkungen

1
 Hierüber liegen keine Nachweise vor.
2
 In gleichfalls am 22. April 1512 ausgestellten Mandaten gebot der Ks. Kf. Friedrich und den Hgg. Johann, Georg und Heinrich von Sachsen gemeinschaftlich sowie Hg. Georg von Sachsen und dem hessischen Regiment jeweils separat, dafür zu sorgen, daß bis zur Entscheidung der Streitsache weder ihr Hintersasse Ernst von Brandenstein noch dessen Diener, Anhänger und Verwandte etwas gegen Gf. Wilhelm von Henneberg-Schleusingen und dessen Lande oder gegen Lorenz Schenk und die Seinen außerhalb des Rechts unternehmen. Gleiches werde Gf. Wilhelm, dem dieser Stillstand ebenfalls geboten worden sei, bei Lorenz Schenk verfügen. Falls Ernst von Brandenstein gegen Gf. Wilhelm oder Lorenz Schenk keine Rechtsentscheidung zulassen wolle, sei er (der Ks.) bereit, die Sache als oberster Richter selbst zu verhören bzw. vor dem Reichskammergericht, wohin sie gehöre, oder wohin er sie sonst weisen werde, verhören zu lassen. Meiningen, StA, GHA, Sektion II Nr. 447, fol. 68a, Kop. (an die Hgg. von Sachsen gemeinsam; p.r.p.s.; a.m.d.i.p); Ebd., fol. 70a, Kop. (an Hg. Georg von Sachsen; beglaubigt durch den ksl. Notar Johann Urtzich).
1
 Zu dieser Auseinandersetzung vgl. Stück, Graf Wilhelm IV., S. 6.
1
 Akten zu dem ab 7. Juli 1512 (mitwochen nach Udalrici) in Fulda durchgeführten Schiedstag in Meiningen, StA, GHA, Sektion I Nr. 3623, fol. 3-8; Ebd., Sektion II Nr. 447, fol. 73-81.