Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 1, unfol. (Kop.).

Druck: Lenz, Briefwechsel, Bd. III, Kap. III, S. 180–183.

Dweil ich zu Munchen vier tage stilgelegen, hat Dr. Eck, furnemlich auch andere redthe, mit denen ich vor jaren in kuntschaft gewesen, allerley mit mir geredt, das ich eueren fstl. Gn. in underthenigem vertrauen nit kan verhalten, unangesehen, das man mirs nit bevolen hat, undertheniglich bittend, euere fstl. Gn. wolle derhalben kein ungnedigs misfallen darab haben, auch mich unvermert halten.

Erstlich ist die sorge, das die großen heupter teutscher nation nit wol wollen, sich ire diner, di nit teutsch seien, auch den teutschen weder ehr noch guts gonnen, lassen verhetzen, und fur bestien, unsere fursten vor vil geringer, dan sie seint, halten und also gern wie sclaven unter sich bringen, regiren und gewaltigen wolten, dartzu sie sich aller mittel und sonderlich, wie sie uns möchten spalten, bevleissen, das alles sey hieraus zu vermercken:

Erstlich, das sie in vorigen reichstegen den protestirenden also zuwidder getroet und allen unfrid angebotten, auch keinen bestendigen frid nie geben haben wollen bis auf itzigen abschit, unangesehen, das sie eins fridts des Turcken, Frantzosen und anderer schwerer leuf halben als wol und bas dan wir bedurft hetten.

Auch das man in disem reichstage also spotlich und langsam gehandlet, itzo dem, darnach dem andern tail und also zu beiden seiten gute wort, grosse vertrostung und verhaissungen hab ausgeben, das also ider tail einer vermeinten genad sey verwenet worden. Besonderlich, das ein solcher abschit ergangen, der kainem tail leidtlich, aber doch ain iden teil zu seinem vortail gedeutet sey worden, furnemlich so sey es spötlich und schedlich, auch ein ursach grosses vorhetzens der teutschen unter inen selber, das man beiden tailn ain declaration und idem besonder one vorwissen des andern des abschits gegeben habe, dan sie berumen sich eben als wol als wir einer declaration, die fur sie sey und inen den abschit wol andeute. Das mans auch bey uns durch practicken dohin gepracht, das etlich den abschit one alle declaration hetten angenomen, etlich on ein declaration nit hetten wollen annemen, die dritten aber weder mit noch one dise declaration annemen haben wollen. Das haisse nit allein har an har gebunden, sonder auch die geteilt mit guten worten, die man zuvor mit troen und pochen nit hab taylen kunden und mogen.

Zudem, so hat man, wie mir Dr. Eck, doch in vertrauen, gewislich gesagt hat, dem von Brunschweig zugesagt, der kayser wolle alle seine kunigreich zu ime setzen und nit verlassen, wiewol Dr. Eck nit glaubt, das solchs zusagen gehalten, sonder allein darumb beschehen sey, das er in teutscher nation einen wider den andern fraidig [sic!] und verbitter und volgents ungluck mache.

Das auch durch das welsch volck die sachen dahin gepracticirt und gepracht, das der marckgrave und Hg. Henrich miteinander geredt sollen haben, uber das, so sich der markgrave der sachen so gar ernstlich wider Hg. Henrichen gesetzt und gepraucht habe. Dr. Eck hat mir auch gesagt, das in dem vergangnen und ersten reichstage, den Ks. Carolus zu Regenspurgk gehalten habe, ine der Kres von Nurnberg gewarnet habe, das er vor sich sehe, man werd ine auf der gassen erstechen.

Und das ine uff itzigem reichstage ein walch gewarnet und gesagt habe, der kaiser hab gewolt, das man ime di person zaige, dan er musse sehen, was Dr. Eck vor ein cophan, das ist vor ain böslistig man sey. Derselbig walch sei bei dem kayser wolgemeint und hab ime alle ding, auch wie euere fstl. Gn. seinem ungluck nit haben wollen bewilligen, antzeigt, er wisse eueren fstl. Gn. nimermehr gnug danckbar zu sein.

Auch sei ab der gulchischen handlung wol zu vermercken, was di leute suchen, wie es mit Utrich, Littich und andern orten gegangen und mit andern gern furgenomen wurde. Ob das alles heisse, das reich gemeret, sei wol zu bedencken. Und das es allen teutschen fursten von rechts wegen spotlich nachzureden sey, das aus Wirtemberg, das zuvor lehen vom reich und, wans der fal getroffen, dem reich heimgefallen were, zum afterlehen gegen dem haus Ostreich und also dem reich abgezogen, auf Ostreich gewendt sey1. Dessen alles gibt er dem Granuelle grosse schult, das er verursacht und teglich unsers verderbens ein forderer sei.

So sehe man, das sich von eigens nutzs wegen der Kg. Ferdinandus des kunigreichs Ungern, da er noch mit dem weida unvertragen gewesen sey, angenommen und also dadurch die gantze christenheit in jamer und not gefurt hab, das er auch unserm krigsvolck in denen particularhilfen schelck und buben vorsetze, one unsern rath handle und unser aller vorderber sey.

Und in ainer summa nichts anders dan ein monarchi gesucht werde, derhalben den teutschen fursten vonnöten, das sie sehen, wa es hinaus wolle, damit nit einer nach dem andern gefressen, verderbt und verjagt werde.

Und dweil er von mir vormerckt, das euere fstl. Gn. sich wider ire glaubens-, erbs- und ander verwanten, auch wider das gemein vatterland und das reich sich nit vortieft, hab er solchs meinem gnedigen fursten und hern, Hg. Wilhelm, antzeigt. Der sey derhalben gantz hoch und groslich erfrauet und hab gleichwol besorgt, di guten wort, der man ime auch nur vil gegeben, wurden euere fstl. Gn. zu weit in di sach bringen, wiewol er sich nie hab kunnen bereden lassen, das euere fstl. Gn. an den teutschen anderst dan ein geporner und vor andern aufrichtiger, teutscher furst wurde handlen.

Darumb wolte vonnöten sein, das man den glauben diser zeit auf ein ort setzte und di heupter beider teilen – nennet mir Sachssen, Hessen, Beyrn und Pfaltz – zusamentheten, aufs wenigst durch ire gesanten von den sachen redten, wie ein ider bei dem andern sesse, was sich einer zum andern vorsehen und zu irer aller erhaltung wider aller der furnemen, die anderst dan mit ordenlichem proces des rechtens handlen wolten, getrösten und verlassen solte. Alsdan und wo ein solcher verstant, wie’s di notturft erfordere, gemacht wurde, möchten di gemuter zusamenwachsen und der religion zwuschen den teutschen auch geholfen werden.

Wann sich also dise furnemsten fursten zusamengethan, möchte man di stedt hernach auch erfordern, als die dartzu vil nutzen mochten, auch erfordern [sic!], versehe sich, wiss es auch, das Ulm und Nurnberg dartzu gneigt, villeicht Straspurg auch nit unwillig wurde sein. Ob dan etlich irer gewerb, di sie in den keiserischen erblanden haben, wolten schonen, kunt man mit denen auch wege finden.

Und wiewol, solichen verstant zu machen, aus vilen ursachen wolte vonnöten sein, so kunt man’s doch itzunt nit one grossen nachteil umbgan, dweil der Turck so gewaltigen schaden gethan und aus grosser not darvon musse geredt werden, wie man di sachen möcht angreiffen, das nit heut oder morgen ein ander ein hendtlein [sic!] mit volck auf die fleischbanck schickte und dannoch der sachen nit geholfen wurde.

Vermerck wol, das Hg. Wilhelm gern zur sachen hulf, allein forchte er, das Sachssen und euere fstl. Gn. nit willige, sonder abschlegige antwurt geben wurde, so keme er zu spot, das er sichs muste schemen.

Sagt auch darneben, mein her ist nie der meinung gewesen, wider einen teutschen fursten von glaubens wegen zu thun, unangesehen, was iderman gemeint hab, dan man hat auch gewislich gemeint, der von Brunschweig hab meinen hern zum besten, hat im aber noch nit, gefelt ime auch sein thun nit, wiewol er ine nit kan von ime schlagen, mus mit im reden als wol als mit dem von Meggelnburg, das [sic!] thun ime auch nit gefelt und erhelt ine doch mit weib und kinden itzund in der stat zu Munchena,2.

Anmerkungen

1
 Zum Verhältnis Bayerns zu Württemberg im Herbst 1541 vgl. auch Dr. Gereon Sailer an Lgf. Philipp von Hessen, Augsburg, 1541 September 8, Lenz, Briefwechsel, Bd. III, Kap. III, S. 174–180.
a
 Danach sind 8 Zeilen unleserlich gemacht.
2
 Vgl. dazu Lgf. Philipp von Hessen an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, Salzungen, 1541 September 24, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 2, unfol. (Ausf.): Ein vertrauter Mann hat ihm über sein Gespräch mit Dr. Leonhard von Eck berichtet laut beiliegender Kopie. Nachdem sich solche Dr. Eckenn rede unter andern uff ein ungnad, di röm. ksl. Mt. gegen ime gevasset, referirt, das es nit one ist, es hatte sich Dr. Eck etzlicher harter und vast geschwinder wort von der ksl. Mt. und iren rethen gegen etlichen uff jungstem tag tzu Regensburg verlauten lassen, darumb auch di ksl. Mt. willens wahre, ime ungenedigst tzutzusetzen, wilchs auch bescheen were, wann wir das nit hetten bey der ksl. Mt. abgewendet und solchen worte der ksl. Mt., wie sie dann an uns begerte (nachdem wir etzwas darumb wusten), hetten offentlichen gestehen wöllen. Wir wolten aber solchs nit thun, sondern bedachten darunter, wann man solchs gegen disem furstlichem rath und an solcher malsted beforderte oder tzusehe, so möchte ein andermal uff andern reichstegen dergleichen gegen andern furstlichen rethen und dienern gepraucht werden und durfte also nimants des reichs notturft getröstet reden. Da Eck diese Vorgänge sicher noch beschäftigen und er, wie Johann Friedrich weiß, für Bestechung empfänglich ist, schlägt er vor, Eck eine gewisse Summe anzubieten, damit er, wenn Bayern und Württemberg, wofür er, der Lgf., sich stark einsetzt, vertragen sind, die Hgg. von Bayern zum Austritt aus dem Nürnberger Bund überredet. Das würde das Vorgehen gegen Hg. Heinrich von Braunschweig erleichtern. Auch dass er sich um den Vertrag zwischen Bayern und Württemberg bemüht, dient dem Zweck, Bayern von Hg. Heinrich zu trennen. Eck könnte z. B. den bayerischen Herzögen klarmachen, dass nach dem Tod Hg. Georgs von Sachsen dessen Land nicht mehr dem Bund angehöre, dass der Kaiser und der König nichts oder wenig zum Bund beitrügen, dass Hg. Heinrich von Braunschweig so ungeschickte handelung gegen Goßlar uber alle keyserliche geschefte furnehme und dass den Hgg. von Bayern nicht daran gelegen sein könne, allein die Säulen des Bundes zu sein. Weitere Argumente wird Eck als ein listiger Mann sicher finden. Wenn man Bayern von Hg. Heinrich trennen kann, muss man ihn umso weniger fürchten. Denn der Kaiser wird ihm nicht helfen. Der Kaiser hat mit sich selbst zu tun. Auch wenn dem nicht so wäre, würde der Kaiser wohl kaum Hg. Heinrich beistehen. Der Ebf. von Magdeburg ist auch nicht der Mann, der Bäume ausreißt. Bittet um Stellungnahme zu dem Bestechungsplan. Und nachdem sich Dr. Eck von einem vertreulichen tzusamenthuen der stende teutscher nation etc., wie euere L. aus der copei befinden werden, hat vernemen lassen, so wöllen wir in euerer L. bedencken stellen, obs nit nutzlich sein solt, das wir bey Dr. Eckenn umb ein vertreueliche zusamenordenung euerer L., Bayernn und unserer rethe hoflich anregen lassen, wilche rethe sich miteinander von solchen dingen und zusamenthuung vertreulich unterredten, ob man also dem contrabund Bayern abtzihen konte. [...]. [Datum] Saltzungen, 24. Septembris anno etc. 41. Vgl. dazu Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Lgf. Philipp von Hessen, Lochau, 1541 September 30, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 2, unfol. (Reinkonz.): Bezug: Schreiben Lgf. Philipps vom 24. September 1541. Hatte über die Vorgänge um Dr. Eck schon von seinen Gesandten in Regensburg Nachricht, erfuhr aber erst aus dem Schreiben des Landgrafen, dass es sich tatsächlich so verhielt. Der Landgraf hat sich richtig verhalten zu vorhutung dergleichen einbruchs als sunst leichtlich von den Hispaniern mochte understanden werden. So haben die vorigen romischen und deutzschen kayßer oft boeße nachreden vorhoren und dieselbigen vordulden mussen. Hat Bedenken gegen den Bestechungsplan. Man weiß nicht, wie zuverlässig Eck ist und was er ausrichten wird. Wenn solcher Versuch in der Öffentlichkeit bekannt würde, wäre dies verweislich, würde auch Hg. Heinrich Vorwand zu weiterer Polemik gegen Sachsen und Hessen geben. Dartzu so sehen uns auch di sachen, wie Dr. Eck davon vormeldet, darfur an, das seine herren numer so wol als wir uns anders befinden, das uf andere wege, dan bishere bescheen, zu befriedung des reichs widder den Turckenn und zu erhaltung gemelts reichs freyheiten gegen den hohen heubtern, die augensichtig uf ein erbschaft und monarchey trachten, wirdet mussen ufrichten, gedacht und gehandelt werden. Derhalben halten wir es darfur, Hg. Wilhelm werde nach selbst umb die ding und handlung etwa durch ein leichte schickung, wie dan sein L. vor dreyen jharen irer secretarien einen zu uns vorfertigete, oder sunst anregen lassen. So vormercken wir, das sich gleichwol Bayernn mit Franckreich auch eingelassen und je lenger wir den itzigen zustand des reichs, des turckenlasts, auch das bey den hohen haubtern kein rettung nach schutz sein will, sundern nur uf des reichs undtergangk zu aigenem vorderb [sic!] getrachtet wirdet, je mher wir bedencken, das Franckreich unsers teils auch solte an der hand zu behalten sein. Dann es sey umb in und mit seinen hendeln, wie es wolle, so befindet man dannacht, das er des reichs deutzscher nation undtergang ungerne seghe, wie ime dann auch selbst, uns, seinen kindern und der chron zu Franckreich vil doran gelegen sein wil. Die vom Landgrafen vorgeschlagene Anregung bei Dr. Eck zu einer hessisch-sächsisch-bayerischen Rätekonferenz zur Beratung über einen Zusammenschluss der dt. Stände billigt er. Aus der Reaktion Ecks wird man Näheres über seine Absichten erschließen können. Falls Eck dann durch seine Bemühungen eine Belohnung verdient hat, kann man sich darüber einigen. Wenn Bayern aus den vom Landgrafen referierten Gründen aus dem Nürnberger Bund austräte, so where ein grosser teil besorglichs kriegs der religion halben abgewant. Man könnte Eck aus der Finanzreserve des Schmalkaldischen Bundes belohnen, weil solches zum Vorteil aller Verbündeten geschieht. [...].