Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Hannover NLA, Celle 1 Nr. 20 I, fol. 47r–50v (Ausf. eighd.).

Eurn fstl. Gn. mag ich der gelegenheit nach unangetzeigt nicht laßen, nachdem vor etzlichen tagen die hungarischen und osterreichschen botschaften umb hulf wider den Turken und zu eroberung der statt Ofen und konnigreichs zu Ungern bey den stenden des reichs alhie angesucht [Nr. 171, Nr. 170] und volgents ksl. Mt. oftmalß durch Pfgf. Fridrichen hat angehalten, dieselbig handlung vor die hant zu nemen, in gemeinem rathe tzu beratschlagen und sich einer einhelligen antwort zu vorgleichen, wiewol sich die unseren undertenigst darzu erboten, idoch mit bescheide, wo sie eines bestendigen friedens nicht vorgewisset und den beschwernuß am camergericht nicht abgeholfen wurde, das inen diese handlung und bewilligung unvergreiflich und unvorbindtlich sein solte, das sie sich auch durch ein mherers nicht wolten uberstimmen laßen, so ist doch diese handlung bisher zu gemeiner beratschlagung der stende nicht gekomen, aus ursachen, das der seßion halber zwischen Hg. Heinrichen tzu Braunschweig und Mgf. Georgen tzu Brandenburg und anderen, auch sunsten irrung furgefallen. Alß aber die röm. kgl. Mt. auch alhie angekomen und umb hulf wider den Turken angesuchet [Nr. 181] (welchs zugleich schriftlich und muntlich gescheen) also das es darfur angesehen worden, das die hoch anliggende not und fursteende gefhar einigen vorzug oder aufschub dieser beratschlagung nicht leiden wollen, so haben sich chur-, fursten und stende des anderen theilß uff obbemelt ansuchen einer antwort vorglichen [Nr. 182], welche sie auch schriftlich der ksl. und kgl. Mtt. haben ubergeben.

In gleichnuß haben unsere stende uff einhellige meinung beschloßen [Nr. 183], welche sie obbemelten Mtt. auch angetzeigt und dohin lautet in effectu, das sie wider den Turken zu eylender hilf die helfte des, so anno 32 zu Regenspurg beschlossen und volgents geleistet, itzo bewilligen und leisten wollen, wiewol sich die anderen chur-, fursten und stende so hoch nicht angegriffen, sondern allein uff die helfte eines romzugs erboten. Nhun habe ich in der beratschlagung dieser eylenden hielf (welche unsere stende einem jeden nach seiner gelegenheit mit leuten oder gelte zu leisten vorbehalten) neben anderen etzlichen stenden vast angetzogen und gemeldet von ubermaß der anlage und steur, so von eueren fstl. Gn. zu solchen sachen wird gefordert, und gebeten, die ding zur pilligkeit zu richten etc. Es hat ober [= aber] nicht stathaben mugen und ist vielfeltig hirbey bedacht, das durch solche disputation und, wo einem jedem beschwerten stande hirinnen itzo einsehung und milterung geschehen solte, die eylende hielf vorhindert und dem Turcken zu ausfurung seines furhabens zu merglichem nachteil der christenheit und sonderlich deutscher nation wurde gegeben.

Derhalben ich habe mussen das mherer theil schliessen laßen, habe aber doch (dieweil euere fstl. Gn. die vertrostete milterung oder ringerung der anlag nicht gehalten) drein nicht gewilligt, sondern mich erboten, solchs alles an euere fstl. Gn. gelangen tzu laßen. Und obwol die fursorg ist, kgl. Mt. mit dieser bewilligten hielf nicht gesettigt sein, sondern ethwas mher bitten werde, so habe ich doch eueren fstl. Gn. dieser handlung bericht zuschreiben wollen, darmit euere fstl. Gn. deren auch wissens trage. Dan auch unsere stende, indem sie der ksl. und kgl. Mt. ire antwort zugestellet, sich erboten, die beratschlagung der begerten beharlichen hielf auch mit dem furderligsten einzugehen und zu beschliessen. Nhun wissen sich euere fstl. Gn. gnediglich zu erinneren, das ich darauf in meiner instruccion gar keinen bevhel habe und wil dennoch die hielf so hoch angeschlagen werden, das eueren fstl. Gn. daran viel gelegen, dan kgl. Mt. die beharliche hielf uff etzliche jar hat gebeten. Darumb ist mein undertenig bit, euere fstl. Gn. wolle mich ires gemuts und, was ich in solchen beratschlagungen von wegen euerer fstl. Gn. bewilligen muge, vorstendigen laßen, darmit dennoch etzlichen leuten genug geschehe und ich aus unwissenheit nicht zuviel nachgebe. Dan ich den mherer theil der stende zur hielf geneigt spure, in betrachtung, das, wo Ofen in des Turcken hant komen solte, allen teutschen landen viel beschwerlicher gefhar darauß zustunde, also auch, das mit der beharlichen hielf hernaher dem Turken schwerlich widerstant beschehen mugte.

In beratschlagung dieser eylenden hielf habe ich mich wol horen laßen, wan alle des reichs stende in solche hielf bewilligen wurden, das euere fstl. Gn. sich irem vermugen nach auch ertzeigen und von gemeinen stenden nicht absonderen wurden, aber doch so were eueren fstl. Gn. neben anderen beschwerten stenden zusage und vertrostung geschehen, das euere fstl. Gn. und andere beschwerte stende, ehr dan solche ire beschwernuß zur pilligkeit und uff leiderliche wege gerichtet, hinfurt nicht solten angelegt werden und, die ubermaß zu geben, nicht schuldig, darumb so hette ich noch keinen bevelh, in die ubermaß zu bewilligen, wolte aber eueren fstl. Gn. von diesen handlungen bericht zuschreiben. Und habe wol bey mir gedacht, obgleich unser ubergeben antwort die condition angehangen, wan ein bestendiger fridt verschaffet und ein gleich recht uffgerichtet, das alßdan und nicht ehr die hulfe solte geleistet werden, das demnoch solchs schwerlich muge erhalten werden. Dan ich weinig leut uff jennem theil darzu gesinnet spure. So ist auch nicht zu glauben, das sie das camergericht (welchs allein zu irhem [sic!] vorteil ein tzeit lang procedirt hat) reformiren laßen. Und wird nichtdestoweiniger mit vielfeltiger exahheration [sic!] der furstenden not und gefhar die hielf gefordert und darauf gedrungen.

Und ist nicht on, das von diesem theil bedacht worden, wan von der beharlichen hielf ratschleg gehalten wurden, das alsdan auch die beschwerten stende uff ire anbringen der ubermaß halber gehort und milterung der anlage bekomen solten. Aber das ist alles in dubium eventum gestellet. Und ist solchs bisher oft entstanden, wieviel statlicher vertrostung darauf sein gescheen. Es ist auch wol in unser schriftlichen antwort die protestation furgewendet, das die stende, so in der anlag ubernhomen und beschwert, hirdurch in die ubermaß nicht bewilligt, sondern, hernaher ire noturft dagegen furzuwenden, wollen vorbehalten haben. So wird doch meines erachtens solche bedingung weinig furtragen, dan die bewilligung albereit geschehen vermoge der ubergeben schrift. Und ist gleich protestatio contraria facto. Darumb so habe ich solchs eueren fstl. Gn. nicht unangetzeigt mugen laßen, das, wo solche eylende hielf von eueren fstl. Gn. auch gefordert wurde, euere fstl. Gn. des handelß bericht hetten. Und mugten sich euere fstl. Gn. meines erachtens nicht unbillig des gehalten, wie von andren des reichs etzlichen stenden sol gescheen sein, das euere fstl. Gn. allein so viel, alß ir nach gelegenheit und vermuge irer lande und leute zu thun gepurete, erlegten und die ubrig anlag an sich hielten, darmit desto mher ursachen gegeben wurde, von ringerung der anlage ferner zu handlen und einsehens zu thun etc.

Ich habe der widertheil schriftliche antwort, welche auch erst gestrigs tags ubergeben, nicht bekomen mugen, wil aber mit vleiß darnach trachten und eueren fstl. Gn. copien darvon zuschicken. Ksl. und kgl. Mtt. haben sich erboten, unsere und der anderen antwort zu vorlesen und sich ferrer drauf vornhemen tzu laßen. Was das sein wird, wil die tzeit wol geben. Ich habe noch tzur tzeit weinig hoffnung zum bestendigen frieden und rechtschaffner reformation des camergerichts, wiewol sich ksl. Mt. uff erste unsere antwort, der turkenhielf halber gegeben, gnedigst vornhemen laßen, es solten chur-, fursten und stende darauf gedengken, welchermaßen ein bestendiger friedt und gleichmessig recht im reich uffgerichtet mugte werden, und solchs irer Mt. antzeigen. Die wolte ferrer gnedigste einsehung und vorschaffung thun. So dienet doch der frieden nicht allen und hat das wortlein friedt bey allen stenden des reichs nicht gleichen verstant. Darumb wol ethlich sich besorgen, wan die turckenhielf geleistet, den andren hendlen wurde ein schleuniger bescheit oder villeicht ein aufzug gegeben werden, das wil sich nhunmher wol ausweisen, was wir zu gewarten haben.

Kgl. Mt. wird in weinig tagen widerumb hinunter gegen Wien und hat neben der gemeinen hielf bey vielen stenden particularhielf erhalten.

Die religionßsachen sein noch unentscheiden, idoch so haben unsere theologi collocutores unseren stenden von gehabter handlung relation gethan, aber wie gleichformig, werden, wil Got, euere fstl. Gn. zu meiner ankunft von mir vornhemen. Andere hendel die sein noch gar nicht furgenhomen. Particularsachen wird auch kein bescheit gegeben, soviel unsere stende belanget. Und dieweil dan, gnediger furst und her, die sachen, die turkenhielf belangent, dermassen wie obstehet vorhandelt, habe ich nicht underlaßen kunnen, dieselben eueren fstl. Gn. bey eignem gedingten boten zuzuschreiben, darmit sich euere fstl. Gn. irer gelegenheit darnach zu richten und mich ferrer, wes ich mich uff die beharliche hielf sol vornhemen laßen, zu vorstendigen hetten.

Ich habe diesen boten zu Nurnberg bestellen laßen, darumb das ich alhie keinen funden, der der sechsischen lande kundig gewesen. Was dem boten zugesagt vor den weg von Nurnberg auß, wird dem cantzler sein zugeschrieben. So habe ich auch gegen Nurnberg umb 100 thaler an Gabriel Brenner geschrieben, darumb das ich bey euerer fstl. Gn. bruder, Hg. Frantzen, bevelhaber zu der gesuchten confirmation kein gelt finde und dan die tax in der keyserlichen cantzley in triplo wird gesteigert gar nahe, darab iderman thut clagen. Wurde ich alda gelt bekomen, so solten euere fstl. Gn. auch verstendigt werden, war solch gelt zu erleggen begert wurde, das auch euerer fstl. Gn. bruder seinen anpart herschicken wurde und wir auch so balt alhie aufbrechen wurde, das mir ethwas ubrig bliebe, wolte ich gleich dem Brenner widergeben. Ich besorge aber vor Bartolomei [1541 August 24] wird kein aufbrechen werden, wo nicht ein unvorsehenlichs darein komet. [...]. Geben tzu Regenspurgk am tage Petri und Pauli anno 15411.

Anmerkungen

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 Vgl. Dr. Nikolaus Holstein an Kanzler Balthasar Klammer, Regensburg, 1541 Juni 29, Hannover NLA, Celle 1 Nr. 20I, fol. 51r–52v (Ausf., eighd.): Seit seiner Abreise aus Celle hat er von Klammer auf seine bisherigen drei Schreiben keine Antwort erhalten. Glaubt trotzdem, dass es ihm gebührt, Klammer mit brieven zu beladen. Hat über die Verhandlungen der letzten Tage Hg. Ernst berichtet, wie Klammer seinem Schreiben entnehmen kann. Bitte, ihn nicht länger ohne Antwort zu lassen, darmit an unserm gnedigen fursten und hern, wie etzliche vormeinen, der mangel allein nicht erscheine etc. Bitte, ihm mitzuteilen, ob die Nachricht vom Tod des Urbanus Rhegius zutrifft. Bitte, ihm, wenn dies bei Hg. Ernst zu erhalten ist, ein anderes Pferd zu schicken, dan ich sehr ubel heraußgeritten bin und es itzo muß zcalen. Wenn der Reichstag sich noch länger hinzieht, will er das Pferd, das er jetzt hat, zurückschicken. Außer beiliegenden neuen Zeitungen weiß er keine weiteren. Der Kaiser wird, wie man sagt, bald abreisen. Es ist zu besorgen quod more Germanorum dieta pariet dietam etc. Bitte ihm mitzuteilen, was der Herold im Stift Hildesheim und Herzogtum Braunschweig ausgerichtet hat, wenn dies bekannt ist. Hier wird darüber wenig gesagt. Nimmt an, dass Klammer die von ihm an Hg. Ernst ubersandte vorfaßung in Sachen Hg. Ernst contra Bf. Hildesheim am 25. Juni bekommen hat. [...]. Geben tzu Regenspurg am tage Petri und Pauli anno etc. 41. [PS:] Bau seiner Wohnung. Helfet Got bitten, das er dieses langweiligen tags ein end mache etc.