Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 2, unfol. (Ausf., eighd?); DV v. a. Hd.: Dr. Brugk schreiben aus Witennbergk 1541, Dr. Creutzingers reysse neben dem Philippus auf das colloquium nach Regensburgk belangend.

Dr. Cruciger hat ihm seine Beschwerden gegen den Plan, ihn nach Regensburg auf den Reichstag zu schicken, übergeben. Hat darauf geantwortet, dass der Kurfürst so kurz vor dem Aufbruch wohl kaum Veränderungen vornehmen werde. Außerdem möchte Melanchthon ihn gern bei sich haben. Cruciger hat ihm danach einen Brief Luthers gegeben mit der Bitte um Weiterleitung an den Kurfürsten1. Bei seinem gestrigen Gespräch mit Luther hat er gemerkt, dass dieser gern sähe, wenn Cruciger verschont würde. Melanchthon sagte, er hätte Cruciger gern bei sich, wolle aber nicht zu dessen Schaden darauf bestehen. Merkte, dass Cruciger unter anderem fürchtet, von der Gegenseite, auch von Protestanten gedrängt zu werden, um der Konkordie willen in dem oder jenem nachzugeben. Gefahr, Missfallen zu erregen. Wegen der Disputation hat er keine Beschwerung.

Luther sagte ein- oder zweimal, dass er es am liebsten sähe, wenn auch Melanchthon zu Hause bliebe. Er, Brück, hat dann dargelegt, dass es, was Melanchthon betreffe, nicht anders gehalten werden könne, weil das Gespräch von Worms nach Regensburg verschoben worden sei und man nicht wisse, ob es fortgesetzt werde oder nicht. Wenn Melanchthon sich an seine Anweisungen halte, würden die Beschwerungen und Besorgnisse hinfällig. Denn Kf. Johann Friedrich habe die Instruktion so abfassen lassen, dass von den Theologen oder von den Räten sich keiner mit dem Landgrafen in Einzelgespräche einlassen oder einen Auftrag, mit anderen zu verhandeln, übernehmen solle. Vielmehr sollen, wenn der Landgraf über die Religionsfrage reden will, stets alle dabei sein und sich gegenüber dem Landgrafen mit dem Hinweis auf den Befehl des Kurfürsten entschuldigen. Außerdem gibt der Kurfürst auch Anweisung, dem Landgrafen gleich anfangs seine Entschlossenheit mitzuteilen, ohne alle Nachgiebigkeit an der Konfession, der Apologie und den schmalkaldischen Vereinbarungen festzuhalten. Wenn sich nun Melanchthon gegenüber dem Landgrafen und sonst unter Berufung auf den kurfürstlichen Befehl unnachgiebig weigert, sich auf Geheimgespräche und Sonderverhandlungen einzulassen, und darauf beharrt, nur in Anwesenheit anderer kurfürstlicher Gesandter sprechen zu wollen, so wird der Landgraf es unterlassen, ihn zu plagen.

Den widrigen anschiftungen, über die Melanchthon klagt und deren Hauptinitiator Pfgf. Friedrich sei, der ihm in Worms sehr zugesetzt habe, könne dadurch begegnet werden, dass Melanchthon bei den anderen Gesandten wohnt, ihm außerdem ein Einspänniger zugeordnet wird und die anderen Gesandten niemand zu einem Einzelgespräch zu ihm lassen, weil er mit ihnen zusammen abgefertigt sei. Wenn jemand mit ihm zu reden habe, solle er es tun, wenn die anderen dabei seien. In Abwesenheit der anderen Gesandten soll der Einspännige Besucher abweisen und ihnen sagen, sie könnten wiederkommen, wenn die anderen Gesandten auch wieder zu Hause seien. Wenn sich das herumspricht, wird man wohl aufhören, Melanchthon zu plagen. Wenn Melanchthon aber jemanden zu besonderem Gespräch bei sich haben möchte, soll man diesem den Besuch gestatten, auch anderen aus der protestantischen Partei, von denen keine vom Landgrafen oder sonst angeregten Praktiken zu befürchten sind. Wenn trotzdem jemand von diesen mit Praktiken anfange, soll Melanchthon sagen, er habe vom Kurfürsten Befehl, in diesen Dingen nichts allein zu raten oder in eigener Verantwortung zu tun ohne Vorwissen der anderen kursächsischen Räte. Aber Melanchthon darf auch nicht nach seinem eigenen Gefallen herumlaufen, sondern soll in seiner Herberge bei den anderen Gesandten bleiben. Dieses Bedenken hat Melanchthon nit misfallen. Luther und den anderen hat es gut gefallen. Und Martinus meynte, wo er also von eueren kfl. Gn. verordent werde, ßo wolt er des Philippj halben dest leichtmutiger sein.

Wenn der Kurfürst mit seinem referierten Ratschlag einverstanden ist, muss ein entsprechender Artikel, Melanchthon betreffend, in die Instruktion eingefügt werden. Luther war sehr froh darüber, dass Johann Friedrich nicht persönlich, vor allem nicht so bald, auf den Reichstag ziehen will. Allen hat es sehr gefallen, dass Kf. Johann Friedrich dem Landgrafen seinen Standpunkt klar darlegen lassen will, und vor allem, dass Johann Friedrich keinen Frieden bewilligen will, der die Ausbreitung des Wortes Gottes behindert. Alle halten einmütig für gut, dass sich Johann Friedrich nicht auf Bedingungen einlasse, die den genannten Effekt haben könnten. War zwar bereit, dieses alles selbst niederzuschreiben, hat aber gemerkt, dass sie ihr Gutachten selbst abfassen und ihm dann zustellen wollten. Wenn es dann nötig ist, will er weiter mit ihnen sprechen. Denn in diesen Sachen ist, wie Johann Friedrich selbst erachten kann, viel daran gelegen, dass man ihre eigene Niederschrift hat.

Wenn Cruciger mitfahren soll, können sie erst am Montag aufbrechen. Sie sollen zunächst bis Zwickau fahren. Denn Hans Pack hat geschrieben, dass die anderen Gesandten sich einen Tag in Zwickau aufhalten werden. Dort wird dann der vom Kurfürsten zur Verfügung gestellte Wagen für die Theologen bereitstehen. Ihr eigener Wagen kann dann zurückfahren. Melanchthon meinte, sie müssten hinterherreisen. Sie wussten nicht, dass die anderen Räte bis Dienstag [1541 März 15] in Altenburg zusammenkommen. Der Kurfürst möge einen Einspännigen verordnen, damit sie am Montag [1541 März 14] aufbrechen und bis Donnerstag [1541 März 17] mit den anderen Räten zusammentreffen können. Der Kf. möge Geduld mit ihnen haben. Wittenbergk, Sonnabends nach [Zachariae?] 1541.

Anmerkungen

1
 Vgl. dazu Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Dr. Martin Luther, Torgau, 1541 März 13, Weimar HStA, EGA, Reg. E 141, fol. 23r–24v (Kop.): Wir haben euer schreyben, die beschickung des vorstehenden reichstags belangende, neben euerm bedencken, warumb die auch hochgelarten unsere liebe, getreue Mag. Philippus Melanchton und Dr. Creutzinger mit solcher rayß ader ir ein zceit lanck zu vorschonen sein solten, entpfangen und ferners inhalts gelesen und vormercken solchener antzaig von euch zu gnedigen gefallen, konnen auch die ursachen, so ir in berurter euer schrieft ahngezcogen, bey uns selbst der wichtigkait achten, das es nutzlich und zuforderst unser unvorsitet halben notig und guet were, das gemelter Mag. Phillipus und Dr. Creutzinger zu Wittennberg blieben und mit solcher rays vorschönet wurde. Nachdem ir aber wisset, das an disem reichstage mercklich und bevorahn der religionsachen halben viel gelegen, solten wir nuhn denselben aigner person nit besuchen, auch mit theologen nicht stadtlich beschicken, so mochte uns aufgelegt werden, als trugen wir, mit unser cristlichen, waren religion, dieweil ksl. Mt. tet [sic!] alda selbst seindt, ahns liecht zu kommen, scheuen. Darumb so bedencken wir die notdurft sein, die gnanten zwo perschonen zu vorschicken, des ir euch auch sonder zweiffels also werdet gefallen lassen. Erwartet, dass sie entsprechend seinem früheren Schreiben am Mittwochabend [1541 März 16] in Altenburg eintreffen, was Luther ihnen mitteilen soll. Will wie bisher für die Universität Sorge tragen und mit Gottes Hilfe bei der einmal erkannten Wahrheit und bei der reinen Lehre des Wortes Gottes, welches aus sonderlicher schickung und gnade Gottes von euch wieder die baptissysche [sic!] abgotterey ahns liecht bracht, biß in unser ende bestendiglich vorharren, der maynung und gemuets sonder zweiffel andere unsere religionnvorwanten auch sein und auf berurten reichstage neben uns op deme, das zu Gots lehr und ausbraitung seins heilwertigen worts geraichet, auch festiglich halten werden. Datum Torgaw, Sonntags Reminiscere anno domini 1541, Druck: D. Martin Luthers Werke, Briefwechsel, Bd. 9, Nr. 3581, S. 337–338.