Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

Übersendet eine Supplikation Mark Hirsdorfs gegen Hans von Pienzenau (Bentznaw)1  und dessen Erwiderung darauf.2 Beauftragt sie, beide Parteien vorzuladen und sich um eine gütliche Einigung zu bemühen. Falls diese nicht gelingt, sollen sie ihm unter Übersendung eines Gutachtens Bericht erstatten.3 

Konstanz, 21. Juni 1507.

Memmingen, StdA, A 1/1, unfol. (Or. m. Siegelrest, Verm. cdrp., Gegenz. Serntein).

Anmerkungen

1
 Hirsdorf klagte, daß Pienzenau ihn unrechtmäßigerweise von seinem Erbhof in Woringen vertrieben und ihn als Leibeigenen bezeichnet hatte. Er erlangte dagegen am Hofgericht Rottweil am 4.3.1505 ein – der Supplikation beiliegendes – Urteil, das Pienzenau die Rückgabe seines Eigentums auferlegte und die Behauptung über die Leibeigenschaft als unwahr qualifizierte. Von diesem Urteil appellierte Pienzenau, um das Verfahren zu verzögern, an das kgl. Kammergericht, das am 4.4.1505 ein Inhibitionmandat an das Hofgericht erließ, mit dem Vollzug seines Urteils bis zur Entscheidung über die Appellation zu warten. Währenddessen gab die Gegenpartei seinen Hof weg und verkaufte sein Vieh, Getreide und andere Güter. Er selbst ist in der Gegend nicht sicher. Er bittet deshalb, Pienzenau unter Strafandrohung die Rückgabe seines Hofes und die Ersetzung seiner verkauften Habe zu gebieten. Außerdem bittet er, ihm einen Geleitbrief auszustellen und zu seiner Sicherheit zusätzlich Gf. Haug von Montfort zu seinem Schirmherrn zu ernennen (Supplikation an Kg. Maximilian, Or., s.d.; StdA Memmingen, A 1/1, unfol.).
2
 Laut der Gegendarstellung Pienzenaus hatte sein zuvor schon wiederholt unbotmäßiger Leibeigener Hirsdorf auf dem ihm auf Lebenszeit übergebenen Hof in Woringen eine Dienstmagd versteckt, die sich geweigert hatte, eine gerichtlich verhängte Strafe zu bezahlen, und deshalb aus dem Dorf gewiesen worden war. Nachdem er ihn aufgefordert hatte, die Frau aus dem Haus zu weisen oder die Strafe zu bezahlen, verließ Hirsdorf Woringen mit seiner Habe heimlich, um sich unter eine andere Herrschaft zu begeben. Pienzenau bestritt, daß dieser verjagt worden sei. Hirsdorf habe nicht mehr sein Leibeigener sein wollen und ihn am Hofgericht Rottweil verklagt. Da sein eigener Anwalt die Angelegenheit nachlässig behandelt habe, sei gegen ihn das von der Gegenpartei geltend gemachte Urteil ergangen, wovon er an den Kg. appelliert habe. Daraufhin sei ihm in Rottweil die Acht angedroht worden. Er habe jedoch ein Inhibitionsmandat erlangt. Das Rottweiler Urteil, Hirsdorf wieder in seine Güter einzusetzen, sei indessen gegen die in Woringen ansässigen Hans Mägglin (Gerichtsammann) und Jörg Mangolt ergangen, die Hirsdorf wegen des Strafgelds für die Magd ebenfalls verklagt habe und die sich nachlässig verteidigt hätten. Diese hätten aber ebenfalls an den röm. Kg. appelliert und eine Inhibition erlangt. Weder sie noch er selbst hätten indessen weiter prozessieren können, da das Kammergericht nicht getagt habe. Keineswegs habe Hirsdorf ein an ihn gerichtetes Restitutionsurteil des Hofgerichts Rottweil erlangt. Er habe Hirsdorf mehrfach aufgefordert, auf seinen Hof zurückzukehren, ihn zu bewirtschaften und die Abgaben zu entrichten. Vor Zeugen habe er ihm freies Geleit zugesagt. Da Hirsdorf den Hof drei Jahre lang nicht bewirtschaftet habe, habe er sich selbst darum kümmern müssen, jedoch verfügt, daß der Bauer nach seiner Rückkehr erhalten solle, was ihm rechtmäßig zustehe. Das Vieh Hirsdorfs habe er verkauft, weil es nach dessen Flucht nicht mehr versorgt worden sei; der Erlös sei noch vorhanden. Niemals seien gegen ihn Gewalttaten verübt worden. Dieser ungehorsame, frevelhafte Mensch habe vielmehr alle Angebote von seiner Seite ignoriert. Dennoch sei er mit einem rechtlichen Verfahren vor dem Bf. von Augsburg als zuständigen Gerichtsherrn einverstanden. Er sei zuversichtlich daß es der Kg. nicht erlauben werde, daß ein Bauer unter Mitnahme des Eigentums seines Herren fliehe, und diesem keinen neuen Schirmherrn gebe (Supplikation des Ritters Hans von Pienzenau zu Kemnat an Kg. Maximilian, Kop., s.d.; StdA Memmingen, A 1/1, unfol.).
3
 Bürgermeister und Rat der Stadt Memmingen luden die beiden Prozeßgegner für den 18.8. (mittwoch nach unser lb. Frauen tag assumpcionis) zum Rechtstag in ihre Stadt (Schreiben an Hans von Pienzenau, Konz. mit ex.-Verm., mittwoch nach Jacobi apostoli [28.7.]1507; StdA Memmingen, A 1/1, unfol.).