Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Stillstand in Sachen Appellationsfreiheit, Bitte um weitere Weisungen in dieser Angelegenheit; [2.] Noch keine Antwort der Stände auf die ksl. Stellungnahme zum Reichsordnungsentwurf; [3.] Indienstnahme Christoph Hofmanns als Sollizitator für Frankfurt; [4.] Anhörung der Erfurter Gesandten durch die Reichsversammlung, Unterredung Hellers mit Zyprian von Serntein über die Frankfurter Rentner von Erfurt; [5.] Neuigkeiten vom ital. Krieg, Einnahme zweier Städte in der Bretagne durch den Kg. von England; [6.] Aufmarsch der Hgg. von Braunschweig gegen Geldern, finanzielle Unterstützung des Hg. von Geldern durch den Kg. von Frankreich; [7.] Aufforderung des Ks. an die Reichsstände zum Erscheinen in Köln, deren Zusage, unverzüglicher Aufbruch Hellers; [8.] Warten auf die Erwiderung der Stände zur ksl. Stellungnahme zum Reichsordnungsentwurf; [9.] Erneute öffentliche Zeigung des Heiligen Rockes.

[Trier], 30. Juni 1512

Frankfurt, IfStG, RTA Bd. 29, fol. 27-29, Orig. Pap. m. S. (Präs.vermerk: Praesentatum dominica in die Udalrici [4.7.12]. Jacob H[eller] sub dato 30. Junii).

Regest: Janssen, Frankfurts Reichscorrespondenz, Nr. 1082.

Hofft, daß sein letztes, durch Paul Schmithausen übersandtes Schreiben vom 24. Juni (Nr. 1715) in Frankfurt eingetroffen ist.

[1.] Also foug ich uwer wisheyt wissein, daß ich bisher der friheyt der apelazion halber gar nicht entligs hab mogen handeln, dan kein hofrot in 3 wochen gehalten aus orsach des van Zorns [= Zollern] duot. So hat man den ongeferlig for acht dagen wider angefanhen. So seytz in sein statt der camerrichter [Gf. Sigmund zum Haag]. Deshalber ich den canzeler fan Serentein gebeten, de suplicazion, so wir beyde, J. Strolinberk ond ich, sin Gn. obergeben, in kein wek im hufrat wissen laß. Das dan bisher onderlassein. So hab ich of beyde schrift, so ich H. Jacop Felinger gedon, deß ich uch eyn copey oberschikt [Nr. 1711 Anm. 3], noch kein antwort. Fersten, er sey etligermaß am fiber im huf schwag. Deshalber mir mit den Ff. tzo handeln nit fouklig. Wo aber uwer wisheyt meynong, ksl. Mt., auch des hofratz antwort rohen zo lassein ond mit den Ff. montlig zuo handeln, auch de soplicazion der fersamelong zo oberantworten, bin ich goutwillik. Begern deß uwer wisheyt antwort, wiwol ichs darfor halt, fergebens, dan de camerrichter ond fiskal [Dr. Christoph Müller] noch he sein. So werden fil sachen he forgebein, aber wenig geent.

[2.] Auf de antwort, so ksl. Mt. dein stenden gebein auf das fornemen tzo onderhalten friden ond rechtz [Nr. 990], ist ir Mt. noch nit antwort gefaln, sonder wult man sich der in eyn dag ader tzwen grontlig ontschlissein ond of irst angegeben ferhandelong bliben lassein, dan das soligs by dein onderdan schwerlig zuo erlangen ist etc.

[3.] Gonstigen Hh., auf uwer wisheyt befel habein Strolinberger ond ich mit rat H. Jacop Felingers mit meynem gn. H. van Sarentin eynes solizitatoris in der kanzely gehandelt ond gebeten. Also of fil beytt hat mir sin Gn. meister Cristofel Hofman gebein. Dein ich von uwer wisheyt wegen aufgenomen hab noch lut diser copey;1 mogent ir behaltein. Er ist geschikt ond aufrichtik ond ist schriber im huofrat.

[4.] De van Erfort sein he, haben bisher nichtz gehandelt, dan sich im hofrat erkont der beschwerong der saxissein Hh. ond der ausgetreten borger, deshalber sey for de fersamlong gewesein. Da dan etlig dartzo ferordent, de sach tzo ferhoren. Ich habs darfor, wir weren for 14 dagen hinwek, wo anders der lantgrofes ond Erfortz handel nit zogefallin wern. Ich hab sonst dein canzeler [Zyprian von Serntein] gebeten, ob de van Erfort etwes witer erlangen, das wider onser borger, de renteiner, wer, nit aus lasein tzo gein, dan das soligis ir ferderbein wer ond ksl. Mt. nit als stattlig als bisher gedenen conten, mit mern weitern erinderongen. Sacht sin Gn., wil sich gen den fan Frankfort recht halten. In hab aber noch nichtz angelangt. Ich hab meister Cristoffel denselben handel auch for allen andern entfoln.

[5.] Nuher tzitong, daß de Schwitzer Meylant mit der lantzschaft ingenomen, ausgeschiden das schluß Meylant, und wo se hincomen, zihein di Franzosen heinwek. [...] Die Venediger sint mit irhem folk auch tzom Schwitzern getzogein, habein in brucht 6000 tzo fouß, dusent koresser, 800 lichter perde, by 60 stouk boxen, ond tzukt in der Babest ond Kg. van Aragon mit grosem fo[l]k tzo. Man heltz darfor, se werden dem Hg. van Ferara in gront ferderbein. Der Kg. von Engela[n]t hat zwen grusser stett in Britania gewuonen.

[6.] De bronswissein Hh. [= Hgg. Heinrich d. Ä. von Braunschweig-Wolfenbüttel und Erich von Braunschweig-Calenberg] ligen in Westfaln, nit wit van landen van Gulg oder Geldern. Ich hor im Niderland von keinem sondern rosten. Es sein schwerere lift for augen, als in filn jaren gehort, de of dismal nit all fouklig tzo schriben. Gott gib ons gluk im Rig. Das wol not dot, mit allem fliß zo bittein, dan nimans wiß, wo diß spil hinaus wil, dan de bruderschaft hat sein e[n]tschaft etc. Man hat aber tzwen franzos boten fonden, de dem Hg. van Geldern, auch Bf. fan Luttig brif brocht, daß der Kg. inen mit folk nit gedinen, sonder sey mit gelt nit lassein [wird] [...], mit fil andern fertrustongen. Damit spar Gott uwer wisheyt in langwirigem reygement. Datom den 30. dak des manetz Junios Ao. 1512.

[7.] Zettel: Gonstegen Hh., als ich desen brif geschlusein hatt, habein de ksl. reyt de fersamelong beruft ond in zo erkenen gebein, we ksl. Mt. in by dein posten ilunden geschrieben, nochdem ir Mt. im lastein abschit tzogesakt, in 20 dagen wider by in zo Treher tzo erschin, hab aus obligenden sahen der Nederland ond lant van Gelder nit mogen sein. Aber so ir Mt. auf de zit gebeten de stende, nochtzofolgen ins Nederland [nach] Antorp [= Antwerpen] oder Bosch [= Herzogenbusch], das dan ir Mt. aus angezikten orsahen abgeschlagen, aber duch ir Mt. tzogesakt, abs de notorft erfordert, ir Mt. tzo onderdenigem gefaln gen Coln nochtzofoulgen, sey ir ksl. Mt. ernstlig meynong ond befel: Aus obligen orsach des hl. Rigs, auch schwebender lyft, so aleinthalb in der kristenheyt schweben, ond allerley hendel im hl. Rig notorftige orsach, auch zo forderlig folendong diß rigesdages soln sich de stend gen Colin fougen ond in 8 ader 9 dagen da erschin. Wil ir Mt. in eygener perschon dasein. Ir Mt. sey auch gerüst, auf Age [= Aachen] tzo riten. Das de stend eynmotenlig tzogesagt, ond of dato [30.6.12] 3 Ff. heinwekgeriten. Werd ich samt andern stetten mich als der gehorsam halten ond, als ich mich fersig, eyn dak noch dato [1.7.12] ofsin ond of mein gn. H. fan Menz meyn ofsens habein. 2 Laß ich uwer wisheyt im besten wissen. Weyß weter uwer meynong, mich lasein wissen [= Laßt mich euere mir nicht bekannte Meinung wissen]. So ksl. Mt. gen Colin comp, wil ich forderlig der acht friheit halber by ir Mt. montlig handeln. Ferhuf, sol forderliger fon stat dan hi ganghein wer.

[8.] Der abschit der ferhandelong, so he forgenomen, ist noch nit beschlussen ond ksl. Mt. of ir Mt. beger entlig antwort noch nit gebein, als uwer wishet in desem beybrif [wohl Nr. 991] fernemen wert. Deshalber ich uwer wisheyt kein grontlig abschit schriftlig schiken kan. Wo aber uwer wisheyt der ferhandelong abschrift haben wil, mogent ir mir tzoschreiben. Datom mittwoch noch mitag Ao. 1512, den 30. dak Junios.

[9.] Nachschrift: Lb. Hh., of dato [30.6.12] hat man den rok onsers Hern zweymal gezikt, ond, als man sakt, by 100 000 mentzen hi gewest. Das ich sampt andern acht, etwes mer dan 80 000 mentzen gewest. Es gedunkt kein mentzen, als fil folk of eyn dak tzo eyner heltomsfart byeyn gewest ist.

Anmerkungen

1
 In diesem am 24. Juni 1512 ausgefertigten Schriftstück bekundete Jakob Heller, daß er an diesem Tag auf Weisung des Frankfurter Rats und mit Zustimmung des ksl. Kanzlers Serntein den ksl. Sekretär Christoph Hofmann als Sollizitator Frankfurts aufgenommen habe. Die Rst. solle diesen, solange er in der röm. Kanzlei tätig sei, jährlich 24 rh. fl. geben. Sobald er in der Kanzlei oder andernorts etwas bemerke, das gegen Frankfurt gerichtet sei, solle er dies unverzüglich schriftlich oder mündlich melden und darüber Stillschweigen bewahren. Wenn Frankfurt anläßlich von Reichstagen oder in anderen Geschäften Gesandtschaften an den ksl. Hof schicke, habe er diese zu unterstützen und zu beraten, auch dafür zu sorgen, daß kein in der Nähe von Frankfurt ansässiger F., Gf. oder Adeliger, auch kein Geistlicher und insbesondere nicht das Frankfurter St. Bartholomäus-Stift irgendetwas erlange, das gegen die Freiheiten, Privilegien, Gewohnheiten und das alte Herkommen der Stadt gerichtet sei. Nota zu gedenken Solzbach, auch Soden, sint zwey dorf by uns, steen dem rate zu, daß an unsern wissen noch von jemant den unsern erlangt werden, auch obe die von Ertfurt wider unser burger, die rentener, etwas erlangen wulten. Adi 24. Junio Ao. 12 nam ich ine auf, und sagt mir der canzler, weß er von unsern wegen handelt, sol er durch ein suplication ingeben. Frankfurt, IfStG, Reichssachen II Nr. 325, Kop. (Kanzleivermerk am Schluß: Diß ist abeschrift us H. Jacob Hellers ufzeichenis und hantschrift).
2
 Am 7. Juli 1512 (mittwoch noch visitationis Marie) stellte Jakob Heller einen Schuldbrief über 60 fl. aus, die ihm der Trierer Bürger Heinrich von Richenstein (wohl für die Reise nach Köln) geliehen hatte. Frankfurt, IfStG, Reichssachen II Nr. 330, Orig. Pap. m. S.