Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Frankfurt ISG, RTA 46, fol. 106r–111r (Ausf.).

Haben sie am 2. Juni um Weisung zu dem die Vereidigung seines Anwalts am Kammergericht betreffenden Antrag Hg. Ulrichs von Württemberg an die schmalkaldischen Verbündeten gebeten. Nun haben gestern auf Antrag der württembergischen Gesandten die einungsverwandten Stände mit Ausnahme der Gesandten Hg. Heinrichs von Sachsen die fragliche Angelegenheit, soviel den Eid angeht, für eine Religionssache erklärt. Die Gesandten Hg. Heinrichs von Sachsen haben – wie früher auch sie – zu erkennen gegeben, dass ihr Herr sich der Mehrheit anschließen wird, also daß man sich versicht, euere W. werden es auch fur ain religionsach halten. Und werden also die stende daruff Hg. Ulrichen diesen handel als ain angenummen religionsach zuschreyben. Und dieweyl on daß die stende sich versehen, daß ksl. Mt. solchs aydts halben bey dem cammergericht verschaffung thun werde, damit Hg. Ulrich oder die stende gemaynlich sich daraus nichts beschwerlichs zu besorgen, so haben die stende desto lieber Hg. Ulrichen in dieser sachen wilfaren und ain danck bey ime erstechen wollen, damit er in andern sachen, sonderlich in handlungen wider die von Eßlingen auch desto guthwilliger erfunden werde etc.

Über Glauburgs Vorstoß bei Obernburger in der Maastrichter Sache informiert sie ihr Schreiben vom 2. Juni [Nr. 705]. Vor einigen Tagen sind die Erben der Vrentzen hier angekommen und wollen eine Supplikation an Kurfürsten, Fürsten und Stände – laut beiliegendem Druck – einreichen. Darin wird Frankfurt vorgehalten, dass die Stadt auf ksl. Mandat hin die gefangenen Maastrichter, obwohl sie öffentliche Ächter seien, frei und ohne Entgelt habe ziehen lassen. Erwarten, dass sie, wenn diese Supplikation in gemeinen Reichsrat gelangt, (wie dan bißher ausserhalb des funften tag Aprilis als der reychstag angefangen worden, sie, die stende, gemaynlich nit beyainander gewest), um Information gebeten werden, wie die Dinge zwischen den vrentzischen Erben und den Maastrichtern zu Frankfurt abgegangen sind. Da Hieronymus zum Lamb als Syndikus und Advokat Frankfurts sich nicht einlassen möchte, ist Glauburg bereit, solche Informationen euerer W. notturft nach und zum glimpflichsten zu geben. Doch wo euere W. weythers bedencken darin hett, das furzupringen und anzuzaygen nutz und guth seyn solt, desselben wollten euere W. mich zum furderlichsten berichten. Dan dieweyl das gesprech ain endt, ist woel zu erachten, daß nun andere sachen mussen fur die handt genummen werden, under welchen die auch mit underlauffen moecht1.

Über Obernburgers Rat, beim Kaiser um einen Schadlosbrief anzusuchen, sind sie unterrichtet. Mit Hilfe Lambs hat nun Glauburg Kopie eines ksl. Generalpönalmandates vom 4. April 1541 erhalten können. Darin gebietet der Kaiser allen Ständen, besonders aber den Grafen von Neuenahr und Salm und den Städten Neuss und Oberwesel, die auf ihrem Gebiet den Maastrichtern gehörende Weinladungen und Rinder beschlagnahmt haben, diese Güter umgehend wieder freizugeben und den Maastrichtern zuzustellen. Dieses Gebot ist mit der Zusage verbunden, dass alle, die die ksl. Suspension der Acht respektieren und die Exekution unterlassen, vom Kaiser schadlos gehalten werden sollen. Von diesem Mandat liegt Kopie bei. Hat zur Zeit seines letzten Berichts über diese Sache von diesem Mandat noch nichts gewusst. Bittet um Resolution, ob Frankfurt sich mit der allgemeinen Versicherung in diesem Mandat begnügen will oder die Ausstellung eines besonderen Schadlosbriefes wünscht. Was den Grafen von Limburg-Stirum, die die Suspension nicht respektiert haben, vom Parlament zu Brabant widerfahren ist, ist aus beiliegendem Zettel ersichtlich. Aber daß ist fur alles zu erbarmen, daß die Frentzen erben, so uber erlangt recht bey recht nit pleyben kunden, erst uff sonderlich ausgangen mandat sollen mit allen iren adherenten angenummen und gefenglich ksl. Mt. zu straff angehalten werden.

Soviell aber den religionhandel, gunstigen, lieben herren, belangen thutt, haben euerer W. wir jungst auch anzeyg gethan, weß sich die personen, zum gesprech verordnet, in gemeltem gesprech verglichen oder nit verglichen, daß sie dasselbig ksl. Mt. in eyner schrieft uberantwort hetten2 etc. Daruff wollen euerer W. wir weythers unvermeldet nit lassen, daß den vierten tag Junij der Kf. zu Brandenburg und der Bf. von Lundawe den Lgf. zu Hessen (und [uns] von stenden derselbig in eyl zu sich erfordert) ersucht und anzaygung gethan3: Nachdem ksl. Mt. etc. aus cristlichem, vetterlichem und kayserlichem gemuedt hievor vielmals uf den tagen zu Franckfurt, Hagenawe und Wormbs hett handlung furnemen lassen, damit der zwispalt in unserer hayligen religion zu christlicher und rechter vergleychung hett gepracht werden moegen etc., auch weythers derhalben gegenwertigen reychstag angesetzt etc. und aus irer ksl. Mt. verordnung durch etliche darzu erwelte personen so weyt in den streytigen artickeln der religion vorgeschritten worden, daß etliche derselben (wie ire kfl. und fstl. Gn. vernemen) verglichen, etliche aber und nemlich neun noch unverglichen sein solten etc. Wo nun er, der landtgrave, und gemayne stende der aynung inen es nit zuwider seyn wolten lassen, weren ire kfl. und fstl. Gn. aus eygner bewegung und christlichem gemuedt gantz genaygt und willig, sich in den uberigen neun streytigen artickeln als underhendler geprauchen zu lassen etc., ob dieselben neun artickel wie die anderen oder zum wenigsten etliche aus denselben auch verglichen moechten werden etc., wie dan ire kfl. und fstl. Gn. solchs mit weytherer ausfurung haben anzaygen lassen, welchs alles wir unnothig achten, dießmals nach der lenge zu erzelen, dieweyl die substantz der gantzen werbung und ansuchens allayn uff dem beruhet, ob die stende der aynung zulassen und bewilligen wolten, das ire kfl. und fstl. Gn. in den uberigen neun streytigen artickeln als underhendeler handelung furnemen etc. Aber der landtgrave hat sich mit denen, so damals von unsern stenden bey sein fstl. Gn. gewest, dargegen in antwort vernemen lassen, daß sein fstl. Gn. und die andern gegen iren LL., kfl. und fstl. Gn. on vorwissen gemayner stende der aynung sich in nichten begeben kundten, wolten aber dieß irer LL., kfl. und fstl. Gn. freuntlich gesinnen und gnedige anzaygung an alle stende gelangen lassen und, waß gemayne stende sich daruff entschliessen wurden, solt iren LL., kfl. und fstl. Gn. unverhalten pleyben etc., wie dan gleych daruff nach mittag alle stende zusamenerfordert worden und inen derhalben vorhaltung beschehen etc.

Aber gemayne stende haben diesen wichtigen handel uff vielfeltige wege berathschlagt und erstlich solt des churfursten und Bf. zu Lunden beschehen gesinnen statgegeben werden, das es woel guthen willen und gnade bey densel ben erwecken wurde. Und aber wir in der underhandlung an den neun artickeln nichts nachgeben (wie wir dan vernemen von unsern theologis, das man darin mit Gott und guthem gewissen nichts nachgeben kundte etc.), so wurde es uber den verzug und verlierung der zeyt, so daraus folgte, ain grossern unwillen und ungnade pringhen, daß wir in die underhandlung bewilligt und doch nicht gesinnet weren gewest, etwas nachzugeben etc. Zudem, wo wir unß in solch privat underhandlung eynliessen, so were es ksl. Mt. proposition und furtrag zuwider, dan dieselbig vermag, daß nach beschehener examination der streytigen artickel allen stenden deß reychs zuvorderst darvon relation beschehen solt, welche auch noch nit beschehen. Derhalben wir nit gruntlichen bericht und wissens hetten, aus waß christlichem bedencken und ursachen etliche artickel verglichen worden, etliche aber nit hetten verglichen moegen werden etc. Und derhalben so haben die stende der aynung gemaynlich dohin geschlossen, daß des Kf. zu Brandenburg und Bf. zu Lunden gesinnen und gnedigs begeren der underhandlung halben fueglich abgeschlagen solt werden, wie dan folgenden Pfingstag [1541 Juni 5] beschehen etc.

Die stende haben darneben auch wol bedencken moegen, daß solch suchen bayder chur- und fursten on vorwissen ksl. Mt. nit beschehen etc. oder veleycht uff anregen ksl. Mt. beschehen seyn moecht, unangesehen ob ire kfl. und fstl. Gn. sich gegen unsern stenden anders nit vernemen lassen, dan sie es aus eygner und christlicher bewegung gethan etc. Und dieweyl woel vermerckt wirdt, daß die bischoff und etliche fursten neben inen an der relation abscheuen haben und [veleycht] besorgen, wo die beschehen und die unsern noch notturft gehoert, es moechten etliche nach erkenter warhayt von inen zu unß dretten oder nit so gantz hart bey inen halten etc., so hat eß woel ain bedencken pracht, ob eß nit ain zugericht [spiel] von papisten seyn moecht, durch solche privathandlung gemayne und von ksl. Mt. versprochne relation zu verhindern etc. Dan wo unsers thayls stende sich darin eyngelassen, hett durch ksl. Mt., auch die papisten furgewendt moegen werden, dieweyl wir durch privat handlung (wie dis dan ayne, were sie bewilligt worden) ausser irer Mt. proposition gangen, es solt auch nunmer die relation nit geschehen, wie dan leichtlich und oft ursachen gefunden werden, wan man nit lustig zu den sachen ist etc. Welche der papisten anschleg und practiken und was sie damit suchen, doch one zweyfel dem Kf. zu Brandenburg nit offenbaret seyn, dan seyn kfl. Gn. wurden sich sonst ungern darzu prauchen lassen. Derhalben auch und sonderlich, dieweyl solche anschlege zuruckgangen, pitten euere W. wir diese verhandelung noch zur zeyt in gehaym zu halten, damit uns alhie und bevorab gemaynen stenden der aynung kayn nachtheyl oder verwiß daraus erfolgt etc.

Und wie wir itzt im werck seyn, euerer fursichtigen W. zu schreyben, so sint wir in erfarung khommen, daß, unangesehen der abschleglichen antwort, so hochermelten chur- und fursten uff ire ansuchung gefallen, sie bede chur- und fursten abermals bey dem landtgraven angehalten, sich sampt den andern stenden in obgerurte guttliche underhandelunng eynzulassen etc., mit erzelung, wo daß durch unß nit bewilliget, wurde ksl. Mt. als heut die relation den stenden deß reychs thun lassen, dan ire kfl. und fstl. Gn. ire ksl. Mt. der sachen zuguth daran uffgehalten etc.

Aber wie gestrigs tags die antwort von den unsern bey dem churfursten und Bf. zu Lunden widerumb abschlegig gefallen, haben hochermelter churfurst und bischoff ain verzaychnus der neun uberigen streytigen artickel mit ayner grossern milterung, dan die papistischen im gesprech zulassen wollen, den unsern, so die antwort gegeben, behandiget, mit anzaygung, ob wir nit uff solche maynung handlung leyden wolten etc. Aber gleychsfals ist es gestert zu nacht wider abgeschlagen worden. Und wie die verordneten, so die antwort dem churfursten und bischoff gegeben, sich versehen, es wurde heut daruff relation beschehen, so ist heut der H. Granvella sampt dem H. Navis, welchen er gegen dem landtgraven als ayn dolmetschen gepraucht, bey dem landtgraven erschinen. Und hat genanter H. Granuella uff alle wege (wie er dan ain heftiger man ist) persuadiren wollen, sich wider in handlung eynzulassen etc., dan die hell, dan den hymel furgemalet, daß ist angezaygt, was beschwernus (wo wir nit folgen wolten) unsern stenden begegnen wurden etc., dargegen, wo wir uns weysen liessen, wurde ksl. Mt. mit unser hilf die romisch kirch reformiren etc. Aber reformatio ecclesiae romanae (wo wir inen weychen) wurde dergestalt seyn, wie der pasquillus darvon schreybt: sicut erat in principio et nunc et semper et in saecula saeculorum amen etc. Und ist also der H. Granuella biß in drey stunde bey dem landtgraven und andern, so er bey ime gehapt, gewest. Aber wie wir hoeren, so ist es nun zum vierten mall abgeschlagen worden etc. Und wissen nun nit, wan die relation beschehen werde den stenden. Eß wirdt itzt in gemayn nichts gehandelt. Alle stende warten, waß ksl. Mt. weythers furnemen wolle. Und wirdt darneben gesagt, daß ksl. Mt. die handlung deß gesprechs dem Kg. zu Franckreych, Engellandt und Kg. Ferdinando sampt dem bapst zugeschickt habe. Stet zu besorgen, wir mussen derselben antwort erwarten etc.

Haben erfahren, dass Hermann Schwan den Kf. von Sachsen, den Lgf. von Hessen und die Stadt Frankfurt wegen ungerechter Behandlung beim Kaiser verklagt hat. Sind noch nicht zu einer Gegendarstellung aufgefordert worden. Hören, dass sich der Landgraf beim Kaiser in dieser Sache ausführlich gerechtfertigt hat. Möglicherweise wird Frankfurt angelastet, gegen Hermann Schwan zu wenig getan zu haben. Haben von sich aus nicht weiter fragen wollen. Lassen die Sache auf sich beruhen 4.

Angebliche Schulden Lübecks gegenüber der Stadt Frankfurt in Höhe von 200 fl. 5 [...].

Neue Zeitung können sie nicht mitteilen, außer dass Hg. Heinrich von Braunschweig einen Fürsten mehr zum Feind hat, nämlich den Bf. von Lund. Als Hg. Heinrich bei einer Begegnung bei der kirchen zu Sanct Tameran [sic!] dem Bischof die Hand reichen wollte, hat der Bischof ime dargegen die handt gezuckt und nit geraycht, sonder on alle erzaygte reverentz von ime, dem hertzogen, hinweggangen. Man helt darfur, Dr. Helt hab viel ursach darzu geben etc.

Die Königlichen sollen bei Ofen einen Sturmangriff mit wenig Glück unternommen haben. Die Stadt ist noch belagert. [...] 6. Regenspurg, den siebentag des monats Junij anno 1541.

Anmerkungen

1
 Zum Fall Vrentz contra Maastricht vgl. Nr. 363und RTA JR Bd. X,2, Nr. 157–160, S. 739–748, RTA JR Bd. XII,2, Nr. 272, S. 1143–1146 und RTA JR Bd. XV,4, Nr. 479–484, S. 2077–2095. Vgl. außerdem Sprenger, Het Rijkskamergerecht, S. 137–145 und Nève, Rechters en standen, S. 314–325.
2
 Vgl. das Regensburger Buch, Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,1, Nr. 150/151, S. 268–391 und die Gegenartikel der protestantischen Kollokutoren, Regensburg, 1541 Mai 31, ebd. Bd. 3,1, Nr. 152und 153, S. 392–437.
3
 Zur Vermittlungsinitiative Kf. Joachims von Brandenburg und Johanns von Weeze, Ebf. von Lund, Anfang Juni 1541 vgl. besonders ihre Vermittlungsvorlage [Nr. 109] und die Stellungnahme der Protestanten dazu [Nr. 112, Nr. 113, Nr. 114].
4
 Vgl. Frankfurt ISG, Ratschlagprotokoll Bd. 3 (1534–1544), fol. 103r–103v ad 1541 Juni 17: Herman Schwans halben, so ein ersamen rath vor ksl. Mt. zu Regenspurg beclagt haben solle, dieweil die gesanthen derhalben noch nit ersucht, ist beratschlagt, den gesanthen zu schreiben, die sach dreiben zu lassen, auch sich der sach nit weiter annemen, doch wo sie derhalben angefochten würden, einem ersamen rath dasselbig onverzuglich zuzuschreiben.
5
 Vgl. Frankfurt ISG, Ratschlagprotokoll Bd. 3 (1534–1544), fol. 103v ad 1541 Juni 17: Der 200 fl. halben, so die stat Lübeck eim ersamen rath noch schuldig sein soll, derhalben dieselbigen register besehen, sich der sachen gelegenhait darauß haben zu erlernen.
6
 Vgl. auch Bgm. und Rat von Frankfurt an Johann von Glauburg und Dr. Hieronymus zum Lamb, 1541 Mai 29, Frankfurt ISG, RTA 46, fol. 102r (Konz.): Ihr ihnen durch einen Juden jüngst zugegangenes Schreiben wollen sie in Kürze beantworten. Anweisung, den Gesandten Gf. Ludwigs zu Stolberg und Königstein 180 fl., die dieser bei ihnen hinterlegt hat, gegen Quittung auszuzahlen. Datum Sontag Exaudi, 29. Maij anno 41.