Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Spekulationen über die Gründe für die Haltung Kg. Maximilians gegenüber dem Papst, Bedeutung Ebf. Jakobs von Trier für den röm. Kg.; [2.] Verhandlungen mit den Eidgenossen; [3.] Unterredung Querinis mit Kg. Maximilian; [4.] Verhandlungen spanischer Gesandter mit dem röm. Kg.; [5.] Musterung von Landsknechten.

Straßburg, 12./13. April 1507.

Venedig, BM, Cod. marc. ital. VII/989 (= 9581), fol. 12’-14 (ital. Kop.; Postverm.: Per easdem postas regias.) = Textvorlage A. Venedig, BFQS, Cl. IV, Cod. V (= 769), fol. 83’-85 (ital. Kop.; Postverm. wie A) = B.

Auszugsweise referiert bei: Brunetti, Vigilia, S. 17.

[1.] Er hat weitere Erkundigungen über die Unterredung vor einigen Tagen zwischen dem röm. Kg. und Arianiti eingeholt und erfahren, daß alles darauf abzielt, den Papst von Frankreich zu trennen und zu einem neuen Bündnis mit dem röm. Kg. zu bewegen. Es gibt seitens des Papstes keinen Hinweis, daß er angesichts des Erscheinens der Franzosen in Italien Befürchtungen hegt, aber man bemüht sich darum, Verdacht zu erwecken. Der röm. Kg. wiederholt ständig, daß er die wahren Beweggründe für den Italienzug Kg. Ludwigs kenne, der auch gegen den Papst gerichtet sei und auf die Kontrolle Bolognas abziele. Er bietet dem Papst für die Sicherung Bolognas 800 Reiter und 2000 Fußsoldaten an und hat bereits erklärt, die Truppen zu diesem Zweck nach Italien zu beordern. Ihm, Querini, ist unklar, ob der röm. Kg. dies tut, weil er wirklich glaubt, daß der Papst diese Truppen benötigt und den Franzosen mißtraut; es kann auch sein, daß er seine Glaubwürdigkeit bei den Reichsfürsten erhöhen will, die zum RT kommen sollen, indem er demonstriert, daß er im guten Einvernehmen mit dem Papst steht und die Angelegenheit wichtig ist, und zugleich das Vorgehen Frankreichs als Vorbereitung zur widerrechtlichen Aneignung von Gebieten des Kirchenstaates diskreditiert. Der Kg. ist unverändert der Absicht, auf dem Konstanzer RT große Dinge zu vollbringen. Er läßt, soweit ihm dies ersichtlich ist, nichts unversucht, sich die Fürsten geneigt zu machen. In allen Dingen bedient er sich des Ebf. von Trier, der in Deutschland sowohl aufgrund seines Ranges als auch seines Verwandtschaftsverhältnisses zum Kg. und durch dessen Hochschätzung große Autorität besitzt. Laut eingegangenen Nachrichten befinden sich die Ebff. von Trier und Mainz sowie viele andere Fürsten bereits auf dem Weg zum RT, der am 23. April (San Zorzi) eröffnet werden soll.

[2.] Der röm. Kg. ist in Verhandlungen mit den Eidgenossen eingetreten und hat Hans von Königsegg (Consecha) als Gesandten in die Schweiz abgeordnet. Der Kg. hofft, auch über die Schweizer verfügen zu können, wenn es ihm gelingt, die Reichsfürsten für den Italienzug zu gewinnen. Wenngleich die Schweizer immer Feinde des Kg. qua Ehg. von Österreich waren, so waren sie doch immer gehorsam gegenüber dem Reich. Er, Querini, glaubt, daß der Kg. Tag und Nacht über nichts anderes nachdenkt als über diese Dinge.

[3.] Der röm. Kg. sagte ihm gestern [11.4.] nach der Messe, daß der frz. Kg. mit seinem Heer bereits an der Grenze Italiens stehe. Er wisse, daß die Signorie dies nicht erwartet habe. Da sie sich so zurückhaltend zeige, werde er seine eigenen Angelegenheiten verfolgen. Zu dem von Venedig angeregten Bündnis äußerte sich der Kg. nicht mehr. Jedesmal, wenn er ihn darauf ansprach, wich der Kg. auf ein anderes Thema aus. Denn er ist davon überzeugt, daß er erfolgreich sein wird, auch wenn er sein Ziel trotz aller Bemühungen nicht erreicht. Denn wenn er auf den Italienzug verzichtet, wird er vom frz. Kg. weit bessere Konditionen erhalten, als wenn er sich auf das von Venedig vorgeschlagene Bündnis einläßt. Soweit er den Kg. verstanden hat, ist dieser der Ansicht, daß Venedig kein Bündnis mit Frankreich und Spanien eingehen werde. Die venezianischen Bündnisse hätten immer den Zweck gehabt, die Franzosen aus Italien zu vertreiben und so die eigenen Interessen zu realisieren. Venedig werde auch viel eher gegen Frankreich ziehen als gegen das benachbarte Deutschland.

Für ihn ist es offensichtlich, daß der röm. Kg. ihn nicht länger an seinem Hof dulden wird, falls sich diese Erwartung nicht erfüllt.

[4.] Der Gesandte des spanischen Kg. und die Vertreter der kastilischen Granden bedrängen den röm. Kg., sich in der kastilischen Frage zu erklären. Kg. Ferdinand wünscht die Zustimmung des röm. Kg. zur Übernahme der Regierung in Kastilien stellvertretend für ihre gemeinsamen Enkelsöhne [Karl und Ferdinand]. Die Granden arbeiten darauf hin, daß der röm. Kg. den spanischen Kg. zu seinem Feind erklärt, falls dieser nach Kastilien ziehen sollte, und dessen Gegner unterstützt. Beide Parteien wurde bislang mit Worten abgespeist, ohne daß eine Entscheidung gefallen wäre.

[5.] [PS] Der röm. Kg. musterte am heutigen 13. April außerhalb der Stadt 1000 Landsknechte, die anschließend Richtung Trient abgefertigt wurden. Er will sie nach seinem Bekunden zur Unterstützung des Papstes nach Bologna schicken, zusammen mit 600 Reitern, die sich bei Augsburg gesammelt haben.