Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Wien HHStA, MEA RTA 7 Konv. II, fol. 79r–82v (Reinkonz.); AV fol. 79r: Ratschlag churfursten freiheit betreffendt.

Nachdem di churfursten und der abwesenden bottschaften sich vergliechen, die ksl. Mt. undertheniglich zu bitten, gnedigs insehens zu haben, das die churfursten und ire pottschaften an iren ordenlichen session, procession und standt durch den bebstlichen legaten oder jemandts anders nit verhindert, sonder darbei nach inhalt und außweisung der gulden bullen pleiben mögen, so haben sie daneben bedacht, wo villeicht die ksl. Mt. dagegen furwenden wolt, das der bebstlich legat nit fueglich außzuschliessen oder das die gulden bull zwischen den churfursten eigner person und iren bottschaften ein underschiedt machen soll, solichs durch nachvolgende ursachen abzuleinen:

Anfenglich gibt die gulden bull lauter und klare maß, wie die churfursten, geistlich und weltlich, a als ein teil des keiserlichen leibs, auch seul und grundfesten des hl. reichs–air session bin gegenwertigkeit eins röm. keisers oder konigs haben sollen, deßgleichen wie es in der procession und an allen andern stetten und sachen, ein jeden keiserlichen hoffe belangendt, soll gehalten werden, mit außgetruckten worten anzeigendt, das sie soliche ire ordnung und wei[ß]unwandelbarlich halten sollen, es sei geendt, steendt, sietzendt oder, wie das were, also das kein ander furst, welicherlei wesen, wirdigkeit oder ehern [sic!] der angesehen, inen mitnichten soll furgesetzt werden.

Dieweil nun solich ordnung unwandelbarlich oder ungeendert pleibt, so muß von notten volgen, das niemandts, was standts der sei, c sich intringen und–cdie churfursten an obgemelter irer ordnung verhindern solle, wie dann solichs die angeheften wort ercleren, das inen kein furst, welicherlei wirdigkeit der were, sollt furgezogen werden.

Dann so jemandts, was standts der were, gestatt wurde, under den churfursten zu sitzen oder zu geen, so khondt di ordnung der gulden bull unwandelbar und ungeendert nit besteen, dann, was unwandelbar und ungeendert bleiben soll, muß auch in seiner ordnung unverruckt gehalten und kan dem zuwider niemands hohes oder gerings standts zugelassen werden. Sonst must von nott wegen durch ein und den andern inbruch die guldin bull in zerruttung und abfall komen.

Solichs aber zu verhuetten, hat Ks. Karl der viert, hochloblicher gedechtnus, loblich geordent, das di bull nit allein unwandelbarlich pleiben, sonder das auch ainem Kg. von Beheim d als churfurst des hl. reichs–d keine konig, welicher wirdigkeit die weren, sollen furgesetzt werden.

Dieweil nun dem Kg. von Beheim kein konig furgesetzt werden sollee, so kan auch nit geschlossen werden, das andere konig oder jemandts anders den churfursten sollen furgesetzt werden, soviel di verhinderung und obgemelte ordnung der gulden bull betriefft.

f Zudem gibt die guldin bull mit lautern worten, das ein romische keiserin gleich dem Kg. von Beheim nachvolgen soll, ungezweifelt der ursachen, damit di churfursten an obgemelter ordnung nit verhindert werden. Dieweil nun ein romische keiserin und augusta imperii sich wider gedachte ordnung nit intringen, sonder dem Kg. von Beheim, welcher dise ordnung beschleußt, nachvolgen soll, so kan auch sollichs nimands anders, wes hohen stands oder wesens der sei, gepuren noch zusteen, in ansehung, das diese ordnung ein romische keiserin und augustam imperii außschleußt und ir ausserhalb derselben ein sondere stat verordent–f. Vielweniger mage solichs den bottschaften, was herkomens di sein, gestat werden, dieweil sie billich geringer zu achten dann dijhenigen, so sie geschickt haben.

Und wurdet solichs durch den herbrachten geprauch, nach aufrichtung der gulden bullen bißhiehere unwandelbarlich gehalten, gnugsam erclert, wie der bei den alten, so solichs bei iren zeitten gesehen, in keinen zweiffel mage gezogen werden. Im fall aber, das darfur geacht, es sollt mit den churfursten aigner person anders gehalten werden, dann so sie ire potschaften schicken, solichs mage auch in keinen zweiffel gezogen werden, sonder wurdet durch den herbrachten gebrauch die gulden bull hierin eigentlich erclert, dergestalt, das die churfursten botschaften in gegenwertigkeit eins romischen keisers oder konigs anstat der churfursten werden zugelassen, steendt, geendt oder sietzendt ausserhalb des tisch, wie die gulden bull davon meldung thuet. Solichs ist durch den gebrauch so offenbar, das daran niemandts zweiffeln mage.

Und des zu merer becreftigung so gibt di gulden bull, das auch der churfursten potschaften in der whall eins khunftigen konigs sollen angenomen werden. Dieweil nun an dem hochsten churfurstlichen gescheft, die erwelung eins cristenlichen haubts betreffendt, die pottschaften unzweiffenlich zuzelassen sein, mit was fuegen mogen sie dann in mindern und geringern ausgeschlossen werden.

Zudem gibt die guldin bull die erclerung selbs dergestalt, das uß furgefallen verhinderungen die churfursten ire potschaften zu dem keyserlichen hoff schicken mogen, die auch angenomen werden sollen, doch das sie an dem tisch oder stul nit sietzen als dijhenigen, so sie gesandt haben.

Dieweil nun di potschaften nit anders dann am tisch sollen außgeschlossen sein, so muß auch volgen, das sie in allen andern sachen und gescheften des keyserlichen hoffs sollen angenomen und zugelassen werden, wie dann solichs durch herbrachten gebrauch, wie hievor erzelt, abermalls gnugsam erclert und angezeigt ist.

g Wiewol auch die churfurstlichen botschaften von dem tisch, wie gemelt, außgeschlossen werden, so kan doch der ursachen nimands, was hohen stands oder wesens der sei, gepüren, sich an die churfurstlichen tisch zu tringen, vil weniger mogen frembde botschaften an solhen tischen zugelassen werden, dieweil die churfurstlichen botschaften, welhe ire gnedigste herrn representiren, sich derselben enthalten sollen–g.

Und wurdet hie widerumb erhöllt, dieweil die gulden bull unwandelbarlich und ungeendert soll gehalten werden, so muß auch den churfurstlichen potschaften, so ire herren representiren, nit allein kein pottschaft, von wem die ges[andt], sonder auch niemands anders, was standts der were, verhinderung und intrag thun oder inen furgesetzt werden in den fellen, so inen, den churfurstlichen potschaften, die gulden bull und herbrachter gebrauch zugeben, h dan on das wurden nit allein die churfursten und ire botschaften an irer ordnung verhindert, sonder auch durch andre zuletzt understanden, di keiserlichen zeichen und insignia zu tragen dem inhalt der guldin bull zuwider und zu entlicher zerruttung derselben–h, wie diese und andere meher bestendige grundt und ursachen nach vleissiger besichtigung und erwegung der gulden bull zu erhaltung derselben, auch der churfursten praeeminentz, freiheit und herkomen i im fall, so es di notturft erfordert–i, statlich wol mogen furgewendt werden.

Und ist hierin aller vleis furzuwenden, das dem ersten inbruch nit raum oder statt gegeben, dann dardurch werden di, so khunftiglich gesuecht, desto leichter abzuwenden.

Anmerkungen

1
 Für die Zuordnung des Stückes zum Regensburger Reichstag von 1541 spricht, dass alle Korrekturen und Nachträge von derselben Hand stammen, die das Protokoll zum Regensburger Reichstag, HHStA Wien MEA RTA 7 Konv. II, fol. 1r–20r, geschrieben hat, und dass die Anwesenheit eines päpstlichen Legaten vorausgesetzt wird. Bei dem Aktenstück über die Rechte der Kurfürsten, das am 16. April 1541 in Regensburg Pfgf. Friedrich übergeben wurde, handelte es sich offenbar um obiges Stück, vgl. das Mainzer Kurfürstenratsprotokoll ad 12. April 1541 [Nr. 65] und das brandenburgische Protokoll der Regensburger Reichstagsverhandlungen ad 14. und 16. April 1541 [Nr. 66].
a
–a V. a. Hd. nachgetr.
b
 Danach gestr.: im hl. reiche.
c
–c V. a. Hd. nachgetr.
d
–d V. a. Hd. nachgetr.
e
 Danach gestr.: und aber etliche churfursten dem Kg. von Beheim furgesetzt sein.
f
–f V. a. Hd. nachgetr.
g
–g V. a. Hd. nachgetr.
h
–h V. a. Hd. nachgetr.
i
–i V. a. Hd. nachgetr.