Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Bitte um Abordnung einer Gesandtschaft des Reichs zur Friedensvermittlung nach Livland.

Im RR übergeben und verlesen am 1. 12. 15561. Von den Reichsständen kopiert am 1./2. 12.2

HHStA Wien, MEA RTA 43/II, fol. 48–50’ (Kop. Dorsv. Hd. Bagen: Pomerischer bericht in causa Lifflandt contra Riga.) = Textvorlage. HStA München, KÄA 3172, fol. 471–473’ (Kop. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 2. Decembris 1556.) = [B]. HStA Düsseldorf, JB II 2297, fol. 117–120’ (Kop. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 1. Decembris anno 56.) = [C]. HStA Stuttgart, A 262 Bü. 47, fol. 375–380’ (Kop.). HStA Dresden, Loc. 10192/5, fol. 239–242’ (Kop.). GStA PK Berlin, I. HA Rep. 10 Nr. Y Fasz. F, fol. 30–33’ (Kop.).

/48 f./ An die Reichsstände: Legen unter Berufung auf die Aufforderung des Kgs., neben der Proposition auch zum Koadjutorkonflikt in Livland zu beraten3 , sowie gemäß Auftrag der Hgg. Barnim und Philipp von Pommern4  diesen Bericht vor:
/48’ f./ Da der Krieg zwischen dem Ebf. von Riga und dem Landmeister des Deutschen Ordens in Livland und speziell die dafür angeworbenen Truppen, die nahe an der Grenze des Hgt. Pommern lagern, den Frieden dort und im gesamten Reich gefährden, haben die Hgg. mit Zustimmung beider Parteien ihre Vermittlung angeboten. Die nach Livland abgeordneten Gesandten haben nur die Vereinbarung eines Waffenstillstands erreicht, den zudem eine Seite noch nicht ratifiziert hat5.

/49’ f./ Da die Friedensvermittlung zwischen diesen mächtigen Parteien wichtig und der Deutsche Orden in Livland ein bedeutsames Reichsmitglied ist, wenden sie, die Gesandten, sich im Auftrag der Hgg. an Kg., kgl. Kommissare und Reichsstände mit der Aufforderung und Bitte, eine Gesandtschaft von Kg. und Reich nach Livland abzuordnen, um die Friedensbemühungen mit Nachdruck fortzusetzen. Sollte der Konflikt nicht friedlich beigelegt werden, würden nicht nur die Hgg. und andere angrenzende Ff. weiterhin durch Truppenzüge belastet, sondern die gesamte deutsche Nation geriete in Gefahr, da die mächtigen Feinde des Reichs an der dortigen Grenze6  die Auseinandersetzungen zu ihrem Vorteil nutzen würden und die christlichen Potentaten Polen, Dänemark und Schweden sowie die betroffenen Reichsstände keine Hilfe gegen die Türken leisten könnten, sondern selbst Hilfe und Schutz beim Reich suchen müssten.

Unterzeichnet von den pommerischen Gesandten.

Anmerkungen

1
  Kurmainz, pag. 324 [Nr. 37].
2
 Beide Datierungen werden abgesehen von obigen Nachweisen auf weiteren Kopp. bestätigt.
3
 Vgl. Vortrag der kgl. Kommissare am 26. 11. 1556: Kurmainz, pag. 274 f. [Nr. 34].
4
 Die kgl. Kommissare von Helfenstein, von Waldburg und Zasius hatten am 15. 11. 1556 an Ferdinand I. berichtet, kürzlich sei ein weiterer Gesandter Pommerns angekommen mit dem Auftrag, die Reichsstände über die aktuelle Entwicklung in Livland und insbesondere deren Auswirkungen auf Pommern zu informieren sowie um Abhilfe zu bitten (HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 47–50’, hier 48’–50. Or.). Gemeint ist die Rückkehr des zwischenzeitlich aus Regensburg nach Dresden abgereisten Gesandten Henning von Wolde zum RT am 30. 10. 1556 mit der Werbung zur Koadjutorfehde, deren Übergabe aufgrund des Verhandlungsstillstands infolge der Kölner Sedisvakanz längere Zeit nicht möglich war (Bericht des pommerischen Gesandten L. Otto an Hg. Barnim; o. D., aber Anfang/Mitte November 1556: AP Stettin, AKS I/163, pag. 763–770, hier 763–765. Or.).
5
 Die seit Mitte August 1556 in Livland vorrangig mit dem Landmeister des Ordens verhandelnden Gesandten der Hgg. von Pommern lehnten dessen Angebot ab, Ebf. Wilhelm als Abfindung für den Verzicht auf das Erzstift zwei Burgen zu überlassen, und beharrten auf der Restitution in Riga. Da der Landmeister dies zurückwies, wurde am 30. 8. 1556 nur ein Waffenstillstand vereinbart. Dem zufolge sollte der Ebf. in Gefangenschaft bleiben, bis der Konflikt durch eine Reihe auswärtiger Ff. gelöst würde. Der Orden benannte hierfür Kg. Christian III. von Dänemark, Hg. Wilhelm von Jülich, die Hgg. Barnim und Philipp von Pommern sowie die Stadt Lübeck. Ebf. Wilhelm entschied sich für den Kg. von Dänemark, Kf. Joachim von Brandenburg und die Hgg. von Pommern. Da Hg. Albrecht von Preußen die Bedingungen, die ansonsten von beiden Seiten angenommen wurden, nicht ratifizierte, wurde die Vereinbarung nicht vollzogen (knapp bei Rasmussen, Krise, 53; referierend: Bergengrün, Herzog, 74–76; Napiersky, Erzbischof, XXXVIII f. Druck des Vertrags: Dogiel V, Nr. 121 S. 204). Akten und Korrespondenzen zur pommerischen Vermittlung: Hartmann, Herzog I, Nr. 1865 S. 320, Nr. 1879 S. 331 f., Nrr. 1892–1895 S. 345–347, Nr. 1909 S. 373.
6
 Bezugnahme wohl auf das moskowitische Reich.