Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Österreich B, fol. 448–450’.

Anmahnung wegen des wiederholten Verhandlungsverzugs im KR durch FR. Billigung der Duplik zur Verhandlungsaufnahme durch KR und FR sowie im RR. Koadjutorfehde in Livland: Eingabe Mecklenburgs. Session.

/448/ (Vormittag) fürstenrat. FR wird vom Mainzer Kanzler mitgeteilt, dass zunächst der Beschluss vom vergangenen Freitag den kgl. Kommissaren als Resolution [Duplik] vorgebracht werden soll. Das Konzept wird am Nachmittag verlesen.

/448 f./ Umfrage. Einvernehmen im FR, sich wegen des erneuten Verhandlungsverzugs durch KR zu beschweren, da nunmehr ein ganzer Tag für das Konzept der Duplik verwendet werden soll, obwohl bekannt ist, dass die Mainzer Kanzlei den Inhalt längst zu Papier gebracht und ihn zuletzt im RR vor SR verlesen hat1.

In der Beschwerde wird ausgeführt, /448’/ wellicher massen disen ganntzen werennden reichstag allen [!] verzug unnd manngell bei dem churfürsten rath zum mehreren thaill gestanden, unnd noch heüttigen tags darmitt khain auffhörens sein wölltte, die nottwenndigen Reichs consultationen von ainer zeitt zu der andern mit nachthailliger verlenngerung zu differ[ier]en unnd auffzuziehen. /448’ f./ Mit dem Resolutionskonzept wird ein ganzer Tag verloren. Das Konzept hätte bereits am Samstag /449/ (so ierethalb auch ain feyrtag sein müessen, da es doch khainer gewesen) oder am Sonntag geprüft werden können, wenn man die Verhandlungen hätte befördern wollen. Bitte an KR, die Hauptberatungen ohne weiteren unnötigen Verzug aufzunehmen.

/449 f./ FR will die Beschwerde im KR vorbringen, erhält zunächst aber keine Audienz. Als KR erst spät am Tag zum FR abordnet, kommt er dessen Beschwerde mit dem Vortrag zuvor, KR habe am Morgen auch zur Verordnung des Ausschusses beim 1. HA (Religionsvergleich) beraten. Zudem sei das Konzept für die Duplik an die Kommissare fertig und könne verlesen werden.

/449’ f./ Salzburg als Referent an diesem Tag und ein adjungierter bayerischer Rat, die diese Mitteilung von den kfl. Deputierten vor dem Sitzungszimmer des FR entgegennehmen, bringen die Beschwerde deshalb nicht vor. Daraufhin wird ihnen im FR aufgetragen, sie den noch wartenden kfl. Vertretern /450/ nachmals, aber doch allain summarie fürzuehalltten. Deß gleichwol beschehen, aber auffs aller seichtist.

/450/ (Nachmittag). Verlesung und Billigung des Konzepts für die Duplik [zur Verhandlungsaufnahme] in KR und in FR a.

/450 f./ Reichsrat. [Entsprechend Protokoll des KR, 264–266. Ferner:] /450’/ Die Sitzung am Nachmittag hat sich biß inn die nacht erstreckht, [so] daß uber ain halbe stundt beim liecht gehanndeltt. Dies wird vermerkt, weill auff disem reichstage zuvor dergleichen nitt beschehen2.

Anmerkungen

1
  RR am 20. 11.: Verlesung der zuvor gebilligten Resolution des KR (Kurmainz, pag. 235–239, 244 [Nr. 30]).
a
  FR] Württemberg (unfol.) zusätzlich: Im FR verwehrt sich der Mecklenburger Deputierte Drachstedt dagegen, dass in der letzten Sitzung des RR der Jülicher Gesandte die vorrangige Session Mecklenburgs de facto verweigert hat. Er, Drachstedt, hat, da der Jülicher trotz der berechtigten Einwände seines unbefugten vorhabens nit absten wellen, sich solcher versamlung und rath eussern unnd abtretten muessen. Richtet deshalb nunmehr diese Beschwerde an FR und begründet den Vorrang Mecklenburgs mit dem Herkommen, der vorrangigen Setzung in RAbb und dem höheren Alter des f. Geschlechts. Sollte der Vorrang verweigert werden, ist er beauftragt, nicht am FR teilzunehmen und den Gesandten Pommerns für die Vertretung Mecklenburgs zu bevollmächtigen [vgl. Anm.2 bei Nr. 160]. Protestiert hiermit, das durch solche seine abweichung und des raths abhaltung hochermeltem seinem gn. fursten und herrn an seiner f. Gn. gepurenden session, regalien, hochaitt und praeeminentz, in khainerley wegs eß immer sein mochte, nicht begeben haben wolte etc. Erwiderung des Jülicher Deputierten, Hofmeister Ley: Lehnt den Vorrang Mecklenburgs strikt ab und beharrt darauf, dass dieser von alters her Jülich zusteht. Lässt den Protest auf sich beruhen.
2
 Zitiert im Zusammenhang mit der Problematik von RT-Sitzungen im Winter bei Aulinger, Bild, 211 mit Anm. 6.