Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Eidgenössischer Tag in Luzern; [2.] Bereitschaft Uris, Schwyz’ und Unterwaldens zur Unterstützung des Romzuges; [3.] Romzughilfe der Reichsstände; [4.] Zahlungen an eidgenössische Parteigänger Kg. Maximilians.

Konstanz, 2. Februar 1508.

Wien, HHStA, Maximiliana 18, Konv. 3, fol. 106–108’ (eh. Or., Postverm.: In sein selbs hand.).

[1.] Er hat sich gemäß kgl. Weisung gemeinsam mit Dr. [Hans] Schad und Hans von Landenberg nach Luzern begeben. Sie haben dort H. [Ulrich] von Hohensax angetroffen, jedoch nicht die erwartete Instruktion vorgefunden. Als die Tagsatzung sich ihrem Ende näherte und sie immer noch keine Anweisungen hatten, erbaten sie, um nicht unter Spott und unverrichteter Dinge abreisen zu müssen, die Übergabe und Verlesung der ihren Informationen nach zur Absendung an den röm. Kg. vorbereiteten Antwort [Nr. 930], für die die Eidgenossen um Bedenkzeit gebeten hatten. Diese Antwort wurde ihnen übergeben und verlesen. Und wiewol unß die erstlich ganz misfelig was, yedoch, so wier die handlung im grund erwagend und sunderlich, das kgl. Mt. vormals vil daruf hat handlen lassen, das die dru ort Schwitz, Ure und Underwalde ier Mt. den romzug soltend helfen tun, wie ier gut wissen habend, mit ingehandelt sein, zum andern, das wier erwagend, das kgl. Mt. gemain Aidgenosen inhalt des abschids zu Costenz [Nr. 229] schwarlich erheben und sich des solds, nachdem etlich IC, ainer XL, der ander L sold haben welt, mit inen nit vertragen hett mugen, zusampt andern beschwerden, liesend wier unß den abschid nit misfalen. Doch beschwertend wier unß des gegen inen dergestalt, als hettend wier unß nach aler ergangner handlung gar vil ainß andern und bessern abschids versechen etc.

[2.] Obwohl der Abschied im Namen der ganzen Eidgenossenschaft ergangen ist, so spiegelt er doch keinesfalls die Meinung der drei besagten Kantone, insbesondere Schwyz’ und Uris, wider1, deshalb kgl. Mt. darab kain erschrecken haben sol. Der Kg. kann in den drei Kantonen geschlossene Truppenverbände anwerben, doch muß dies ohne weiteren Verzug geschehen. Trotz des Verbotes kann der Kg. darüber hinaus nach seinem Belieben freie Knechte anwerben, uß der ursach, das sy sunsten seiner Mt. zu dienen ganz genaigt seind, zum andern, das sy wider die lender mit iern banern nit gern tun wurdend. Und hett kgl. Mt. den fortal, das ier Mt. userhalb der dryer lender sy mustern lasen und umb den sold ier Mt. gefalen nach mit in yberkumen und handlen mecht, das sy sunst in kain weg gedulden noch zugeben wurdend, und ungezwifelt sich liden wurdend, was sy mechtend, ee und sy zu dem Kg. von Frankrich lofen wurdend. Und mecht ier Mt. nemen, sovil ier Mt. gelibte, die andern lassen lofen und alweg sprechen, er hett sy al wolen annemen, so hett er mit iern gewaltigen und dem kronenfressen nie mugen nacherkumen und sich mit andern luten bewerben muesen, dardurch aber der nid und unwil, der yetz uß der massen groß wider in der Aidgenoschaft ist, noch grosser wurd. Und gelopt mier warlich, das ain solich wesen under in ist, das ich oder kain mensch uchs sagen noch schriben kan: der vater widers kind, ain bruder wider den andern. Und trybend solich ungeschicker, sorklich reden, das ich hof, Gott wol etwas gutz wirken, das der gemain man dem gewaltigen der biebery nit lenger zusechen werd. Und stat warlich als an dem, wa die kgl. Mt. die 3 ort annumpt, wie wier schribend, darin rat und helft, dan es kan noch mag kain verzug mer haben. Schlecht kgl. Mt. das ab, so wirt aler guter wil in dem gmainen man erleschen und die Franzosen mit ierm geschray, daß kgl. Mt. sy nur hab wolen mit worten vom Kg. von Frankrich bringen, furgon. Und wirt die puntnuß gewißlich, sobald die knecht zu Frankrich lofend, daruf gon. Wie kgl. Mt. und wier al darnach sitzen werdend, habt ier zu ermessen; sagt das ier Mt.  Ersucht ihn noch einmal inständig, den Kg. davon zu überzeugen, die aktuelle Lage auszunutzen, bevor die eidgenössischen Knechte dem Kg. von Frankreich zuziehen.2 

[3. Mandate an die Stände zur Leistung der Reichshilfe; Nr. 824, Anm. 2].

[4.] Berichtet über eine Schilderung Oswalds von Rotz, wonach die Sache des röm. Kg. durch ein Wunder als gerecht erwiesen wurde. Bittet um Geld für die Zahlungen an Hauptleute und an Parteigänger des röm. Kg., insbesondere die 80 fl. für [Hans] Biderbist, der den Mehrheitsbeschluß in Uri zustandegebracht hat. Das Verdienst Biderbists geht auch aus dem Bericht Schads an den Bf. von Gurk3 hervor.

Anmerkungen

1
 Vgl. den gegen den Abschied vom 26.1. gerichteten Beschluß der Kantone Uri, Schwyz und Unterwalden auf der Tagsatzung vom 6.-8.2.1508 (Gagliardi, Anteil I, S. 703f.).
2
 Kg. Maximilian wandte sich wohl unter anderem wegen dieses Berichts – und einer nicht vorliegenden alarmierenden Meldung des Hans von Königsegg – gegen eine Empfehlung Liechtensteins, derzeit keine Kriegsknechte der Drei Bünde anzuwerben. Er teilte die Befürchtung, daß die Bündner dann auf die Seite Frankreichs überlaufen würden und ihr Gegensatz zu den Eidgenossen überbrückt würde. Deshalb sollten von jedem der Bünde 300 Knechte angeworben werden (Konz. mit ex.-Verm., Neustift, 18.2.1508, Registraturverm. G[abriel Kramer]; HHStA Wien, Maximiliana 18, Konv. 3, fol. 130). Der Kg. äußerte gegenüber Königsegg am gleichen Tag seine Verwunderung über die gemeldeten unerwarteten Schwierigkeiten bei der Anwerbung von Knechten der Drei Bünde. Er befahl ihm, je 300 Söldner im Oberen Bund [= Grauer Bund], Unteren Bund [=Niedere Vereinigung] und in den Acht Gerichten [Davos, Klosters, Castels, Schiers, Churwalden, Belfort, St. Peter und Langwies; Hitz, Strukturen, S. 1] anzuwerben und zu erklären, daß diese Truppen gegen Venedig eingesetzt würden (Konz. mit ex.-Verm., Neustift, Registraturverm. G[abriel Kramer], Postverm.: zito, cito, cito, cito; ebd., fol. 133–134’)
3
 Liegt nicht vor.