Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 391 Nr. 148 Bd. 2, fol. 76r–77v (Kop.).

Nachdem mein gnediger her F. Wolff zu Anhalt etc. und andere herrn rethe und gesandten kfl. Gn. zu Sachssen in ansehung, das die stadt Hamburg dem hl. röm. reich on mittel nit unterworfen und darumb auch mit des reichs hendelen uf diesem jegenwertigem reichstage nichts zu schaffen hat, auch das sich die sachen der relligion durch die reichshendele und neben denselben in die lenge verziehen muchten, dem gesandten von Hamburch gnediglich und gunstiglich erlaubt haben abezureisen, so hat doch derselb gesandter von Hamburg seiner hern und obern bevelh nach volgend artikel hinder sich gelassen und den hoch und vorgemelten churfurstlichen gesandten und rethen zugestelt, wie hirnach volget:

Zum ersten, soviel es betrift die vergleichung oder conciliation des zwiespalts der kirchen, religion und lahr, were einem erbaren radt zu Hamburgh nichts lieber, dan das dieselbe christlich getreffet und ufgericht werden muchte. Weil aber dasselb durch die lehrer furnemlich wil erwogen werden und, durch was mittel und wege solchs christlich und rechtschaffen geschehen muge, wirdet sich ein erbar radt zu Hamburg beifellich halten demjenigen, so die hern theologi unsers theils in demselben befinden und schliessen werden, das mit Gott und gutem gewissen on verletzung gotlicher ehren und warheit geschehen kunne und mughe. Und was also unsers theils theologi christlich und recht erachten und die stende unser confession und einungh annehmen und fullenziehen werden, deme wirdet sich auch ein erbar radt zu Hamburg ires theils der gebur und gemeß zu halten wissen.

Weil man aber uf das buch des colloquii der ksl. Mt., unserm allergnedigsten herrn, antwort geben soll und die theologi unsers teils, so noch hie sein, ihres bedenckens darauf zum teil gehort sein, zum teil auch noch weiter gehoret mugen werden und nun weiter muchte erfolgen, das auch unsers theils stende ihr bedencken und meinung darauf solten anzeigen, wil sich uf sollichen fall bemelt gesandter von Hamburgh also haben vernemen lassen: Weil das buch von den hern theologis unsers theils, so alhie zu Regenspurg jetzund noch sein, wie ehr vermerckt, einhelliglich nit wil angenomen werden und viel derselben theologen unsers theils albereit von hinnen abegereiset und ehr der gesandter nit erfaren, das sich jeniger [sic!] derselben das buch hette gefallen lassen, diejenigen auch, so noch hie sein, wie ehr auch vernohmen, sich beschweren, daruber einzulassen, so weiß ehr, der gesandte, von wegen seiner hern und obern als der, so selbst zu solchen großwichtigen sachen nit erfaren gnug bekennet, auch derselben seiner hern und obern und ihrer theologen meinung und bedencken hierinne nit weis, das buch nach seinem laute nit zu bewilligen.

Zum andern, so denn die vergleichnus oder conciliation zu dieser zeit nit zu treffen und allein von eusserlichem frieden gehandelt werden will, was in dem die gemeinen stende der eynungh vor gut ansehen und annemen werden, daran wirdet sich ein erbar radt zu Hamburgh neben denselben auch zu genugen haben. Allein das der gesandter von wegen seiner hern und obern wil erinnert und gebeten haben, wie doch auch on das wol geschehen wurde, daran zu sein, das des bapsts und der pfaffen alte jurisdiction und gerichtszwangk, item, ihre gewalt und gebrauch in collationibus ecclesiasticorum beneficiorum und dergleichen nit wider eingeraumbt, sondern vielmer, was in deme oder anderem in unser religion und unsern kirchen christlich angenohmen und zur ehren Gottes auch sunsts zu erhaltung christlichen lebens und wesens und guter ordnung bißher geubet oder hievor, in gebrauch zu bringen, furgenomen ist, hinfurter also zu uben und zu gebrauchen, auch darinne furtzufaren, und doch zuvorabe auch, was sunsts uber das alles zur ehre Gottes, erhaltung seiner warheit und gemeiner seligkeit dienstlich, unabgeschnitten und unverhindert bleiben mughe.

Und indem von den beschwerungen dieser stende am keyserlichen camergericht handlung furfallen und man der von Hamburgh beschwerungen, so ihnen in der religionsachen begegnen, wissen wolte oder sunsts an der handt haben muste, hat der gesandter von Hamburg davon sondern bericht ufs kurtzte verfasset ubergeben und bey hoch und oben gedachten herrn kfl. Gn. zu Sachssen gesandten und rethen gelassen1, daraus sollichs auch weiter zu befinden.

Solte es sich auch zutragen, das von der conciliation hernachmals uf ander zeit und stedte durch die theologen noch weiter solte gehandelt werden, was des die gemeinen stende unsers theils willigen, wirdet sich ein erbar radt zu Hamburgh auch nit misfallen lassen, allein, das sollichs fa[ls] dannoch im eusserlichen frieden, soviel muglich, muchte caviert werden, da solliche conciliation auch ferrer entstunde, das alßdan der fried dannoch seinen lauf behalten und dadurch nit abgeschnitten oder verkurtzt werden muchte.

Ratisbonae, 27. Junij 15412.

Anmerkungen

1
 Vgl. den Bericht über den Stand der Auseinandersetzungen zwischen der Stadt Hamburg und Propst, Dekan und Kapitel des Kollegiatstiftes in Hamburg, ohne Datum, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 391 Nr. 148 Bd. 2, fol. 159r–160v (Kop.); DV v. a. Hd. fol. 162v: Des geschickten von Hamburg bedencken und meinung den chur- und furstlichen sechssischen rethen nach seinem abraisen zu Regenspurg hinder sich verlassen, 1541. Fol. 161r und fol. 162r zwei Prozessakten in Kopie als Beilagen.
2
 Vgl. auch Bgm. und Rat von Hamburg an Hermann Rover, ihren Gesandten in Regensburg, Hamburg, 1541 Juni 23, Hamburg StA, Senat Cl. I Lit. Mc 1, fol. 13r–14r (Reinkonz.): Haben seine Schreiben aus Regensburg vom 27., 28. und 30. Mai erhalten, auch was ihnen vom Kg. von Dänemark zugegangen ist. Obwohl in der Religionssache in Regensburg nichtes sonderlichs angefangen edder beschlutlichs gehandelt worden ist, hoffen sie doch, dass der Reichstag zu gemeiner Wohlfahrt dt. Nation nicht ohne Frucht und Nutzen endet. Die Nachricht über die erlangte Konfirmation des Privilegs haben sie gerne zur Kenntnis genommen. Bitten um Kopie davon, um sich informieren zu können. Kann in Nürnberg oder an einem anderen Ort für seine Zehrkosten das benötigte Geld aufnehmen. Auf seine Anfrage teilen sie mit, dass bei ihnen und ihren Nachbarn Mordbrand und Giftmischerei nicht vorkommen. Neulich zog ein Sekretär der niederländischen Statthalterin Maria, in Hamburg Erkundigungen ein über die Politik des Kg. von Dänemark gegenüber den ksl. Untertanen und Seefahrern und über die mögliche Entwicklung nach Ende des einjährigen Stillstandes. Haben deshalb an den Kg. von Dänemark geschrieben. Daraufhin teilte der Kg. von Dänemark mit, dass der Kaiser ihn aufgefordert habe, Gesandte zum Regensburger Reichstag zu Ausgleichsverhandlungen zu schicken. Falls während der Verhandlungen der einjährige Stillstand ablaufe, solle er noch zwei weitere Monate eingehalten werden. Im Übrigen will der König zuwarten, bis er das Ergebnis der Regensburger Verhandlungen kennt. Der Sekretär Marias ist vor etlichen Wochen nach Empfang der Antwort wieder abgereist. [...]. Signatum Donnerdages am Avende Johannis Baptiste anno etc. 41.  – Vgl. außerdem Bgm. und Rat von Hamburg an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, 1541 August 3, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 391 Nr. 148 Bd. 2, fol. 151r–152v (Ausf.): Danken dafür, dass ihrem Gesandten Hermann Rover die Heimreise von Regensburg erlaubt wurde. Bericht ihres Gesandten über die Verhandlungen der protestantischen Stände über die Beschwerde Hg. Ulrichs von Württembergs wegen der ihm zugemuteten Eidesleistung auf die Heiligen am Kammergericht. Erklären hiermit, dass sie, falls Hg. Ulrich aus der Weigerung, den Eid auf die Heiligen am Kammergericht zu leisten oder leisten zu lassen, Schwierigkeiten entstehen, dieses als Religionsangelegenheit anerkennen. Dabei ist streng darauf zu achten, dass dieser Fall nicht mit dem eigentlichen Prozessgegenstand vermengt wird, da dieser die Religion nicht betrifft. Zettel: Bitten, das, was nach der Abreise ihres Gesandten in Regensburg auf dem Reichstag verhandelt wurde und sie mitbetrifft, bei gegenwärtigem Boten mitzuteilen. Vgl. dazu Kf. Johann Friedrich von Sachsen an die Bgm. und Rat von Hamburg, Lochau, 1541 August 13, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 391 Nr. 148 Bd. 2, fol. 153r–154v (Reinkonz.): Bezug: Ihr Schreiben vom 3. Aug. 1541. Die Angelegenheit Hg. Ulrichs (Eidesleistung vor dem Kammergericht) ist von den protestantischen Ständen, wie seine mittlerweile aus Regensburg zurückgekehrten Gesandten berichten, als Religionssache anerkannt worden. Schickt ihnen zu ihrer Information über das Ergebnis der Reichstagsverhandlungen eine Kopie des Abschiedes der Schmalkaldischen Verbündeten, eine Kopie des Reichstagsabschiedes und der ksl. Deklaration zum Reichsabschied für die Protestanten. Ohne diese Deklaration konnte der Reichsabschied von den Protestanten nicht angenommen werden.