Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Reihenfolge der Beratungspunkte: Beharren der Mehrheit des FR auf der sofortigen Vorlage des 2. HA (Türkenhilfe) in den Kurien und der parallelen Beratung des 1. HA (Religionsvergleich) im Ausschuss.

/86/ (Vormittag) Kurfürstenrat. Mainzer Kanzler proponiert: Resolution des FR vom Vortag zur Reihenfolge der Beratungspunkte.

/86 f./ Umfrage. Beschluss gemäß Votum Trier: Zunächst Anhörung des FR, der sich vielleicht der Resolution des KR anschließen wird.

/87/ Kurfürstenrat und fürstenrat. Zasius (Österreich) referiert für FR: Haben die Resolution des KR vom Vortag beraten und dem mehern nach befunden, das sie in causis, warumb die religion zutractieren, in beden rethen einig, also das die religion nit zeruck zestellen. Zudem sie urpietig, die befurderung zethun bei iren herschafften, domit diesse vergleichung so vil möglich befurdert, auch also, das disser religions punct der erst seye, doch auff moß, wie der passauisch vertrag mit bringt1. Yedoch dabeneben, das der turckenhilff artickel mit alß notwendig zu tractieren, in betrachtung neben gestrigen vermeldten ursachen, das auch die eher Gottes an deme nit weniger als an der religion gelegen, /88/ in bedenckung der vorstehenden nott, so den armen christlichen landen vor der tur. Item da dissem abgottischen veihandt nit gewert, was für jamer darauß erfolgen wurde. Item da kgl. Mt. so erschöpfft, nit zu statten komen, das ire Mt. musten von furgenomner expedition widerumb abstehen. Item die ursach vom Ferdinando wardt wider repetiert wie gestern, und dan zubedencken, dz die betrangten, den das feur an der wandt, in verzweivelung durch mangel der hilff komen mochten, sich dem turcken zuergeben. Darauß erfolgen wurde, das mit einer gantzer gewalt nit widerzupringen, so yetzo mit eim geringen zu erhalten. Item wen ertzhertzoch Ferdinandt allein wissen mochte, das man von der hilff tractierte, wurde es seiner f. Dlt. und den kriegß leuten ein hertz bringen. Item hilff zuthun, seye man schuldig der kgl. Mt. nit als romischen oder zu Hungern und Behem konig, sonder eim standt des Reichs. /89/ Item dem herkomen nach weren etwo die sachen, so in die ausschuß gehorig, daselbst tractiert und daneben in ubrigen sachen nit gefeiret, also das die religion im ausschuß tractiert wil werden, dabeneben dan turcken hilff gleichwol in rethen zu handlen. Item zuerwegen, da man schon sich der hilff verglichen, das die zethun: Wurde dennochst ein lange zeit darauf gehen, die einzupringen und auf anderst etc. Item wen ausschuß mit der religion umbgehet, daruff ein lange zeit gehen würde, bevorabe haubtsachlich die sachen zu handlen, und in ubrigen stilgestanden, so wurde die turcken hilff verzogen. Dan in religion vilfaltig verhinderung wellen furfallen, erstlich de modo consultationis, nemblich an per concilium generale, nationale, welcher weg doch unerhort, an per colloquium etc. Darunther furfallen wolle erstlich was man vor colloquenten etc., item wie man die sachen furzunemen; also das wol der halb winter auf disse /90/ preparatoria gehen wil. Also seyen das meher hieruf urpietig, die religion durch sein moß zur tractation zupringen, aber dabeneben die turcken hilff nit einzustellen, sonder die mit daneben in ordinari rethen zu consultierena. Das für das meher.

Dabei hetten die confessions verwandten [im FR] bedacht, das die religion zuvorderst mit einstellung aller andern sachen zu tractieren und nichst zuhandlen, religion seye erstlich erledigt. Ursach: Religion seye allem zeitlichen furzusetzen und meher daran dan allem andern gelegen. Item das viel hundert thausent selen im zweivel giengen und ir heil hieruf stunde, die durch vergleichung der religion mochten zu recht pracht werden. Item das die gelegenheiten durch unvergleichene religion furfallen mochten, so vieler selen hail verhindern. Item das viele landt und leut mit hohem seuffzen auf dissen Reichs tag und die vergleichung der religion gewarten. Item /91/ die erfarung gebe, wen man auf andern tegen religion eingestelt und turcken hilff furgezogen, was für gluck und heil darbei gewesen. Derwegen diesse verglichung zuforderst zusuchen, wurde Got zu dem andern desto meher gluckh geben, wen er also versonigt. Item wen die religion mit rechtem eiffer fürgenomen, wurde die zeit der tractation gekurtzt. Item wen religion abgeholffen, weren sie dermassen abgefertigt auf die turcken hilff, das konig gefallen haben wurde und die armen beschwerten trost finden.

KR 2 : /91 f./ Da FR sich wider Erwarten der gestrigen Resolution des KR nicht anschließt, sondern sein geteiltes Bedenken wiederholt und zudem um neue Argumente ergänzt, kann KR sich dazu noch nicht erklären, /92/ sonder erfordert ire notturfft, disse neuerung etwas zuerwegen, dan sie befunden, der furstenrathe etwas weiter gangen dan die churfursten. Dan allein bewogen durch kfl. rathe, das man die ordnung in der proposition halten wolle und religion fürnemen, nit, wie die zu tractieren oder ob und was daneben zuhandlen. Dan solchs der secundus gradus, den sie noch nit gangen. Derhalb erfordert ire hohe notturfft, solchs zuerwegen; wie sie dan urpietig, solchs furdarlich zethun. Und wen sie gefast, sol den furstischen angesagt werden.

Anmerkungen

1
 = Beratung in einem Ausschuss. Vgl. Anm.3 bei Nr. 11.
a
 consultieren] Kursachsen (fol. 35) zusätzlich: Das solchs unverzuglichen dem konig vermelt, damit sich ire Mt. mit dero expedition darnach zurichten und /35’/ getrester der ertzhertzog seinem furgenomenen kriegs wesen furzusetzen etc.
2
 Vgl. noch vor dem folgenden Referat des KR den Einwand des FR zum Beratungsverfahren: Österreich B, fol. 384’ [Nr. 119].