Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Fortgang des Rechtsverfahrens im Erfurter Streitfall; [2.] Nochmalige dringende Bitte um Stellungnahme zu dieser Angelegenheit; [3.] Einbeziehung Hg. Heinrichs von Sachsen in das Verfahren, Bitte des EB von Mainz an den Ks. um Überweisung des Erfurter Konflikts an das Reichskammergericht; [4.] Mutmaßliches Nichteingreifen des Ks. in das Verfahren; [5.] Wiederholung der Bitte um Stellungnahme Kf. Friedrichs; [6.] Bitte der Gesandten an den Ks. um Belehnung der Hgg. von Sachsen mit den Landen Hg. Wilhelms von Jülich-Berg, Ankündigung einer ksl. Antwort am Ende des Reichstags.

Köln, 23. August 1512

Orig. Pap. m. S.: Weimar, HStA, EGA, Reg. G Nr. 208, fol. 307-308, 311 (Vermerk: Zu handen).

Kop.: Dresden, HStA, GR, Loc. 8800/1, fol. 175a-179a.

[1.] Gruß. Gnst. und gn. Hh., auf dornstag jungstvergangen [19.8.12] haben wir auf letzstgesprochen interlocutori den gwalt, uns von denen burgern aus Erfurt zukomen, ingereicht, -gelegt und nach repetierung unser oftgemelten protestacion als excusatores und eo nomine von gedachter bürger wegen (in willen und maynung, das die verordenten von ksl. Mt. auf die vermaint ladung nicht solten noch mochten wider gemelten bürger procediren, anzuzeigen) furgewendt primo nullitas citationis, secundo, das dieselb ladung unwirklich worden sey, tercio, das laut des Reichs ordnung die bürger vor inen nicht solten noch mochten gerechtvertigt werden und das aller process nullus wer, quarto, das die in Erfurt banniti sigen, quinto, das sye, die in Erfurt, die ausgetreten burger irer eren, stand, hab und gueter spoliirt haben. Solichs haben wir ordenlich nach der leng deducirt und daneben all ursachen, in unsern instructionen begriffen, von wegen euer ftl. Gn. excusatorio nomine eingemischt, wiewol wir wenig hoffnung gehept, dieweil wirs ane mandat furgewendt, das es euer ftl. Gn., in massen wir dann solichs euer ftl. Gn. zuvor geschriben, erschiessen würde, als auch solichs aus volgenden hendeln erscheint. Dann aufs widertails streng anhalden, das man von wegen Menz und Erfurt wider euer ftl. Gn. ain rufen tun und dieselben euer kftl. und ftl. Gn. contumaces erkennen solten und die ausgetriben burger in diser bitt von euer ftl. Gn. gesundert, haben sye uns disen abschid gegeben, das baid tail auf freytag vergangen [20.8.12] widerumb vor inen erscheinen sollten, so wolten sye uns ferrer bescheid geben [vgl. Nr. 1110 [28.]]. Wiewol wir nun mit allem vleiss durch meister Hans Rennern bey ksl. Mt. (das nicht weiter procedirt werden sollt) haben arbeyten lassen, so ist doch auf gedachten freytag ein rufen wider euer kftl. und ftl. Gn. erkennt und alsbald auf dem haus [= Tanzhaus Gürzenich], do man den reichsrat zu halden pflegt, in gegenwertigkeit einer grossen menge volks durch den Friderich [Baier], des marschals knecht, zu dreyen malen zum laden hinaus an die gassen, do vil leut gewesen seind, geschehn, und euer kftl. und ftl. Gn. auf montag, heut, dato [23.8.12], in solhem rufen zu weiter handlung citirt worden, alles laut eingelegts zedels. Was nun wir, auch ander, die euer ftl. Gn. eren und guets gönnen, ab solicher muetwilliger handlung und behönung, in unser gegenwertigkeit geschehn, beswerung empfangen haben, mogen euer kftl. und ftl. Gn. wol ermessen. Und so wir aus gemelter handlung gewißt, das euer ftl. Gn. auf bemelten montag contumaces erkennt worden, auch ferrer gegen denselben mit mehrer beschwerung und villeicht zur peen der acht procedirt worden wer, haben wir abermals sovil gearbayt, das der Ks. wider Menz willen dem richter [Gf. Sigmund zum Haag] befelh getan hat, das er abis auf mitwoch nechst [25.8.12] umb zwu hor stillstehn soll. Wir wissen,–a das ksl. Mt. Menz zugesagt hat, das er im vor endung dits reichstags recht ergehn lassen woll.

[2.] So wir nun vorlengst euer kftl. und ftl. Gn., das wir solichs sorg trügen, verwarnt und underteniglich, euer ftl. Gn. gemuet uns zum furderlichsten zu eröffnen, gebeten haben, mit anzaigen, wu wir mandatum, das wir gut hoffnung hetten, disen handl mit eren und nutz zu erhalden, tragen wir sonder befrembden, das wir so lang von euer ftl. Gn. mit endlicher antwort aufgehalden worden seind. Bitten nochmals underteniglich, euer kftl. und ftl. Gn. wollen disen handel genediglich bedenken und alle künftig beschwerung der acht, auch das an euer ftl. Gn. beschwerliche mandaten, mit der tat gegen Menz und Erfurt nichts furzunemen, auch das die acht, von euer ftl. Gn. erlangt, aufgehebt werden, ausgehn möchten, statlich ermessen und uns aufs furderlichst euer ftl. Gn. gemüt berichten, dann wo wir unsern geschehn furtrag nicht geton, besonder erstlich laut der instruction, wie zuletzt geschehn ist, gehandelt hetten, so weren euer ftl. Gn. lengst contumaces erkennt worden.

[3.] Es ist auch unangesehen unsers gn. H., Hg. Heinrichs [von Sachsen], schreiben, an ksl. Mt. und die stend ausgangen [liegt nicht vor], sein Gn. in dise handlung, urtail und rufen gezogen. Das alles haben wir euer kftl. und ftl. Gn. underteniger maynung nicht verhalden wollen. Es hat auch heut Menz dem Ks. und den stenden supplicirt und gepeten, nachdem sich der reichstag nun enden werd, das ir Mt. dise sachen, damit er seiner sachen endlich recht erlangen mög, dem camergericht befelhen woll. Datum in vigilia Bartholomei Ao. etc. im 12.

[4.] Nachschrift: Wir wollen auch auf nun, mitwoch [25.8.12], den Gf. [Sigmund zum Haag] und die verordenten rete der herbstferien, auf heut, dato, eingegangen, nicht unverwarnet lassen und darauf biten, das sy, nullitet zu verhueten, stillhalten und nicht procediren wollen und dabey anzaigen, das ksl. Mt. dise ferien nicht aufgehebt. Versehen uns auch, das ksl. Mt. sich dhainer volkomenheit ksl. gewalts geprauchen, besonder dem ordenlichen rechten sein gang lassen werde. Dann ob ir Mt. solichs tun, so würde es doch euern ftl. Gn. als dem unwissenden billich an nachtail sein. Solichs alles wollen wir furnemen, ob wir den handel, bis wir euer ftl. Gn. gemuet empfingen, schürzen [= aufschieben] mochten. Datum ut supra.

[5.] Wir wollen auch mit allem vleiss arbaiten, sovil uns ymer möglich ist, beym Ks. und sust die sach bis auf nun montag [30.8.12] aufzuhalten. Darumb wollen euer ftl. Gn. uns mitler zeit irs gemuets berichten. Datum ut supra.

[6.] Zettel: Auch, gnst. und gn. Hh., geben wir euern kftl. und ftl. Gn. zu erkennen, das wir assumpcionis Marie virginis [15.8.12] bey dem Ks. selbs vleissig anregung getan in der gulchischen sach auf unser erst werbung [ Nr. 1170], auch nachvolgend ir Mt. antwort sambt den schreyben, so zwischen dem Ks. und euer Gn. darnach ergangen etc. [Nr. 1176, 1177], mit underteniger bit, nachdem Clef sich selbweltiglich der nachgelassen land und leut Hg. Wilhelms von Gulch seligen, domit euer kftl. und ftl. Gn. auf den fal, wie ir Mt. wissentlich, belehent und begnadt, underwunden und uns anher irer Mt. und der stende furslag der guet noch erkenntnis nicht wollen gedulden, das ir Mt. uns nochmals inhalts unser voriger bit von wegen ir ftl. Gn. gnediglich wollten belehnen. Wu ir Mt. des beschwert, das wir von wegen euer kftl. und ftl. Gn. nach gelegenheit der sach uns nicht versehen, so beten wir auf euer ftl. Gn. schreiben [Nr. 1178], nachdem der tag zu Santa [= Xanten] numals vergangen, auch auf unser vilfeltigs anregen gn., endliche und sliessliche antwort zu geben, die wir euer ftl. Gn. zu vermelden hetten, darnach haben zu richten. Ist uns darauf antwort gefallen, ir Mt. woll solichs mit den stenden handlen und in vier tagen antwort geben. Auf vilfeltigs anregen nach verlaufung der vier tag die antwort erlangt, ir Mt. woll uns im beslos des reichstags endlich antwort geben. Das wir eur kftl. und ftl. Gn. hiemit auch tuen vermelden. Datum ut supra.

Anmerkungen

a
–a Korrigiert aus: etlich tag stillsteen soll. Wie lang aber stillgestanden werd, wissen wir nicht, dann so vil.