Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 329 Nr. 133 Bd. 2, fol. 159r–160v (Ausf., eighd.); DV v. a. Hd. fol. 160v: Des cantzlers schreiben aus Wormbs, 1541, Torgau. Der cantzler schreibt, das der Kg. zu Franckreich gern wolt, das zwuschen seiner kgl. Mt. und Hessen und derselbigen religionsverwandten freundschaft erfolgte etc. Item, das Belagius der religion, aber der cantzler und Turno der heyrat mit Gulich geneigt sein etc. Item, von Jacob Sturm bedencken der verfolgten christen in Franckreich etc.

Euerer kfl. Gn. antworth sambt des achtbarn und hochgelerthen Dr. Brucken etc. schriftliches bedencken und copeien des eißnachischen rathschlags in der bewusten sachen1, darvon H. Jacob Sturm und Buczer mit mir gereth, habe ich untertheniglich entpfangen und denselbigen nach mich gegen gemelten beiden hern vornemen lassen2, der antworth ich noch gewertig. Wil mich auch ferner euerer kfl. Gn. bevelhs und des zugeschickten vorzeichnus und bedenckens unterthenigst zu halten wissen.

Es hath mir auch H. Jacob Sturm, izt gemelt, ezliche lateinische schriften, so neulich auß Franckreich kommen, zugestellet, darauß zu vormercken, das der konig fast gerne wolte, das die freuntschaft zwischen seiner kgl. Mt. und eueren kfl. Gn. und derselbigen religionßvorwanthen mochte erfolgen, das auch diejenigen, so den sachen zuwider, solches zu vorhindern, sich allerlei befleißigen und auf ein zusammenkunpft der ksl. Mt. und des Kg. zu Franckreich prackticiren sollen. Der Kard. Bellagius3, wie diejenigen, so in Franckreich gelegenheit wissen, berichten, sol je und alwege den Deutschen und sonderlich der religionsachen geneigt geweßen sein und noch. Habe auch vil guts geschafft. Aber in dem heirathshandel mit Julich sei ehr des Hg. von Orlienz halben, welchem dieselbige sache hoch entgegen, abgestanden und doch nichtsdestoweniger die religion zum besten fordern helfen. Dan auch vor wenig tagen ein schrift wider den babst, die einer sein diener gemacht und mit guthen grunden auß der schrift und historien das babstumb angegriffen, die ich gesehen, anhergeschickt worden, mit anzeige, das sie in deutscher und franzhosischer sprach in druck kommen solte. Darumb achtet H. Jacob Sturm auf die nechst auß euerer kfl. Gn. bevelh geschene anzeige, das in dem der unterschidt zu machen, was den heirath und was die religionsache belangeth, dan in dem einen mochte dem cantzler und Kard. Turnoth [= Tournon] mehr zu vortrauen sein, aber in des glaubens sachen sollen dieselbigen zweie je und alwege sich als widerwertig und vorfolger desselbigen erzeigt haben, do doch der Kard. Bellagius aufrecht befunden. Ich habe die lateinische brief, darvon obgemelt, sambt H. Jacobs an mich gethane erinnerung Dr. Brucken zugeschickt4, dieweil dieselbigen nicht so eilendts haben mogen vordeutscht werden, domit die post nicht aufgehalten.

Es hath mir auch H. Jacob seinen bericht und bedencken der vorfolgung halben in Franckreich zugestellet, den thue ich hiemit in unterthenickeit ubersenden, ob es villeicht zu den handlungen zur Neumburg etwas dinstlich.

Was auch die Schweizer dem chammergericht neulich geschriben, werden euere kfl. Gn. beivorwarth auch befinden. Dieselbige schrift ist nechten spath H. Jacoben auch zukommen. [...]. Datum Wormbs, den virthen tag Januarij anno domini 15415.

Anmerkungen

1
 Zur Konferenz in Eisenach über die Bigamie des Landgrafen im Juli 1540 vgl. Lenz, Briefwechsel, Bd. I, Beilage II, S. 339–344 und die einschlägigen Akten ebd. Beilage II, Nr. 22–29, S. 369–388.
2
 Vgl. Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Franz Burchard, Lochau, 1540 Dezember 21, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 329 Nr. 133 Bd. 2, fol. 57r–57v (Ausf.): Hat sein letztes eigenhändiges Schreiben über sein Gespräch mit Jakob Sturm und Martin Bucer über die bewusste Sache des Landgrafen und die mitgeschickten Artikel zur Kenntnis genommen. Hat sein Schreiben an Dr. Gregor Brück nach Naumburg geschickt, der ihm darauf in seinem Auftrag antworten wird. Darnach wirdestu dich gegen gedachten baiden hinwider alsdan zu vornhemen lassen und sunsten hirinnen zu halten wissen. [...]. Datum Lochau, am tage Thome apostoli anno domini 40.
3
 Jean du Bellay, Bf. von Paris und Kardinal.
4
 Bei der erinnerung Sturms handelt sich möglicherweise um folgendes Stück: Jakob Sturm an Franz Burchard, o. Ort, o. Datum, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 329 Nr. 133 Bd. 2, fol. 286r–286v (Ausf., eighd.): Gunstiger lieber her cantzler! Ich schick euch hiebey des Schledanj zween brieve mit a und b gezeichnet und dan des cardinals eigen handtgeschrift mit C bezeicht, dorauß ir den gesterigen, durch mich erzelten handel clarlicher und dabey zu vernämen habt, wie vleissig der cardinal uff die schickung tringt. Daneben hab ich gedacht, wu der churfurst khein andere person, die er Dr. Chelio zugebe, hett, das er, Dr. Chelius, zum anfang auch zu schicken were. Dan er dem cardinal bekhant und den Schledanum an der hand hett, durch welche[n] er, ob er schon das welsch nit khan, alle ding latinisch furtragen und handlen möchte. So ist er dem conetabel auch bekhant und hat von vergangnen handlungen vill wissens. Hab ich uch, dweyl ich vermerckt, das die post noch nit hinweg, nit wollen onanzeigt lassen. Wollen die brief treulich verwaren und den handel in der enge, wie es die notturft erfordert, behalten. Hiemit vill guter nacht. Unterhalb der Unterschrift folgen verschiedene Chiffren für: cardinalis, rex Franciae, cancellarius, conestabilis, comes Guilelmus de Furstenberg, Bornabas, [cristen?].
5
 Vgl. Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Franz Burchard, Torgau, 1541 Januar 10, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 329 Nr. 133 Bd. 2, fol. 164r–167v (Ausf.): Sein Schreiben vom 4. Januar. Soll die Antwort Bucers und Sturms in der bewussten Sache schicken und sich weisungsgemäß verhalten. Was die von Sturm übergebenen Schriften aus Frankreich und das Interesse des Kg. von Frankreich an freundschaftlichen Beziehungen zu den Protestierenden betrifft, so verweist er darauf, das unsers teils doran kein mangel ist, haben auch unsere rethe gein der Naumburg mit schließlichem bevhel gefertiget, aber, wie wir vormercken, sol bis auf dato davon der andern sachen halben noch nit haben konnen geredt werden. Wir wollen uns aber vorsehen, es wirdet numer vonstadten gehen und die erfarung geben, wohin der rethe und botschaften gemuet genaigt. Zweifel an Sturms Differenzierung zwischen dem Kard. du Bellay, dem Großkanzler und dem Kard. Tournon im Hinblick auf die Religion. Jedenfalls soll die Kgn. von Navarra, die seit Jahren evangelisch gesinnt ist, den Großkanzler und Kard. Tournon gerade wegen der Religion besonders schätzen. Bedenken Sturms über die verfolgten Christen in Frankreich. Soll Bucer und Sturm mitteilen: Sie baide wolten gerne, das man sich der vohrfolgten leute in Franckreich solte annemen, welchs dan ain christlich, guet werck, besundern wan man gewieß where, das sie unser confession anhengig und nit mit andern secten beflecket und aufrurer wheren. Solt auch unsers teils doran auch nit mangel sein. Nachdeme sie aber wusten, das die von Goßlar im reiche deutscher nation sessen, welche mit leib und guetern aus haß der religion ufs kreutz geopfert und musten zu tage und nacht gewertig sein, wan sie der von Braunschweig uberfiele und sie als bekenner der rechten, gotlichen warhait todte, umbbrechte und vorbrennete, jung und alt, man und weib etc., so wolte sich der nimand erbarmen, sunderlich aber von oberlendischen stedten, auch ire herren, die von Strasburgk, wie wir aus itziger handlung zur Naumburgk vormarckt, und wheren doch der christlichen aynung also vorwant, das man inen vor allen andern billich helfen solte. Solchs soltestu inen aus unserm bevhel darumb antzaigen, damit sie dannacht des wissens und den sachen ferner nachzugedencken hetten. [...]. Datum Torgau, Dinstags nach Erhardj, den zehenden Januarij anno domini 1541.