Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Würzburg, fol. 227’–230’.

2. HA (Türkenhilfe): Benennungsmodus für die Kriegsräte im FR. Deren Benennung. Einigung zwischen KR und FR sowie im RR über die Oktoplik der Reichsstände. Übergabe an den Kg. Instruktion für die Kriegsräte. Gratifikationen. Quintuplik des Kgs. zum 1. HA (Religionsvergleich).

/227’/ (Vormittag) fürstenrat. /227’ f./ Benennungsmodus der vier Kriegsräte (Musterherren), die FR stellt: Soll jede Bank des FR direkt zwei Kriegsräte konkret benennen oder sollen für jede Bank zwei Stände festgelegt werden, welche die Kriegsräte anschließend für sich deputieren?

/228/ Beschluss der geistlichen Bank: Benennung direkt durch die Bank, der gestalt, das die gaistlichen mit sambt der prelaten gesandten sich wolten zwaier vergleichen.

Dagegen lehnen die Stände der weltlichen Bank die direkte Benennung strikt ab, da dies eine neuerliche Zusammenkunft oder anderweitige Ungelegenheiten nach sich ziehen würde, falls ein deputierter Kriegsrat verstirbt. Darumb es besser, auff jeder banck zwen stende zuverordnen, welchen das onus praesentandi vel surrogandi solt auffgelegt werden.

Die geistliche Bank überlässt daraufhin der weltlichen Bank den Auswahlmodus nach eigenem Gutdünken, beharrt für sich aber auf ihrem Beschluss.

Beratung einer Supplikation des Mainzer Kanzlers mit der Bitte um eine Gratifikation von wegen seine diß gantzen jar aus vil gehabter muhe und arbait [auf dem RT]1 . Beschluss: Ist gleichwol darvon geredt worden, es were zuvor im Reich der brauch nie gewesen. So were der churfurst und ertzbischoff von Maintz deß Reichs ertzcantzler, derhalben ihme, als der von deß Reichs cammergerichts cantzlei gefellen järlich wol ettwas stattlichs auffhübe, billich gebüren wolte, seinen cantzler /228’/ und cantzlei diener dermassen, das ihnen ihre muhe und arbeit vergolten, für sich selbs zuunterhalten. So were es nit ohn, das der cantzler, dieweil er sonst der gestalt wie zuvor auff andern reichstägen mit zugeordneten von seinem gnst. herrn nit versehen gewest, sovil desto mehr arbait auff ihme ligend gehabt: Deshalb wird eine Gratifikation von 1000 fl. mit der Bedingung bewilligt, dass daraus für die Zukunft kein Anspruch abgeleitet wird2 . Der Mainzer Sekretär [Bagen] erhält auf seine Supplikation hin eine Gratifikation von 200 fl. Erbringung des Geldes nicht durch Umlage auf die Reichsstände, sondern möglichst Entnahme aus dem Kammerzieler oder dem Reichsvorrat.

Sollte der Reichserbmarschall ebenfalls um eine Gratifikation bitten, so ist dies als Neuerung abzulehnen. Zwar erhielt er auf dem RT 1548 1200 Taler, jedoch erfolgte dies als Ausgleich für erlittene Kriegsschäden3. Es stündt aber sonst ksl. Mt. zu, den Reichs marschalck zuunterhalten. /229/ Der Diener des Reichserbmarschalls dagegen erhält gemäß dem Herkommen so viel wie das Personal zur Aufwartung im Rathaus zusammen4.

Getrennte Beratung beider Bänke des FR. Benennung der Kriegsräte (Musterherren) beim 2. HA (Türkenhilfe). Die geistliche Bank schlägt Georg Ludwig von Seinsheim, Würzburger Rat und Amtmann zu Markt Bibart, sowie Karl von Fraunberg, Passauer Hofmeister, vor5 . Daneben wird von einigen auch Heinrich von Bobenhausen, Komtur des Deutschen Ordens zu Frankfurt, genannt.

Die weltliche Bank beschließt, dass Bayern und Sachsen je einen Kriegsrat und dessen Ersatzmann stellen sollen. Bayern benennt daraufhin Hans Zenger6 , Viztum zu Landshut. Sachsen7  schlägt Gf. Volrad von Mansfeld in eventum vor8 . Daneben wird für die weltliche Bank Gf. Joachim von Ortenburg als Pfennigmeister benannt.

/229 f./ Reichsrat. [Entsprechend Protokoll des KR, 782–784.]

/229’/ (Nachmittag) /229’ f./ Kurfürstenrat und fürstenrat, sodann Reichsrat. [Entsprechend Protokoll des KR, 784–786. Abweichend:] /230/ Das unmittelbar zuvor erstellte Ausschusskonzept der Instruktion für die Kriegsräte wird im RR bereits gebilligt.

/230/ (Nachmittag, 5 Uhr) /230 f./ Kgl. Herberge. [Entsprechend Protokoll des KR, 786 f. Ferner:] /230/ Neben der Oktoplik zum 2. HA 9  wird dem Kg. auch die Instruktion für die Kriegsräte10  übergeben. Der Kg. legt den Reichsständen seine Quintuplik zum 1. HA (Religionsvergleich)11  vor.

Anmerkungen

1
 Gemäß Württemberg (unfol.) brachte der Mainzer Kanzler die Supplikation nur mündlich bereits am 11. 2. 1557 vor. Vgl. auch Bericht Veit Krummer an Hg. Heinrich von Braunschweig vom 13. 2. 1557: Der Mainzer Kanzler hat an die Reichsstände um eine Gratifikation für seine Dienste auf vielen RTT und bei anderen Reichsverrichtungen suppliziert. Einige haben daraufhin 30, andere 40 Taler je Fürst vorgeschlagen. Beschluss: Zunächst Nachfrage der Gesandten bei den Herrschaften um Weisung (StA Wolfenbüttel, 1 Alt 1A Fb. 1 Nr. 20/II, fol. 1–2’, hier 1’. Eigenhd. Or.; präs. Schöningen, 23. 2.). Die Supplikation [Nr. 553] lag zumindest im SR in schriftlicher Form vor, übergeben ebenfalls am 11. 2. Vgl. Nr. 290, Anm. a.
2
 Vgl. zur Gratifikation (erhöht auf 1500 fl.) auch die spätere Korrelation von KR/FR am 4. 3.: Kurpfalz, fol. 548 [Nr. 97, Anm. a].
3
 Reichserbmarschall Wolfgang von Pappenheim wies in seinen Supplikationen an den Ks. und an die Reichsstände mit der Bitte um eine Entlohnung für die Tätigkeit auf diesem und früheren RTT auch auf seine erlittenen Kriegsschäden hin ( Machoczek, RTA JR XVIII, Nrr. 356–359 S. 2567–2572, hier 2569, 2570). Er erhielt gemäß Ständebeschluss 1000 Goldgulden, die aus dem Kammerzieler entnommen wurden (vgl. Quittung der Reichsstände für die Stadt Nürnberg wegen der Auszahlung sowie Anweisung an Fiskal und Pfennigmeister des RKG, jeweils 20. 6. 1548: Ebd., Nrr. 360 f. S. 2572–2574).
4
 Vgl. dagegen den Abschlussbericht des Gesandten der Wetterauer Gff., J. Lieberich, zum RT (o. D., vorgelegt beim Grafentag im April 1557): Neben dem Mainzer Kanzler (1500 fl.) und dem Mainzer Sekretär (200 fl., jeweils aus dem Reichsvorrat) erhält auch der Reichserbmarschall eine Gratifikation. Dafür soll jeder Stand 6 Taler erlegen, um davon 100 fl. an den Marschall und den Rest an dessen Schreiber und Diener auszuzahlen (HStA Wiesbaden, Abt. 171 R 421, ab fol. 463, dann unfol. Kop.).
5
 Vgl. Bericht Zasius an Kg. Maximilian von Böhmen vom 27. 2. 1557: Benennung von Seinsheims, da er /540’/ in vergangnenn khriegen allwegen der furnembsten khriegs comissari ainer gewest; von Fraunbergs, da er /541/ ettlich zug in Ungern gethon. Den von den weltlichen Ff. vorgeschlagenen Gf. Volrad von Mansfeld hat Kg.  keins wegs annemen wöllen (HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 540–546’, hier 540’ f. Or.; präs. o. O., 7. 3.). Später wandten sich Ebf. Michael von Salzburg (Regensburg, 4. 3. 1557) sowie in einem gemeinsamen Schreiben die Bff. von Augsburg, Würzburg und Eichstätt (Regensburg, 5. 3. 1557) an Bf. Wolfgang von Passau, um ihn namens der geistlichen Bank des FR um die Freistellung Fraunbergs als Kriegsrat zu bitten (HStA München, Passauer Blechkastenarchiv 4 Nr. 43 [neu 20], unfol. Orr.; präs. o. O., 7. 3.). Bf. Wolfgang tat dies, obwohl er ihn wegen erwarteter Söldnerdurchzüge selbst benötigt hätte (so in der Antwort an die 4 Bff.; Passau, 10. 3. 1557: Ebd., unfol. Konz.).
6
 Der bayerische Gesandte Hundt hatte die Benennung Zengers bereits im Bericht vom 15. 2. 1557 an Hg. Albrecht angeregt, damit er /2/ als der nechst anrainend furst durch ain solche dapfere, verstendige und außrichtige person aus dem veld und hernach [...] lautere, gute erfarung und bericht des turckischen krieges und weßens halb gehaben mugen; so hat er weder weib noch kind, gedenck, werds kains wegs abschlagen, dan man wirt sy statlich und erlich unterhalten (HStA München, KÄA 3180, fol. 1–3’, 5 f., hier 2. Or. Druck: Mayer, Hundt, 220–223, hier 221. Vgl. Heil, Reichspolitik, 153, Anm. 48). Im Bericht vom 26. 2. 1557 ging Hundt auf obige Beratung ein: Hat in seinem Votum Württemberg und Braunschweig (Heinrich) /18/ als von ober- und nider teutsch land fugeschlagen gehabt. Pfaltz, Saxen unnd Brandenburg hetten euer f. Gn. gern außgeschlossen unnd vileicht selbs gern im handl gewesen, wie dan Saxen nach darein komen. Darumben dieselben ainer Pommern, ainer Meckelburg und dergleichen furgeschlagen, dahin doch ir mainung nit gestanden. Da die Mehrheit für Bayern votierte, hat er den Viztum von Landshut benannt (HStA München, KÄA 3180, fol. 17–21’, 24 f., hier 18. Or. Druck: Mayer, Hundt, 230–235, hier 231).
7
 = der Gesandte Tangel. Vgl. zur Beratung dessen Bericht vom 25. 2. 1557 an die Hgg.: Getrennte Beratung der geistlichen und weltlichen Stände, da Erstere ihre Kriegsräte /272’/ in continenti genennet. Die weltlichen Ff. lehnten zunächst eine konkrete Nominierung ab, da man nicht wisse, ob die Benannten das Amt übernehmen oder ihre Herren dies gestatten würden, sondern wollten nur die abordnenden Stände festlegen. Dabei wurden auf der weltlichen Bank einhellig Bayern und Sachsen vorgeschlagen. Da Bayern sofort Zenger nominierte, wurde er gedrängt, den letzten noch ausstehenden Kriegsrat für FR festzulegen. Als er daraufhin Gf. Volrad von Mansfeld nannte, wandten die österreichischen Gesandten nur ihm gegenüber ein, der Kg. werde mit dem Gf. /273’/ nicht zufriedenn sein vonn wegenn seiner hievorigenn diennst inn Frannckreich etc. Deshalb sprach er, Tangel, direkt beim Kg. vor, der bestätigte, er könne Gf. Volrad /274/ zu diesem vorhabenndem werck nicht leidenn. Tangel bat die Hgg. im Bericht, unverzüglich einen anderen Kriegsrat zu nominieren (HStA Weimar, Reg. E Nr. 180, fol. 272–275’. Or.).
8
 Zum Vorschlag vgl. die Weisung der Hgg. von Sachsen vom 16. 2. 1557 (Weimar): Sollen Gf. Volrad von Mansfeld /374/ als unnsernn lehenman undt welcher der krige ubung unnd verstandt hat, angeben (HStA Weimar, Reg. E Nr. 179, fol. 372–379’, hier 374. Or.).
9
 Nr. 442.
10
 Vgl. Nr. 481, Fassung A.
11
 Nr. 432. Zur Übergabe vgl. Kurmainz A, fol. 202 f. [Nr. 345].