Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

Gf. Adolf von Nassau-Wiesbaden, Gf. Johann von Nassau-Dillenburg, Gf. Ludwig von Isenburg-Büdingen, Gf. Bernhard von Solms-Braunfels, Gf. Philipp von Solms-Lich, Gf. Michael von Wertheim, Gf. Reinhard von Hanau-Münzenberg, Gf. Philipp von Hanau-Lichtenberg, Gf. Johann von Nassau-Beilstein, Gf. Eberhard von Eppstein-Königstein, Eberhard und Valentin Schenken von Erbach sowie Gf. Reinhard von [Leiningen-]Westerburg haben geklagt1, daß Lgf. Wilhelm von Hessen in Umsetzung eines auf dem Kölner RT verliehenen Zollprivilegs unter Verletzung ihrer Zollprivilegien und -freiheiten einen neuen Zoll erhebt, auch in gemeinschaftlichen Besitzungen, und neue Zollstätten einrichtet.

Beauftragt ihn als kgl. Kommissar, gemeinsam mit je zwei von den Beschwerdeführern und dem Beklagten zu bestimmenden reichsadligen Beisitzern die Parteien anzuhören, ggf. eine Besichtigung vor Ort durchzuführen und die Faktenlage zu klären und schließlich einen gütlichen Vergleich herbeizuführen. Falls dies nicht möglich ist, soll er mit seinen Beisitzern feststellen, ob die strittigen Zollstätten innerhalb oder außerhalb des Fm. Hessen liegen, ob der Zoll dort erhoben wird, wo der Lgf. die landesftl. Obrigkeit geltend machen kann, auch ob die Belastung für die Gff. so unerträglich ist, wie sie behauptet haben, schließlich, was die Privilegien des Lgf. genau besagen, und ihm dann darüber Bericht erstatten. Falls eine Partei dem gütlichen Tag fernbleibt, soll das Verfahren dessenungeachtet fortgesetzt werden.2

Konstanz, 6. August 1507.

Marburg, StA, Best. 86, Nr. 33, unfol. (Kop.).

Anmerkungen

1
 Gf. Philipp von Hanau, Gf. Johann von Nassau-Beilstein und Gf. Reinhard von Leiningen sind in der gemeinschaftlichen Supplikation an Kg. Maximilian nicht mitaufgeführt. Vielleicht schlossen sie sich mündlich der Klage an oder übergaben eigene, nicht überlieferte Bittschriften.
2
 Auf einem Wetterauer Grafentag in Mainz wurde am 24.9.1507 beschlossen, daß Dr. Adam [Werner] auf einem weiteren, auf den 8.10. nach Frankfurt anberaumten Tag die Beschwerden der einzelnen Gff. sammeln und die Vorschläge für die von den Klägern zu stellenden Beisitzer sowie für die Anwälte und Sprecher entgegennehmen sollte. Gleichzeitig wurde Friedrich von Dorfelden zu Gf. Michael von Wertheim abgeordnet. Dieser sollte mit Johann von Schwarzenberg verhandeln, neben Dr. Hartmann von Windeck, der bereits zugesagt hatte, die Funktion eines der beiden Beisitzer zu übernehmen. Außerdem sollte Gf. Michael die Anwälte und Sprecher bestellen – laut der Instruktion für Dorfelden waren Dr. [Engelhard] Funck [Dekan zu Neumünster] und Dr. [Eucharius] Steinmetz als Advokaten vorgesehen. Als Sprecher vor der Schiedskommission wurden der Würzburger Jörg Marquardt und der ehemalige Landschreiber zu Ansbach und jetzige Stadtschreiber zu Rothenburg [Hans Besserer; Schnurrer, Zweifel, S. 74] in Betracht gezogen. Als weitere Anwälte wurden der Vogt zu Wertheim, Philipp von Uissigheim (Wyßkem), und der Schreiber Eberhards Schenken von Erbach vorgeschlagen. Neben Hans von Schwarzenberg wurden Johann von Breitbach, Johann Landschad und Dieter Kämmerer von Dalberg als Beisitzer gehandelt (Instruktion für Dorfelden, Kop., s.d., jedoch vermutlich Frankfurt, ca. 8.10.1507; StA Marburg, Best. 86, Nr. 33, unfol.). Dr. Philipp Siegwein sollte ebenfalls an den Verhandlungen vor Bf. Lorenz teilnehmen und dafür sowie für seine Bemühungen auf dem Konstanzer RT 30 fl. erhalten (Abschied des Wetterauer Grafentages zu Mainz, Kop., sexta post Mauricii; ebd., unfol.). Über die Würzburger Kommission liegen sonst keine Unterlagen vor. Entweder hat Bf. Lorenz die Angelegenheit nicht weiter verfolgt oder er ist gescheitert. Am 8.4.1508 beschlossen die in Mainz versammelten Gff., den Königsteiner Rat Dr. Philipp Siegwein mit einer erneuten, inhaltlich im wesentlichen die Argumente und Beschwerden von 1507 wiederholenden Supplikation (Kop., s.d.; ebd., unfol.) zu Ks. Maximilian abzufertigen. Gegebenenfalls sollte die Instruktion aufgrund etwaiger Ergebnisse von Verhandlungen Gf. Adolfs von Nassau auf einem Tag zu Wesel (Wieszel) nach dessen Weisungen modifiziert oder sogar ein neuer Grafentag nach Mainz oder Frankfurt einberufen werden (Kop.; ebd., unfol.). Erst auf dem Augsburger RT von 1510 verbot Ks. Maximilian die Erhebung des Weinzolls außerhalb des Fm. Hessen (Ksl. Deklaration, Druck Augsburg, 11.3.1510, Vermm. per regem proprium/amdip.; HHStA Wien, MEA Zollsachen 1, unfol. Regest: Demandt, Regesten II/2, Nr. 2050, S. 782. Meinardus, Erbfolgestreit I/1, S. 39). Vgl. Henning, Grafschaft, S. 74f.; Rommel, Geschichte III, S. 165f.; Kulenkampff, Einungen, S. 67–69, 75–80; Schmidt, Grafenverein, S. 29–31; Krüger, Finanzstaat, S. 103f.