Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. E 141, fol. 217r–219v (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 219v: Wie eß umb die religionshandlung und das buch, talmut genant, geschaffen etc.

Druck: Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,1, Nr. 111 , S. 189–190; Corp. Reform. IV, Nr. 2229, Sp. 288–290.

Euerer kfl. Gn. widerschreiben [Nr. 620] auf nechste meine untertenigste anzeige und uberschickte vorzeichnus, des H. von Granella antwort belangendt, habe ich untertenigst entpfangen und darauß vornomen, auß was ursachen euere kfl. Gn. vorzogen, mier dißmals zu befelhen, welchergestalt dem H. von Granuell weittere anzeige geschehen solte, sambt euerer kfl. Gn. angehaftem begern, derselbigen forderlichen bericht zu thuen, wie es umb das buch, so die drei papistischen anzihen und den talmuth nennen sollen, gelegen sei, und in alle wege zu fordern, das eueren kfl. Gn. der vorgenomen religionhandlung aufs allererst guther und gruntlicher bericht geschehen mochte etc.

Nun trag ich keinen zweifel, es werde euere kfl. Gn. auß meines gnedigen hern von Anhalt und der andern euerer kfl. Gn. zugeordenten rethe alhie schreiben nunmehr vornomen haben, wie es sich mit der religionhandlung bißher hath zugetragen. Dan wiewol es sich fast hath lassen ansehen, das sich die handlung ganz stossen wurde, so haben doch Pfgf. Fridrich und der Granuell daruber so heftig angehalten, das man sich unterstanden, in dem artickel, das hochwirdigen sacrament des leibs und bluts unsers hern Christj belangendt, ferner zu handeln, darumb auch diese tage allein vier theologen, nemblich H. Julius Pfluck und Dr. Groperus jenes teils, magister Philippus und Bucerus diß teils, abweßens des pfaltzgraffen praesidenten und der andern zugeordenten beieinander gewesen und sich von solchem artickel unterredet, aber nicht entlich vorgleichen mogen, dorumb es dohin gericht, das die streitigen puncten in dießem artickel suspendirt und aufgeschoben und mitlerweil in den andern vortgeschritten werden, dorzu der almechtige gnade vorleihen wolle.

Mag. Philippus hath sich bißher ganz strack und steif gehalten und wirdet es, ob Goth wol, forder auch thuen. So ist der Pistorius gar ein aufrichtigs, bestendigs menlein, der sich durchauß bißanher auch ganz wol gehalten1. Bucerus ist wol etwas weitschweifender und wanckt bißweilen. Ich hoff aber, ehr werde sich von Philippo und Pistorio nicht sondern mogen noch durfen. Die ksl. Mt. dringet heftig auf die handlung. Und sicht mich die sache darvor an, das, wiewol das andere teil vormerckt und befindet, das man durch Gottes gnaden auf dießem teil, von der warheit in keinen weg zu weichen, gneigt, sie auch ire irthumb und mißbreuch bekennen mussen, so wollen sie doch nicht gesehen sein, als musten sie von den unßern gelerth und gewisen werden, wie die englischen auch theten, darumb sie artickel stellen und flicken, welche doch dießes teils gelerthen theologen nicht approbiren mogen noch wollen, dan soferne dieselbigen nicht ungemeß sein der confession, die in alle wege vorbehalten und unzurruttet bleiben soll.

Mit dem buch, so a eueren kfl. Gn. der talmuth genennet worden, ist es alßo gelegen, wie euere kfl. Gn. zuvorn auß meines gnedigen hern von Anhalt und der rethe schreiben auch gnediglich vorstanden2, das es ein gemenge ist, welches bißweilen wider der bebstlichen noch evangelischen lerhe gleichformig, darumb auch solch buch mermals von beiden teilen angefochten worden. Und ist in etzlichen artickel heraußen am rand je etwas hinzugeschrieben, des zuvorn in solchem buch nicht gestanden. Das soll der Kard. Contarenus, wie glaublich darvon geredt wirdet, gethan haben, darauß auch der itzige zanck dieße acht tage her von der transsubstanciation vorursacht. Und hat es Mag. Philippus einmal oder zwei in einem schertz den talmuth genennet3, dieweil es alßo ein gemenge ist zum gleichnus des judischen talmuts. Es ist solch buch vorsigelt geweßen, wie es erstlich den vorordenten sechs theologen auß bevelh ksl. Mt. vorgelegt worde4. Ich habe auch keinen sondern titel daran gesehen, wil aber auf den titel achtung haben, dan heuth dato umb drei hora–a soll in den andern artickel vorgeschritten werden, und eueren kfl. Gn. solches auch unterthenigst vormelden.

So wil euerer kfl. Gn. ferners bescheidts, wes ich dem H. von Granuella anzeigen soll, ich auch unterthenigst gewertig sein und mich demnach gehorsamlich und untertheniglich halten. Und habe eueren kfl. Gn. solchs auf derselbigen schreiben in unterthenikeit nicht unvermeldet lassen sollen, eueren kfl. Gn. mich zum untertenigsten bevelhende. Datum Regenspurg, Freitag nach Jubilate, den 13. Maij anno domini 1541.

Anmerkungen

1
 Dazu marg. Notiz v. 3. Hd.: Nota. Pistorius ist ein bestendigs menlein.
a
–a Angestr.
2
 Dazu marg. Notiz v. 3. Hd.: Nota. Wie es umb das buch, ßo talmuth genandt wirdt, beschaffen sey, darzu der Kard. Contarenus marginalia gemacht haben soll.
3
 Dazu marg. Notiz v. 3. Hd.: Warumb es Philip den talmuth genandt.
4
 Dazu marg. Notiz v. 3. Hd.: Nota. Ist versiegelt gewesen, wie es uf ksl. Mt. befehlich den verordenten ist furgelegt worden.