Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Differenzierung zwischen universaler Vergleichung über eine einheitliche Religion und nationalen Vereinbarungen mit Duldung mehrerer Religionen. Diskussion der vier Wege des Passauer Vertrags: Definition und Differenzierung Universal- und Nationalkonzil. Ordentliche Berufung eines Konzils allein durch die römische Kirche (Papst). Kein originäres Berufungsrecht des Kaisers. Abfolge der außerordentlichen, subsidiären Konzilsberufung. Beschränkung des Stimmrechts auf die Geistlichkeit. Kein Stimmrecht für Laien. Themenstellung und Aufgaben des Konzils: Sicherstellung der wahren Religion in allen Teilbereichen. Nicht nur Prüfung allein der CA, sondern aller Bereiche der gesamten Religion. Erwartete Probleme bei der Veranstaltung eines Nationalkonzils. Zielsetzungen und Funktionen des Kolloquiums. Keinerlei Debatte um die Auslegung der Schrift mit Ketzern beim Kolloquium. Verbot, beim Kolloquium Bestandteile der wahren Lehre aufzugeben oder einen entsprechend konditionierten Frieden mit den Häretikern abzuschließen. Unzulässigkeit eines Friedens, der andere Religionen neben der katholischen duldet. Generalkonzil als Weg zum Religionsvergleich: Ablehnung des Nationalkonzils wegen der Gefahr eines Schismas und der erwarteten Ergebnislosigkeit. Grundsätzliche Ablehnung des Kolloquiums. Ausnahme: Rückführung der Abgefallenen zur katholischen Kirche als Zielsetzung und unmittelbar nachfolgendes Konzil. Keine Beratung des Religionsvergleichs auf Reichsversammlungen. Zulässigkeit allein des Generalkonzils. Ablehnung des Vergleichswegs im Gutachten C. Welsingers. Lehrdifferenzen innerhalb und unter dem Vorwand der CA.

Das Gutachten ist nicht datiert. Die Zuordnung zum RT 1556/57 bestätigt neben der Ablage bei den entsprechenden bfl. Augsburger RTA die knappe Erwähnung des ansonsten nicht angesprochenen Religionsfriedens von 1555 und insbesondere die direkte Bezugnahme auf das ebenfalls 1556 (Anfang Oktober) formulierte Gutachten C. Welsingers [Nr. 456], das kritisch kommentiert wird. Demnach ist das Gutachten Brauns im Herbst 1556 etwa ab Mitte Oktober entstanden.

Aufgrund des Umfangs des Gutachtens (120 handschr. Seiten) werden längere Zitate von Kirchenlehrern und zahlreiche Beispiele aus der Kirchengeschichte, die Braun als Belege in seiner Argumentation anführt, nicht dokumentiert. Zu vgl. sind die Voten Brauns im Religionsausschuss, in denen er Teile des Gutachtens referierte1.

StA Augsburg, Hst. Augsburg MüB Lit. 1111, unfol. (Kop. mit wenigen Hinzufügungen von Hd. Braun. Überschr.: Von vergleichung der religion.) = Textvorlage.

Von vergleichung der religion.

Von vergleichung der rheligion mag inn zwen wege geredt und gehanndellt werden: Der erst, dz man sich einer gemainen christenlichen ainigen religion im glauben, sacramenten, universal ceremonien und einer gemainen politischen ordnung, gaistlichen gericht, der iconomia unnd administration der kirchen güeter und der disciplin der kirchen, auch der kirchen magistraten, welche politische ding alle under der kirchen gwallt begriffen sein, vergleiche, allso dz solche religion nit alein inn einer provintz oder inn einem tail derselben, sonder inn allen provintzen der gantzen christenhait zu gleich und untzertrenlich gehallten werde. Und ein solliche vergleichung haben anfengclich die apostl gemacht unnd durch die gantz wellt auß, so weit der christenlich glaub khommen, inn allen apostolischen kirchen gehallten. Den aposteln haben volgend ire nachkhommen, die bischove und hayligen vätter, inn den general-, particular- und national concilien und versamblungen nachgevolgt, und so offt sich secten unnd ketzereyen inn der kirchen erreget und spalltung zemachen understanden, die vergleichung der religion auf angeregte maß gemachet und dieselbig allweg dahin gericht, dz ain ainiger glaub und religion inn der ganntzen christenhait gehallten worden; und sich inn dem auff die apostolische leer und regl gegründt, außweisend, dz inn der kirchen nit spalltung sein, sonder alle christen ein Christum, ein tauff, ein glauben und ein leer haben sollen. Zu solcher vergleichung haben auch je und allweg die christenliche catholische kaiser geholffen. Davon hienach. Dise vergleichung ist auch etwa durch colloquia gesuecht und gemacht worden, unnd dz, so die ketzereyen entstanden, aber noch nit uber hand genomen haben. Wann aber der secten vil oder ein sect starckh worden, sein wol auff ungestimb anhallten der ketzer die catholischen zu colloquien trungen, aber inn solchen colloquien a–zwuschen inen und iren widerigen–a nie kein vergleichung funden worden, wie solches der kirchen historien lauter außweisen und hienach underschidlich außgefiert werden soll etc.

Der ander wege der vergleichung ist, dadurch man sich aintweder einer gleichen religion inn einer nation oder inn ainem tail einer nation vergleicht oder dadurch man solche verträg macht, dz ein jeder glauben mög, was er wölle, oder dz der glaub unnd religion allso getailt, dz ein jeder tail ein sondern glauben, den er im wehlet und den er inn der schrifft gegrundt zesein vermainet, hallten und kein tail den andern an seinem glauben verhindern moge. Dise vergleichung ist weder von den aposteln noch iren nachkhommen inn der hailigen kirchen nie furgenommen, aber von den ketzern den catholicis offt furgeschlagen und doch nie angenommen worden; wie solches abermals der kirchen historien lauter innhallten, und hienach mit underschidlichen exempeln darthon und außgefürt werden soll.

Dieweil nun auf disem reichstag von vergleichung der religion gehanndellt werden soll und zu solcher vergleichung vier wege fürgeschlagen2, nämblich das universal concili, das national concili unnd versamblung, das colloquium und die reichshandlung, so will vonnöten sein, die handlung dahin zustellen, durch welche weg und wz maß die christenlich vergleichung inn der religion inn der teutschen nation gestellt werden moge.

Von universal- und nationaliae concilien und versamblungen.

Der kirchen historien und ordnungen geben zu erkennen, dz inn religion- unnd glaubens sachen zwayerlay concilia inn der hailigen kirchen gehallten worden sein, nämblich concilia universalia und concilia nationalia. Universalia, b–welche oecumenica genant werden–b, sein von allen nationen der christenhait zusamen berueffen worden, alls nicenum, constantinopolitanum, ephesinum, calcedonense, quinta, sexta, septima et octava synodi3.

Nationalia sein die, so alein vonn den bischoven einer nation zusamen congregiert worden, alls toletana 13 in Hispania4, carthaginensia septem in Aphrica5, milevitaruum6 unum et in utraque provincia quedam alia, aurelianesia7 quinque in Gallia et quaedam alia, moguntinum, wormatiense et remense [!] in Germania8 unnd andere concilia inn andern nationen. Und ist under dem universal- unnd national alein diser unnderschid, dz eins universaliter auß allen christenlichen nationen unnd dz ander particulariter auß ainer nation versamblet wirdt. Dann sovil die wesenliche stuckh, so inn einem concilio gehallten werden sollen, belanget, sein sy inn irer substantz, auch dem proceß gleich, wie hernach underschidlich angetzaigt werden soll. Unnd dieweil auch inn den national concilien jeder zeit auch ein rhomischer bischove seine apocrisarios unnd gwallthaber gehabt, oder wz darinn beschlossen, durch den rhömischen stul angenem gehallten, confirmiert und bestettigt worden, so werden auch solche nationalia propter causam universalem fidem et authoritatem universalem romanae et apostolicae saedis [!] universalia genannt. Der haylig Augustinus nennet dise concilia plenaria septima synodus localia. Episcopi aphricani nennen die concilia, so inn Aphrica gehalten, etwa universalia, etwa plenaria, etwa magna. Nicolaus Cusanus9 gibt in den namen nationalia.

Von indicierung und ausschreibung eins concili.

Wo nun von disen zwayen mitteln der vergleichung der religion geredt werden soll, so wirdt vor allen dingen not sein, dz man wisse, wie und mit was ordnung unnd proceß, auch wer dz concilium oecumenicum oder nationale indiciern, ausschreiben und zusamenbringen soll. Item mit was personen dz concilium besetzt, wer proponieren, wer tractieren und wer consultieren und difiniern und auff was form und maß solche ding alle geschehen sollen. Item wer dz, so diffiniert unnd beschlossen wirdt, exequieren soll.

Die indicierung eins gemainen concilii geschicht inn zwen wege: ordinarie et subsidiare. Ordinario iure gehort indictio concilii der rhömischen apostolischen kirchen zu.

Dann es ist gleich im anfang der kirchen von den aposteln geordnet und volgendts in concilio niceno confirmiert und bestettigt, ne absque authoritate romanae sedis concilia celebrare liceat. Unnd solcher canon apostolorum ist durch dz nicenum concilium confirmiert10. [...].

Unnd auß diser ursach sein je unnd allweg der ketzer und von der gemainen apostolischen abgefallnen concilia damniert worden. Allso hatt der babst Julius der erst das concilium antiochenum, so durch die arrianischen, Athanasium unnd andere catholische bischove zuverdammen, versamblet, verworffen und zu becröfftigung solcher damnation unnd verwerffung berurts conciliic erstlich sich auff gemellten canonem niceni concilii getzogen11 [...].

Unnd wiewol man lisst, dz vor zeiten auch die rhömischen kaiser die concilien indiciert haben, so ist doch solches nit auß kaiserlichem gwallt, sonnder auß der rhömischen kirchen authoritet unnd bewilligung geschehen. Allso bekenndt wol der babst, dz Valentinianus12 ein concilium berueffen. Aber damit verstannden wurde, dz solches nit auß seinem aigen gwallt geschehen, sagt er13: „Valentinianus augustus nostra authoritate synodum congregari iussit.“ Wie der canon sagt. Dann so offt man liß [!], spricht Archidiaconus14 uber solchen canon, dz die kaiser concilia indiciert haben, soll es allwegen verstanden werden, dz es vermög deß apostolischen und durch das concilium nicenum confirmierten canons nit auß kaiserlichenn, sonder der kirchen authoritet und gwallt geschehen sei15. So hatt auch Carolus magnus mit dem babst Adriano ein concilium versamblen lassen16 und inn dem, was auß der kirchen gwallt fürgenommen, mehr exequiert, dann für sich selbß etwz constituiert. [...].

Darumb kan ich es mit denen nit hallten, die da sagen, dz der gwallt, ein concilium zu convocieren, vor zeiten einem römischen kaiser zugehört hab und dz allererst darnach durch ein sonndere satzung eingefüert sey, dz die bäbst die concilia convocieren etc. Dann es ist hieoben gnugsam außgefuert, dz solcher gwallt der rhömischen kirchen von den aposteln durch ein sonndere satzung geben und dz auch solcher canon apostolorum volgenndts durch das concilium nicenum confirmiert worden ist. Dieser Kanon gehört nicht zu den Apokryphen. Auch die Kss. Valentinian und Markian17  bekennen, dass das Berufungsrecht der römischen Kirche obliegt. Damit ist lauter außgefiert, dz der ordenlich gwallt, die concilia zusamen zu fordern, der hailigen rhömischen apostolischen kirchen zugehört. Unnd dz haben wir dann ius ordinarium convocandarum synodorum genant.

Zum andern werden die concilia subsidiario iure convociert. Und solches geschicht, so der rhomisch stuel vaciert oder quasi vaciert. Dz ist, so der babst mit thod abgangen oder sich allso halltet, dz auch von seiner person wegen ein concilium berueffen werden soll etc. Item so der babst im fall, da gemainer kirchen notturfft erfordert, dz ein concilium gehallten werde, dz concilium zuerfordern seumig erscheint oder ein concilium zuerfordern sich gar widersetzt. Dann inn solchem vall wirdt der gwallt, ein concilium zu convocieren, auch auff andere gewendt.

Unnd wurdt ius subsidiarium genant. Unnd diser gwallt gehort erstlich den cardinaln zu, und soll solche convocation durch die cardinal collegialiter ab omnibus und nit zertrent a singulis geschehen.

Zum andern würdt diser gwallt inn angeregtem vall, da die cardinal zerströt [!] oder seumig weren, auff ein rhömischen kaiser gewendt. Dann wie vor zeiten dz gemain volckh die bischove im fall, da der obrist bischoff seumig erschinen, zusamen gefordert, allso soll auch inn solchem fall ein rhomischer kaiser, welcher das volckh representiert, die bischove zusamen zu erfordern macht haben. Dann auch einem rhömischen kaiser allß advocaten und schutzer der kirchen daran gelegen, dz der hailig christenlich glaub erhallten und wider der kirchen feind geschutzt und gute catholische policey und ordnung inn der hailigen kirchen gehallten werde. Unnd inn solchem vall sein auch die bischove, so von dem kaiser lehen tragen, zuerscheinen schuldig, es were dann, dz solche convocation dem catholischen glauben unnd der kirchen zu nachtail geschehe. Dann in solchem vall sein die bischoffe nit schuldig zuerscheinen, ob sy auch von einem rhömischen kaiser lehen tragen, sonnder sein sy vil mehr schuldig, ein solch concilium zuverhindern. Nam quoties totius ecclesiae salus quaeritur et fides impugnatur, necesse est, ut ex adverso prelati accedant et in die belli se ipsos murum opponant pro domo dei. [...].

Zum dritten würdt diser gwallt im fall, da der kaiser seumig, auff die patriarchen und nach denselben auff die ertzbischove unnd bischove und allso auff die kirch gewenndt, allso dz die kirch sich selbs auch zusamen vordern mag. [...].

Unnd inn solchem vall, da sich die bischove selbs zusamen fordern wollen, sollen sy anfengclich von dem babst erlaubnuß begern, und so sy dann dieselben von unsicherhait oder auß andern ursachen nit erlangen mögen, sollen sy nicht desto weniger und nit anderst, dann alls hetten sy die erlaubnuß erlangt, zusamen khommen unnd allso ein concilium machen. Es sollen auch die bischove, so sich selbß zusamen fordern, vom babst begern, dz er ir versamblung mit seiner authoritet bestettige. Wie er dann zethun schuldig ist, in gleichem vall vor zeiten auch der babst Symachus18 gethon hatt. Unnd so der babst sein authoritet nit interponieren wollt, mögen die bischove ir congregation durch ir authoritet selbß bestettigen.

Zum letsten würdt der gwallt, ein concilium zusamen zuberueffen, auff die könig und fursten gewendt, so bey denn bischoven solche berueffung nit geschehen wollte etc. Dan auch die fürsten der kirchen inn der noth zu rathen und zu helffen schuldig sein.

Unnd allso erscheint auß dem allem, dz der ordenlich gwallt, ein concilium zu indicieren, der rhömischen kirchen zugehört. Aber im fall, da sollch concilium von derselben oder einem babst nit indiciert werden wollt oder möcht, dz aldann solch ius indicendi concilium auff andere, allß die cardinäl, und im fall derselben saumnuß oder unmöglichait auf die patriarchen, ertzbischove, bischove, könig unnd fursten, jede inn irer ordnung, gradatim devolviert unnd gewendt würdt.

Mit was personen ein concilium besetzt werden soll.

Die personen, so auff ein concilium vociert werden, haben disen underschid, dz etliche von noth19 wegen, allß bey denen die authoritet unnd gwallt eins concili steet, etliche, die ire und der kirchen beschwerd fürpringen werden, auch ir bedenckhen antzaigen, aber nit diffinieren mögen. Personarum, quae ad concilium vocantur, quaedam ex necessitate ad diffinendum vocantur, quaedam ad consultandum invitantur. Die notwendige personen sein die, so stimmen im concilio haben. Die personen, so stimmen im concilio haben, sein prelati maiores, allß patriarchen, uud under denen auch der rhomisch patriarch, cardinales, ertzbischove, bischove. Und auß disen wirdt corpus concilii gemachet, auff den auch die jurisdiction deß concilii steet unnd beruewet, allß durch die apostell representiert werden. Und werden bey allen allten „patres concilii“ genant. Dann von denen würdt gesprochen: „Pro patribus tuis nati sunt tibi filii.“20 [...].

Unnd allso ist es inn den apostolischen und in niceno, constantinopolitano, ephesino et calcedonensi, deßgleichen in quinta, sexta et septima sinodis gehallten worden, inn welchenn niemand ander dann alein die bischove unnd von der abwesenden bischove wegen priester und diacon diffiniert unnd underschriben haben. Aber inn andern nachvolgenden concilien sein auch inferiores prelati, alls monasteriorum abbates, prepositi generales, ordinum ministri, priester unnd diaconi zu stimmen zugelassen worden. Wie dann in octava synodo sub Eugenio papa zu Florentz geschehen, inn welchen nit alein die bischove, sonnder auch die cardinal, priester, diacon und abbte diffiniert unnd underschriben haben21. Gleicher gestallt sein inn baiden nachvolgenden [!] conciliis, zu Costentz unnd Basel gehallten, nit alein die patriarchen, ertzbischove unnd bischove, sonnder auch die abbte und andere nidern prelaten erfordert worden, welche auch ir stim gehabt. Doch ist die subscription nicht wie inn den vorgeenden concilien gehallten worden, sonnder was beschlossen, dz ist durch die deputierten der nationen publiciert und inn die gemaine diffinitiones inn offen instrumenta gebracht worden22; wie solches alles die acta conciliorum lauter und underschidlich außweisen.

Ferner sein andere personen, so nicht ad diffinendum, sonder etlich alein zu schutz unnd schirm deß concilii, und die andern, ob sy ainiche gemaine oder sonndere der christenhait oder der sonndern kirchen beschwerden anbringen und iren rhat daneben antzaygen wollten, dz sy damit gehört werden sollen. Allso erscheinen die rhomischen kaiser, könig unnd fursten auf den concilien, nicht dz sy ainiche stimb inn glaubens sachen außgeben oder ainichen gwallt darinn ertzaigen oder uben, sonnder dz sy das concilium vor gwallt schutzen und schirmen; wie solches die kaiser Constantinus magnus in niceno und Martianus in calcedonensi selbs bekhennen23. Allso lesen wir in ecclesiastica historia, das Constantinus magnus nit alein die vatter und bischove niceni concilii zusamen bracht, sonder auch, allß sy zusamen khommen, dz er gleichwol auch under inen ein session, und dannoch am nidersten orth, genommen, aber sich keiner diffinition undertzogen, sonder dieselben den vättern deß concilii frei gelassen, wie Ruffinus in ecclesiastica historia24 betzeuget. [...].

Allso werden auch andere layen, weß stanndts, würden oder wesens die sein, weder inn gemainen noch sondern concilien zu stimmen zugelassen. Potestas enim de ecclesiasticis rebus disponendi clericis data et non laicis, unde recte dictum, laicos in ecclesiasticis et spiritualibus rebus obsequendi manet neccesitas, non authoritas imperandi, et populus docendus est, non sequendus. Unnd solches würdt auch durch ein gemaine gewonhait der catholischen kirchen bewisen. Dann inn kainer historien würdt funden, dz inn den concilien die layen, sy sein, was stanndts oder wesens sy wollen, je stimmen gehabt, sonnder viel mehr, dz die alein die bischove und allso die, so gaistlichs stanndts sein, gestimpt haben. Wie auß aller concilien acta, so von der apostel zeit biß auff disen tag gehallten worden, sovil deren verhanden sein, lauter außweisen.

Aber der kirchen beschwerden fürzetragen, auch weß ein jeder inn glaubens sachen für zweifel und bedenckhen hatt, inn gemainem concilio furzetragen, dz ist weder den nidern prelaten, priestern, diacon noch layen, sy sein, was stanndts sy wöllen, verbotten, sonnder soll ir fürpringenn und rhat gehort und alsdann darauff durch die bischove, was gottlich ist, beschlossen werden.

Was sachen und mit was ordnung und proceß dieselben in concilio gehandlt werden sollenn.

Inn einem jeden concilio werden zwayerlay sachen gehanndelt, weltliche unnd gaistliche. Weltliche, alls was gemainen friden der christenlichen potentaten unnd dergleichen antrifft. Die gaistliche sachen haben disen unnderschid, dann etlich treffen die kirchen inn gemain an, etliche belangen die sondern personen der kirchen. Die gemain sach der kirchen ist die religion. Die religion wirdt erstlich inn die waar und falsche religion gethailt. Under der falschen religion werden getzelt heresis et supersticio. Supersticionis partes sunt divinatio, supersticiose observationes. Die waar religio hatt vier tail: fidem, sacramenta, ceremonias unnd policiam. Policia hatt vier tail: iudicia, iconomiam, disciplinam et magistratus. Von disen dingen allen mag inn einem concilio gehanndellt werden, allso welcher tail inn der religion durch falsche leer oder mißbreuch angegriffen unnd zerrüttet, derselbig soll widerumb ergentzt, die rechten ware christenliche dogmata bestettigt und die irrsall unnd mißbreuch außgereutet unnd abgethon werden.

Nun befindt sich aber diser zeit, dz nahennd alle tail der wahren religion durch sondere secten angegriffen und durch vil erschreckhenlicher mißbreuch zerrüttet und inn ein confusion unnd unordnung gebracht sein. Allso ist diser zeit articulus iustificationis strittig. Allso würdt die leer vonn den sacramenten inn gemain und dann von einem jeden sacrament in specie inn vil wege strittig gemacht. Allso werden die ceremonien, so von der apostel zeit biß auff dise spalltung gehallten worden sein, strittig gemacht. Allso werden ecclesiastica iudicia in vil wege confundiert und zerrüttet. Allso würdt auch die ganntz gaistlich jurisdiction in articulo institutionis ministrorum ecclesiae, sanctionis legum ecclesiasticarum, interpretationis scripturarum, consuetudinum ecclesiasticarum inn vil wege angegriffen unnd zerrüttet. Allso würdt auch alle ordnung der iconomia unnd administration der kirchen güeter inn vil wege zerstöret, die kirchen gueter in prophanos usus gewendt, die grosse prelaturn unnd andere beneficia ecclesiastica durch [...]25 untaugenlichen personen verlihen. Die disciplin der kirchen ist inn gaistlichen unnd weltlichen nahend gar erloschen. Dann da ist inn baiden stenden die erbarkait deß lebens gar geschwecht, inn den contracten hatt aller betrug uber hand genommen. Der kirchen magistrat werdenn zum tail abgethon, die andern sein inn solche unordnung khommen, dz nahend kein prelat noch kirchen diener sein ampt recht verwalltet. Und in somma ist die war religion inn allen iren tailen dermassen zerrüttet, dz wenig gsundhait mehr darinnen funden wurdt.

Unnd auß dem allem schließ ich, dz nit gnug sein würdt, dz inn einem gemainen oder national concilio der augspurgischen confession articul alein examiniert werde, sonnder müssen alle tail der religion für hannd genommen und wol examiniert und bedacht werden, was irsal unnd mißbreuch bey einem jeden eingerissen. Und so man dann underschidlich sicht, was fals bey einem jeden ist, so künden dann sollche fäll gepessert, die wahre dogmata restituiert, die falsche dogmata und mißbreuch abgethon und nicht[s] ubersehen werden mögen.

Unnd inn solchem tractat soll dann diser proceß unnd ordnung gehallten werden: Alls nämblich unnd zum ersten sollen die sachen deß glaubens, der sacramenta und ceremonien gehanndelt werden. Zum andern soll der tractat von der kirchen policey furgenommen werden. Unnd zum dritten, wa irrunng zwischen den christlichen königen unnd potentaten sein, die sollen zu friden gehandellt unnd gebracht werden. Zum vierdten sollen alle beschwerden der gemainen und sondern kirchen gehört unnd demselben nach außweisung der hailigen canonen geholffen werden. Dise ordnung ist in nicena, constantinopolitana, ephesina, calcedonensi und anndern aphricanischen und hispanischen concilien gehallten worden, wie derselben acta lauter außweisen.

Unnd auß dem allem kan nun leichtlich erwegen werden, wa dz mittl deß general- oder national concilii zu vergleichung der religion furgenommen werden sollt, das allerlay dificultates einfallenn, auch ein gute zeit dartzu gehören würdt. Dann erstlich würdt die difficultas furfallen, welche stend zu dem national berueffen, unnd, so sy versamlet, welche bey dem tractat sein, welche stimb haben sollen oder nit. Die bischove werden inn ein solche versamblung ohne vorgeende der bäbstlichen Hlt. bewilligung unnd authoritet nit gehellen kunden. Dagegen werden die andern26 von dem babst oder seiner bewilligung oder zuordnung seiner legaten nit hören wollen. Unnd so die congregation geschehe, werden die bischove den layen kein vocem diffinitivam zuelassen. Dagegen wurden aber die andern nit alein consultivam, sonnder auch diffinitivam vocem haben wöllen. So wurdt man sich deß presidenten auch nit bald vergleichen künden. Dabey wurd auch inn zweivel gezogen werden, ob zu diser versamlung auch Behaim, Poln, Denmarckh unnd Schweden getzogen werden sollt. Unnd auß solchem allem wurde dann die spalltung inn der religion mehr gesterckht, dann ainiche concordi oder ainigkait darauß zuverhoffen sein.

Wa man sich aber deß vergleichen kündt, dz solche versamblung authoritate romanae et apostolicae ecclesiae geschehe und dz den weltlichen vox consultiva, aber den bischoven diffinitiva et decisiva zugelassen wurde, so möcht wol, wie inn andern nationen concilia hievor auch geschehen, etwz außträglichs zuverhoffen sein.

Vom colloquio.

Kolloquien haben drei mögliche Funktionen: 1) Unterweisung der ‚Einfältigen‘ in der Wahrheit und Rückführung Abgewichener zum wahren Glauben. 2) Debatte über Dogmen, Glaubenslehre und die rechte Auslegung der Schrift. 3) Behebung der Glaubensspaltung zwischen den Katholiken und den CA-Verwandten oder anderen von der katholischen Religion Abgefallenen durch pacta.

Das colloquium auff den ersten wege ist einem jeden christen zugelassen, wie solches der hailig Augustinus in libro contra Cresconum grammaticum27 beweiset unnd ausfieret. Unnd sollche colloquia werden etwa durch die bischove wider die ketzer instituiert zu der zeit, so die ketzereyen noch schwach und nit uberhand genommen. [...]. Unnd auff dise weiß haben vor zeiten die catholischen christen etwa mitt anndern catholischen christen, etwa mit den unglaubigen disputiert. [...]. Unnd welche allso mit den unglaubigen unnd ketzern disputiern und sy zu dem waren glauben bekören wöllen, die miessen der hailigen schrifft gelert, vernunfftig unnd weyß sein und ein rechten eyfer Gottes haben. Dann sy miessen nit alein weißlich, sonnder auch bestendigclich und getreulich deß glaubens sachen handlen, nicht durch heuchlerey zulassen, dz nit zuzulassen ist, sonnder alle sachen zu schutzung der warhait unverschrockhenlich hanndlen, auff dz sy die verfuerten wider auffrichten unnd inn den rechten weg der warhait bringen und von den irrsaln erledigen, die verstockhten aber schellten unnd confundiern. [...].

Der ander wege deß gesprächs inn glaubens sachen ist, dadurch von dem rechten verstannd der schrifft gehanndelt würdt, allso was der mehrer tail schleust, dz solches für den wahren verstand der schrifft angenommen und gehallten werden soll. Diser weg sprich [!] ist den christen under inen selbs und den catholischen mit den ketzereyen keins wegs zugelassen. Dann wiewol die catholischen christen von der schrifft waren und rechten verstand wol disputieren und mit einander conferieren mögen, wie die hailigen vätter allwegen gethon haben [...], und dann auch under andern ämptern der kirchen auch das doctor ampt getzelt wurdt, so würdt doch solche außlegung der schrifft nit weiter angenommen, dann sovil sy durch die hailigen apostolischen kirch unnd derselben gemainen consenß angenommen, approbiert und bestettigt würdt. Dann erstlichs ist untzweifelig waar, dz die außlegung der hailigen schrifft alein der hailigen catholischen und apostolischen kirchen und denen, den es von der kirchen bevolhen würdt, zugehort. Dann wie der hailig gaist der kirchen offenbaret hatt, welche schrifften den namen der hailigen schrifft haben und für hailige schrifft gehallten werden sollen, wie Augustinus betzeuget, der da spricht: „Evangelio non crederem, nisi me ecclesiae authoritas compelleret“28, unnd wir allso nit wissen möchten, welche schrifften für die hailigen evangelia gehallten werden sollten, es hett unns dann die kirch dieselben angetzaigt und fur die waren evangelien zuhallten aufferlegt, allso wurdt auch der war sin der hailigen schrifft durch den hailigenn gaist der gemainen kirchen offenbaret, inn dem, da die kirch die außlegung der schrifft der hailigen vätter annimpt. [...].

So versteen wir aber durch die kirchen nicht ein haimliche, verborgne, unsichtbare kirchen, sonnder die kirchen, so durch die statt bedeut würdt, davon Christus im evangelio sagt: „Civitas supra montem posita abscondi non potest.“29 Das ist die versamblung aller christglaubigen inn der gantzen wellt, so durch den tauff und christenliche sacramenta und die ware catholische unnd apostolische leer veraint unnd durch die apostel und ire nachkhommen, die catholische bischove, inn ordenlicher succession regiert worden sein. Dise kirch ist zu der apostel zeiten inn vil sondere apostolische kirchen allß der allgemainen kirchen glider getail worden, welche alle apostolische kirchen genant worden sein. Unnder denen die rhömisch kirch die fürnembst apostolische kirch durch die apostel auß einsatzung Christi gehallten worden ist, allso dz auß einsatzung und ordnung Christi alle grosse sachen der kirchen an die rhömische apostolische kirch gelanngen und durch dieselben etwa alein, etwa durch mittl der christenlichen conciliend haben entschaidenn werden sollen.

Diser allgemainen catholischen kirchen gehört interpretatio scripturarum zu. Dartzu sy dann die hailigen vätter, so der schrifft gelert und erfarn sein, gebrauchen, von denen auch geschriben steet: „Qui elucidant me, vitam aeternam habebunt.“30 Doch wurdt solche der vätter außlegung nit anders angenommen, dann sovil die selbs von der catholischen apostolischen kirchen angenommen und approbiert würdt. Dann dieweil sy menschen sein, künden sy auch irren, wie sy dann von sich selbs betzeugen: „Noli“, inquit Augustinus31, „meis literis quasi canonicis scripturis deservire, sed in illis, quo [!] non credebas cum inveneris incunctanter crede, in istis autem quod certum non habebas nisi certum intellexeris noli firme tenere [!].“ Alein kan die kirch inn denen dingen, so zu dem rechten waren verstand der schrifft gehört, nit irren, allß deren von Christo der hailig gaist geben, der sy alle warhait leeren soll.

Welche sich aber von der kirchen abgesonndert, die kinden auch der kirchen glider nit sein, auch kein einfluß der crafft und gaben deß hailigen gaists nit haben, under welchen auch die außlegung der schrifft gezelt würdt. Dann ausserhalb deß leibs der kirchen wurdt niemand durch den hailigen gaist seiner gaben tailhafftig gemacht. Dann wie der haylig apostulus Paulus sagt: „Charitas dei diffusa est in cordibus nostris per spiritum sanctum, qui datus est nobis.“32 Nun ist aber der nit thailhafftig der göttlichen liebe, der da ist ein feind der einigkait. Darumb haben die den hailigen gaist nit, die ausser der kirchen sein. Dann von denen steet geschriben: „Qui se ipsos segregant animales, spiritum non habentes.“33 So wohnet auch der hailig gaist nitt bey denen, die da haben ein erdichten schein inn der kirchen, dann es steet geschriben: „Spiritus sanctus disciplinae effugiet fictum.“34 Unnd solcher condition und aigenschafft sein die ketzer und die, so von der kirchen abgefallen sein, allß unnutze zweig und rebene deß rebstockhs, die kein frucht bringen. [...]. Ja die ketzer, so von gemainer kirchen abfallen, schneiden sich durch ir aigen urtail selbs vom leib der kirchen ab. Welche nun der kirchen Christi glider nit sein, die kinden auch nit christen sein, die haben kein gwallt noch gerechtigkait, die hailigen schrifft zu interpretieren. [...].

Unnd auß dem allem schließ ich zum ersten, dz die catholischen doctores wol gwallt haben, die schrifften zu scrutiern, zu lesen und zu examiniern, aber ein entlichen, untzweifelichen, unfäligen sensum darauß zu schliessen, dz haben sy gar nit macht, sonnder steet dz gantz urtl deß rechten verstandts der schrifft alein bey der hailigen catholischen und apostolischen kirchen. Zum andernn schließ ich, dz die ketzer unnd abgesonnderten von der kirchen allß abgeschnitten glider kein gwallt noch gerechtigkait haben, die schrifft zu tractieren noch zu interpretiern. Zum dritten schließ ich, wz die ketzer uber die schrifft schreiben, dz solches alles anathematisiert, verdampt unnd verworffen, ja auch alle derselben buecher außgetilckht, unnd wz inn der hailigen schrifft durch sy corumpiert und depraviert, widerumb corrigiert und restituiert werden soll. Zum vierdten, dz inn der catholischen bischoven und anderer catholischen christen macht nit steet, auf angeregten wege, dardurch inen interpretatio scripturarum zugelassen würdt, sich mit inen inn ainich colloquium oder disputation eintzelassen.

Dann erstlich, was kan zwischen den catholischen unnd abgefallnen kätzern, ja zwischen Christo und Belial, der warhait und der lugen, fur ein gemainschafft sein? Darumb sollen auch die catholischen mit den ketzern kein gmainschafft haben, dann die catholici befleissen sich der warhait, sein derselben freund, aber die heretici vervolgen die warhayt mit allen crefften, deren sy auch die hefftigisten feind sein, alls die Belial, der lugen vatter, nachvolgen und Christum, der die warhait ist, verlassen. [...].

Nachdem weder Kolloquien noch andere Handlungen, mit denen Ketzer als Kirchenmitglieder anerkannt würden, statthaft sind, ist es nicht erlaubt, sich mit ihnen auf eine Debatte um die Auslegung der Schrift einzulassen, da man sie damit wieder in den Leib der Kirche aufnehmen würde, von dem sie sich selbst getrennt haben. Darumb auch die jhenigen, so mit den ketzern in solcher interpretation mit den colloquien oder inn ander wege comunicieren oder zu comunicieren sein achten, die erclären sich für solche, die der hailigen kirchen und dem hailigen gaist widerstreben, welcher dise gab35 nit dem abgeschnitten unnd durch den unglauben zerbrochen zweigen, sonnder den lebendigen und der kirchen unnd derselben wurtzeln verainten glidern mitgetailet.

So ist auch die außlegung der schrifft ein solch werckh, welches nit einem jeden christen zugelassen ist. Dann wie inn einem menschlichen leib underschidliche glider, und nit alle wirckung aller glider gemain sein, dann nicht die augen hören, sonnder die ohrn, und nicht die ohrn sehen, sonder die augen etc., sonnder hatt ein jedes glid sein sonder ampt, allso würdt auch interpretatio scripturarum nit allen christen befolhen, sonnder alein denen, die zu solcher interpretation geschickht sein. Dz sein dann der schrifft gelerten und erfarn doctores und pastores in ecclesia, welcher ampt ist, dz sy leeren und die schrifften außlegen sollen, unnd sonnderlich die schweren. [...].

So sollen auch die außleger der schrifft allso gesinnet sein, dz sy iren verstand der schrifft ergeben und nicht die schrifft nach irem aigen sin zu irem dienst und gefallen gefangen nemmen, und die schrifft dermassen tractiern und handlen, so sy vileicht etwas darinn nit wol verstehen künden, dz sy die ehr der schrifft unnd inen selbs die forcht geben [...].

So nun die waren catholischen christen zu außlegern der schrifft nit zugelassen werden, welche irn aigen sin mer dann der sin, so der hailig gaist erfordert, darauß schopffenn wöllen, wievil mehr sollen die ketzer von allem tractat und außlegung der schrifft außgeschlossen werden, welche aigentlich dahin genaigt sein, dz sy die außlegung der schrifft auff iren aigen sin, der wider den glauben catholischer disciplin ist, ziehen. Dann auch die ketzer [die] schrifft lesen, aber alein darumb, dz sy ir falsche maynungen mit der schrifft auff iren sin ziehen, wider derselben warhait vertaidingen. [...]. Ich geschweig jetz, das die heretici die schrifften pflegen zu corrumpieren, zu depraviern und zu felschen, etlich werffen sy gar hinweckh. [...]. Was soll man sich dann zu inen versehen, so man sich mit inen inn ein colloquium der schrifft begeben und inen die außlegung der schrifft zulassen sollt? Unnd darumb schließ ich mit Tertuliano, dz man von außlegung der schrifft kein colloquium mit den ketzern eingeen soll36, und zum andern, dieweil die außlegung der schrifft und den waren, untzweifelichen verstannd darauß zenemen, alein der catholischen apostolischen kirchen zugehört, dz auch den catholischen under inen selbs nit zugehort, solche colloquia zehallten, darinn entlich, was der recht sin der schrifft sey, beschlossen werde, dann solcher beschluß nith den sonndern personen, sonder der gemainen kirchen zugehört.

Der dritt wege deß gesprechs ist, so die colloquia allso angestellt werden, dz die spalltung deß glaubenns durch sonndere verträg verglichen werde: Allso wie man inn zeitlichen sachen pflegt zethun, dz ein jeder tail etwas von seiner leer nachlassen und ein mittell getroffen unnd allso die religion durch solche mittel verglichen werde. Solche colloquia sein allwegen von den ketzern gesuecht worden, wie die ecclesiasticae historiae von den arianis betzeugen. [...]. Unnd auff dise weiß kan kein colloquium mit denen, so von gemayner kirchen abgefallen sein, gehallten werden, unnd dz auß nachvolgenden ursachen: Dann erstlich, sovil ir person belangt, kan kein obligatio mit inen contrahiert werden, wie die kaiserliche recht außweisen. Zum andern, sovil die religion an ir selbs antrifft, kan die war religion durch kein pact oder transaction geendert werden, quia quae sunt iuris publici neque magistratuum neque privatorum conventionibus et pactis mutari possunt.

Nun werden aber under denen dingen, die iuris publici sein, gerechnet unnd getzelt omnia sacra, allß der glaub unnd religion und wz zu dem glauben und religion gehört, allß sacra scriptura, sacrae et apostolicae constitutiones et tradiciones unnd dergleichen. Darumb kinden sy auch durch kein pact und transaction geendert werden. Und so solche pacta und transactiones geschehen, sein sy inn allen göttlichen und menschlichen rechten nichtig und unbindig.

Dann erstlich, wiewol die schrifft durch die gemain apostolisch kirch und denen es von derselben bevolhen würdt, interpretiert werden mag, so kan sy doch durch kein menschen geendert werden. Allso pleibt Sand Jacobs epistel ein epistel, obgleich der Luther dieselben verworffen und ein ströwin epistl genent hatt37. Dann es soll der schrifft kein jota zugethon noch abgenommen werden, wie geschrieben steet38: „Non addetis ad verbum, quod [vobis] loquor, nec auferetis ab eo.“ Allso sollen und mögen auch publica ecclesiae decreta et apostolicae tradiciones, sovil den glauben, sacramenta unnd ceremonias universales belangt, weder durch die sonndern bischove und vil weniger durch die layen verendert unnd abgethon werden. Dann sollt man alle tag ein neuen glauben auffrichten und den allten endern mögen, würdt die warhait nit unverletzt bleiben. [...]. So dann weder die hailigen schrifft noch der kirchen satzungen und decreta von der religion und glauben geendert werden mögen, wie kinden dann solche enderungen in colloquiis durch pacta unnd verträge geschehen? So kinden auch res sacrae, allß fides, religio unnd was denselben anhangt, in kain menschlich handtierung oder commertium getzogen werden. Darumb kan auch solcher ding kain obligatio durch pacta und verträg contrahiert werden. So sein auch die pacta und transactiones, dadurch etwas von der chatholischen warhait nachgeben, ja dadurch christen die warhait selbs praviert und verrathen und die unwarhait zugelassen würdt, an im selbs turpes unnd unerber [!]. Darumb sein sy auch unbündig. Quia rerum turpium nulla est obligatio.

Zum letsten kunden auch solche verträge mit den hereticis auß der ursach nit statt haben noch zugelassen werden, dz zwischen den catholicis und den ketzern ein frid gemacht und auffgericht werde. Dann erstlich kan mit denen kein frid gemacht werden, qui sunt proditores et transfuge, item rei criminis laesae maiestatis. Nun sein aber die ketzer proditores veritatis, desertores miliciae christianae, transfuge et hostes publice dei, cuius maiestatem gravissime laedunt et sancti dei ecclesiae quam totis viribus impugnant, cum quibus, qui pacem paciscuntur, ipsi quaque prodicionis notam contrahunt. So kunden auch die catholischen mit denen kein frid paciscieren, deren gemainschafft sy fliehen unnd meiden sollen. Nun steet aber geschriben39: „Hereticum hominem post unam et secundam correptionem devita.“ Ja allen catholischen werden durch die kaiserliche recht alle commertia mit den ketzern verbotten, ja sy wöllen, dz sy auß den stetten vertriben unnd an kainem ort im Hayligen Reich geduldet werden, ja dz auch deren land, so frid mit inen hallten, denen, so sy außtreiben, zugeaignet werden sollen. So sein auch inn vertragen und vergleichungen deß fridens inn der religion die conditiones derselben antzusehen und wol acht zenemen, ob dieselben gerecht, christlich und göttlich oder ungerecht, unchristlich und ungöttlich sein. Dann wie die condicionen deß fridens sein, allso ist auch der frid: Sein sy gerecht, so ist auch der vertrag des fridens gerecht; sein sy ungerecht, so ist auch der frid ungerecht. Allso ist der frid gerecht, der mit den ketzern mit der condition gemacht wurdt, dz sy von irem irsal absteen und sich zu ainigkeit der kirchen keren.

Aber der frid, der den ketzern mit den conditionen geben würdt40, dz sy inn iren irsaln bleiben, dz sy die kirchen unnd closter, so sy eingenomen, behallten, dz sy von der gaistlichen jurisdicton der kirchen frey und ledig sein und dz nit alein die layen, sonder auch die abgefallnen von der kirchen dieselben exercieren, dz sy kirchen diener instituieren, dz sy kirchen ordnungen machen mögen etc., ist ungerecht, ungöttlich, steet auch inn der catholischen macht nit, ein solchen friden nit den ketzern antzenemen. So ist auch der frid ungerecht, der den ketzern zuelasst, ir religion neben der catholischen religion zehallten. [...]. So ist auch der frid mit den ketzern nit gerecht, der in mit der condition gegeben würdt, dz die gerechte christenliche satzungen abgethon oder verendert werden. [...].

Unnd auß dem allem erscheint jetzt lauter, dz die colloquia, inn denen den ketzern die außlegung der schrifft zugelassen würdt, item in denen von der rechten wahren leer und dogmaten deß glaubens etwas nachgelassen oder ein frid und vertrag mit ungerechtenn, uncristenlichen conditionen auffgericht werden soll, allß impia und der hailigen kirchen zum höchsten schedlich von den catholischen kains wegs bewilligt noch angenommen werden mögen.

Ob und welche mittel zu christenlicher vergleichung diser zeit nutz, guet und annämblich sein.

Die Erörterungen zum Universal- und Nationalkonzil sowie zum Kolloquium zeigen: Es gibt kein besser mittel zu vergleichung der religion und außtilckhung aller irrsall und auffrichtung einer gueten, bestendigen reformation dann ein gemain concilium aller christenlichen nationen; wie alle stend auff allen vergangen reichstagen für gut angesehen. Dann wie die gemain catholisch kirch nit an ainem ort, inn ainer provintz und land, sonder durch die gantz wellt auß geet, allso soll auch ein gleicher christenlicher glaub bey allen christenlichen volckhern sein. Soll man sich nun eins solchen christlichen glaubens vergleichen, so ist auch not, dz alle christenliche provintzen zu solcher vergleichung getzogen und derselben innwohner gehört werden. Das kan dann nit anderst dann inn ainem algemaynen concilio geschehen. Dann solten sich die teutschen alein ains glaubens vergleichen unnd solcher glaub und religion der andern christenlichen königreich unnd provintzen ungleich sein, so würdt darauß ein schißma und trennung im glauben vollgen, welches doch inn dem christenthumb nit sein soll. Wie dann die hailigen apostel unnd ire nachkhommen solche trennung inn der allgemainen kirchen allwegen verhuetet, und wa ketzereyen auffgestannden, dadurch da die schißmata erweckht werden, sich mitt allen krefften darwider gesetzt und die aynigkait deß glaubens erhallten. Unnd solches nit alein durch schrifften unnd epistel, sonnder auch inn gemainen versamblungen der christen, durch gemaine diffinitiones und decreta; wie dann in concilio zu Hierusalem41 unnd inn andern der apostel versamblungen geschehen. Unnd nach den aposteln auch durch ire nachkhommen inn anndern versamblungen, wie dz der kirchen historien lauter zuerkennen geben.

Unnd dieweil dann diser zeit vilerlay secten in diser loblichen teutschen nation auffkhommen, dadurch dann nit alein spalltung im glauben und religion eingefüert, sonder alles mißtrauen under den stenden und derselben underthonen und alle unordnung inn gaistlichen unnd welltlichen sachen erwachsen: Damit dann solche spalltung widerumb inn ein ainigkait gebracht unnd die teutsch nation sich nit alein bey ir selbs, sonnder auch mit anndern christenlichen nationen eins gemaynen, untzweyfeligen christenlichen glaubens vergleichen und veraynigen möge und allso dise edle und weit beruempte nation von anndern christenlichen nationen im glauben nit abgesonndert und fur schismattisch gehallten werden möge, so will auch vonnötten sein, dz ein solch mittl dartzu fürgenommen und gebraucht werde, dardurch die secten abgethon und dagegen ein ainiger, gleicher glaub und religion eingefuert und durch die gantz christenhait gleichformig gehallten werde.

Unnd dz ist dann ein gemains christenliches concilium, darauff von allen nationen gelert, fromme, gottsforchtige leut geschickht unnd durch dieselben nit alein deß glaubens dogmata und leer, sonder auch all ander der christenhait anligen furbracht, berhatschlagt, erwegen und, was christenlich ist, beschlossen werde.

Auf diese Weise haben die ersten vier Hauptkonzilien von Nikaia (Nicäa), Konstantinopel, Ephesos und Chalkedon sowie die nachfolgende fünfte, sechste und siebte Generalsynode gegen die Ketzereien des Arius, des Makedonius, des Nestorius und des Eutyches die Dogmen bestätigt42 , aber auch ordnungen, zu dem polytischen regiment der kirchen gehörig, in disciplina ecclesiastica, in iudicialibus et ceremonialibus et in his, quae ad iconomiam ecclesiae gehörn, auffgericht. So wurde die Einheit im Glauben gesichert.

Zwar wurden in der Vergangenheit auch Nationalkonzile erfolgreich gegen Ketzereien eingesetzt, wie die Akten der Konzilien von Karthago und Toledo zeigen43 , doch war dies meist beim rechtzeitigen Einsatz gegen sich neu herausbildende Irrlehren der Fall. Dagegen wurde gegen bereits etablierte Ketzereien nichts erreicht. Dies zeigt der Misserfolg vieler Nationalkonzile gegen die arianische Ketzerei, die selbst durch Universalkonzile nicht gänzlich ausgelöscht werden konnte. Dann es findt sich auß den historien, dz auß solchen ketzereyen zu letst der mahumetisch glaub entsprungen ist und jetzund nahend die ganntzen wellt eingenommen hatt.

Da derzeit aber inn teutscher nation vilerlay secten, und etlich nit alein in der zal der personen, sonnder auch inn der macht gar groß sein, so ist zubesorgen, dz zuvergleichung der religion durch ein national concili oder versamblunng nit wol geholffen werden möge. Dann nit zuvermueten, dz die so starckhe tail je ein tail von seiner mainung abweichen und sich mit dem andern verainen werde.

Und ist demnach mein maynung, ich hallt es auch für untzweifelich, dz zu vergleichung der religion nit alein dz general- und universal concilium der national versamblung furtzusetzen, sonder auch dz national die secten mehr sterckhen dann abthun unnd die religion widerumb inn ainigkait bringen werde.

Es wurde bereits ausgeführt, dass ein Kolloquium, das die Schrift verbindlich auslegen, bei dem man hinsichtlich der Dogmen und Lehre nachgeben oder das den Glauben freistellen würde, keinesfalls zugelassen werden kann. Daraus folgt, dz alein die colloquia, dadurch die abgefallnen von der gemainen kirchen unnd catholischer religion wider zu ainigkait der hailigen catholischen unnd apostolischen kirchen unnd den waren christenlichen glauben gebracht werden mogen, zugelassen werden sollen.

Unnd zu einem solchen colloquio gehören nit alein gelerte, sonder auch unerschrockhne und zum disputiern taugliche leut, dann sonnst werden sy bald confudiert, und würdt den catholischen ursach geben, desto ehe zu dem widertail zu fallen, quia heretici sunt lingna44 illa, de quibus sapiens, qui me [!] scindit, vulneratur ab eis. Lingna videlicet infructuosa, ut inquit Hieronimus45, et saltus absque utilitate pomorum. Und darumb, wie gelert und weiß ainer ist, der dises holtz mit seiner axt zerspallten will, es sei dann, das er wol acht uff sich hab, würdt er bald schaden leiden, sonderlich so dz eysin der axt gekumpfft46 würdt. Besetzung des Kolloquiums: 1) Präsident ohne Entscheidungsbefugnis, der den regelrechten Gesprächsverlauf gewährleistet. 2) Mehr oder weniger zahlreiche Kolloquenten. Werden viele Personen verordnet, sollen davon auf beiden Seiten wenige ausgewählt werden, die das Gespräch stellvertretend führen. 3) Notare und Exzeptoren, die das Gespräch schriftlich festhalten. Gesprächsgrundlage des Kolloquiums47 : Vorlage der CA reicht nicht aus, da viele Artikel strittig sind, welche die CA nicht enthält. Auch ist die CA oft geändert worden. Viele geben die Zugehörigkeit zur CA vor, beachten deren Lehre aber nicht. Darumb, will man ain volkumne vergleychung machen, es sei in ainem concilio oder colloquio, so muß die gantz relligion mit allen iren tailen fur hand genummen und examiniert werden: Rechtfertigungslehre, Sakramente, Zeremonien, Kirchenverfassung, geistliche Gerichtsbarkeit, Kirchengut etc.

Während der derzeitigen Glaubensspaltung ist die Vergleichung mittels eines Kolloquiums wiederholt versucht worden. Aber nach vollendtem colloquio hatt die erfarung geben, dz inn solchen colloquiis nit alein kein vergleichung funden werden mögen, sonder auch dz dieselb darnach desto mehr gesterckht unnd außgebrait worden ist. Unnd wa man die historien der vergangnen zeiten hett wol erwegen, hett man leichtlich der selben zeit darauß sovil vernemen mögen, das durch solche coloquia nicht guts außgericht wurde, unnd sonnderlich, da das universal concilium nicht von stund an darauff hatt volgen unnd gehallten werden mögen. Dann dz gibt die erfarung, welche auß den historien genommen und verstanden würdt, dz die coloquia, darauff von stund an die concilia gevolget, vor zeiten wol etwas guts gewürckht haben. Dann dadurch sein die zweifel, so durch die ketzer erweckht, erledigt, unnd wz falsch unnd irrig, authoritate ecclesiae verworffen und dagegen die catholische warhait confirmiert unnd bestettigt worden. Es werden auch durch disen wege die betrugliche leer der ketzer, so sy vor einem concilio gebraucht, desto mehr offenbart unnd die jhenigen, so durch sy verfüeret, solches betrugs bericht und, sich wider zu ainigkait der kirchen zubegeben, verursachet. Dies belegen Beispiele aus der Kirchengeschichte. [...].

Aber die colloquia, so die catholischen mit den hereticis gehallten, darauß kein concilium gevolgt oder die concilia zu lang vertzogen, inn denen die dogmata fidei und die religion disputiert worden, die sein je und allwegen nit alein nicht nutz, sonder auch zum hochsten schedlich gewesen. Dann durch solche colloquia werden die ketzer nit alein nit bekert, sonnder vil mehr gesterckht unnd fraidiger gemacht. Unnd durch solch ir keckhait werden auch die, so durch sy betrogen, bewegt, das sy erger gemacht werden. Auch dies zeigen Beispiele aus der Kirchengeschichte.

Zu dem, dz die ketzer die colloquien nicht darumb begern, dz die warhait dardurch herfurgebracht, sonder vil mehr, dz ir maynungen mehr bestetigt und dz sy die catholischen zuverfolgen auß solchen coloquiis ursach schepfen. Wie zu mehrmaln in Aphrica geschehen und solches die historien lauter zuerkennen geben.

Unnd dieweil dann zu diser zeyt nit zuverhoffen, dz inn kurtz concilium universale gehallten werden, unnd dann nit zuverhoffen, das legitimum concilium nationale erlangt unnd von allen thailln bewilligt und, so es auch bewilligt, nit wol zuverhoffenn, dz ainiche vergleichung in solchem concilio funden oder die spalltung zu einer christenlichen ainigkait gebracht werden möge: So ist auß dem allem leichtlich zu schliessen und zuversteen, dz ain colloquium zu verglaichung der religion nit dienlich, sonnder hochschedlich sein und dahin geraicht [!] wurde, dz nicht alein nicht guts darinn außgericht, sonnder dz mißvertrauen zwischen den stenden zum höchsten gemehrt, ja auch ursach daher geschepfft wurde, was die kirchen bißheer beschwerlich erhallten, das es jetzunnd vollend hingenommen wurde.

Von dem Reichs tractat inn de[r] religion sachen und ob dadurch ein vergleichung geschehen mög.

Es sein bißheer auff vilen reichstagen und andern der Reichs stend versamlungen auch der religion sachen gehandelt worden, allß zu Augsburg anno 30, zu Hagenau unnd zu Wurmbs anno 40, zu Regenspurg anno 41 et 4648. Auff welchen nit alein durch die gelertten bedertail colloquia gehallten, sonnder sollche sachen auch etwa inn gemainen Reichs rhäten, etwa inn sondern ausschutzen gehanndellt worden. Unnd inn solchen Reichs tractaten durch die kaiserliche Mt. unnd die stennd gemainlich beschlossen, dz diser sach irer art nach nicht durch die stende deß Hailigen Reichs, sonnder alein durch ein general concilium diffiniert unnd beschlossen werden soll. Und darauff jeder zeit verabschidet, dz dise sach auff ein universal concilium geschoben werden soll.

Dise mainung und beschluß kunden nachmalen nit geendert noch verbessert werden, dann es ist hieoben under dem titl von concilien gnugsam außgefuert, dz die glaubens sachen nicht durch die layen, was stannds unnd wesens die seyen, sonder alein durch die kirchen und derselben prelaten tractiert und darinn diffiniert unnd beschlossen werden soll. Allso dz auch die rhömische catholische kaiser je unnd allwegen selbß erkent, dz weder irem gwallt noch ampt zuestehe, von glaubens sachen zu tractieren oder zu diffinieren; wie sich auch dieselben je und allwegen solcher tractaten und diffinition enthallten. Dies zeigt das Verhalten der Kss. Konstantin I. und Markian in den Konzilien von Nikäa und Chalkedon49  ebenso wie das Vorgehen der Kss. Valentinian, Theodosius, Arcadius und Honorius50 , die lediglich die Bff. zu den Konzilien berufen, sich selbst aber an Verhandlungen und Entscheidungen nicht beteiligt haben.

Ja es haben auch die kaiser, so den ketzern anhengig gewesen, alß Constantius51, Valens52 unnd andere von der catholischen kirchen abgefallne kaiser sich der religion und glaubenssachen enthallten und dieselben den bischoven ires tails zu tractieren bevolhen. Welcher tractat und diffinition aber jeder zeit durch die catholische unnd apostolische kirchen damaniert unnd verworffen. Und darumb hatt die kaiserliche Mt. unnd die stennde deß Hailigen Reichs auff vergangen reichstagen inn der religion sachen sich nie einlassen noch ichtzit darinn schliessen wöllen, sonnder dieselben jeder zeit auff ein concilium verschoben. Unnd allso unnd nit anders soll es auch noch gehallten werden.

Unnd auß dem allem kan jetz leichtlich beschlossen werden, dz under den vier wegen des bassauischen abschidts zu vergleichung der religion alein der erst, dz ist dz universal concilium, durch die catholischen stennd bewilligt und angenommen werden soll unnd mag. Unnd allso erscheint auß dem allem lauter, was die catholischen stende bey den vier mitteln deß bassauischen abschidts willigen unnd annemen, thun unnd lassen sollen, und dz unnder angeregten vier mitteln die religion alein durch dz erst mittel, dz concilium universale, catholice verglichen werden soll unnd mag.

Neben diesen vier Wegen wird von anderen ein weiterer, welcher der mitler genent würdt, vorgeschlagen53 : Herstellung der Vergleichung durch die Bildung einer Schiedskommission, indem 1) der Kg. wenige Kff. und Ff. beider Religionen beruft, der 2) beide Seiten einige gelehrte, erfahrene und schiedliche Theologen zuordnen. 3) Beiordnung je eines qualifizierten Rates zu den Theologen. 4) Erörterung der strittigen Punkte vor der Kommission durch die Theologen ohne lange Ausführungen und ohne schriftliche Fixierung in Form eines freundlichen Gesprächs (amica collatio). 5) Nach Anhörung beider Seiten wird versucht, die Vergleichung herzustellen. 6) Ist dies nicht möglich, werden die strittigen Artikel an die Universitäten remittiert. 7) Scheitert auch dies, werden die strittigen Punkte eingestellt oder an ein Universalkonzil gewiesen. 8) Es steht dem Kg. sowie den deputierten Kff. und Ff. frei, ihre Theologen zu beteiligen und deren Rat anzufragen. 9) Wird die Vergleichung erreicht, legt der Kg. sie dem Papst und dem Kardinalskollegium vor. 10) Ist die freundliche Übereinkunft nicht möglich, legen die Theologen ihre Position schriftlich dar, damit der Kg. sowie die zugeordneten Kff. und Ff. mit ihren Theologen auf dieser Grundlage eine Vergleichung herstellen.

Stellungnahme zu diesem Vorschlag: Zwar ist deß consulenten grosser fleiß zu würdigen, doch wird auch dieser Weg wenig fürstenndig sein: Dass die Verhandlung vor der Kommission amica colacio und nit colloquium genant werden soll, dz gibt der sach nicht, solche verordnung und disputation werde genant, wie sy wöll, sonnder ist mehr antzesehen, was es an im selbs fur ein werckh sey. Der Vorschlag entspricht der Verhandlungsführung bei Disputationen in Afrika, die Augustinus ohne Differenzierung als Kolloquium, Disputation oder colatio bezeichnet hat, dann durch dise drey wort wirdt ein ding bedeutet. Da bereits ausgeführt worden ist, dass Kolloquien ohne unmittelbar folgendes Konzil nit alein nichts guts geberen, sonnder alle zwitracht sterckhen, unnd dann nit zuverhoffen, dz inn kurtz ein concilium zusamen berueffen werde, so volgt, dz auch dise colatio nichts guts bringen unnd zu diser sach gar undienstlich sein werde.

Kommentar zu den Einzelpunkten des Gutachtens: 1) Die Zuziehung von Kff. und Ff. als cognitores wurde bereits beim Kolloquium in Worms [1540/41] erfolglos praktiziert: Obwohl das zugeordnete Präsidium mit den Kff. von Mainz und Pfalz, dem Bf. von Straßburg und dem Hg. von Bayern katholisch besetzt war54 , verlief das im Anschluss an die lange Geschäftsordnungsdebatte ohnehin nur mühsam zustande gebrachte Gespräch eher zugunsten der Gegenseite. 2) Mit der Vorgabe, zum Kolloquium gelehrte, erfahrene und schiedliche Theologen zu verordnen, wurde in Worms 1540/41 und in Regensburg 1541 nichts erreicht, vielmehr führte sie im Anschluss an die Gespräche zu gegenseitigen Schmähungen der Theologen. Dies zeigen die Apologie von Eck gegen Bucer55  und die Verantwortung Groppers gegen Bucer56 . 3) Zuordnung von Ratgebern (collatorn) entspricht, wie oben ausgeführt, dem Verfahren bei den Kolloquien in Afrika. 4) Die im anderen Gutachten vorgesehene, zügige Klärung der strittigen Punkte ist in Anbetracht der wichtigen Thematik, für die umfassende Erörterungen Gelehrter vorliegen, nicht möglich, da auch die deputierte Kommission grundlegend unterrichtet werden muss, um eine Entscheidung treffen zu können. Schriftliche Aufzeichnung der Verhandlungen ist unabdingbar, um die Positionen beider Seiten für diese, für die Entscheidungskommission und für die Öffentlichkeit zu dokumentieren. Auch ist die vorgesehene Weitergabe der strittigen Punkte an Universitäten, Konzilien etc. nur möglich, wenn die Verhandlungen schriftlich fixiert werden. 5) Die Herstellung der Vergleichung durch die Kommission wird nicht möglich sein, da die kfl. Räte und andere cognitores, die selbst partei unnd thail sein, ebenso strackhs widereinander sind wie die Theologen. 6) Remittierung an Universitäten wird kaum möglich sein, da die Parteien sich weder über die Universitäten einigen noch deren Urteile anerkennen werden. Auch erwähnt dieser Abschnitt nur die Rechtfertigungslehre. Dies greift zu kurz, da andere Artikel ebenso wichtig sind. Dies gilt auch für strittige Punkte, die nicht in der CA enthalten sind. Eine Beschränkung der Verhandlungen allein auf die CA ist deshalb nicht möglich. Daneben wurde die CA wiederholt geändert: ein andere zu Augspurg anno 30 der ksl. Mt. uberantwurt, ein andere zu Wormbs auff dem colloquio anno 40 furkhommen57. Unnd sonnderlich ist der zehend articul58 solcher confession allso gestellt gewesen, wiewol die lutherische unnd zwinglische inn der matheri solches articuls strackhs einander widerwertig, dz doch solche contrarietet auß den wortten deß articuls nit hatt vermerckht werden mögen, da doch der articul, so der ksl. Mt. zu Augspurg ubergeben, allso gestellt, den die zwinglischen, so neben den confessionisten zu Wurmbs die confession samentlich ubergeben59, allß irer leer von sacramennt deß leybs und pluets Christi zuwider nit hetten annemen mögen. Dies geschah nur, um trotz der eigenen Spaltung in der Auseinandersetzung mit der katholischen Seite geschlossen auftreten zu können. Selbst innerhalb der CA herrscht Uneinigkeit: Dann anderst wurdt es zu Wittemberg gehallten, anderst zu Stutgart, anderst zu Augspurg, anderst zu Haidelberg. An einem ort wurfft man die bildtnussen auß den kirchen, an andern ortten lasst mans bleiben. Ja die, so ex professo zwinglisch sein, schirmen sich unnder dem tittul deß confessions verwanndten, alein dz sy deß religion fridens wider die catholischen geniessen mögen. So würdt auch not sein, dieweil die gaistlichen auff den reichstag zu Augspurg den confessions verwanndten die gaistlich jurisdiction, institutionem ministrorum ecclesiae, administrationem et usum bonorum ecclesiae et similia gegeben60, und doch nit lenger dann auff vergleichung der religion, dz inn solchem colloquio61 oder collation underschidliche articul von der jurisdiciton und allen iren tailen gestellt wurden. Darumb will sich die sach laut dises articuls nit allso kürtzen lassen. Ja so es zu einem colloquio oder collation khummen sollt, wurde von nöten sein, dz das gantz corpus religionis getailt und von allen desselben glidern in dogmatibus fidei, sacramentorum, ceremoniarum et politicem ecclesiae in iudiciis, iconomia, disciplina et magistratibus ecclesiae et eorum potestate et officiis und dann von allen mißbreuchen underschidlich gehanndellt wurde. Dann alle dise tail sein diser zeit etiam in minutissimis particulis per hereses et abusus presentis temporis corrumpiert. Unnd uber dz alles haben weder churfursten, fursten noch ire gelertten noch auch die universiteten inn glaubens sachen aniche beschluß oder vergleichung zemachen, wie hieoben gnugsam außgefuert ist. 9) Der Papst wird keine Vergleichung ratifizieren, in der man katholischerseits Zugeständnisse macht. Auch wird die Gegenseite eine Wendung an den Papst um dessen Ratifizierung verweigern. 10) Schriftliche Darlegung der Positionen und Übergabe an die Entscheidungskommission sind nicht weiterführend, da bereits jetzt genug Schriften vorliegen: Die CA, deren Apologie62  sowie die vielfach im Druck erschienenen Ablehnungen, dazu das Buch des Erasmus von Rotterdam „De amabili concordia ecclesiae“63 , das Buch Witzels64  und andere Werke.

Bringt dies als Kommentar zum anderen Gutachten vor. Und will diß mein mainung von vergleichung der religion eins jeden mehr verstendigern urtl und gutbedunckhen underworffen haben.

Anmerkungen

1
 Kurmainz A, fol. 73’–75, 81–83’, 93–94’ [Nrr. 320322]. Auch dies spricht gegen die Vermutung bei Riess, Canisius, 191 f., Anm. 3, dass die Denkschrift „von Canisius herrührt.“
a–
 zwuschen ... widerigen] Hinzufügung von Hd. Braun.
2
 Die genannten Wege im Passauer Vertrag, § 6 (Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 3 S. 126 f.) und im RAb 1555, § 25 (ebd., Nr. 390 S. 3112) als Grundlage der Verhandlungen des RT 1556/57.
b–
 welche ... werden] Hinzufügung von Hd. Braun.
3
 Ökumenische Konzilen von Nicäa/Nikaia 325 (Nikaia I: Baus/Ewig, Reichskirche, 23–30; Schatz, Konzilien, 30–36; TRE  XXIV, 429–441; Lit.), Konstantinopel 381 (Konstantinopel I: Baus/Ewig, Reichskirche, 70–80; Schatz, Konzilien, 44–48; TRE  XIX, 518–524; Lit.), Ephesos 431 ( Baus/Ewig, Reichskirche, 109–113; Schatz, Konzilien, 51–55; TRE  IX, 753–755; Lit.) und Chalkedon 451 ( Baus/Ewig, Reichskirche, 120–126; Schatz, Konzilien, 58–65; TRE  VII, 668–675; Lit.). Synode von Konstantinopel 553 (Konstantinopel II, 5. ökumenisches Konzil:  Beck, Frühbyzantinische Kirche, 34–36; Schatz, Konzilien, 75–80; TRE  XIX, 524–527; Lit.), von Konstantinopel 680/681 (Konstantinopel III, 6. ökumenisches Konzil: Beck, Frühbyzantinische Kirche, 42 f.; Schatz, Konzilien, 80–84; TRE  XIX, 527–529; Lit.), von Nicäa/Nikaia 787 (Nikaia II, 7. ökumenisches Konzil: Thümmel, Konzilien, 87–193; Schatz, Konzilien, 90–94; TRE  XXIV, 441–444; Lit.), von Konstantinopel 869/870 (Konstantinopel IV, im Westen als 8. ökumenisches Konzil gezählt: Beck, Frühbyzantinische Kirche, 206–208; Schatz, Konzilien, 96–98; TRE  XXVI, 587).
4
 Braun benutzte hier wohl vorrangig Pseudoisidor, da dort exakt 13 (statt 18) Versammlungen in Toledo, nur 7 in Karthago und ein Konzil von Mileve genannt werden (Übersicht: http://www.pseudoisidor.mgh.de/html/teil_ii.html;  Hinschius, Decretales, 2 f.). Spanien (Westgotenreich): Nicht 13, sondern 18 Konzilien von Toledo (daneben weitere Provinzialsynoden und kleinere Konzilien in Toledo und anderen Orten) im Zeitraum von 400 bis ca. 703. Vgl. umfassend: Orlandis/Ramos-Lissón, Synoden.
5
 Konzilien bzw. Synoden im Zeitraum von 345–425 überwiegend in der Auseinandersetzung mit dem Donatismus (vgl. Baus/Ewig, Reichskirche, 142–167, zu den Synoden bes. 156–159) und mit dem Pelagianismus (ebd., 168–182, bes. 172–178). Gute Übersicht zu den Kirchenversammlungen in Karthago (Nennung von 20 wichtigeren Konzilien in den Jahren 345–425): TRE  I, 671 f. (Lit.). Edition: CCSL  149 (Concilia Africae anno 345 – anno 525 [!]), passim.
6
 Milevum/Mileve in Numidien (Algerien): Fragliche Bezugnahme auf die dortige Synode im Jahr 416 gegen den Pelagianismus ( Baus/Ewig, Reichskirche, 178, 253; TRE  I, 672, 678, 688). Vgl. auch das in Pseudoisidor erwähnte Konzil gegen die Pelagianer (http://www.pseudoisidor.mgh.de/html/088.htm; Hinschius, Decretales, 316–319).
7
 Orléans: 5 Konzilien (1. Konzil im Jahr 511, 2.–5. Konzil in den Jahren 533–549). Vgl. umfassend: Pontal, Synoden, 23–34, 72–75, 78–101.
8
 Bezugnahme auf die Synoden von Mainz 852 ( Hartmann, Synoden, 228–232) oder 888 (ebd., 361–367) sowie von Worms 868 (ebd., 301–309) und Tribur 895 (ebd., 367–371).
9
 Nikolaus von Kues (Cusanus; 1401–1464), katholischer Theologe und Philosoph, 1448/50 Kardinal, 1450 Bf. von Brixen ( NDB  XIX, 262–265; TRE  XXIV, 554–564; Lit.).
10
 Vgl. dazu das Votum Brauns im Religionsausschuss am 14. 12. 1556: Kurmainz A, fol. 82 [Nr. 321] mit Anm. 10.
c
 berurts concilii] Hinzufügung von Hd. Braun.
11
 Bezugnahme auf die sog. Kirchweihsynode von Antiochien im Jahr 341, einberufen von Ks. Konstantius II. (vgl. unten, Anm. 51) im Bestreben, den Arianismus-Vorwurf Roms (Papst Julius I., reg. 337–352) zurückzuweisen (vgl. Baus/Ewig, Reichskirche, 38; TRE  IV, 338; Lit.). Braun argumentierte im Einzelnen mit einem Zitat aus der Kanonessammlung Polycarpus des Kardinals Gregor von San Grisogono (Polycarp, 1.17.5: http://www.mgh.de/fileadmin/Downloads/pdf/polycarp.pdf, S. 54).
12
  Ks. Valentinian III., weström. Ks. 425–455.
13
 Auszug aus der pseudoisidorischen Fälschung: Papst Sixtus III. (reg. 432–440) an die orientalischen Bff. (http://www.pseudoisidor.mgh.de/html/196.htm; Hinschius, Decretales, 561–565, Zitat 562).
14
 Die Bezugnahme konnte nicht geklärt werden.
15
 Vgl. Anm.11 bei Nr. 321.
16
 Bezugnahme auf die Synode von Frankfurt 794, veranstaltet in Anwesenheit von 2 Legaten Papst Hadrians I. Vgl. Hartmann, Synoden, 105–116, zur Rolle Karls d. Großen bes. 109–112, 116 (Vorsitz, teils Entscheidungsfindung zusammen mit der Synode). Zusammenfassend: Schatz, Konzilien, 92 f.
17
 = der weström. Ks. Valentinian III. (reg. 425–455) und der oström. Ks. Markian (reg. 450–457); Bezugnahme auf die Berufung des Konzils von Chalkedon 451. Vgl. dazu Anm.11 bei Nr. 321.
18
 Symmachus, Papst 498–514 ( BBKL  XI, 359–363).
19
 = Notwendigkeit.
20
  Ps 45,17.
21
 Bezugnahme auf das Konzil von Ferrara/Florenz 1438–1445 (im Zusammenhang mit dem Konzil von Basel seit 1431) unter Papst Eugen IV. (1431–1447), das in griechischen Texten wiederholt als 8. Synode bezeichnet wird. Die Teilnehmer wurden in 3 „Stände“ eingeteilt: 1) Kardinäle, Ebff. und Bff.; 2) Äbte und Ordensleute; 3) Doktoren, sonstige Dignitäre, Vertreter der Universitäten etc. Dabei mussten zwei Drittel der Mitglieder eines Standes eine betreffende Maßnahme bestätigen; die Zustimmung aller 3 Stände war Voraussetzung für einen Konzilsbeschluss ( Gill, Konstanz, 260 f.; Schatz, Konzilien, 154).
22
 Konstanz (1414–1418): Konkreter Teilnehmerkreis bzw. Delegationen (auch Äbte, Stifte und Klöster, Universitäten, f. Gesandte) bei Brandmüller, Konzil I, 134–150. In Konstanz wurde das Stimmrecht über den Kreis der Bff. hinaus erweitert auf Äbte, Kapitel, Universitäten, Gelehrte sowie Abgesandte von Ff. und das Abstimmungsverfahren „per nationes“ anstelle der Votenzählung „per capita“ eingeführt, das Konzil damit in „Nationen“ aufgeteilt (ebd., 196–208; Gill, Konstanz, 54–57; Schatz, Konzilien, 135–137). In Basel (1431–1449) waren nie mehr als 7 Kardinäle anwesend, dazu 150 Prälaten und 500–600 Doktoren und Graduierte, die in 4 Deputationen (anstelle des Verfahrens nach Nationen in Konstanz) aufgeteilt waren. Die Teilnehmer verfügten im Unterschied zu Konstanz ohne Rücksicht auf ihre Dignität oder Position über das gleiche Stimmrecht: Ein Bf. „stand also nicht höher als der kleinste Träger des Lizentiats der Theologie oder des Rechtes, ja als der einfachste, eben erst ordinierte Kleriker“ ( Gill, Konstanz, 253 f., Zitat 252; zum Verfahren auch TRE  V, 285).
23
 Zur Rolle Ks. Konstantins I. (306/324–337) in Nikaia (325) vgl. Anm. 24. Markian (oström. Ks. 450–457) benannte für Chalkedon (451) 19 Kommissare, welche die Sitzungen in seinem Auftrag überwachten. Vereinzelt nahm er selbst teil, auch proponierte er eine Reihe neuer Kanones ( Baus/Ewig, Reichskirche, 122–125; TRE  VII, 669–671). Dagegen betont Goemans, Chalkedon, 263 f., dass Papst Leo I. über seine 4 Legaten das Präsidium und das Recht beanspruchte, die Tagesordnung festzusetzen. Ks. Markian habe beides nicht bestritten. Die ksl. Kommissare hätten zwar eine wichtige Rolle gespielt, das Präsidium aber nicht innegehabt.
24
 Einzelheiten des Abstimmungsverfahrens und der Geschäftsordnung sind aufgrund der fehlenden Aktenüberlieferung nicht belegbar. Indizien sprechen für den formellen Konzilsvorsitz Ks. Konstantins und gegen die Leitung durch einen Bf.: Girardet, Kaisertum, 74–106, 136–172. Vgl. zusammenfassend auch TRE  XXIV, 432. Rufinus: Bezugnahme auf die Ergänzung der Kirchengeschichte des Eusebius durch Rufinus, hier Historia ecclesiae, Lib. X/1–5 ( Mommsen, Übersetzung, 960–965).
25
 Im Text ist eine Leerstelle für einen nicht erfolgten Nachtrag frei gelassen.
26
 = die nicht-katholischen, also vorrangig die CA-Stände.
27
 Aurelius Augustinus, Contra Cresconium grammaticum et donatistam libri quattuor ( CSEL  52, 323–582).
28
 Korrektes Zitat: „Ego vero evangelio non crederem, nisi me catholicae ecclesiae conmoveret auctoritas.“ Aurelius Augustinus, Contra epistulam Manichaei quam vocant fundamenti, liber unus, hier Kap. 5 ( CSEL  25/1, 191–248, Zitat 197).
29
  Mt 5,14.
d
 concilien] Korrektur von Hd. Braun; korr. aus: kirchen.
30
  Sir 24,31.
31
 Randvermerk: Prologo, Lib. 3 de trinitate. Aurelius Augustinus, De trinitate libri XV; liber III, prooemium ( CCSL  50, Zitat 128).
32
  Röm 5,5.
33
  Jud 1,19.
34
  Weish 1,5.
e
 und reben] Hinzufügung von Hd. Braun.
35
 Im Or. verschrieben: grab.
36
 Tertullian, De praescriptione haereticorum ( CCSL  1, 185–224).
37
 Bezeichnung als „strohene Epistel“ in der Vorrede Luthers zum NT ( WA DB  6, 10). Vgl. auch die Vorrede zum Jakobusbrief, in der Luther dessen Kanonizität wegen des Rechtfertigungsverständnisses, das im Widerspruch zu Paulus und anderen Schriften stehe, infrage stellte ( WA DB  7, 384–387).
38
 Dtn 4,2.
39
  Tit 3,10.
40
 Im Folgenden Anspielung auf den Religionsfrieden 1555.
41
 Bezugnahme auf das sog. Apostelkonzil (Apostelkonvent, Jerusalemer Konvent) in Jerusalem, um das Jahr 44 oder 48 zu datieren (vgl. Fischer/Lumpe, Synoden, 7–22).
42
 Zu den genannten Konzilien bzw. Synoden vgl. oben, Anm. 3. Lehrabweichungen: Arianismus (Konzil von Nikaia 325): TRE  III, 692–719. Pneumatomachen oder Makedonianer (Bestreitung der Wesensgleichheit des Heiligen Geistes), benannt nach Makedonius I., 342–360 Patriarch von Konstantinopel (Konzil von Konstantinopel 381): TRE XII, 199–201;  TRE XXXIV, 95 f. Nestorius (428–431 Patriarch von Konstantinopel), Nestorianischer Streit um die Bezeichnung Marias als Christus- oder Gottesgebärerin sowie um die göttliche und menschliche Natur Christi (Konzilien von Ephesos 431 und Chalkedon 451): TRE  XXIV, 276–286. Eutyches (geb. um 378, gest. nach 454; Priester und Archimandrit des Hiobklosters in Konstantinopel), Eutychianischer Streit (Monophysitismus: einzig göttliche Natur Christi gegen die Zwei-Naturen-Formel; Konzil von Chalkedon 451): TRE X, 558–565. Vgl. auch Nr. 320, Anm. t.
43
 Vgl. oben, Anm. 4, 5.
44
 = ligna.
45
 Hieronymus, Commentarius in Ecclesiasten, X, 9: „Haeretici ligna infructuosa sunt et saltus absque utilitate pomorum.“ ( CCSL  72, 247–361, Zitat 337).
46
 = stumpf gemacht ( Grimm XI, 2616).
47
 Folgender Absatz ist nachträglich eigenhd. von Braun am Rand hinzugefügt worden. Der Text ist teils verderbt.
48
 Bezugnahme auf die Religionsverhandlungen des Vierzehner-, dann des Sechserausschusses beim Augsburger RT 1530, die „eine Art Religionsgespräch“ ( Hollerbach, Religionsgespräch, 110; vgl. Decot, Religionsgespräch, 223) darstellten. Vgl. zu den Religionsverhandlungen des RT 1530 mit vielfacher Bezugnahme auf ein Konzil: Immenkötter, Einheit, 24–66 (Ausschussberatungen), 68–88 (informelle Verhandlungen und Entscheidungen des Ks.); Decot, Confessio, 29–36; Kohnle, Reichstag, 381–394; Luttenberger, Religionspolitik, 307–323 (bes. Konzeption Karls V.);  Fuchs, Konfession, 363–388 (Ausschüsse); Janssen, Gespräch, 25–41 (Ausschüsse und informelle Verhandlungen). Vgl. auch die Beiträge in Decot, Vermittlungsversuche, sowie in Iserloh, Confessio; dort bes. Becker, Verhandlungen. Guter Lit.-Überblick: Neuhaus, Augsburger Reichstag, 167–189. Zu den Religionskolloquien Hagenau 1540, Worms 1540/41, Regensburg 1541: Hollerbach, Religionsgespräch, 129–161; Luttenberger, Glaubenseinheit, 206–241; Ortmann, Reformation, 117–126, 149–163, 233–241; Fuchs, Konfession, 409–456. Editionen: Ganzer/zur Mühlen, ADRG I (Hagenau), ADRG II (Worms), ADRG III (Regensburg). Regensburg 1546: Hollerbach, Religionsgespräch, 170–183; umfassend: Vogel, Religionsgespräch. Überblicksdarstellungen: Scheib, Religionsgespräche, 187–193, 199–203 (Akten- und Drucknachweise, Lit.); zur Mühlen, Reformation, 33–45; Ganzer/zur Mühlen, ADRG I, Einleitung, XII-XX; Decot, Reichstage, 124–127.
49
 Vgl. oben, Anm. 23, 24.
50
 Wohl Bezugnahme auf Valentinian III. (weström. Ks. 425–455) und Theodosius II. (oström. Ks. 408–450), die laut Pseudoisidor (http://www.pseudoisidor.mgh.de/html/080.htm; Hinschius, Decretales, 277–282) gemeinsam das dort beschriebene Konzil von Ephesos einberiefen. Den Rückgriff Brauns auf Pseudoisidor legt die zweite zitierte Synode nahe, da das ebenfalls dort enthaltene Konzil von Mileve (vgl. oben, Anm. 6) demgemäß gemeinsam von Arcadius (oström. Ks. 395–408) und Honorius (weström. Ks. 395–423) versammelt wurde.
51
 Konstantius II., Sohn Konstantins d. Gr., oström. Ks. 337–361, weström. Ks. 350/353–361; Unterstützer des Arianismus. Berief mehrere Konzilien und Synoden. Vgl. BBKL  IV, 470–486 (Lit.); zur Religionspolitik des Ks.: Baus/Ewig, Reichskirche, 33–51.
52
 Zur aktiven arianischen Religionspolitik des oström. Ks. Valens (364–378) gegen Katholiken (Verfolgungen) vgl. Baus/Ewig, Reichskirche, 63–66.
53
 Direkte Bezugnahme auf den ersten alternativen Vergleichsweg im Gutachten Welsingers [Nr. 456, fol. 88’–92’]. Vgl. auch obige Zusammenfassung im Gutachten Brauns.
54
 Das vom Ks. festgelegte Präsidium sollten gemäß dem Hagenauer Abschied vom 28. 7. 1540 ( Ganzer/zur Mühlen, ADRG I, Nr. 37 S. 146–155, hier 147) die dortigen Vermittler bilden, also die Kff. Johann III. von Trier und Ludwig V. von der Pfalz, Bf. Wilhelm von Straßburg und Hg. Ludwig X. von Bayern. Aufgrund des Todes Kf. Johanns III. von Trier am 22. 7. 1540 (vgl. Anm.11 bei Nr. 25) [und der Kränklichkeit seines Nachfolgers] berief Ks. Karl V. am 15. 8. 1540 Kf. Albrecht von Mainz anstelle von Kurtrier in das Präsidium (Schreiben des Ks. vom 15. 8. 1540: Ganzer/zur Mühlen, ADRG II, Nr. 2 S. 19 f.; zur Zusammensetzung auch ebd., Nr. 301 S. 909). Braun selbst gehörte dem Präsidium als leitender Kurmainzer Vertreter in exponierter Position an. Die Verzögerung wegen der Klärung der Verfahrensfragen lag nicht zuletzt an der „kompromißlos konfessionellen“ Haltung Brauns als Präsident im sogenannten Abstimmungsstreit (vgl. Anm.7 bei Nr. 118). Zum Verhalten Brauns in Worms 1540/41 vgl. Rössner, Braun, 74–81, Zitat 76.
55
 Johannes Eck, Apologia pro [...] principibus catholicis [...] adversus mucores et calumnias Buceri, super actis Comitiorum Ratisponae [...]. Ingolstadt 1542 (VD 16, E 260). In deutscher Übersetzung: Auff Butzers falsch außschreiben, der handlung im Reichstag zu Regenspurg, Anno M.D.XLI. Schutzred D. Ecken [...]. Ingoldstadt 1542 (VD 16, E 263). Vgl. Ganzer/zur Mühlen, ADRG III, Nr. 270/271 S. 810–869 [Doppelnr., lat. und dt.]. Weitere Nachweise: Scheib, Religionsgespräche, 191, Anm. 177.
56
 An die Roemische Keyserliche Maiestat [...] Warhafftige Antwort und gegenberichtung H. Johan Gr[oe]pper [...] uff Martini Buceri frevenliche Clage und angeben. [Köln] 1545 (VD 16, G 3389). Erwiderung Bucers: Von den einigen rechten wegen und mitlen Deutsche nation inn Christlicher Religion zu vergleichen und was darfür und darwider auff den tagen zu Hagnaw, Worms und Regenspurg Anno 40 und 41 und seither fürgenomen und gehandelt worden ist. Mit Warhaffter Verantwortung auff das offenbar falsch erdichtes anklagen, des sich an die Kei. Maiet. D. Johan. Gropper wider Mart. Bucerum angemasset hat. Straßburg 1545 (VD 16, B 8940).
57
  CA Invariata von 1530: Bekenntnisschriften, 31–137; ebenfalls von Melanchthon formulierte CA Variata, die 1540 beim Kolloquium in Worms als Verhandlungsgrundlage vorgelegt wurde: neuser, Confessio, 13–60 (dt.). Vergleich mit der CA Invariata: Janssen, Gespräch, 110–119.
58
 = Abendmahlsartikel ( neuser, Confessio, hier 18).
59
 Melanchthon hatte in der CA Variata im Abendmahlsartikel die Aussage zur Realpräsenz gegenüber der eindeutigeren Fassung in der CA Invariata (1530) deutlich abgeschwächt. Die explizite Ablehnung anderer Lehrmeinungen wurde gestrichen (vgl. die Zusammenfassung der Änderungen in TRE  IV, 626 f., und bei Janssen, Gespräch, 116 f.). Die CA Variata wurde im Anschluss an die Vorgespräche der protestantischen Theologen, darunter Calvin, vom 8.–18. 11. 1540 ( Janssen, Gespräch, 124–131) am 28. 11. 1540 als deren offizielles Dokument übergeben (Protokoll: Ganzer/zur Mühlen, ADRG II, Nr. 224, hier S. 567; vgl. Nr. 382 S. 1114 f.). Vgl. zur Mühlen, Reformation, 37 f.; Heckel, Konfession, 88 f.; Janssen, Gespräch, 108.
60
 Religionsfrieden (Art. 7–9) im RAb 1555, §§ 19–22 ( Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 390 S. 3110 f.).
61
 Hier und in den folgenden Punkten wieder Bezugnahme auf das Gutachten Welsingers.
62
  Bekenntnisschriften, 139–404.
63
 Es handelt sich um einen anderen Titel für das im Gutachten Welsingers erwähnte Werk: De sarcienda ecclesiae concordia (1533). Vgl. Anm.21 bei Nr. 456. Nachweis unter obigem Titel: VD 16 E 3629 (Ausgabe Basel 1563).
64
 Georg Witzel, Methodus concordiae ecclesiasticae. Leipzig 1537. Vgl. Anm.23 bei Nr. 456.