Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1./3.] Streit mit Bf. Georg von Bamberg wegen des Nürnberger Vorgehens im Fall Hans Thoman; [2.] Maßnahmen gegen das Räuberunwesen auf der Nürnberger Reichsstraße; [4.] Streit mit Brandenburg-Ansbach wegen Nürnberger Wehranlagen; Beschwerde des Nürnbergers Jörg Koler gegen Brandenburg-Ansbach; [5.] Verhandlungen auf dem Konstanzer RT über die Veranschlagung Nürnbergs zum Romzug; [6.] Messinghandel Benedikt Katzenlohers; [7.] Schreiben Nürnbergs an Georg Kammerer.

Nürnberg, 11./12. Juni 1507 (freytag vor Viti/samstag vor Viti).

Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Briefbücher 59, fol. 133–135’ (Kop.).

[1.] Erinnern an die Mitteilung bezüglich Hans Thomans in ihrem Schreiben vom 22. Mai (hl. pfingstabend) [Nr. 620, Pkt. 5]. Auf die Nürnberger Stellungnahme an den bfl.Bamberger Amtmann in Herzogenaurach, Wilhelm von Wiesenthau, haben die weltlichen Räte des Bamberger Bf. erneut geschrieben. Die Antwort Nürnbergs liegt in Abschrift bei.1 Da zu befürchten ist, daß die Bamberger sich damit nicht zufrieden geben, und um mit Hinblick auf den derzeitigen Konstanzer RT einen Streit zu vermeiden, soll er dem Bf. von Bamberg die Umstände darlegen und versichern, daß Nürnberg seine obrigkeitlichen Rechte nicht mißachten wollte und seinerseits dem Bf. in solchen Fällen aufgrund der Landfriedensordnung das Recht zubilligt, in gleicher Weise vorzugehen. Er soll den Bf. um Weisung an seine Räte bitten, die Stadt in dieser Angelegenheit nicht weiter zu behelligen. Falls die Gegenseite kein Entgegenkommen zeigt, soll er den Sachverhalt auch den Bff. von Würzburg und Eichstätt darlegen und um Interzession beim Bf. von Bamberg bitten.

[2.] Seit Jahren nimmt das Räuberunwesen auf der Reichsstraße bei Nürnberg zu. Auch das Geleit der benachbarten Ff. und insbesondere Mgf. Friedrichs von Brandenburg bietet keinen Schutz. Sie haben deshalb mit Hinblick auf die bevorstehende Nördlinger Messe die mgfl. Statthalter in Ansbach ersucht, die Geleitzüge besser zu schützen.2 Deren Antwort kann er aus beiliegender Abschrift entnehmen.3 Gleichwohl haben die Nürnberger Kaufleute dem brandenburgischen Geleit vertraut. Vor kurzem wurden jedoch der Nürnberger Bürger Ludwig Münzer bei Kammerstein und ein anderer Bürger unweit von Wassermungenau ausgeraubt. Die Nürnberger sind auf dem flachen Land vor den Räubern nicht sicher; Überfälle sind an der Tagesordnung. Sie können dies nicht länger dulden und hätten genug Grund, mehr als bisher mit bewaffneten Streifen gegen die Räuber vorzugehen, befürchten indessen Schwierigkeiten mit den Ff. und Adligen, wie jetzt durch den Bf. von Bamberg im Fall Hans Thomans. Befehlen ihm deshalb, das Problem des Räuberunwesens den Bff. von Würzburg und Eichstätt und, falls ihm das wie ihnen auch aussichtsreich erscheint, dem Ausschuß der Reichsstände in Konstanz vorzubringen und um Verabschiedung einer Ordnung gegen das Räuberunwesen zu bitten. Auch soll es geduldet werden, wenn die Stadt in ihrer Umgebung Streifen durchführt und diese Verbrechen ahndet.

[3.] [PS] Vor Siegelung des Schreibens überbrachte am Vortag [11.6.] der Bote Peutler seinen Bericht aus Konstanz vom 6. Juni (sontag nach corporis Cristi)4 . Die Antwort des Bf. von Bamberg in der Sache Hans Thoman, die Stadt solle sich ihm gegenüber nachbarschaftlich verhalten, so wolle er dies auch tun, interpretieren sie wie er, daß sie in dieser Sache nicht weiter behelligt werden. Weitere Verhandlungen mit dem Bf. in dieser Angelegenheit sind deshalb unnötig. Doch soll er privatim den Bf. von Eichstätt darüber informieren, damit dieser gegebenenfalls die Stadt gegenüber dem Bf. von Bamberg rechtfertigen kann.

[4.] Sie stimmen seinem Vorgehen bei der von Mgf. Kasimir von Brandenburg erlangten Anhörung und in der Angelegenheit Kolers5 zu. Bitten um Mitteilung, sowie der Schwäbische Bund eine Entscheidung gefällt hat. Falls die Besichtigung der Schranken und Gräben beschlossen wird, soll er darauf drängen, die früheren kgl. Kommissare Hermann von Sachsenheim, Dr. Schad und Dr. Küchenmeister damit zu betrauen. Es soll vermieden werden, daß sie beauftragt werden, alle Anwohner zu befragen, sondern es sollen lediglich die mit der Niederlegung der Bauten betrauten Arbeiter zu Zeugenaussagen herangezogen werden. Falls Brandenburg nicht auf eine Entscheidung des Bundes drängt, soll er dies auch unterlassen; eine Verzögerung käme der Stadt zupaß.

Ihrer Auffassung nach geschieht Koler Unrecht. Doch soll er sich gemäß dem Rat Toplers um eine Einstellung bis zum nächsten Bundestag bemühen. Inzwischen wollen sie über die notwendigen Schritte beraten.

[5.] Er hat berichtet, daß im Ausschuß über den Reichsanschlag erwogen worden sei, den Nürnberger Anteil zu erhöhen, da es einen Teil des von Pfgf. Otto [von Mosbach] hinterlassenen Landes innehabe.6 Seine Erwiderung war wohlbedacht. Denn diese Gebiete wurden unter großen Kosten erobert. Das Einkommen daraus ist gering, noch auf Jahre hinaus sind eher Verluste zu erwarten. Dies soll er gegebenenfalls geltend machen.

[6.] Er hat außerdem über das ihm vertraulich zur Kenntnis gelangte Vorhaben [Benedikt] Katzenlohers bezüglich der Messingherstellung, und daß dieser dafür benötigte Erden auf dem Grund des Müncheners [Heinrich] Barth gefunden habe, berichtet.7 Dagegen können sie nichts unternehmen, auch nicht, indem sie Part das Gut abkaufen, das dann auch unsers fugs nicht ist. Die übrigen Punkte in seinem Bericht bedürfen keiner Stellungnahme.

[7.] Übersenden einen Brief zur Übergabe an Georg Kammerer8, falls dieser sich am kgl. Hof aufhält.

Anmerkungen

1
 Nürnberg beantwortete das – nicht vorliegende – Schreiben der Räte vom 1.6. (dinstags nach dem suntag trinitatis) am 8.6. unter Hinweis auf die erfolgte Rechtfertigung gegenüber Wiesenthau und machte das Reichsrecht geltend, wonach es jedermann freistand, mit dem Leben und Gut von Ächtern und Friedbrechern nach eigenem Gutdünken zu verfahren. Den Vorwurf, damit eine Beeinträchtigung der bfl. Gerichtsbarkeit intendiert zu haben, wies die Stadt zurück (Kop., eritag nach Bonifacii;StA Nürnberg, Rst. Nürnberg, Briefbücher 59, fol. 124–124’). Das Todesurteil gegen Thoman war bereits am 1.6. vollstreckt worden (Müllner, Annalen III, S. 394)
2
 Liegt nicht vor.
3
 Liegt nicht vor.
4
 Liegt nicht vor.
5
 Gemäß einem Gutachten der Nürnberger Ratsherren Anton Tetzel, Jörg Holzschuher, Willibald Pirckheimer, Kaspar Nützel und Sigmund Groß vom 12.4.1507 sollte Nürnberg darauf bestehen, daß der Mgf. Friedrich Jörg Koler nicht im Besitz eines – ungenannten – Lehnsgutes behindere. Sie machten dabei geltend, daß gemäß dem Lehnrecht die Lehnserben befugt seien, sich eines hinterlassenen Lehens zu bemächtigen, um es erst dann als solches zu empfangen, und daß das Vorgehen Kolers keine Verletzung des durch Dietrich von Harras [zwischen Brandenburg-Ansbach und Nürnberg] vermittelten Vertrages [vom 6.1.1496; Druck: Wölckern, Historia II, Nr. CCCCIX, S. 750–758; Lünig, Reichs-Archiv XIV (Part. Spec. Cont. IV, 2. Teil), S. 157f.; Moser, Handbuch II, S. 384–391. Vgl. Müllner, Annalen III, S. 146–148; Reicke, Geschichte, S. 466f.; Franz, Nürnberg, S. 50f.; Seyboth, Markgraftümer, S. 146–148] darstelle (StA Nürnberg, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei, A-Laden Akten, A 84, Nr. 9, fol. 83).
6
 Es handelt sich um von Nürnberg im Landshuter Erbfolgekrieg eroberte Gebiete des nach dem Tod Pfgf. Ottos II. von Mosbach (8.4.1499) an Kf. Philipp von der Pfalz übergegangenen Territoriums Pfalz-Mosbach-Neumarkt. Vgl. Cohn, Government, S. 37f.; Wüst, Pfalz-Mosbach, S. 239–242; Schaab, Geschichte I, S. 159.
7
 Vgl. dazu Nr. 548 mit Anm. 1.
8
 Bürgermeister und Rat forderten den für den kgl. Dienst abgestellten Georg Kammerer mit Schreiben vom 12.6. auf, nach Nürnberg zurückzukehren und seine Pflichten wahrzunehmen; andernfalls werde man das Dienstverhältnis beenden (Kop., sabbato post Bonifacii; Verm. über die Siegelung durch den älteren BM Peter Harsdörffer;StA Nürnberg, Rst. Nürnberg, Briefbücher 59, fol. 132’-133).