Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

Verhandlungen Wertherns und Pflugs mit thüringisch-sächsischen Reichsgrafen über ihren Beitrag zur Romzughilfe des Hm. Sachsen bzw. der Lgft. Thüringen.

Act. Erfurt, 23./24. September 1507.

Dresden, HStA, Geheimer Rat, Loc. 10432/1, fol. 83–85 (Kop.).

Referiert bei Goerlitz, Staat, S. 239f.

Sie trugen den anwesenden Gff. von Schwarzburg, Gf. Botho von Stolberg, den Gff. Ernst und Albrecht von Mansfeld und Gf. Johann von Honstein sowie den Gesandten Gf. Adams von Beichlingen und Gf. Gebhards von Mansfeld den Inhalt ihrer Instruktion1 vor.

Die Gff. antworteten, daß die in Konstanz versammelten Reichsstände sie ebenfalls für die zugesagte Hilfe veranschlagt hätten. Sie seien als Reichsgrafen verpflichtet, dem Kg. und dem Hl. Reich den schuldigen Gehorsam zu leisten. Sie müßten auch für ihre von anderen Ff. herrührenden Lehen Anforderungen erwarten. Sie seien überdies nicht verpflichtet, Hg. Georg einen Beitrag zu leisten, und bäten deshalb, auf die Forderung zu verzichten. Im übrigen wollten sie sich als gehorsame Gff. erzeigen.

Die sächsischen Räte erwiderten, daß die Veranschlagung durch das Reich mit den Hg. Georg zustehenden Leistungen nichts zu tun habe und ihre Verweigerung unbegründet sei. Vielmehr hätten ihre Vorfahren und zum Teil auch sie selbst bei früheren Beanspruchungen durch das Reich, bspw. beim Zug nach Neuß, immer ihre Zugehörigkeit zur Lgft. Thüringen geltend gemacht. Sie sollten sich weiterhin daran halten, der Hg. werde sie im Gegenzug gegenüber dem röm. Kg. und dem Reich vertreten. Falls sie wider Erwarten an ihrem Standpunkt festhalten und sich in andere Dienste begeben wollten, so solle dies dennoch ohne Beeinträchtigung ihrer Dienst- und Lehnspflichten gegenüber Hg. Georg geschehen.

Die Gff. beharrten auf ihrer Position und erklärten die Forderung Hg. Georgs zu einer unrechtmäßigen Neuerung. So sie aber durch andere wege, dann itzund beschehen, mochten erinnert werden, das sie solichs zu tun verpflicht, alsdann wolten sie sich geburlich erzeigen, mit voriger erbietunge. 

Die sächsischen Räte wiederholten ihre vorherigen Darlegungen und bestritten, daß die hgl. Forderung eine Neuerung sei. Es gäbe keine Regelungen für die Dienste des Lehnsmannes gegenüber dem Lehnsherren. Wenn der Lehnsträger für eine bestimmte Zeit nach Köln und dann für eine weitere Zeit nach Prag beschieden würde, müßte er beidem nachkommen. Sie und ihre Vorfahren hätten mit dem Lgf. von Thüringen bereits vor Neuß gedient. So liege auch keine Neuerung vor, wenn sie jetzt mit dem Lgf. [Hg. Georg] nach Rom ziehen sollten. Die Rechtslage sei eindeutig. Die weiteren Gründe für die Dienstpflicht der Gff. gegenüber dem Hg. müßten jetzt nicht dargelegt werden. Sie sollten es sich gut überlegen, eine Aufforderung des Hg. zur Dienstleistung abzulehnen.

Am folgenden Tag [24.9.] eröffnete Gf. Botho von Stolberg den sächsischen Räten, daß er seine Meinung vom Vortag geändert habe und anerkenne, daß er der Lgft. Thüringen und nicht dem Reich zum Dienst verpflichtet sei. Der Gf. bat, Hg. Georg folgende Antwort zu übermitteln: Falls der Hg. seinen Vater [Gf. Heinrich] erneut schriftlich zum Dienst rufen würde, so wurde er sich aller gebure und billigkeyt halten. Die sächsischen Räte lobten seine Antwort, das Schreiben an seinen Vater hielten sie indessen für unnötig. Aufgrund seiner Äußerung, daß er solde wye vor elders gebraucht werden, fragten sie nach, ob die Zahlung von Geld anstatt der Stellung von Truppen für ihn ein Problem darstelle. Der Gf. verzichtete auf das Schreiben und bestätigte, daß er die Zahlung von Geld für eine beschwerliche Neuerung halte. Die beiden Räte erklärten daraufhin, daß der Adel in Thüringen und Meißen diesbezüglich durch einen Reversbrief sichergestellt sei. Da er sich damit nicht zufriedengab, haben wir ime dise meynunge zu vorstehen gegeben, dieweyl e. ftl. Gn. aus redelicher betrachtung der dreyer stende e. ftl. Gn. landschaft angehalten, als vil e. ftl. Gn. und der landschaft ufgeleget, selbst ufzunehmen, das e. ftl. Gn. also getan und dye zal volkommen habe, so were seyne schickunge uberflussig, und yme vorgeschlagen, das er in derselben zal, die e. ftl. Gn. ufgenommen, eyn zymlich anzal, dyeselbigen zu versolden, uf sich nehme und bewilligte. Der Gf. bat darum, diesen Vorschlag seinem Vater zu übermitteln, er selbst werde Hg. Georg in wenigen Tagen Antwort geben. Auch Gf. Johann von Honstein distanzierte sich von der gemeinschaftlich gegebenen Antwort der Gff. und bat, ihm eine Frist einzuräumen, um den Vorschlag seinem Bruder [Gf. Heinrich] zu übermitteln; er werde dann Hg. Georg gegenüber persönlich eine Erklärung abgeben.2 

Anmerkungen

1
 Liegt nicht vor. Der Anfang September 1507 nach Leipzig einberufene sächsische Landtag hatte die Kostenschätzung Hg. Georgs für sein Romzugskontingent auf 12 000 fl. akzeptiert, bei der Umlage der Steuer jedoch anteilige Zahlungen Hg. Heinrichs, der Bff. von Meißen und Merseburg sowie der albertinischen Dynasten einkalkuliert (Goerlitz, Staat, S. 359, 436f.). Die Mission Wertherns und Pflugs ist in diesem Zusammenhang zu sehen.
Hg. Georg versuchte vor den Erfurter Verhandlungen vergeblich, sich mit Kursachsen über eine einheitliche Linie gegenüber den sächsischen Reichsprälaten und -grafen zu verständigen (Instruktion für Günther von Bünau als Gesandten zu Kf. Friedrich und Hg. Johann von Sachsen, Kop., s.d.; HStA Dresden, Geheimer Rat, Loc. 10511/2, fol. 131–132). Auf einem nach Altenburg einberufenen gemeinsamen Rätetag mußte der sächsische Gesandte Johann von Pack feststellen, daß die kursächsischen Räte lediglich auf Anhören bevollmächtigt waren. Pack kündigte diesen gegenüber an, daß Hg. Georg allein mit den Prälaten, Gff. und Hh. verhandeln werde (Relation Packs an Hg. Georg, Kop., am tage St. Mathey [21.9.]1507; ebd., fol. 137–141’).
2
 Stolberg leistete dem Hg. keinen Beitrag, sondern zahlte weiterhin die geforderten Beiträge an das Reich (Brückner, Reichsstandschaft, S. 207).