Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Straßburg AM, AA 496a, fol. 21r–24v (Ausf., von Sturm eighd.); DV v. a. Hd. fol. 24v: Lectum Mentag, den 4. Aprilis.

Regest mit Ausz.: Winckelmann, Pol. Corr. Straßb., Bd. III, Nr. 185, S. 174–175.

Eingang ihres Schreibens vom 19. März am 25. März in Regensburg. Haben täglich bei den Ständen und Gesandten angehalten, unß in sachen, die carthauß belangen, iren rhatt mitzuteylen1, aber nit ehr anderer geschefde halber mogen gehort werden, dan uff heut morgen sind wir der leng noch in beysein des landtgraven personlich, des Kf. zu Sachsen und Hg. Heinrichs von Sachsen, auch der wirtenbergischen rhätt und der stett Augspurg, Franckfurt, Ulme, Eßlingen, Halle, Hailpronn, Memmingen und Lindaw gesanten gehort worden. Doruff die sach etlichen gelerten zu bedencken bevolhen. Die haben nun uff heut noch essen die sach bedacht, wie ir uß hiebey gelegtem zedel vernemen werden. Uff sollichs bin ich, Jacob Sturm, noch disen aben zu dem H. von Granuella gangen, hab im die sach noch der lenge muntlich erzelet und gebetten, er wolt in ksl. Mt. namen ein schrift an das camergericht ußgon lossen, dorin ir ksl. Mt. dem camergericht sonderlich bevilhe, in diser sachen stillzuston, und sollich geschrift unß furderlich zustollen, domit wir sy vor angesetztem termin dem cammergericht uberantworten mochten. Also hat er mir zu antwort geben, das die ksl. Mt. uff heutigen tag Hg. Fridrich Pfgf. etc. als ir Mt. obersten rhatt bevelch geben, dem camergericht in ir Mt. namen ernstlich zu schreyben, domit sy stillstunden. Wo sy nun dem nit geleben wurden, so wer ir Mt. bedacht, sy hieher zu beschreyben und inen sollichs selbs by hohen peenen zu gebieten. Derhalben so wer sin beger, das ich die sach in eine teutsche geschrift stollen und im morgen frug ubergeben wolt. So wolt er sy in dem rhott Hg. Fridrichen ubergeben und zustöllen. Hierauf hab ich noch disen oben [= Abend] dise supplication gestolt in willen, die im morgens zu ubergeben2. Ich hab im auch den handel nach der lenge in lateinischer sprach schriftlich zugestölt und ubergeben3. Dweyl wir aber nit wissen mogen, ob unß lang oder kurtz ein antwort wurde, dazu auch nit wissen mogen, ob das camergericht uff sollich der ksl. Mt. schreyben etwas geben und also stillstone werden, so haben wir disen diener nit lenger uffhalten, sonder euch, unsern hern, zuschicken wollen, domit er vor angesetztem termin bey euch sein und ir euch, wes ir uff sollichem termin furwenden wolten, entschliessen möchten.

Und will die gelerten gar nit fur nutz ansehen, das man die sachen teylen oder aber auch den priorem fur sich selbs solte handlen lassen, dan sy besorgen, es sey bey dem camergericht khein gleichs noch billichs zu erheben. Dabey khonnen wir aber nit gedencken, das es schaden moge, das man das factum dannocht narrier oder aber der getruckten bericht einen mit der recusation ingebe und sich in der schrift daruff ziehe, dozu anzeig, das die ceremonien vor dem gegebnen nurnbergischen fridstandt in dem closter wie auch in andern clostern und stiften in der statt Straßburg und deren oberkheyt abgethon seyen worden, derhalben dise sach undisputirlich in denselben stillstand gehorig sey, dobey protestier, wo sy uber sollich rechtmessig recusation, ksl. Mt. gegebnen stillstandt und jungst ußgegangen suspension etwas urteylen, sprechen oder erkhennen wurden, das sollichs ein pur nichtickeyt und von unwirden und kraftlos sey etc., wie dan sollichs die feder geben wurt.

Unser gnediger her landtgrave ist gestrigs Sontags [1541 März 27] hie ongevärlich mit 300 geruster pferd ingeritten, hat in ksl. Mt. durch iren hoffmeister Monfalconer und den von Nauis in der herberg empfohen lossen und uff Mentag darnoch, das ist heut4, zu zwö uren noch essen zu sich bescheyden. Also ist er erschinen, hat der ksl. Mt. selbs muntlich angezeigt, wie er ir Mt. zu underthaniger gehorsam erschinen und was er Gott dem almechtigen zu lob, ir ksl. Mt. zu gehorsam und eren, dem hl. rich und teutscher nation zu frid, ruge und einigkeyt thun khann, das sey er willig, daneben angezeigt und sich beklagt der schmachbucher, so Hg. Heinrich von Braunschweyg wider in hett lossen ußgen, und gebetten, die ksl. Mt. wolt in, Hg. Heinrichen, zur probation und bewisung anhalten und, so er sollichs nit bewiß, wie er dan in ewigkeyt nit thun wurde noch mocht, das er in alsdan umb sollichs straffen wolte. Dagegen wer er, der landtgrave, urbuttig, wes er in, Hg. Heinrich, gezigen, dasselbig durch brieve und sigel darzuthun und jetz also bar darzulegen, auch die gefangnen, so uff in, Hg. Heinrich, verjehen, in ir Mt. hand zu stellen, das er, Hg. Heinrich, sollichs auch thäte. Doruff hat ksl. Mt. begert, er wolt denselben handel ir Mt. zu- oder heimstellen, wolt ir Mt. ein gepurlichs einsehen thun. Darfur hat aber der landtgrave in ansehung der wichtigkeyt der sachen gebetten. Doruff ksl. Mt. den handel zu bedacht gezogen und begert, das er sich hie fridlich halten, auch synem adel und hoffgesind bevelhen wolt, dasselb auch zu thun. Des hat sich der landtgrave zu thun erbotten, doch das ksl. Mt. sollichs bey dem andern teyl auch verschaffe.

Uff heut morgen ist der landgrave selb uff dem hauß gewesen und hat sampt andern bottschaften der vereinigten stend euer, miner hern, handel, dobey auch der von Braunschweyg und Goßlar schriben an in und den churfursten gehört, dorin sy schriben und sich beklagen, des Hg. Heinrich umb die kayserliche suspension der acht nichts gebe, sonder den von Goßlar täglich vor der statt streyf und khein profiandt in die statt gen losse, dergleichen den von Braunschweyg, wiewoll er in das arrest der guter entschlagen und die gefangnen lidig geben, so handel er doch mit iren underthanen zu Ampcleven mit gewalt und sunst in ander weg, das inen hochbeschwerlich, dorauf ir kfl. und fstl. Gn. rhett und hilf begert. Also ist es einem ausschutz bevolhen worden zu bedencken, wie die sach an die ksl. Mt. zu gelangen lossen.

Es hat sich auch der Kf. von Sachsen vor ksl. Mt. und darnach vor disen stenden entschuldigen lossen seins außpleybens halber, namlich das er verstanden, wie Hg. Heinrich abermels ein schandbuch wider in lossen ußgon, dasselbig uff disem richstag under die stend ußzuspreyten, do woll sin notturft sein, sollichs zu verantworten und zuvor auch den stenden, ehr er ankhumme, zu uberschiken. Zum andern gelebe bemelter Hg. Heinrich der kayserlichen suspension und bevelch gegen Goßlar und Braunschweyg nit, sonder handel furt und furt mit der thatt, derhalben er einer unrug anheimisch besorgen muß, woll ime als hauptman diser verein beschwerlich sein zu verrucken etc. Zum dritten, so stond das camergericht auch nit stille. Zum vierten, so haben sy, das camergericht, in in zwo sachen in der einen citiert, in der andern ein ruffen erkhant, do die erst den Bf. von Meissen, die ander Mentz des burgkgraffthumb Meydburgs halber betrifft5, onangesehen, das in der ersten ein abred von ksl. Mt. beschehen, deren er, der churfurst, gelebt, und in der andern das cammergericht recusiert. Dweyl er nun also in sorgen der acht stond, woll im ungelegen sein, sich usser land zu thun etc. Hat sich dorauf erbotten, so ksl. Mt. sollich sachen abschaff und sine gegenwertigkeyt hie vonnöten, alßdan auch zu khummen. Datum Regenspurg, Dinstag, den 29. Martij anno 41.

[PS:] Wir schicken euch hiebey ein abtruck der urteyl und executorial, so unß der Bf. von Hildenßheim zugestölt und zu Rome wider Braunschweyg erlangt hat6. Der ist willens, vor allen stenden hie zu supplicieren, hat auch sonder furschriften von dem babst. Do wirt man sehen, wie gehorsam Hg. Heinrich sinem geistlichen vatter sein wölle.

Sovill ich, Jacob Sturm, gesterigs tags von dem H. Granuilla verstanden, will die ksl. Mt. biß mentags khunftig [1541 April 4] die handlung hie anfahen7.

Anmerkungen

1
 Vgl. Jakob Sturm und Batt von Duntzenheim an Bgm. und Rat von Straßburg, Regensburg, 1541 März 26, Straßburg AM, AA 496a, fol. 18r–19v (Ausf., eighd. von Sturm): Werden die am letzten Freitag [1541 März 25] eingetroffenen Weisungen zum Fall Goslar und zum Konflikt zwischen Esslingen und Hg. Ulrich von Württemberg befolgen. Sovill aber die citation uff die acht in der Cartheuser sach belangt, haben wir dieselbig den sachssischen rhaten am Samstag [1541 März 26] frug angezeigt, welche am Freytag [1541 März 25] noch imbis hie ankhumen seind, namlich F. Wolff von Anhalt, H. Johan von Toltzge, ritter, H. Frantz Burkart, cantzler, Dr. Plickhart, Dr. Creutzige und Philippus Melanchton. So sind vor hie gewesen und noch H. Christoff von Taubenheim, ritter, und Eberhart von der Than. Und haben sy gebetten, das sy sollichs der ksl. Mt. anzeigen wolten, das der bewilligt anstand nit gehalten wurde, und bitten, das ir Mt. sollichs bey ir Mt. camergericht wolt abschaffen, daneben das sy auch die stendt versamlen und unß horen, auch iren gutten rott, wes ir, unser hern, uff den angesetzten termin handlen solt, geben wolten. Daruff haben sy unß angzeigt, das ir gnedigster her, der churfurst, gliche gstalt uff die acht citiert und sin kfl. Gn. die citatz insinuiert worden uff Freytag zuvor wie euch, unsern hern, ir am Samstag insinuiert, derhalben auch ir gnedigster her nit wenig verursacht worden, eigner person nit zu khomen uff disen richstag, wie sy auch bevelch hetten, solchs ksl. Mt. anzuzeigen, und weren des orts willig, neben irs hern beschwerd des der ksl. Mt. auch anzuzeigen, wes uch, min hern, begegnet. Daneben sehe sy fur gut ane, das man des landtgraven ankhunft, welcher dise stund uff heut khumen soll, erwartet und mit ime beratschlagt, wes dorin zu thun sein wolt. Nun hot die ksl. Mt. uff heut morgen die sochsischen zu 9 uren gehört. Do haben sy den handel, wie wir verhoffen, anbracht, wes aber fur antwort gefallen, wissen wir noch nit. Wir verhoffen uff morgen die sach vor gemeinen stenden anzubringen, so das geschicht, wes wir in rhott finden, wollen wir mit irem diener Ciliaxen denselben zu wissen thun. Unser bedunckens aber gefelt unß woll, das ir, min hern, erschinen und die sach, wie die gestelt, erzelen, doch in kheinen weg inlossen oder etwas begeren, sonder, dweyl die sach mit der religion alß uffrichtens der ceremonien vermischt, uff ein neues recusiren oder den vorigen recusationen anhangen. Dan bey dem camergericht haben ir uch nichts guts zu versehen. Sy procedieren wider Lindow und Eßlingen, haben beyden stetten das ruffen erkhant und, wie wir vernomen, sind sy nit willens stillzustone, lossen sich horen, als ob sy wusten, das sy ksl. Mt. doran khein ungefallen thäten. Ankunft des Straßburger Dieners Wilhelm, den der Rat zum Landgrafen geschickt hat. Man erwartet den Landgrafen schon heute. Eylendt Sontag, den 26. Martij anno 41.  [PS:] Haben dies alles auch durch den Sekretär Gerhard Veltwyck an Granvelle gelangen lassen. Wollen Granvelle auch weiter unterrichten, ob es abgewendt vermog ksl. Mt. vertrostung mocht werden. Der 26. März fiel 1541 auf einen Samstag. Zum Prozess des Kartäuserordens gegen die Stadt Straßburg wegen der dortigen Kartause vgl. Schelp, Die Reformationsprozesse, S. 172–198 und S. 235–239.
2
 Liegt nicht vor.
3
 Liegt nicht vor.
4
 Dieser Teil des Briefes ist offenbar am Montag, den 28. März 1541 geschrieben.
5
 Zum Konflikt mit Ebf. Albrecht von Magdeburg um das Burggrafentum Magdeburg vgl. Steffen, Zur Politik, S. 24–29 und S. 45–46 und Mentz, Johann Friedrich, Bd. II, S. 508–536. Zum Konflikt um die Reichsstandschaft des Hochstifts Meißen seit 1539 und auf dem Regensburger Reichstag 1541 vgl. Lobeck, Das Hochstift Meißen, S. 131–148, S. 158–166 und S. 167–179.
6
 Vgl. den päpstlichen Urteils- und Exekutorialbrief in Sachen Bf. von Hildesheim contra Hg. Heinrich von Braunschweig, Rom, 1540 November 18, Hannover NLA, Hild. 1 Nr. 783fol. 3r–9v und das Breve Papst Pauls III. an Karl V., Rom, 1540 Dezember 6, ebd. fol. 9v–10v.
7
 Vgl. auch Jean Calvin an Guillaume Farel, Regensburg, 1541 März 29, Herminjard, Correspondance, Bd. 7, Nr. 957, S. 53–64.