Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. E 137, fol. 27r–30v (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 30v: Zaigen ursach an, warumb sich die relation der handlung hab verzogen, item, wie der Bf. von Lunden und der von Braunschweig aneinander kohmen etc.

Ausz.: Corp. Reform. IV, Nr. 2262 , Sp. 392.

Euerer L., kfl. und fstl. Gn. schreiben am datum Mildennfurt, den andern tag des monats Jhunij [Nr. 706] haben wir Montags in Pfingstenn [1541 Juni 6]entpfangen und inhalts vernohmen. Und nachdeme euere L., kfl. und fstl. Gn. gerne abschriften aller artickel, wie sie in dem furgelegten buch verleipt, dieselben furder Dr. Martino und dem Pommerano, ir bedencken darauf zu hören, zuzuschicken, haben wolten, weren wir auch freuntlich und underthenigst willig, eueren L., kfl. und fstl. Gn. solch buch bei gegenwertiger post zuzufertigen, es hat aber solchs aus den ursachen, die euerer L., kfl. und fstl. Gn. wir hiezuvor angetzeigt, bißanher nicht sein mugen, dann die relation solcher handlung den stenden biß uff gestern vor datum vertzogen, do dan die ksl. Mt. Kff., Ff. und stende und der abwesenden gesanten und potschaften in irer Mt. herberg von wegen der irrungen, so sich der session halben zugetragen, erfordern lassen und hat ire Mt. stehendt den Kff., Ff. und stenden, welche auch ungeverlicher weiß gestanden, vorhaltung thun lassen, wie euere L., kfl. und fstl. Gn. auß inligendem vertzaichnus befinden [Nr. 110]. Als haben Kff., Ff. und stende umb abschrift solches vortrags und des erwennten buches sampt den ubergeben artickeln gebetten, darumb es also verordent, daß heut dato umb zwolf uhr mit solchem schreiben soll angefangen werden, welches wir auch, sobald es fertig, eueren L., kfl. und fstl. Gn. zuschicken wollen.

Daneben wissen eueren L., kfl. und fstl. Gn. wir auch nicht unangetzeigt zu lassen, daß, wie eueren L., kfl. und fstl. Gn. wir in nechstem unserm schreiben, am datum Freitag nach Exaudj [1541 Juni 3] [Nr. 710], uff einem eingelegten zeddel zu erkennen gegeben, daß der Kf. zu Branndenburg und der Bf. von Lunden bei den stenden diß teils umb underhandlung der strittigen artickel fast angehalten, es ist aber abgeschlagen worden, derhalben die ksl. Mt. verursacht, die relation vorgengig sein zu lassen, und wirdet dafur gehalten, dieweil die wichtigsten artickel strittig plieben, darinnen die papisten nicht werden weichen wöllen und man diß teils durch Gots gnaden, auch in nichten von der warheit abtzutretten, gemeint, das die ksl. Mt. uff andere wege, nemlich einen eusserlichen friden werde gedencken und denselbigen weg fur die handt nemen mussen etc. [...]. Datum Regennspurg, Dornnstag nach dem hailigen Pfingstag anno domini 15411.

[1. Zettel:] Eueren L., kfl. und fstl. Gn. wollen wir auch nicht bergen, das, wie wir bericht, der Bf. von Maintz, Hg. Wilhelm und Hg. Ludwig von Baiernn und der von Braunschwig in einem closter alhie, Sannt Heymeran gnannt, zusammenkommen und in der sacristen rath gehalten. Ob es nun die von Halle oder wene es belanget, können wir nicht wissen. Aber alß sie widerumb aus irem rath getzogen, hat der Bf. von Lunden vor berurtem closter etzlichen armen leuten sein almusen geben, ist Hg. Heinrich von Braunschwig uff inen gegangen, ime seine reverentz mit abnehmung seines breets [= Baretts] gethan und die handt gebotten. Der von Lunden aber hat ime die handt von sich gestossen und seine handt nicht geben, auch sein breeth nicht vor ime abtziehen wollen und gesagt, er gebe ime seine handt nicht. Hat Hg. Heinrich sein preeth widerumb aufgesetzt, den kopf nidergeschlagen und also darvon getzogen. Es hat auch hernacher der Bf. von Lunden (als er angeredt worden, ob er sich nicht besorgt, daß der von Braunschwig nach dem dolchen hette greiffen und den bischoff uberraschen mugen) gesagt, er hette ime auf die feust gesehen und, do er gemerckt, das der von Braunschwig ime nach der gorgeln trachten wöllen, wolte er ime mit seinem vade mecum, damit er seinen plotzen gemeint, zu den wursten geraumpt haben. Und wuste der von Braunschwigk wolh, daß sich der bischoffe nicht vor ime furchtete etc.

Man sagt auch ferner und vor gewiß, der von Braunschwig soll dem Bf. von Lunden entbotten haben, es reue in, dieweil er dem bischoff die faust gebotten und der bischoff die gewegert, daß er im, dem bischoff, die faust nit uff den kopf geschlagen. Item, er wolt dem bischof wider ein ehr bestellen, das in einer mit einem ungehalten gaulh uff der gaß herumbstossen solt mit seinen gurren. Und der bischoff solt sich nicht duncken lassen, das Waltsachssenn so ungelegen, er solt dermalheins daheim gesucht werden. So habe ime der bischoff wider entbotten, were er, der hertzog, so keckh gewesen und hette ime die faust aufn kopf gelegt oder understunde sichs noch zu thun, so wollt er ime wider in den kaldaunen umbgangen sein oder umbgeen. So were er hie uff einem freien reichstag, der einem iden frei sein solt, wurde sich imandt anschiften lassen, inen umbzutretten oder zu stossen, so wolt er den also abfertigen, das er nit solt widerkomen. Das aber der hertzog drauet, der bischoff solt zu Waltsachssenn heimgesucht werden, horet der bischoff, daß vilh mit mortbrant ein zeit her heimgesucht worden weren, meinet es der hertzog uff solche weise, so were es ime erschrecklich, vermeint er aber inen aufrichtig anheims zu suchen, were er seiner unerschrocken. Trostet sich auch noch seiner herrn und freundt, und solt der hertzog einen pfaffen finden, das er wollen solt, er hette inen ungesucht gelassen etc. Das haben eueren L., kfl. und fstl. Gn. wir auch nicht wollen verhalten. Datum ut supra.

[2. Zettel:] Wir haben auch die uberschickten lateinischen buchlein entpfangen und wollen dieselben euerer L., kfl. und fstl. Gn. bevelh nach unvermarckt außteilen. Als wir auch eueren L., kfl. und fstl. Gn. jungst vermeldet, daß wir bericht, das Hg. Heinrich von Braunschwig widerumb einen schandtruckh solh haben verfertigen lassen, haben wir darauf vleissige kuntschaft gelegt, aber biß uff diese stunde nichts gewisses, ob dem also und was es ist, erfharn mugen. Sobald wir nun des ware kuntschaft oder ein exemplar davon bekommen mugen, soll es eueren L., kfl. und fstl. Gn. durch uns forderlich vermeldet werden. Eueren L., kfl. und fstl. Gn. thun wir auch vertzaichnus einer werbung, so der kgl. Wd. zu Polhen gesanter an uns gethann sampt unserer ime gegebenen antwort2, a auch ein supplication [Nr. 316], damit etliche chur- und fursten an ksl. Mt. des Hg. in Preussen halben gelangt–a, zuschicken, der zuversicht, es soll eueren L., kfl. und fstl. Gn. zu keinem ungefallen gereichen. Datum ut supra.

Anmerkungen

1
 Vgl. Hans von Dolzig an Hans von Ponickau, Regensburg, 1541 Juni 9, Weimar HStA, EGA, Reg. E 141, fol. 126r–126v (Ausf.): Kann ihm auf sein Schreiben vom 2. Juni nicht antworten. Daß vorursachen die aingelegten bosen zeyttungen, welche heuth dato ainkomen, wie ir zu vornemen, dan sie sein ingemain alhir zu Regenspurg gantz ruchtbhar, nemlich das Offen gesturmbt und die unsern den schaden empfangen. Item, der groß brandt zu Pragaw und andere bericht. Solchs alles wolleth meinem gnedigsten herrn in underthanigkeith anzeigen und, was sich ferner zutragen wirdet, das sal sein kfl. Gn. auch unvorhalten sein. Dan nun fortan mussen die handelung in andere mittelh und weg furderlicher dan bißanher beschehen furgenomen werden. Darzu geb Goth die gnade seins hayligen gaysts, das zu seinem lob und ehr getraulich zu rathen, zu thun und zu lassen. Damit in Gots gnade bevolhen. Datum in grosser eylh, Dornstag in der pfhingstwochen umb 8 uhr gegen nachts, der 9. tag Juny. [PS:] In disser stund ist man erst auß dem rath abgangen von ksl. Mt., dan ir Mt. haben 4 stunde alle raychstende beysamen gehabt. Szo seint sie gestrigs tags vor dato auch bey irer Mt. gewesen etc. Dovon disser zeit in eylh seinen kfl. Gn. nicht geschrieben mag werden. Actum Regenspurg uff den 9. Juny uf 8 uhr gegen nachts anno domini 1541. Vgl. dazu Hans von Ponickau an Hans von Dolzig, Torgau, 1541 Juni 20, Weimar HStA, EGA, Reg. E 141, fol. 155r–156v (Ausf.): Empfang seines Schreibens vom 9. Juni am 15. Juni. Und ist warlich ein erschrecklich dingk, der zweier scheden halben, so am storm zu Ofen und brandt zu Prage bescheen und ergangen sein, zu horen. Und vilmehr zu erbarmen, das ksl. Mt. und die reichsstende also lange zu Regensperck ligen, solche grosse drauende gefar des Turcken vornemhen und darauf nit gedencken sollen, das ein bestendiger fride mit Got und im reich gemacht und alsdan dem wuterich dester stadtlicher begegnet und das cristlich blut errettet, geschuzt werden mochte. Wir wollen aber zu Got hoffen, sein almechtickeit werde gnade verleihen, das alle dingk zu seinem gotlichen lob und preis und einem bestendigen fride nunmher komen und gereichen magk. [...]. Dr. Melchior Clinge wirdt diese woche nach Regensperck reysen. Do sol euch mher geldt geschickt werden. [...]. Datum Torgaw, Montags nach Corporis Cristj, des der 20. tagk Junj umb acht uhr gegen nacht. Anno domini 1541.
2
 Bericht über die Werbung des Gesandten des Kg. von Polen an die sächsischen Gesandten und deren Antwort darauf, Regensburg, [1541 vor Juni 9], Weimar HStA, EGA, Reg. E 137, fol. 35r–37v (Kop.): Die verschienen taghat der Gesandte des Kg. von Polen nach Übergabe seiner Kredenz angezeigt: Wendet sich in Abwesenheit ihrer Herrn an die Gesandten. Glückwünsche etc. für die sächsischen Fürsten. Zum andern, nachdeme ire kgl. Wd. berichtet, daß die religionsachen von der ksl. Mt. und den Kff., Ff. und stenden des reichs alhie auch solte fur die hant genohmen und zue christlicher vergleichung gehandelt werden, dartzu theten die kgl. Wd. gluck, heil und alle wolfart wunschen, nicht hohers begerendt, dann daß christliche concordia und eynigkeit gefordert und also friden und eynigkeit erhalten werden mochte, damit andere sachen, doran der gantzen christenheit gelegen, hernacher dester statlicher und fruchtbarer gehandelt, geratschlagt und geschlossen werden mochten. Zum dritten, dieweil der Hg. von Preussenn alß irer kgl. Wd. bluts- und lehensverwanter nuhmer ein gute zeit in des keiserlichen camergerichts acht gewesen und denselben beschwerungen biß daher nicht abgeholfen werden mögen, so hette die kgl. Wd. zue Polenn ihme, deßhalben bey der ksl. Mt. anzusuchen, bevelh gethann, welche diese sachen auf Kff., Ff. und stende des reichs geschoben. Bittet deshalb, sich zusammen mit den anderen Reichsständen um die Aufhebung der Acht, die nach Auffassung des polnischen Königs zu Unrecht verhängt wurde, zu bemühen. Beistandspflicht des polnischen Königs gegenüber dem Herzog aufgrund Blutsverwandtschaft und Lehnsnexus, wenn jemand mit Gewalt gegen diesen vorgeht. Zuversicht, dass die kursächsischen Gesandten das Anliegen des Königs unterstützen. – Antwort: Erwiderung der Glückwünsche etc. Zum andern, die sachen der stritigen religion belangend, sölte die kgl. Wd. nit zweiffeln, ire kfl. und fstl. Gn. weren zue nichts hohers geneigt und begirig, dann daß rechte, christliche eynigkeit aufgericht und die kirchen dem gotlichen wort gemeß mit abthuung aller irthumb, falschen lehren und mißbreuchen reformirt und also friden, ruhe und eynigkeit im hl. röm. reich erhalten werden möcht, doran dann irer kfl. und fstl. Gn. und derselben mitverwanthen theilß bißher kein mangel gewest, auch hinfurt, op Got wil, nicht sein wurde. Zum Dritten: Der Hg. von Preußen hat auch bei dem Kf. und dem Hg. von Sachsen angesucht um Unterstützung seiner Bemühungen um Aufhebung der Acht. Diese haben ihnen entsprechende Weisung erteilt. Wollen dementsprechend das Anliegen des Herzogs fördern, damit der König von Polen die Zuneigung ihrer Herren zu ihm und dem Hg. von Preußen erkennen kann.
a
–a Nachgetr.