Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Memmingen StadtA, A Bd. 318, unfol. (Ausf.).

Ich fug euerer fursichtigen, erbaren W. hiemit zu vernemen, was sich verrer und weitter, seyder ich euerer W. nechermaln geschriben, zugetragen hat. Uff den 29. tag Marcij sind die aynungsverwandten stend uff dem ratthaus beyainander gewesen. Es ist auch der landtgrauf [sic!] selbs personlich alda auch erschynen. Ist anfangs durch Hannsen Bock, ain edelman und gesanter des Kf. von Saxen, mundtlich furtragen worden, das ir genedigister herr disen reychstag uß bewegenden, treffenlichen ursachen selbs personlich nicht besuchen kinde, die er hernach anzaigen welle, derhalben sein fstl. Gn. seinem genedigen herrn von Anhalten und den andern seiner kfl. Gn. rätten befelch gegeben habe, und anfangs welle er hiemit die ursachen erzellen, was sein genedigisten herrn verhindern, namlich so sey irer kfl. und fstl. Gn. ain schandbuchlin zukomen, das Hg. Hainrich von Branschweyck im druck außgeen lassen1, darin er sein kfl. und fstl. Gn. mit schmachworten anthast. Zum andern, so procedier das chamergericht, unangesehen, das die ksl. Mt. der religionssachen haber [sic!] ain ufschub oder anstand gegeben, nichtzdesterweniger in iren processen fur gegen sein kfl. Gn. und auch andern aynungsverwandten stenden, es werde auch Goßlar und Branschweyck nichtzdesterweniger durch Hg. Hainrichen oder die seinen gegen innen tättlichen gehandelt.

Zum andern, so habe ir kfl. und fstl. Gn. gegen dem Bf. von Mennz, belangend das burggrafthumb Madenburg speen, darin das camergericht auch procedier und fortfar, unangesehen, das sein fstl. Gn. dese [sic!] uff etlich commyssari komen sey. Fur das dritt, so stee sein fstl. [sic!] Gn. gegen dem Bf. von Meyssen auch in speen, derhalben auch das camergericht gegen irer kfl. Gn. procedier, unangesehen, das durch die ksl. Mt. zu Speyr der sachen und handlung bis uff den reychstag ain ufschub gegeben und sich ir Mt. erpotten, uff disem reychstag selbs in diser sachen zu handlen, nichtzdesterweniger fert das camergericht fur. Uß disen bewegenden ursachen habe ir kfl. und fstl. Gn. disen reichstag selbs personnlich nit besuchen kunden, bis solang die ksl. Mt. dise beschwerden abstell, des sy dan irer ksl. Mt. uß sonderm befelch ires gnedigsten herrn gnugsamen bericht gethann und daneben begert, die beschwerden, so die von Goßlar und Branschweyck irem genedigisten herrn zugeschriben, zu verlesen, die alßbald verlesen worden. Darin sich die von Goßlar irs bedrangs gegen dem c[hurfursten], so in Hg. Hainrich von Branschweyck zufiegt, zum höchsten beclagen. Ist fast die maynung, wie sy sich des gegen gemain frey- und reychstetten auch beclegt haben, des ich dann euerer fursichtigen W. die sumarie desselbigen zugeschriben. Zum andern der von Branschweyck beschwerd, beclagen sich auch gegen Hg. Hainrichen, das er innen etlich paurn gefangen und beschetzt habe, auch das ime etlich paurn zins und gulten raychen und geben mussen, die inen mer dann vor 100 jarn zugehorig gewesen. So haben die von Straßburg angezaigt, wie das sy auch vom camergericht cytiert seyen, sich sehen und hörn in die aucht zu erclern oder darwider gnugsamen bericht darthun von wegen irer charthaus, deßgeleichen die von Lyndaw ist ain ryeffen der ungehorsam gegen inen uff anhalten irs pfarrers, des Bf. von Wien, der Faber, erkennt worden2, auch gegen Eßlingen mit irem pfaffen fortgefarn.

Daruff ist nun von dem landtgrauffen und den andern aynungsverwandten stenden bedacht worden, das die fstl. Gn. gnugsam ursachen, das sein kfl. Gn. selbs disen reychstag noch zur zeit besuch. Aber das der landtgrauf ursachen angezaigt, was sein fstl. Gn. bewegt, disen reychstag selbs zu besuchen, sey namlich, das die ksl. Mt. habe ime vilfeltig darumb ersuchen und pitten lassen. Zum andern, wiewol Hg. Hainrich ain schmachbiechlin wider ine ußgeen lassen, darin er ime die unwarhait zulege, sey er auch verursacht worden, personnlichen zu erscheinen und under augen zu stheen. Er habe auch ksl. Mt. alle handlung nach aller notturft bericht gethann, welle auch, was er von Hg. Hainrichen ußgeen lassen, gegen im mit leuten und briefen vor irer ksl. Mt. und unpartheyschen commisaryen oder richtern beybringen. Fur das dritt, dieweyl diser reychstag durch die ksl. Mt. in anfang irer Mt. uschriben gemeldt wirt, das ir Mt. zum hochsten genaigt, in der zwyspalt der religion fryd und aynigkhait zu machen etc., derwegen er, das auch zu verhelfen, zum hochsten gewilligt. Wiewol ime solcher grosser uncosten beschwershlich [sic!], unangesehen desselbigen welt er dannocht disen reychstag selbs also besuchen. Solch gemelt anzaigen hat der landtgrauf selbs personlich gethann.

Daruff ist seinen fstl. Gn. von wegen aller aynungsverwanten stenden danck gesagt worden, und ist demnach ain usschuz verordnet worden, uber die beschwerden Goßlar und Branschweyck zu sitzen, dergeleichen der andern stett alle mit gutem grund ordenlichen zu bewegen und ußzuziehen und alßdann der ksl. Mt. oder dem H. Granwellen antzuzaigen, auch als das gemain geschray, das Dr. Held3 oder aber Dr. Bran4 zu vergleichung der reglion [sic!] verordnet werden söllen, allen vleys furzwenden, darmit dero kaynner darzu verordnet und Pfgf. Fryderich oder seiner fstl. Gn. ratt derwegen furgeschlagen werden, dann man sy bißher allwegen befunden unserer reglion zum allerwiderwertigisten und zu kaynem fryden genaigt sein, wiewol Dr. Held noch von ksl. Mt. nit begnadet worden, aber etlich fursten sich hart darin bemyeen.

Weitter, gunstig, gepietend herrn, haben sich die zwen gesanten von Eßlingen gegen den gesanten von Straßburg, Augspurg, Ulm, Haylpronn, Frannckfurt, Hall, Memingen und Lyndaw beclegt des widerwyllens und ungnad, so Hg. Ulrich gegen innen hat5. Ursache und Entwicklung des Konfliktes zwischen der Stadt Esslingen und Hg. Ulrich von Württemberg. Vergebliche Bemühung der Stadt Esslingen, die herzogliche Ungnade abzuwenden. 

Under disem ist der tag gemainer stett der aynungsverwanten zu Eßlingen gewesen. Als nun die stettgesanten solich ungenad gewar worden, haben sy den gesanten von Straßburg, Augspurg, Franckfurt und Ulm zu dem herzog verordnet, den sy zu Beblingen funden, und sich gegen seinen Gn. anzaigen lassen, das sy etwas werbung an sein Gn. zu thun hetten. Aber er hat sy selbs nit hörn wellen, sonder fur seine ratt beschayden lassen. Haben nun gemelte gesanten alda furpracht, wie sy bericht worden, das ir genediger herr etwas ungenad gegen der statt Eßlingen furgenomen, herrurend, das ainer der irn sein fstl. Gn. wildtprett solle geschossen haben und vileicht mer verarckwont, auch dergleichen gethann haben solten, deßhalben sein fstl. Gn. dieselbigen auch durch irer fstl. Gn. vorstmaister in verwarung pringen wollen, wa das durch etwas zulauf von Eßlingen uß nit verhindert worden etc., demnach sein fstl. Gn. sy als gesanten von der erbern stett wegen underthenig pittend, sein Gn. hierin genedigkhliche underhandlung verbewilligen. One zweyffel haben dero von Eßlingen burger oder zugethannen was wider irer fstl. Gn. gehandelt, die sollen darumb gebessert werden, die von Eßlingen wellen sy auch dahin vermugen, aller underthenigkhait und guter nachpaurschaft gegen sein fstl. Gn. zu halten etc.

Daruff in, den gesanten von stetten, von des von W[irtemberg] rätten in antwurt worden, sy haben irm gnedigen herrn ir gethanne werbung und instrucion [sic!] antzaigt, daruff in ir genediger herr befolhen, in anzusagen, das sein fstl. Gn. uß diser irer instrucion wol vermercken muge, das die von Eßlingen sein Gn. gegen in und gemainen stetten etwas verunglimpft, derhalben sein Gn. gepurn welle, mit der thatt seiner notturft nach gegen in zu handlen. Auf solichs nun die gesanten gemelts fursten ratt weytter angesunen und gebetten, innen ain genediger antwurt von irm genedigen herrn bittende zu erlangen, und dabey gemelt, das die von Eßlingen sein fstl. Gn. mitnichten gegen gemainen stetten verunglimpft, sonder als sy sunst alda belangend den abschid zur Numburg zusamenkomen, solichs in erfarung komen, aber gedachte ratt in anzaigt, das sy nit verhoffen, ain ander antwurt von irm genedigen herrn zu erlangen, sind also die gesanten der stett abgeschyden. Seyder her hat vermelter Hg. Ulrich in allen seinem land verpieten lassen, nichtz essends umb die anstosend stett in seim land, auch in das hohenberger land weder zu fyrn, tragen noch treyben. Uff solches werden gemain aynungsverwanten besehen, ob sy den von Wirtemberg gegen den von Eßlingen mechten zu ainer gutlichen underhandlung bewegen.

Verner, gunstige herrn, so sein uff primo Apprellen der fursten und gesanten bottschaften der aynungsverwandten beyainander gewesen uff 7 ur vor mittag. Alda ist die supplication [Nr. 244], so der usschutz vergryffen, belangend die von Goßlar, Branschweyck, Straßburg, Eßlingen und Lyndaw, auch Dr. Helden und Dr. Braunen, sy zu kainen underhendlern in der reglion zu verordnen etc. Ist daruff bedacht worden, zwen von der fursten rätten und zwen von den stettgesanten zu verordnen, solich suplication ksl. Mt., so anderst ir Mt. die selbs hörn, oder irer Mt. theytschen rätten zu uberantwurten. Es ist an den landtgrauffen von gemainen aynungsverwandte stenden begert worden, das sein fstl. Gn. und der F. von Anhalten solich suplication ksl. Mt. und irer Mt. weltlichen ratten uberantwurten welten. Aber der landtgrauf hat sich das beschwert zu thun, in ansehung, das sein fstl. Gn. und Hg. Hainrich also sunst in widerwyllen gegenainander standen, sunst were sein fstl. Gn., das zu thun, wol genaigt. Auf das ist es obgemelten zwayen der fursten rätten und zwayen der stett gesanten zu uberanten [sic!] inmassen, wie vor gemelt, befolhen worden.

Auf den 2. Apprelen sein widerumb die aynungsverwanten beyainander gewesen. Alda ist durch Hannsen Bock, des Kf. von Saxen ratt, anzaigt worden, wie das an die ksl. Mt. gelangt worden, das die aynungsverwanten etwas beschwerden an ir ksl. Mt. oder derselbigen teutschen ratt furzupringen heten, uff solichs die ksl. Mt. sich bewilligt, das selbs durch muntlichen furtrag anzuhorn. Und sind das die beschwerden anzuzaigen, wie hievor vermelt, Goßlar, Branschweyck und der andern halber etc. Ist auch uff gemeltem tag durch des landtgrauffen canzler furpracht worden in beysein des landgrauffen, demnach und sein genediger herr und Hg. Hainrich in schmach und widerwillen gegenainander standen, derhalben sein fstl. Gn. nit wol gepurn well, bey ime zu sitzen, deßhalben gemainer aynungsverwanten ratt darinnen begert. Daruff aber ist noch nichtz verfencklichs gehandelt worden. Solichs hat sich bißher zugetragen, seyder ich euerer fursichtigen W. bey Josten zugeschriben. [...]. Datum den 2. Aprellen anno 41.

Anmerkungen

1
 Ergrunte bestendige erhebliche warhafftige Gottliche Christliche Fursten und Adel liebende Duplicae des Durchleuchtigen Hochgebornen Fursten und Herrn Herrn Heinriches des Jungern Hertzogen zu Braunschweig vnd Luneburg etc. wider des Churfursten von Sachsen andern ehrnrurigen vngegrunten vnbestendigen erdichten ungottlichen unchristlichen truncknen Gotteshessigen Abdruck [...]. Wolfenbüttel 1541. Vgl. Kuhaupt, Veröffentlichte Kirchenpolitik, S. 268–272.
2
 Vgl. dazu Schlütter-Schindler, Der Schmalkaldische Bund, S. 111–112 und S. 201.
3
  Dr. Matthias Held, ehemaliger Reichsvizekanzler, vgl. Dr. Matthias Held an Hg. Heinrich von Braunschweig, Neuhausen bei Worms, 1541 März 7, Pfeilschifter, Acta reformationis catholicae, Bd. III, Nr. 113, S. 369–371.
4
 Zu Dr. Konrad Braun vgl. Rößner, Konrad Braun, passim und besonders S. 63–83.
5
 Zum Konflikt zwischen Hg. Ulrich von Württemberg und der Stadt Esslingen vgl. die Supplikation Esslingens an [reichsstädtische Gesandte], o. Datum, Memmingen StadtA, A Bd. 317, unfol. und Schmidt, Reichsstadt und Territorialstaat, S. 71–104.