Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Frankfurt ISG, RTA 46, fol. 86r–89v (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 89v: Der freund schreiben von Regenspurg, lectum ultima Maii 1541.

Haben am 9. Mai berichtet [Nr. 627], wie weyt die sechs personen, durch ksl. Mt. verordnet, in den streitigen artickeln der religion vorgeschritten, auch waruff damals die handlung beruhet ist, etc. Nun wollen eurer W. wir weythers unvermeldet nit lassen, wie wir in angeregter schrieft eurer W. angezaygt, das etliche auß den theologen der protestirenden stende ain schrieft stellen und darin anzaygen solten, waß uff die furgeschlagne artickel deß hochwirdigen sacraments deß leybs und bluts unsers hern Jhesu Christi halben unser aller maynung were etc. Welches dan also beschehen, derselben schrieft copey, mit G. bezaychnet, eurer W. wir zu bericht in dieser hochwichtigen sachen hiemit uberschicken1. Und unsere drey verordnete theologen, auch in beyseyn der dreyer zugeordneten auscultanten unsers thayls haben den zehenden tag Maij solche schrieft dem H. Granuelle uberantworten wollen, beneben muntlicher erzelung, weß darin ire maynung were etc. Aber alsbalt solchs der H. Granuella vernummen, das sie die furgeschlagen artickel nit annemen und darin den papisten weychen wollen, ist er gantz zu zorn und unwillen bewegt worden und under andern vieln reden sich vernemen lassen, er kunde wol abnemen und mercken, dieweyl sie in solche vorgeschlagne artickel nit bewilligen noch die annemen wolten, das sie die fur unrecht und abgottisch hielten, und wolten also ksl. Mt. und andere christliche potentaten darin straffen, als das sie bißher unrecht damit gethan und ain abgott angebettet hetten, etc. Nun were ire ksl. Mt. nit allayn der maynung und hielten es fur christlich und recht, sonder mit irer Mt. das mererthayl konige und potentaten der christenhayt als Franckreych, Portugall und andere, auch der Kg. von Engelland selbst (qui iam rediret et vehementer rediret, wie den solch wort vom Kg. von Engellandt der H. Granuella geredt) hielten eß auch also und wurden sie alle ire konigreych, landt und macht daran setzen, bey solchen artickeln zu pleyben, wurden auch ehe mille millies dausent dausentmal, wo es muglich, sterben, dan sich darvon abwenden zu lassen, etc.

Er, der H. Granuella, hat auch obgemelte schrieft von den unsern nit annemen wollen, so[ndern] gesagt, dieweyl sie solches, so derhalben bey inen im gesprech [ge]handelt worden, an die protestirenden stende ingemayn hetten gelangen lassen, das er gleychsfals muß soliches an die andern (zu versteen die papistischen) gelangen lassen etc. Und synt also die unsern vom H. Granuella abgeschiden, one [daß] er der unsern schrieft annemen wollen.

Nach mittag gemelts tags, wie solchs des morgens beschehen, [als?] Hg. Friderich Pfgf. erfaren, wie der H. Granuella [unsere] theologen und auditores etwas rauhe angelassen etc., hat er sie beschickt und gantz gnediglich und freuntlich mit inen gehandelt und darneben des H. Granuella rauhe hand[lung] entschuldiget und verantwort, das er, der Granuella, [etwas] heftig bewegt worden were, dieweyl sie, die theologi, [unsern] stenden ingemayn, was deß sacraments halben begert und gehandelt worden were, angezaygt hetten. Und hat seyn fstl. Gn. die gestelte schrieft von unsern theologen angenummen und, der unsern maynung zum besten bey ksl. Mt. zu gedenken und furzuwenden, sich darneben erbotten, etc.

Also gehet es zu in der welt, do boese, trutzige und rauhe wort die unsern von irem christlichen vornemen nit haben abschrecken moegen, hat man es zuletzt an guthen worthen auch nicht erwinden lassen, damit sich die handlung nit zerschluge. Hetten aber des H. Granuelle heftige reden die unsern schrecken moegen, so hett man gewißlich deß letztern nit gebraucht.

Nachfolgents, wie wir hoeren, haben die hern praesidenten mit den delectis personis, nemlich den dreyen des papistischen thayls, in den furgeschlagnen artickeln deß sacraments mittel zu suchen furgenummen. Eß hat aber gleychsfals die folg nit haben wollen, derhalben dieser artickel wie der de ecclesia, biß sie sich der uberigen vergleychen, und zum ende derselben uffgeschoben und suspendirt worden, und faren nun (wie man sich versicht) in andern artickeln furtan, obgleych Dr. Eck (so hievor, als sich der streyt des sacrament halben er haben, stumpflingen krank worden, daß aller bischoff und papistischen fursten ertzt, soviel der alhie seyn, mit ime zu thun gehapt, und noch am feber krank seyn soll) nit darbey ist etc.

Wiewol eß sich widerumb in articulis de confessione et poenitentia (wie wir hoeren) gestossen, also das die hern praesidenten solche handlung an ksl. Mt. wider gelangen lassen, auch die zwen nechsten tag Montag und Dinstag die verordnete personen nit viel beyainander gewest seyn. Eß wirdt gesagt, daß die papistischen personen aus der orenbeycht und erzelung der sunden ain nothwendigs gepott haben machen, welchs die unsern nit bewilligen wollen, wie eure fursichtige W. aus beyverwarten schrieften solchs und anders vermercken werden (welche eure W. iren praedicanten anzuzaygen, iren rhat daruff zu vernemen und sonst in gehaym zu halten woel wissen). Aber heut zu morgen synt vielbemelten theologen und andere zugeordnete personen widerumb beyainander gewest, wir haben aber anderer gescheft halben also in eyl nit erfaren moegen, waß gehandelt worden, es sol doch eurer W. hernachmals unverhalten pleyben.

Neben diesem der religion handel wollen eurer fursichtigen W. wir auch unangezaygt nit lassen, das hie zwischen und, als die verordneten personen in der examination der streytigen artickel religionis gewest, die gemayne stende der aynung ain ausschus verordnet haben, die urgichten, soviel chur- und fursten, auch andere stende der aynung der mordbrenner halben bey sich hetten, zu ersehen, in ayn kurtzen begriff zu stellen und der supplication, so der ausschus derhalben an ksl. Mt. auch stellen solt, zu inseriren. Und synt nemlich zum außschus verordnet worden Dr. Bleyckhart von wegen des Kf. zu Sachsen, Dr. Walther von wegen des landtgraffen, Dr. Johan Pistoris, etwan Hg. Jeorgen zu Sachsen cantzler, von wegen Hg. Henrichs zu Sachsen, Dr. Philips Lang von wegen des Hg. zu Wirtenberg, Dr. Heel von wegen der stadt Augspurg, der gesandt der stat Bremen, der syndicus der stat Braunzweygk und ich, Hieronymus zum Lamp Dr., von wegen eurer W., der stat Franckenfurt. Wiewoel nun diese sach an ire selbst wichtig und groeß und den erbarn frey- und reychsstetten gantz vorfenglich, sich darmit eynmengen zu lassen, so haben doch noch gehaptem bedencken ermelts ausschus die stende der aynung, soviel der alhie seyn, (obgleych woel der reychsstedt gesandten gern damit verschonet gewest weren) zuletzst nach vielmals beschenem umbfragen der mordbrenner halben ayner maynung sich verglichen, wie eure fursichtige W. aus beyverwarter copien der supplication [Nr. 255], so den 13. Maij durch die fursten, rethe, botschaften und gesandten der aynung verwandten stende der ksl. Mt. uberantwort worden, vernemen werden. Gott wolle, daß diese sach durch ksl. Mt. bedacht werde, gepurlichs insehens derhalben beschehe und den stenden dieses thayls nit mer unraths dan vorthayls oder nutzes da[raus] erfolge etc.

Über die Erlegung der Doppelanlage hat Glauburg bereits berichtet. Er hat darüber auch mit Jakob Sturm geredet, ist aber, weil dieser sehr viel zu tun hat und zudem als Auditor am Kolloquium teilnehmen muss, die Sache auch nicht dringlich ist, erst vor einigen Tagen darauf zurückgekommen. Sturm hat ihm dabei mitgeteilt, dass Ulm damit einverstanden sei, wenn Frankfurt das Geld zurückhalte, zunächst abwarte und auf eine etwaige Anfrage erkläre, das sie solch gelt hinder inen behalten hetten, und zu zeyt der noth bey eurer W. so woel als bey denen von Ulm wurde zu finden sein etc.

In ihrem Schreiben vom 14. April haben sie auch über die Ankunft Hg. Wilhelms von Braunschweig in Regensburg berichtet, der von seinem Bruder, Hg. Heinrich von Braunschweig, 14 Jahre lang gefangen gehalten wurde und für seine Freilassung sich verpflichten und mit eynem leyblichen aydt bestetigen mussen, nichts an vetterlichem oder mutterlichem guth von ime zu fordern, sonder sich jerlich mit 2.000 gulden benugen lassen etc. Nun sint gestert zu morgen hernach bemelte fursten, nemlich der Kf. zu Brandenburg, Mgf. Jeorg zu Brandenburg, Hg. Othheinrich Pfgf., der Hg. zu Pommern (so erst den 12. Maij alhie ankhommen), Hg. Philips Pfgf., der Lgf. zu Hessen und drey Ff. von Anhalt, und dan deß Kf. zu Sachsen und Hg. Henrichs zu Sachsen rethe bey der ksl. Mt. erschinen, und, wie wir bericht, undertheniglichen Hg. Wilhelms von Braunzweygs halben angesucht und fur denselben gepetten, damit er des iuraments und verstrickung, ime von seynem bruder, Hg. Henrich, unbillicherweyß uffgelegt, erlediget und zu seynem gepurlichen, vetterlichen und mutterlichen erbthayl khommen moecht, wie dan solchs durch Eustachium von Schlieben, deß Kf. zu Brandenburg rhat, nach der leng erzelt und folgents irer ksl. Mt. in ayner schrieft (darin Mgf. Albrecht zu Brandenburg auch underschrieben sol sein) zugestellt worden [Nr. 264]. Waß daruff wil folg, wirdt die zeyt geben, etc.

Eß ist auch die gemayne sage, daß uff den 13. Maij, als unsere stende der aynung die supplication der mordbrenner halben ksl. Mt. uberantwort, der Bf. von Hildeshaym gleychergestalt Hg. Henrichen verklaget und ksl. Mt. anzaygung gethan, weß im geferlichs von Hg. Henrichen begegnet, auch die urgichten der mordbrenner, so er, der bischoff, im bischthum Hildeshaym richten lassen, irer ksl. Mt. uberantwort sol haben. Waß gemelter bischof fur ain urthel zu Rom erlangt2, steet fur sich selbst, wirdt on zweyfel dohinden nit pleyben, dan man wirdt zu der execution lustig leut finden etc.

Weythers so sol auch gemelts tags der jungfrauen freundtschaft, welche Hg. Henrich bey lebendigem leyb mit seelmessen und vigilien begeen lassen und uff seynem schlos Stauffenburg enthalten wurdet, bey ksl. Mt. auch uffs heftigst gemelten hertzogen verklaget haben [Nr. 261]. So sollen auch etlich vom adel alhie seyn, so sich etwa fur inen, Hg. Henrich, verschrieben und daruff in die laystung gemanet, aber durch Hg. Henrichen nit geloest worden, die sich auch gegen ksl. Mt. derhalben sollen beklagt haben etc. Auch die Urheberschaft des Mordes an Dr. Dellinghausen scheint anrüchig 3. In summa der klagen und deß [geschrey] ist viel und heufet sich von tag zu tag, also das viel mer schmehebuchlin teglichs uber solchen menschen im [druck] ausgeen, dergleychen von khaynem fursten nie gehoert oder gelesen ist worden. Wan er sich der stuck aller verantwurte[t], so wirdt er desto baß steen.

Heute morgen haben die Gesandten der fünf österreichischen Erblande nach Übergabe der Kredenzschriften vor den Gesandten der Reichsstädte über die gefährliche Bedrohung durch die Türken vorgetragen. Sie haben sich für die 1529 und 1532 von den Reichsstädten geleistete Hilfe bedankt und um eine beharrliche Hilfe gebeten. Über die Beschlussfassung der Reichsstädte dazu werden sie aus Zeitgründen erst später berichten.

Itzt umb drey uhren nach mittag hat uns der H. Nafes, ksl. Mt. rhat und, wie man sagt, vicecantzler an Dr. Helten stat, ansagen und erfordern lassen, zwischen viern und funfen neben der stedt Nurmbergk und Ulm gesandten bey der ksl. Mt. zu erscheinen. Waß ire ksl. Mt. von unß, der dreyer stett gesandten, haben und begeren wil, kunden wir nit wissen.

Ihre Bemühungen beim hessischen Landgrafen in der Angelegenheit Simon Kirchners.

Solchs alles haben eurer fursichtigen W. wir unser verwandtnus nach nit wollen verhalten, und nimpt uns nit wenig wunder, das eure W. uns uff unser vielfeltig schreyben und ansuchens nit yederzeyt wider beantworten. Wir wolten ye gern unsers thayls mit eurer W. vorwissen und derselben rhat, soviel immer muglich, handeln. So sein auch die handlungen an ire selbst nit also klayn, das sie an bottenlonen erwinden sollen, wir wolten viel lieber durch eurer W. und gewisse botten, wes alhie gehandelt wurdet, schreyben, dan das wirs eynem yeden unbekanten, so uns uffstosset, vertrauen mussen. Eure W. als die verstendigen kunden wol erachten, wie wirs maynen, denselben thun wir uns hiemit bevelhen. Datum Regenspurg, den 18. Maij anno 1541.

Anmerkungen

1
 Vgl. Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,1, Nr. 100, S. 172–174 (lat.) und Nr. 101, S. 174–177 (dt.).
2
 Vgl. den päpstlichen Urteils- und Exekutorialbrief, Rom, 1540 November 18, Hannover NLA, Hild. 1 Nr. 783, fol. 3r–9v und das Breve Papst Pauls III. an Karl V., 1540 Dezember 6, ebd. fol. 9v–10v.
3
 Zum Fall Dellinghausen vgl. Täubrich, Herzog Heinrich der Jüngere, S. 146–147.