Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Übersendung des ständischen Entwurfs einer neuen Reichsordnung, dessen Übermittlung an den Ks.; [2.] Ihr Protest gegen einige Artikel des Entwurfs; [3.] Ksl. Entscheidung im Sessionsstreit zwischen Dr. Zoch und Dr. von Plieningen; [4.] Abreise des Ks. nach Brabant, Warten auf seine Rückkehr, mögliche Verlegung des Reichstags nach Köln; [5.] Anfrage bei Gf. Hoyer von Mansfeld und Hans Renner in Sachen Jülicher Erbstreit; [6.] Empfehlung für eine Verständigung mit Landgf.in Anna von Hessen; [7.] Konsekration des EB von Trier, bevorstehende Zeigung des Heiligen Rockes.

Trier, 30. Mai 1512

Dresden, HStA, GR, Loc. 10181/2, fol. 12-13, Orig. Pap. m. S. (Vermerk: Zu eygen handen).

[1.] Gruß. Gnst. F. und H., wyr uberschicken eurn ftl. Gn. hyrbey, was bysher von den stenden des hl. Reichs gehandelt. Welche handlung am hl. pfingstabent, gestern, sonabents [29.5.12], beschlossen, alzo das sye unvorgriffelich ksl. Mt. soll ubergeben werden als eyn ungeferlicher poß [= Entwurf, Nr. 989/I], wiewol es dye ksl. rete, dergestalt von den stenden anzunehmen und ksl. Mt. zuzuschicken, ezwas beswer gehabt, yn meynung, es solte vormals entlich ane hyndergang von den stenden beschlossen werden, das doch bisher noch nicht verwilliget.

[2.] Morgen, montags yn pfingsten [31.5.12], umb eyn hoer sollen dye stende widerumb zusammenkommen, auch, nachdem ezlich artikel dorynne seyn, welche kunftig eurn ftl. Gn. zu abruch der privilegien des hochloblichen hauses zu Sachsen, altem gebrauch und herkommen kunftig gereichen mochten, als nemlich mit der vorladung vor das kammergericht und der appellation a, auch der Gff., Bff. und ander, die nicht von eur ftl. Gn. yns Reichs hulf sollen gezogen werden,–a halben. Uf solche artikel ist alzeit von wegen eur ftl. Gn. wegen [sic!] protestirt und yn derselben artikel keynen verwilliget, yn massen eur ftl. Gn. vormals uf andern reichstagen etwo selbs getan und auch durch andere haben tuen lassen, domit, das an eur ftl. Gn. privilegien gebraucht und altem herkommen keyne vermynerung geschee.

[3.] Auch, gnst. F. und H., ist zwüschen Hg. Wilhelm von Bayern geschickten [Dr. Dietrich von Plieningen] und uns durch ksl. Mt. eyne abrede gemacht, das unser eyner eynen tag umb den andern vorsytzen [Nr. 1419], doch ist von beyden teylen uffelich protestirt, das es eur ftl. Gn. beyderseyts an yrem gebrauch ader rechten nichte beschedigen solle und dodurch ganz eurn ftl. Gn. nichts begeben seyn. Und doruf seynt wir vor 14 tagen alzeit unser eyner alwege uf ksl. Mt. geschefte yn des Reichs rat gegangen.

[4.] Item ksl. Mt. ist montags nach vocem iucunditatis [17.5.12] von hynnen yn Probant verruckt, den Gf. von Zoller und den Seretiner alhie verlassen. Welche desselben tags zue den stenden des Reichs kommen und aus bescheyd ksl. Mt. bey kaufmansglauben zugesagt, seyn Mt. wolle yn 20 tagen widerumb alhie bey dye stende kommen. Man achtet es genzlich dorfuer, seyn Mt. werde kurzlich widerumb alherkommen, wiewol auch eyn starke vermutung ist, der reichstag werde kegen Kollen verrugkt. Wyr mugen doch eurn ftl. Gn. nichte gewißlichs dovon schreiben, dan, wie eur ftl. Gn. weiß, der handel ist mißlich.

[5.] Auch, gnst. H., wir haben gestern [29.5.12] bey eyner post, welche zu ksl. Mt. von seynen reten gefertiget ist, vor uns selbst Gf. Hoyer von Mansfeld und meister Hansen Renner kegen Brussel geschrieben [Schreiben liegen nicht vor], sye gebeten, vor sich selbst bey ksl. Mt. zu erkunden, ab der Hg. von Clefe dem vorschlage nach ksl. Mt. den handel zu- ader abegeschrieben, wie dye sach eyn gestalt habe, zu erfaren. Woe wyr uns etzwas erkunden, sol eurn ftl. Gn. mit eyle zu wissen werden.

[6.] Item die alte Landgf.in von Hessen ist noch alhie zu Tryer mit embsiger anregung schyer teglich bey den stenden, und werden mancherley practica dorch yrer Gn. beystand gesucht, dodurch entlich dem Ft. Hessen mocht merklicher schade zugefugt werden. Es were unsers ermessens nicht unguet, das man sich mit yre vertruege und uf zimliche wege zu friede stelte, dan wo der handel dye lenge anstand haben wurde, mochte er yn weiterung gefurt werden, welche eurn ftl. Gn. auch nicht wol leydlich seyn mochten. Yr Gn. hat am negsten freitag [28.5.12] abermals eyn lange schrift [liegt nicht vor], wol 19 bogenbletter, vor den stenden lesen lassen und eyngelegt, der abschrift wir nachmals nicht haben. Auch were eurn Gn. vil anzuzeigen, mit was practica ezliche leute umbgehen, das doch den briefe nicht gut zu befelen. Wu man kunde, das man den handel alhie wegbringen mochte und an ortern, do nicht so mancherley leute bey der hant, uf eyn ende den handel furete, were unsers ermessens das allergelegenste.

[7.] Von neuen gezeiten ist ganz nichts wirdig zu schreiben. Heute hat unser gnst. H. von Menz zusampt den Bff. Straßburg und Wurms den Bf. von Trier mit aller herlikeit consecrirt. Es ist dye rede, man werde morgen [31.5.12] unsers zeligmechers rog uffelich zeigen mit dem andern neulich gefundenen heiltumb. Was weiter aller sach halben vorfallen wirdet, sal eurn ftl. Gn. unverhalten bleiben. Tuen uns hyrmit yn aller undertenigkeit eurn ftl. Gn. fleissig befelend. Datum Trier am hl. pfingsttage Ao. etc. 12.

Anmerkungen

a
–a Am Rand hinzugefügt.