Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Frankfurt ISG, RTA 46, fol. 94r–97v (Ausf.).

Ausz.: Pastor, Die kirchlichen Reunionsbestrebungen, Anhang Nr. II,3, S. 484–487.

Euer fursichtigen W. haben wir jungst den 18. tag gegenwertigs monats under anderm zu erkennen geben, wie desselbigen tages umb drey uhren nach mittag der H. Nafes, der röm. ksl. Mt., unsers allergnedigsten hern, rhat, uns hat ansagen und erfordern lassen, nach denselben abent neben der stet Nurmbergk und Ulm gesandten bey der ksl. Mt. zu erscheinen, wie dan desselbigen abents beschehen1. Wir haben aber damals, wes ire ksl. Mt. unß durch den H. Nafes furhalten lassen, kurtze der zeyt halben und derjhenig, so wir dasselbig unser schreyben zustellen wollen, hinwegeylet, wider unsern willen unvermeldet ansteen mussen lassen biß zu besserer gelegenhayt. Dieweyl aber unß itzt widerumb botschaft zugestanden, so wollen wir dasselbig, soviel wir auß beschehenem muntlichen furtrag des H. Nafes behalten moegen, hiemit vermelden, und erstlich, als der stat Nurmberg gesandten Clemens Folckhaymer und Hieronymus Bambgartner und dan der stat Ulm gesandten Jeorg Besserer und N. Wydman und wir neben inen in ksl. Mt. gemach gelassen worden, hat ire Mt. unß alle mit darpiettung der handt gnedigst emphangen und daruff durch obgemelten H. Nafis nachfolgende maynung furhalten lassen, nemlich, wie ire ksl. Mt. auß sonderm genaygten, kayserlichen und vetterlichen gemuth, das sie zu dem hl. reych und der teutschen nation truge, sich von iren hispanischen konigreychen, landen und leuthen gethan, dieselbigen und sonst viel hochwichtige, obligende gescheft und sachen mit nit geringem irer Mt. nachstandt und beschwernuß gentzlichen zuruckengestelt und hindangesetzt und sich in das reych teutscher nation, auch mit geferlichkayt irer Mt. leybsgesundthayt verfuget, allayn der gnedigsten maynung und furhabens, alle zwitracht, daß sorglich mißvertrauen under den stenden und sonderlich den hochbeschwerlichen und geferlichen zwispalt der religion unsers hayligen, christlichen glaubens gentzlich aufzuheben, hinzulegen, zu guther, christlichen vergleychung zu pringen und ain bestendigen frieden, eynigkayt und ruhe in teutscher nation zu pflantzen etc., der ursach dan ir Mt. diesen reychstag, alher geen Regenspurg ausgeschrieben, angestelt, denselbigen eygner person (wiewoel mit großen unstatten und schwerer leybsblodigkeyt [)] ersucht, daruff ire Mt. auch alsbalt die sach der streytigen religion als den wichtigsten und vornembsten puncten zuvörderst vor die handt genummen, denselbigen und die streitigen artickel der religion etlich darzu verordneten theologen zu examiniren und zu erwegen, welchergestalt die zu gepurlicher, christlicher vergleychung zu pringen, bevolhen etc. Und hette sich demnach gnedigst versehen (wir ire Mt. sich auch nachmals versehen wolten), eß solt durch solchen weg und mittel aller zwispalt der religion zu eynmutiger vergleychung gepracht werden moegen etc. So vermerckten aber gleychwoel ire Mt. darunder so viel, daß sich in solcher handlung die theologi unsers thayls etwas unschidlich und hartneckigt erzaygten und hielten, dergestalt, wo sie dermassen furtfaren und sich nachmals nit schidtlicher in die sachen schicken wurden, das zu hinlegung und vergleychung solchs zwispalts wenig guther hoeffnung zu haben were etc.

Dieweyl dan ire Mt. eß dafur hielten, unsere obern und wir, die gesandten, wurden mehr zu frieden und aynigkayt dan zu unfrieden genaygt seyn, so wolte sich ire Mt. dessen versehen, unß auch hiemit ernstlichen bevolhen haben, wir wurden und solten neben andern mit ernst daran seyn und verschaffen, das die berurten unsers thayls theologi sich in dieser sachen hinfuro geschickter und schiedlicher halten und uff iren kopfen so streytig nit beharren wurden, damit man zu einhelliger vergleychung und hinlegung solchs zwispalts khommen moechte etc., dan, wo das nit beschehen und der mangel an unserm thayl erscheynen solte etc., hetten unsere obern und wir als die verstendigen selbst zu erachten, waß beschwerlichs zuletzst daraus erfolgen wurde etc. Eß wolten ire Mt. bey den andern gleycher weys daran seyn und verschaffen, wo bey denselben etwaß unbillichs, ungeschickts oder beschwerlichs sich erhalten oder eraygen wurde, daß gleychergestalt gewendt und verkhommen werden solte etc. Das wolt ihre Mt. unß also angezaygt und erinnert haben, und, daß wir dem also hoechstes vleyß nachkhomen, das were irer Mt. ernstlicher bevelch und maynung etc.

Hieruff baten wir samptlich in underthenigkayt ain kurtzen bedacht, der unß gnedigst zugelassen. Also nach gehaptem bedacht und, wie wir unß deß underredet, haben wir irer Mt. durch H. Clement Folckhaymer, nurmbergischen gesandten obgemelt, diese ungeferliche antwurt gegeben. Welchergestalt ire ksl. Mt. gegen deutscher nation genedigst gesinnet, auch mit waß treuen und kayserlichem gemudt sie sich, deren aufgang, nutz und wolfart zu fordern, aber den abgang und entlichs verderben abzuwenden und zu verkhommen, yederzeyt und noch gantz vetterlich understanden und beflissen etc., das were nit allayn unsern obern und unß, sonder meniglich kunth und offenbar, dessen gegen irer Mt. wir unß auch anstat unserer obern und fur unß selbst gantz underthenigst thetten bedancken etc. Und nachdem unsere obern und freunde ye und allewegen nichts liebers gesehen und hohers begerten, dan daß friede und aynigkayt im reych teutscher nation erhalten und der hochgeferlich mißverstandt und zwispalt unser hayligen religion zu christlicher vergleychung gepracht werden moecht, wir auch von denselben unsern freunden und obern deßhalben und mit sonderm bevelch, sollichs zum vleyssigsten furnemen und furdern zu helfen, zu diesem reychstag abgefertigt, so hetten wir auch unß zu erinnern, daß derwegen den verordneten unsers thayls theologen von gemaynen protestirenden stenden ernstlich undersagt und bevolhen were worden, sich in examinirung der streytigen religionartickel gepurlich und schiedlich zu erzaygen, nichts, daß unverletzt der eher Gottes, seynes worts und der warhayt nachgegeben werden moecht, zu bestreyten, sonder sich in dem allen dermassen zu halten, daß inen und unß daraus khayn mangel oder verhinderung vorgenommener vergleychung mit billichem grundt zugelegt werden moechte etc. Diesen bevelch, verhofften wir, solten sich die verordneten unsers thayls theologi gemeßs gehalten haben, wie wir auch bißher anderst nit gewist noch vernummen etc. Dieweyl aber ire Mt. unß itzt diese anzayg gnedigst thun lassen, wolten wir, soviel an unß als den geringern unserer stende, neben andern gern und hochstes vleys helfen daran seyn, damit gemelten unsers thayls theologen nachmals mit ernst undersagt und bevolhen wurde, sich schidlich und dermassen zu erzaygen, das sie nichts, so zu vergleychung dinstlich seyn und on verklaynerung der eher Gottes und der warheyt bewilligt, angenommen oder nachgegeben werden moechte, underlassen, ausschlagen noch beharlich bestreytten wolten etc. Das hetten uff irer ksl. Mt. gnedigst beschehen furhalten wir in aller underthenigkayt widerumb vermelden wollen, bethen, ire ksl. Mt. wolte sollichs von unß allergnedigst vermercken und unsere obern und unß in gnedigstem bevelch haben etc.

Uff dieß ließ ire Mt. durch den H. Nafis uns widerumb beantworten, ire Mt. truge unsers erpietens gnedigst gefallens, wolte sich auch versehen, wir wurden dem also ernstlich und mit vleyß nachkhommen, dargegen wolte ire Mt. unsern obern und unß ain gnedigster kayser seyn etc. Und ward durch den von Nafis daran gehenckt, ob sich gleych zutruge, daß sich die verordneten theologen zu zeyten etlicher artickel so gar wol nit vergleichen kundten, muste man darumb so rauhe nit faren, daß man derhalben die gantz handlung wolte zerschlagen lassen werden, sonder solch artickel anstellen und zu den uberigen greyffen und furschreyten etc. Demnach hat die ksl. Mt. unß allen widerumb die hand geraycht und nachfolgents hinziehen lassen etc.

Also, gunstigen, lieben hern, haben euer W. noch der leng und, soviel wir behalten moegen, bericht, waß von der ksl. Mt. den andern gesandten und unß damals furgehalten worden ist, auch waß wir unß daruff underthenigst vernemen haben lassen, welchs euer W. wir unser schuldigen pflicht noch nit haben verhalten wollen. Wie sich aber die handlung deß gesprechs an ire selbst alhie anlassen, davon kunden euerer W. wir dießmals nit gewisse anzaygung thun. Die verordneten theologen (außgenummen Dr. Eck, so noch kranck ist) geen teglichs zusammen, conferirn und underreden sich mitainander. Man waiß aber noch nit, zu waß ende eß letztlich geraychen wolle. Man versicht sich, der artickel iustificationis sol die vergleychung folgen und pleyben. Aber der andern halben, als de cena domini, de cultu et invocatione sanctorum und, waß der artickel mer seyn, wil eß schwerlich zugeen, daran die papisten sich gar nichts wollen begeben. Wir mussen der zeyt vollendt erwarten, biß alle handlung recht publicirt werden. Alsdan sol euer W. aller handlung noch notturft bericht entpfangen. Sonst wirdt in reychssachen nichts gehandelt. Alle reychsstende warten uff der verordneten theologen vergleychung und werden alle andere artickel des kayserlichen ausschreybens hinderhalten, on zweyfel, daß ksl. Mt. zuvor sehen wolle, wie die vergleychung folgen werde, darnoch sich in andern artickeln auch wissen zu halten. [...]. Datum Regenspurg, den 25. Mai anno 1541.

Anmerkungen

1
 Vgl. Contarini an Farnese, Regensburg, 1541 Mai [16], Pastor, Correspondenz, T. I, Nr. 73, S. 390–391 und Dittrich, Regesten und Briefe, Nr. 717, S. 183–184 sowie ders. an dens., Regensburg, 1541 Mai 23, ebd. Inedita Nr. 66, S. 326–328, hier S. 326.