Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. E 141, fol. 17r–20v (Reinkonz.); AS fol. 17r: An Dr. Bruken der theologen bedenken halben uff den reichstage, 1541, Torgau.

Ausz.: Corp. Reform. IV, Nr. 2166 , Sp. 134–136.

Wir haben eur schreiben bey Dr. Kreizingern und Mag. Philipen sampt dem bedenken, so unsere theologen etzlicher artickel halben, die uff kunftigem reichstage in handelunge mochten furlauffen, gestelt, empfangen und alles inhalts vernomen1. Und dieweil gedachter Dr. Kreutzinger sich ergeben, uff den reichstage zu raißen, ob er wol gerne, doheim zu pleiben, erlaubnus gehabt, so haben wir ine und den Philipo dorauf im nhamen Gottes abgefertiget. Soviel aber unser theologen gesteltes bedenken anlanget, bedunckt uns dasselbige nach gestalt und gelegenhait dieser großwichtigsten sachen, die nit allein das zeitliche, sundern das ewige betreffen, gantz seicht und kalt, auch nit so statlich sein, das es uff kunftigen reichstagk, den andern stenden zu zeigen, mocht geschickt werden, dann es gar zu schimpflich sein wolt, und ist unsers erachtens der vleiß nit dorbei gethon, so billich dorbei het sollen gescheen, wiewol wir den erwirdigen und hochgelerten unsern lieben andechtigen H. Morthin Luther Dr. dorinnen genediglich entschuldiget haben, dan wir wol wissen, das er solche ader dergleichen stellung seins nuhmer unvermugens halben selbst nit wol thun kan, zudem das er itzo Hg. Heinrichs von Braunschweigk buchs halben doran vorhindert.

Dieweil wir dann in berurtem unserer theologen bedenken undter anderm zwen punct, di einander widerwertigk sein, befunden, der erste, das ain jeder regent ane bundtnus dem andern in solichem vhalh treue hilf schuldigk und pflichtigk unda das sich ain fromer, christlicher herr nit kan vorpflichten, einem andern in solicher sachen hulf zu thun, b welche beyde artickel eynander anhencken. [Darkegen] wurt der ein widerwertigk artickel gestelt, [...?] der dorumb, so die andern wollen die buntnus [einzyhen] lassen und [sie] so der liebe vergessen und andern nit helfen, kont ein fromer und getreuher [buntnus?]ferwanter sie dorzu nit zwyngen und wer derhalben entschuldiget, so er auch [gewis?], das alle nyt [aingenomen] wurden, dan wye kont er die andern zwingen, hilf zuzusagen. So beduncket uns, das diß bedenken mher dohin gemaint, was einer dem andern eusserlich, uff und in dieser welt, aber nit fur Got und der gewissen halben zu thun schuldigk. Nachdem aber di theologen wollen, das ain regent ane bundtnus, dem andern hulf zu thun, vorpflichtc, so vorstehen wir solichs dohin, das dieselbige hulf, so ain regent dem andern leistete, aus christlicher liebe herfließen und bescheen muste. Dieweil sie dann die bundtnus gleichwol als fur recht in diesem vhalh zulassen und nit vorwerfen, so halten wir es bei uns darfur, nachdeme ainer dem andern hulf und treue aus christlicher lieb zu laisten schuldigk, das mit der bundtnus dieselbige lieb gesterckt und befestet wirdet und also die hulfe und treue so viel ehr erfolget, dan die bundtnus ist nit uff eusserliche weldthulf, sundern uff die hulf, so man, d fur Got und–d auß christlicher lieb zu laisten, vorpflicht, gewidembt.

Dorumb werden soliche zwey punct weiter ausgestrichen und miteinander vorgleicht mussen werden und dergestalt, do solichs fur di andern unsere mitverwandten kombt, das es bei inen ain ansehen hat, sunderlich aber, das der grundt dohin gelegt, was ainer dem andern fur Got und mit gewissen in diesen sachen zu thun schuldigk. Dan wiewol ain bundßverwanter die andern zur hulf, do sie dorzu nit neigung haben, nit zwingen kan, so will e doch schwer sein, das wir, so wir wissen solten, das wir [unrecht?] thetten, uns neben den andern eynungsferwanten verpflichten solten, hinfort nyemandes in unser einung zu nemen, weil sulchs wider Got sein wurd, dan obgleich, des wir uns nit versehen wolten, das mehrer theil der stende unser christlichen vereynung sulchs bewilligen wolt, so konnen wyr, so wyr je gleich, das sich doch nit [zu fermutten], allain stehn solten, solchs widersprechen, das wyr darein nicht willigen wolten, sundern uns mit denen, so mit uns einick sein, furbehalten haben wolten, wer Gottes wort und unser confession annemen und bey uns umb eynung und buntnus ansuchen thethe, allein zu der kegenwer, das wir uns solches auch mit aller welt wolten–e unbegeben haben.

Und die bundtnus werde so vorachtlich gehalten, als es immer sein magk, so weiß man doch wol und ist am tage, was dieselbige bißhere gefruchtet und was sich fur stende zu dem gotlichen worth gethan, die es sunst, do sie keiner handthabunge zu gewarten gehabt, wol wurden undterlassen haben.

f Dieweil dan an dem artickel fil gelegen, sich auch mhe dan guthe fridhandlung [darunder?] sthossen konne, so wil jhe notturft sein, das disser punk weitter wol bedacht und clar mit gotlicher schrieft dagethan werden, was mit Got und gewissen derhalben auszulassen sein wil ader das es des fridens halben bleibe, verers von Got versehen–f.

Dartzu will der artikel der restitution halben auch weiter auszustreichen sein.

Dieweil wir dan bedacht, die notturft zu sein, das unser theologen bedenken uff dem gegenwertigen reichstagk stadtlich fur der handt sey und aber Dr. Kreizinger und Philipus von Witembergk abgereist, es auch mit Dr. Marthino seins unvormugens halben di gelegenheit hat, wie angetzeigt ist, so schicken wir euch vilgemelt gesteltes bedenken himit wider. Und ist unser genedigs begern, ir wollet dem probst und Pommer dasselbe zustellen und inen berurte anzeige von unsernwegen thun und, das sie ir bedenken ferrer statlicher vorfertigen und zusamenziehen, auch Dr. Marthinj bedenken dorinnen horen, ine auch solich bedenken neben inen undterschreiben lassen woldten. So soldte auch unsers ermessens nit unguet sein, das sie beide H. Jorgen Moier zu solicher stellung zu sich ziehen theten. g Und weil dan er am besten weys, warauf sulche artickl in der underhandlung furzufallen pflegen, so wollet mit ime darvon conferiren und dise vorsicht geb[rauchen?], das sie, wan [in dis bericht], aufsen [= aufsehen] und mehr fleis darbei thun–g.

Schirst sie nu damit fertigk, so wollet uns dasselbige unvorzuglich uberschicken, wollen wir es unserm ohmen und den rethen gein Regenßburg furderlich hinachsenden. Das haben wir euch nit vorhalten wollen und thuet unß daran zu gnedigem gefallen. Datum Torgau, Mitwoch nach Reminiscere 1541.

Anmerkungen

1
 Vgl. Dr. Gregor Brück an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, Wittenberg, 1541 März 13, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 2, unfol. (Ausf.): Dr. Cruciger und Melanchthon sind aufgebrochen. Sie werden sich sicher beim Kurfürsten ansagen lassen. Dr. Cruciger bittet nochmals um Beurlaubung von dieser Reise, wartet noch, ob er sie erlangt. Wenn nicht, wird er ohne Zweifel untertänig gehorchen. Eueren kfl. Gn. schick ich hierpey der hern theologen bedencken aller des friden, auch des concilii halben. Es sein die puncte nit alle berurt, die ich in angetzeigt. Und wiewol die ewangelische pundtnuß nit groß vor nutz geachtet, szo bekennen sy dannocht so vil, das sy nit unchristlich und das ein yder christlicher standt dem anderen, do er verfolget wolt werden des ewangelii halben, auch one pundtnuß, meher ist er durch sonderliche gelubde und pundtnuß zu helfen schuldig. Vil weniger mag er sich auch verpflichten laßen durch ein friedenhandellung zu dem, dodurch dem confessionvorwanten hulf, trost, radt und dinst abgestrickt und das ewangelium gehembt wurde. [...]. Datum Wittenbergk, uff Suntag Reminiscere anno domini 41. [Zettel:] Schickt beiliegend den Entwurf einer Vollmacht und sein Bedenken dazu.
a
  Korr. aus: der ander.
b
–b Nachgetr. v. d. Hd. Kf. Johann Friedrichs von Sachsen.
c
  Korr. aus: schuldigk.
d
–d Nachgetr.
e
–e V. d. Hd. Kf. Johann Friedrichs von Sachsen korr. aus: doch schwere fallen, do man gleich solicher hulf mangeln solt, alß sich doch nit zu vormuten, das es bescheen solt, do es darzu gelangen wurde, zu bewilligen ader zutzelassen, das andere nit solten angenomen werden.
f
–f Nachgetr. v. d. Hd. Kf. Johann Friedrichs von Sachsen.
g
–g Nachgetr. v. d. Hd. Kf. Johann Friedrichs von Sachsen.