Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 335 Nr. 134 Bd. 1, fol. 21r–25v (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 25v: Dr. Brugk zeigt sein bedenken an der brief halben, so von Wormbs einkomen, 1541. Die religionhandlung daselbst, die konigliche wahlsache, die schreiben an ksl. Mt., so dem H. Granuel uberandtwort, und, was ihm uff sein hoch erbieten ferner zu vermelden sei, und dan die verfolgten christen in Frankreich betr[effend].

Es sein heint spat die brive mir zur Naumburg zugestelt worden, so die rethe von Wormbs aus an euer kfl. Gn. semptlich und auch sunderlich abgevertigt. Und dieweil sich der bote hat lassen vornemen, ime were zu Weimar bevolen worden, er solte sie mir alhir zustellen, so hab ich woll achten können, das eur kfl. Gn. solchs dohin werden haben schreiben lassen, wie ich dann negst von eurn kfl. Gn. zur Lochau vormerckt. Hab sie derhalben mit Hans Pocken erbrochen und gelesen, auch ausgetzaichent, was uns alhir zu den handlungen möcht dienen.

Und wiewol die rete eurn kfl. Gn. allerley berichte thun, die ane zweivel eurn kfl. Gn. zu gnedigem gefallen werden geraichen, so hab ich doch nicht mer dan ungeverlich drei punct doraus vernomen, dorauf inen besonders antwurt zu geben not. Der aine punct ist der, belangend, das die handlungen itzt auf ainen engen ausschus und, auf idem tail nur aine stimme zu furen, wollen gericht werden. Dorauf inen meins underthenigen bedenckens wil zu bevelen sein, das sie in allewege in der bann des kaiserlichen ausschreibens, wie sie sich mit den andern rethen und potschaften beraitan vorglichen, gentzlich vorharren. Dann es ist doch bei den leutten kain hertz zu warhaftiger, cristlicher vorgleichung, sondern scheuen des lichts und der rechten bann und wolten nu gerne aus dem kayserlichen ausschreiben andere wege furschlagen, auf das sie, wo nicht mit glimpf, doch mit wenigerm schimpf möchten von dem tage kommen. Dieweil sie dann durch sunderlich Gottes vorhencknus ainmal zu irem spot und schimpf beheft sein, so behalte man Got und sein wort, den rum nu in allewege an der hand, das sie alle wege horen mussen, auf disem tail sei man begirig und willig gewest, dem kayserlichen ausschreiben zu geleben, aber sie haben nicht ans licht gewolt.

Und glaub auch, das der Granuel nicht nachlassen werde, sondern sich etwo letzlich selbst understehen, furschleg zu ainer vorgleichung zu thun. Aber dieweil doch unmuglich, auch unglaublich ist, das es solche furschlege soltn sein, die diesem tail annemlich odder zu bewilligen sein wolten, und also mit solchn furschlegen an[= ohne] zweivel nichts anders gesucht noch gemaint wolt werden, dann diesem tail nachmals domit ainen unglimpf beizubringen, als hette ksl. Mt. wie ain gutiger vater durch iren oratorem solche artickel lassen furschlagen, dorinnen man doch billich hette sollen vorfolgen, wo den lutterischen fried und ruhe lieb und nicht so gar vorstockt weren, gleichwol hetten sie die auch gantz abgeschlagen, so mochte auch in dem falh woll das allerbeste sein, do bei den reten und potschaften gemutet wolt werden, dem orator, furschleg zu thun, einzureumen oder zu sich zu nemen und dorauf antwurt zu geben, das bemelte rethe und potschaften furwendeten, das sie des merern tails nicht anders abgefertigt weren, dann vormug ksl. Mt. ausschreibns der gesprechshandlung zu gewartn. Solte sich nu der kayserliche orator doruber sollicher muhe und handlung beladen und doch rete und potschaften sich aus mangel irer abfertigung und bevelichs dorauf nicht mugen vornemen lassn, das wolt dem kayserlichen oratori und nicht unbillich zu misfallen geraichen. Wolt er aber doruber jhe, das sie seine furschlaege soltn zu sich nemen und doch dieselben lesen, so konnten sie es thun und dieselben lesen, aber doch zu ainicher antwort, dorauf zu geben, unvorbunden, weil es mit irer abfertigung die gelegenhait het, als dan der orator selbst erachten konnt, wie berurt. Und konnten alsdann rete und potschaften die artickel lassen umbschreiben und dornach zu ider zeit, wo man disem tailh ainen unglimpf wolt zumessen, antzaigen, was es fur lobliche artickel gewest etc.

Wurd aber der orator doruber wollen handeln von artickeln ains eusserlichen, bestendigen friedens, dorauf mochten sich rete und potschaftn horen lassen, dem orator were selbst bewust, welchergestalt die stende dises tails vorm jhar ire potschaft zu ksl. Mt. in die Niderlande geschickt und umb gnedigste handhabung des nurmbergischen friedens und stilstands hetten ansuchen lassen, dorauf aber ain aufschöbliche antwurt durch ksl. Mt. gegeben. Und wiewol ksl. Mt. eur kfl. Gn. und dem landgraven in der erforderung gegen Speier, so sich gegen Hagenau vorandert, gnedigste vortröstung gegeben, das die kgl. Mt. doselbst dorauf die resolution anzeigena solt, so stunden doch die stende dises tails desselben fridens und stilstands resolution nach heutzutage in mangel und hetten derhalben rethe und potschaften bevelh, im falh, das der religion halben die vorgleichung entstund, das sie bei dem oratori itzt auf obgemelter potschaft anbringen umb gnedigste antwurt solten anregen. Dorumb konnte der orator woll abnemen, das man auf disem tail frieden und ruhe zum hochsten suchte. Wo nu der kayserliche orator sich mit furschlegen dortzu dinstlich b und, damit berurter nurmbergischer frid und stilstand am camergericht und sonst bestendiglicher, dann bisher beschehen, mocht erhalten werden–b, wolt beladen, die wolten sie irem bevelich nach gern anhören und sich dorauf widerumb vornemen lassen. c Dan doraus wurde man bei dem orator erlernen die antwurt auf die obberurte werbung, so an ksl. Mt. beschenn, und dorzu auch, welchergestalt man zu ainem eusserlichen frieden gnaigt. Dann wo der orator andere wege wollt furschlagen, so wirt es gewis ein solch ding sein, das man also wirt wollen friden geben, das das evangelium etzlichermas eingetzogen und seinen freien lauft nicht haben solt–c.

Der ander artickel ist meins erachtens der, dovon H. Hans von Doltzk und der cantzler semptlich, [Nr. 428] auch H. Hanns weitter sunderlich [Nr. 429] euren kfl. Gn. schreiben, nemlich, was der walh halben der grefigyr1 und der von Manderschit mit in geredt und sunderlich der grefigyr mit H. Hannsen. Und ist gleichwol seltzam, das sich der grefigyr so weit aufgethann, was sich zutragen möcht, do ksl. Mt. solte den kopf legen, dann wie er angetzaigt, so konnt sich warlich das alles begeben. So sagte Hermann von der Malsburg heut, das Thilo Wolfs sonn were heraufkommen und het ime angezaigt, wie das der kaiser am podagra und an flussen im haupt were kranck gelegen, wie er aber wider ausgangen an ainem stabe, het er sein leben lang kainen heslichern, elenden man gesehen. Dieweil dann der grefigyr nicht so gehaimbd ist, so hielt ichs in underthenikeit dorfur, doch werden euere kfl. Gn. selbst das beste als ain hochvorstendiger churfurst zu erwegen wissen, es solt nicht gros schaden, das euere kfl. Gn. H. Hansenn copeien des cadauischenn und wynischen vortrags zuschickten2, do sie inen weitter wurden anlangen, dem graven und grefigyr oder demselben allain dovon summarie bericht zu geben, und, wie dieselben handlung und vortrege zustossn. So konnten ime auch euere kfl. Gn. durch den secretari Wolffenn woll aufs kurtzest die winischenn artickel lassen auszihen, sovil die walhsache belangend. Dann was des concilio halben dorinnen gemeldet, das gehört zur walhsachen nicht. Wurde nu weitter derselben artickel halben bei ime angeregt werden, so möcht er sy inen als fur sich selbst hingeben, dann es hat sie doch der kunig und der kaiser und ane zweivel alle churfursten. Wurden sie inen nu dorauf weitter ansprechen, so hört er doch, was sie wurden furgeben. Möcht villeicht derselben sachen halben ain zurichtung gemacht werden etwa zu ferner handlung auf dem kunftigen reichstag. [...]. Datum Naumburg, Montags Johannes Evangeliste anno etc. 41.

[Zettel:] Der dritte artickel were der, ob eur kfl. Gn. H. Hansen und dem cantzler wolten befelen, dem Granuelh auf sein gegebene gleisende antwurt und erbieten widerumb kurtze antzaig zu thun, als ungeverlich, das sie dieselbig seine gegebene antwurt und erbieten eurn kfl. Gn. zu erkennen gegeben, die hetten inen dorauf wider geschrieben und bevolhen, ime widerumb zu vormelden, das euren kfl. Gn. dieselbig sein antwurt und erbieten zu gantz gutem willen vormarckt und lissen ime seins erbitens sunderliche dancksagung thun, do ime auch euer kfl. Gn. widerumb zu dinen und guten willen zu erzaigen wusten, das euere kfl. Gn. dotzu gantz gneigt weren. Und dieweil er euer kfl. Gn. und des landgraven schrifte, an ksl. Mt. haltend, zu sich genommen mit erbietung, dieselben ksl. Mt. furderlich zutzeschicken und die antwurt alsdann zu geben, derselben aufgenommenen mühe bedancken sich euer kfl. Gn. gegen ime ganz sehr und, wo von ksl. Mt. bevellich und antwurt dorauf einkomen were, begerten euere kfl. Gn. gnediglich, das er gemelten reten dieselbig, eueren kfl. Gn. und dem landgraven furderlich zutzefertigen, wolt zukomen lassen etc. Aus demselben handel, das er die brive angenomen hinwegzubestelln, und, was dorauf zu antwurt wil gefallen, wil zu vermercken sein, wie sich sein getanes erbieten und das werg mitainander werden vorgleichen.

Vor den virden artickel wil villeicht den baiden reten der abermals in Franckreich beschwerten cristen halben zu bevelen sein, H. Jacob Stormen antwurt zu geben. Nu dunckt mich, wan sie es ime aus bevelh euerer kfl. Gn. antzaigen, das euere kfl. Gn. uns, den rethen, dorauf hier bevolhen, wo auf ain schickung, in Franckreich zu thun, wurde wollen beschlossen werden, das man derselben beschwerten leut halben in der instruction mitgesetzt solte werden, so wurde H. Jacob Storm dismals gute gnug doran haben.

Anmerkungen

a
 V. a. Hd. korr. aus: geben.
b
–b  Korr. aus: und die von diesem tail mit Got und gewissen konten angenommen werden.
c
–c Nachgetr.
1
 Johann von Naves.
2
 Zum Vertrag von Kaaden vom 28. Juni 1534 und zum Wiener Vertrag vom 20. November 1535 vgl. Kohler, Antihabsburgische Politik, S. 368–369; Mentz, Johann Friedrich, Bd. II, S. 42–48 und S. 52–68 und Schlütter-Schindler, Der Schmalkaldische Bund, S. 148–152.