Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Annullierung der während der Haft geführten Prozesse. An Kg. und Reichsstände.

Supplikation an Kg. und Reichsstände (von den hessischen Gesandten dem kgl. Vizekanzler Jonas übergeben am 11. 1. 15571 ; gemäß kgl. Dekret vom 13. 1. präs. im RR am 20. 1. 1557, kopiert am 23. 1.)2 , unterzeichnet von den Gesandten des Lgf.; mit 3 Belegdokumenten3  (Dekret des RT 1555, Exzeption gegen die Prozesse, Weisung an das RKG) und 5 Unterbeilagen4  (5 in Druckform publizierte Erörterungen in- und ausländischer Juristen zur Problematik der Supplikation): Der RT 1555 prorogierte die Supplikation wegen der Prozesse gegen den Lgf., die während dessen Inhaftierung geführt wurden, an den derzeitigen RT 5  und suspendierte die Prozesse am RKG bis dahin. Wiederholen demnach die Supplikation von 1555 und ergänzen sie um neue Erörterungen, die darlegen, dass die während der Haft direkt oder indirekt (betreffend Statthalter, Räte, Amtleute etc.) gegen den Lgf. geführten Prozesse als Verstoß gegen Recht und Billigkeit nichtig sind und annulliert werden sollen. [Exzeption als Beilage]: Kein Reichsf. ist verpflichtet, während seiner Inhaftierung Belange der landesfürstlichen Obrigkeit über einen Prokurator gerichtlich verhandeln zu lassen, wie die Darlegungen von Rechtsgelehrten zeigen. Da während der Haft des Lgf. von 1547 bis 1552 Advokaten und Prokuratoren keinen freien Zugang zu ihm hatten und Akteneinsicht sowie Siegelführung verweigert wurden, war zudem die Ausstellung von hinreichenden Instruktionen und Vollmachten für die Prozesse nicht möglich. Demnach waren diese Prozesse ipso iure nichtig. Wiederholen die Bitte von 1555, die Prozesse zu annullieren oder den Lgf. in den vorigen Stand einzusetzen (restitutio in integrum). Lgf. ist bereit, anschließend alle strittigen Punkte gerichtlich auszutragen.

Beschluss im KR am 9. 2. 15576 : Die Supplikation verbleibt in den Kurien.

Anmahnung im RR am 27. 2. durch KR, die Supplikation zu beraten. Beschluss im FR am 27. 2.: Vertagung bis 1. 3. Deren Bekanntgabe an SR noch am 27. 2.7

Beschluss im SR am 1. 3.8 : Anschluss an KR und FR.

Beratung im KR am 7. 3.9  Der Beschluss wurde vom FR übernommen und am 8. 3. im RR gebilligt10 . Das Ständedekret lag am 10. 3. zunächst den Kurien, dann im RR zur Billigung vor11 : Prorogation der Supplikation an den nächsten RT. Bis dahin soll der Lgf. genauer darlegen, welche Gegenstände und Parteien die während der Haft geführten Prozesse betreffen. Vorladung der Parteien durch den Kg. vor den nächsten RT.

Supplikation und Protest der Gesandten von Deutschmeister Wolfgang Schutzbar, gerichtet an den Kg. (der Mainzer Kanzlei übergeben am 15. 3. 1557), unterzeichnet von den Gesandten12 ; mit 1 Belegdokument13  (Reservationsschrift des Deutschmeisters vom 3. 7. 1555): Beziehen sich auf das Ständedekret mit der Vorgabe an den Lgf., Gegenstände und Parteien der Prozesse bis zum nächsten RT zu spezifizieren. Sollte damit der Rechtsstreit des Lgf. mit Deutschmeister Wolfgang gemeint sein, so verwehren sie sich in dessen Namen unter Protest gegen den Beschluss und übergeben dazu die inhaltlich entsprechende Reservationsschrift von 1555.

Anmerkungen

1
  Hessen, fol. 110. Vgl. zur Supplikation diverse Gutachten der Räte des Lgf. (August bis Ende November 1556) sowie anderweitige diesbezügliche Unterlagen: StA Marburg, Best. 3 Nr. 1248 passim. Ein weiteres Gutachten (1. 8. 1556) in StA Marburg, Best. 3 Nr. 1224, fol. 72–75’. Or.
2
  HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 252–253’, 261’. HStA München, KÄA 3179, fol. 372–374’. Kopp. Vorlage im RR gemäß Mainzer Einlaufprotokoll (HHStA Wien, MEA RTA 42, fol. 6) und Kursachsen, fol. 312’. Kgl. Dekret zur Vorlage als Aktenvermerk auf den Kopp.
3
  HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 254–260. HStA München, KÄA 3179, fol. 376–383’. Kopp. Abschrift der Beilagen am 25./28. 1. gemäß Aufschrr. in HStA Düsseldorf, JB II 2297, fol. 238–257’.
4
  HHStA Wien, RK RTA 40, unfol. HStA Stuttgart, A 262 Bü. 50, ab fol. 126 (Drucke selbst unfol.).
5
 Vgl. zu den Supplikationen von 1555 mit dem Dekret vom 22. 9.: Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 286 S. 2638 mit Anm. 1.
6
  HHStA Wien, MEA RTA 42, fol. 23 (Protokoll).
7
  Würzburg, fol. 233’ (RR und Beschluss FR); Augsburg, fol. 127 f. (RR und Bekanntgabe an SR).
8
  Nürnberg, fol. 357.
9
  HHStA Wien, MEA RTA 42, fol. 37’–39 (Protokoll).
10
 Ebd., fol. 131’.
11
 Ebd., fol. 102–103. Konz., irrtümlich als Dekret des Supplikationsrates bezeichnet. HHStA Wien, RK RTA 39, fol. 30–31’. StA Marburg, Best. 3 Nr. 1249, fol. 438–439’. Kopp. als Ständedekret. Kurpfalz, fol. 555, 555’, 557’ (Billigung in KR, KR/FR, RR).
12
  HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 547 f., 550 f. Or. Ebd., MEA Zollsachen 1 Fasz. 3, fol. 190 f., 193’. Kop.
13
  HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 548–549’. Ebd., MEA Zollsachen 1 Fasz. 3, fol. 191–192’. Kopp.